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Signa-Pleite: Wie ein U-Ausschuss aufklärt am Beispiel von Gusenbauer und Hypo Alpe Adria

Es wird keinen Untersuchungsausschuss zur Signa-Pleite geben; die Parteien haben vorgesorgt, dass kein weiterer UA eingesetzt werden kann. In den beiden, die im März mit den Zeugenbefragungen beginnen, wird Signa aber dennoch thematisiert werden. Die NEOS forderten keinen UA und wurden bisher von Hans Peter Haselsteiner mit zwei Millionen € gesponsert. Was auch immer behandelt wird, muss mit dem Vollzug des Bundes zu tun haben; dazu gehören Steuererleichterungen ebenso wie staatliche Unterstützungen, Ermittlungen oder deren Einstellung. Zwar wird die langjährige Forderung nach der Live-Übertragung von UAs nach wie vor nicht erfüllt, vor allem weil die ÖVP bremst. Man kann aber den Live-Tickern der Medien folgen und sich ansehen, was Zeugen in früheren UAs gesagt haben. Manche waren bisher nur ein einziges Mal vorgeladen wie Rene Benko 2020 in den Ibiza-UA, andere sind de facto Stammgast wie Wolfgang Peschorn, der Präsident der Finanzprokuratur.

Zum Teil sind die Protokolle auf der Webseite des Parlaments nur mit Datum abrufbar, zum Teil auch mit Namen des Befragten, mal nur als PDF, mal auch zum Anklicken in HTML. Es gibt Ausschüsse, in denen zwei bis drei Personen am Tag an der Reihe waren und es dann auch nur ein sehr langes Protokoll gab. Es wäre zu empfehlen, ein Personenregister zu erstellen, sodass man sofort sieht, wer in welchem UA befragt wurde und das Protokoll ansehen kann. Zum Teil sind Ladungslisten veröffentlicht – hier als Beispiel für den Hypo-UA -, die weiterhelfen könnten, wenn man jemanden sucht und es nur PDFs ohne Namen gibt; manchmal gab es auch Presseaussendungen dazu. Es soll niemanden davon abhalten, sich mit U-Ausschüssen zu befassen, wobei es natürlich immer ergänzender Recherche bedarf. Alfred Gusenbauer war am 13. Jänner 2024 im Journal zu Gast und kündigte an, dass er wie bisher auch gerne zur Aufklärung beiträgt, wenn er in einen UA geladen wird; dies wird in jenen zu rotem und blauem Machtmissbrauch erfolgen, während Benko für den UA zur COFAG vorgesehen ist. Am 13. Jänner berichtete die „Kronen Zeitung“, dass er das „Kanzlergehalt“ von Signa (280.000 €) sogar doppelt bekommen hatte; zum „Rücktritt“ (sic!) könne ihn nur Michael Ludwig bewegen, der dies nicht tun wird. Mit einer Suche auf der Webseite der APA kommt man schneller zum Ziel, wenn es um einen Ex-Kanzler und UAs geht, und man fördert auch anderes zutage, das ins Bild passt. Gusenbauer sagte siehe diese Aussendung 2015 im Hypo-UA aus und 2017 bei Eurofighter; das war es auch schon und interessant ist, wo überall auf ihn verzichtet wurde; Peschorn wurde natürlich auch in den Hypo-UA geladen.

Gusenbauer in der Kanzlei Specht

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Die Babler-SPÖ und der Kurz-Prozess

Auch in Österreich richtet sich fast alle Aufmerksamkeit auf Israel und die Palästinenser, und doch gibt es Innenpolitik. Wir können von den Konflikten in Israel lernen, denn Norman Finkelstein sagt, das Problem ist nicht so sehr das Faktische, sondern wie es moralisch bewertet wird. Es gab monatelange Proteste gegen die Justizreform von Israelis, die sich als weltoffen und demokratisch betrachten, bei denen die Lage in Gaza keine Rolle spielte. Der Freund von Benjamin Netanjahu Ex-Kanzler Sebastian Kurz steht in Wien vor Gericht, während sich Kanzler in spe Andreas Babler auf den Bundesparteitag der SPÖ im November vorbereitet. Babler hat Probleme mit einigen Genossen, die nichts von Compliance halten, sondern sich durch Ämter persönliche Vorteile verschaffen. Was er dazu sagt, ist jedoch in der Wiener SPÖ vollkommen egal; ausserdem wird er von der SPÖ Burgenland weitgehend boykottiert. Bablers Anhänger mögen sich uneins sein über Israel und Gaza, fieberten jedoch als Fans des Films „Projekt Ballhausplatz“ dem kurzen Prozess ziemlich einheitlich entgegen. Dabei weist ein weiterer Tagesordnungspunkt des Bundesparteitags auf grosse Schwächen der Justiz hin, und zwar die Erstellung der Liste für die EU-Wahl. Da ist nämlich Ex-Minister Norbert Darabos als burgenländischer Kandidat im Gespräch, dem Korruptionsstaatsanwaltschaft und der jetzige Kurz-Richter Michael Radasztics recht übel mitspielten. Die Anklage gegen Kurz mit mehr als 100 Seiten Strafantrag wirkt bizarr, wenn man bedenkt, dass WKStA und Radasztics die Manipulation des Eurofighter-U-Ausschusses unter anderem mit Falschaussagen auf Kosten von Darabos nicht beanstandeten. „Man darf einfach nicht lügen“ meint der SPÖ-Abgeordnete Jan Krainer, aber zu Kurz. Hier mehr im Detail bei „extrem heiklen Fragen“ an Hans Peter Doskozil, der immens davon profitierte; es geht auch um den Verdacht, dass Doskozil und Peter Pilz einen Entwurf zum Eurofighter-Vergleich 2007 für den UA 2017 fälschten, es dieses Papier nie gab.

Babler weiss, dass er die Vorgänge um den UA untersuchen und Konsequenzen ziehen müsste, was auch Alfred Gusenbauer treffen würde, um den er aber auch bei Themen wie Russland oder Rene Benko einen grossen Bogen macht. Pilz lenkt ebenso wie Kurz‘ Anwalt ab, denn es geht nicht um „Freundschaft“ zwischen Radasztics und Pilz, sondern um via Pilz verbreitete von der Justiz nie in Frage gestellte Eurofighter-Narrative. Ein Richter muss sich bei uns schon selbst für befangen erklären, was Radasztics nicht tun wird (weiter unten meint Peter Westenthaler irrtümlich, Radasztics komme von der WKStA; er war bis Anfang 2023 bei der StA Wien). Er aber behandelte vor der WKStA die von Pilz eingebrachte, mit Gusenbauer und Doskozil abgesprochene Anzeige gegen Darabos als Bauernopfer. Da bei beauftragte Darabos 2007 Wolfgang Peschorn von der Finanzprokuratur mit Verhandlungen mit Eurofighter und widerrief dies nie. Der Ministerwille gemäss Bundesverfassung zählte aber im von der GRU unterwanderten Ressort nicht, sodass sich Darabos fügen müsste, als plötzlich Gusenbauer empfohlene alte Bekannte Scheinverhandlungen führten. Radasztics und die WKStA deckten dies später, obwohl die Entacher-Berufungskommission 2011 feststellte, dass es fast nie echte Ministerweisungen gab und der Kabinettschef illegal Minister spielte. Es wurden nie Zeugen für Darabos‘ Abschottung von Personen und Informationen angehört; die WKStA hielt allenfalls im weniger wichtigen Sportministerium vorauseilenden Gehorsam ohne Ministerwillen für möglich. Als dem pensionierten Offizier und GRU-Spion Martin Möller der Prozess gemacht wurde, der während Darabos‘ Ministerzeit im BMLV arbeitete, sah sich die Justiz nicht die Situation von Darabos und die Rolle von Ex-Kabinettschef Stefan Kammerhofer an. Möller hatte auch Verbindung zur Einheit 29155 der GRU, die für Sabotage, Destabilisierung, Attentate zuständig ist und von manchen für den Absturz des Jets von Jewgenij Prigoschkn verantwortlich gemacht wird. Umso mehr müsste die Situation von Darabos auch heute von Bedeutung sein, da er sich immer noch nicht frei bewegen kann.

Der „Standard“ zum Kurz-Prozess

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Ist die Anklage gegen Kurz eine Farce?

Die einen sehen Sebastian Kurz als Opfer der Justiz, das zu Unrecht zurückgetreten ist, die anderen jubeln über den Strafantrag gegen ihn. Wesentlich am Anti-Kurz-Narrativ ist Peter Pilz beteiligt, der im Herbst 2021 vor dem Rücktritt des Kanzlers auf Twitter postete, Kurz könne nicht von der Anklagebank aus regieren. Die auf 108 Seiten Strafantrag erhobenen Vorwürfe gegen Kurz hätte man längst aufklären können, statt damit zwei Jahre zu warten. Dazu kommen noch weitere Verdachtsmomente, die zu einem späteren Zeitpunkt vor Gericht behandelt werden sollen. Damit ist deutlich geworden, dass eine Rückkehr von Kurz in die Politik auf absehbare Zeit nicht möglich sein wird. Es gibt schon allein wegen Corona viele Gründe, warum Kurz nichts in der Politik verloren hat. Aber ein vermeintlicher Sieg von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sieht anders aus, denn dann würden immer dieselben Regeln gelten. Dass dies nicht der Fall ist, belege ich rund um Eurofighter-U-Ausschüsse, russische Netzwerke, Justiz, Politik mit vielen Details auch via X; dort unter dem Motto „Veritas vincit omnia“.

Aktuell weist Andreas Unterberger auf einige Punkte hin, die uns beim Kurz-Verfahren bewusst sein müssen. Zum Vorwurf der Falschaussage im UA heisst es, Kurz wollte etwas schon am nächsten Tag präzisieren, doch man liess es nicht zu. Es ist üblich, dass Zeugen das Protokoll zugeschickt bekommen, um kleinere Korrekturen vorzunehmen; auf der Webseite des Parlaments scheint es erst nach einigen Wochen auf. Unterberger meint, der schwerer wiegende Vorwurf gegen Kurz besteht darin, dass er Ex-Kabinettschef Thomas Schmid zu Amtsmissbrauch und zur Bereitstellung gefälschter Umfragen angestiftet haben soll (siehe auch Verfahren gegen Sophie Karmasin mit Sabine Beinschab als Kronzeugin). Dies sei über das Finanzministerium gelaufen, in dessen Amtsgeschäfte Kurz gar nicht eingreifen kann. Es ist, wie wenn die Korruptionsstaatsanwaltschaft Ex-Kanzler Alfred Gusenbauers (ein Berater von Kurz) schriftlich vorbereitete Erklärung zur Ministerverantwortung nach Artikel 20 (1) der Bundesverfassung am 20. Juni 2017 im Eurofighter-UA auf den Kopf stellt.

Screenshot von „profil“-Artikel

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Kommt ein Benko-U- Ausschuss?

Die FPÖ fordert mit Nachdruck die Einsetzung eines U-Ausschusses zu den Geschäften von Rene Benko. Sie kann dieses Verlangen im Parlament einbringen oder eine zweite Partei finden, um 46 Unterstützer zu erreichen und diesen UA mit ihr einzusetzen. 2017 fand ein weiterer Eurofighter-UA auf Verlangen von Grünen und FPÖ statt, den die SPÖ selbst einsetzen hätte können. Er wurde nämlich für weit reichende SPÖ-Intrigen verwendet, die mit der Causa verbunden sind, die jetzt alle beschäftigt. Derzeit empört sich die SPÖ nur über Benko bzw. fordert eine unabhängige Untersuchungskommission. Der Screenshot eines nun verbreiteten Postings illustriert gut Benkos Geschäftsmodell.

Man muss wissen, welche Muster sich zeigen, wenn man Personen, Firmen, Kanzleien, Banken rund um Benko auch in anderen Bereichen unter die Lupe nimmt. Wenn die FPÖ auf diese Verflechtungen hinweist, betont sie nicht zu Unrecht, dass so viele Leute gerne Benkos Gäste waren und erwähnt einen Zusammenhang auch mit den Grünen. Denn gerade wird berichtet, dass Werner L., der für Grossbetriebsprüfungen im Finanzministerium zuständig war, von Sektionsleiter Eduard Müller eingebremst wurde. Müller war von Juni 2019 bis Jänner 2020 Finanzminister der Übergangsregierung nach Ibizagate, die Benko-Gast Brigitte Bierlein (befreundet mit Signa-Beirat Susanne Riess-Hahn) gebildet hatte. Ehe Bierlein von Alexander van der Bellen den Auftrag zur Bildung einer Expertenregierung erhielt, war sie Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes, der in einem Benko-Gebäude logiert. Müller wurde nach der Angelobung der türkisgrünen Regierung Chef der Finanzmarktaufsicht; gerade wegen Benko wurde 2022 sein Rücktritt verlangt. Es ging um Aussagen von Thomas Schmid, dessen rechte Hand Müller war und dem Benko einiges für ein Entgegenkommen versprochen haben soll.


Posting zu Benko

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„Aufwärts“ und die Manipulation der Öffentlichkeit

Am 4. August rief die neu gegründete Initiative „Aufwärts“ dazu auf, am nächsten Tag auf den Ballhausplatz zu kommen und eine Stromrechnung mitzubringen, die man dann nicht mehr brauche, weil sie geschreddert wird. Für Rückfragen wurde Thomas Walach angegeben, der jetzt die Online-Kommunikation der SPÖ leiten soll. Angesichts des Debakels bei Wien Energie, wo der Bund aushelfen muss, wirkte diese Aktion direkt vorausschauend. „Aufwärts“ kündigte an, einen „rechten Mob“ aus der Politik und von der Straße fegen zu wollen. Diesen assoziiert man mit Protesten gegen C-Massnahmen und Kritik an für uns fatalen Sanktionen „gegen“ Russland. Medial wurde alles ganz im Sinne von Walach und seinen Mitstreitern transportiert, wie der unten abgebildete Artikel aus den „Salzburger Nachrichten“ zeigt.

Verfasser Andreas Koller ist auch Präsident des Presseclub Concordia, der etwa zum Tag der Pressefreiheit im Mai Stellung nimmt und Seminare zum Beispiel zu SLAPP-Klagen veranstaltet. Dabei waren am 24. Juni u.a. Maria Windhager (zu deren Mandanten Grüne gehören) und Alfred Noll (Anwalt des „Falter“, begleitete Julian Hessenthaler in den Ibiza-U-Ausschuss, war Abgeordneter der Liste Pilz) als Experten geladen. Als Betroffene kamen Florian Scheuba (der in politischer Hinsicht ein Anhängsel von Florian Klenk ist) und Thomas Walach; es gab dann auch eine Resolution. Damit wurde das Narrativ untermauert, wonach Walach früher bei Peter Pilz‘ „Zackzack“, das er am 15. Juni verlassen hat, ernsthaft von Rene Benko bekämpft worden sei. Auch „Aufwärts“ unterstreicht dies, denn man posierte am 29. August mit einem Transparent vor dem (in Sachen Wien Energie wichtigen) Finanzministerium, auf dem vieles stand, auch „Benko enteignen“.

Andreas Koller für „Aufwärts“

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Razzia: Das Netzwerk des Siegfried Wolf

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft liess an drei Orten Hausdurchsuchungen durchführen, unter anderem beim Finanzamt Baden. Es geht um den Nachlass von 686.736 Euro bei einer Steuernachzahlung von Siegfried Wolf, welche der ehemalige Generalsekretär im Finanzministerium Thomas Schmid veranlasst haben soll. Die SPÖ freut sich etwas zu früh, wenn sie meint, dass Wolf nichts mit ihr zu tun hat und nur Futter für den U-Ausschuss zu Korruption im Bereich der ÖVP von Dezember 2017 bis Oktober 2021 sieht. Unten plaudert Wolf nämlich bei einem der „Törggelen“ von Signa mit Alfred Gusenbauer, den die SPÖ im Sommer noch für angebliche Verdienste um die Sozialdemokratie ausgezeichnet hat. Wolf ist Aufsichtsratsvorsitzender der Sberbank Europe, die Rene Benko Kredit gibt, in dessen Signa Gusenbauer Aufsichtsrat und Beirat ist. Ausserdem ist Wolf Geschäftspartner des Oligarchen Oleg Deripaska, den das FBI wegen zahlreicher Delikte verhören will, der an der Strabag mit Gusenbauer als AR-Vorsitzendem beteiligt ist. Von 2007 bis 2015 gehörte Wolf auf Wunsch Deripaskas dem AR der Strabag an, dessen Vorsitzender Gusenbauer 2010 wurde.

Natürlich ist inzwischen bekannt, dass Wolf Sebastian Kurz auch zu seinem Geburtstag einlud und sich vom ehemaligen Aussenminister erwartete, auf die USA hinsichtlich einer Aufhebung der Sanktionen gegen Deripaska einzuwirken. Man kann aber nicht nur Gusenbauer nicht ausblenden, sondern auch Hans Peter Haselsteiner und Wolfgang Schüssel. Ausserdem bemühten sich Gusenbauer und Co. erfolgreich darum, den Ex-Schwiegervater Deripaskas, den Berater von Präsident Wladimir Putin Walentin Jumaschew samt Familie einzubürgern. Dass Wolf zu den Netzwerken der Politik gehört, hat nicht bloss bei MAN weitreichende Folgen, denn man muss auch an die Beschaffung der Eurofighter denken. Kurz wollte Wolf 2019 zum Chef der ÖBAG machen, die staatliche Beteiligungen verwaltet. Schliesslich kam Thomas Schmid zum Zug, der jetzt durch Edith Hlawati von Cerha und Hempel ersetzt wurde – also von jener Kanzlei, welche die Sberbank Europe vertritt.

Gusenbauer, Wolf und Böhmdorfer

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Regierungskrise: Wer putscht hier gegen wen?

Es entbehrt nicht der Ironie: weil Sebastian Kurz und Co. erfolgreich gegen Reinhold Mitterlehner intrigierten, wird jetzt erfolgreich gegen Sebastian Kurz intrigiert. Man könnte einwenden, dass es Sache einer Partei ist, wer an ihrer Spitze steht – doch halt, Mitterlehner trat im Mai 2017 ja nicht nur als ÖVP-Chef, sondern auch als Vizekanzler zurück. Daher geht es wohl doch einige Menschen mehr etwas an – was dann aber auch für das Vorgehen gegen ÖVP-Chef und Bundeskanzler Kurz gilt. Leicht lässt man sich hier zu emotionalen Reaktionen anstacheln, statt das Gesamtbild zu bewerten. Ausserdem wissen die meisten auch nicht, dass all jene, die sich jetzt inklusive Justiz gegen das „System Kurz“ in Stellung bringen, ihren eigenen Ansprüchen nicht genügen. Unten verwende ich einen Screenshot von Exxpress.at, der die Korruptionsstaatsanwaltschaft im Hintergrund zeigt, die neben anderen Einrichtungen im Gebäude in der Mitte residiert.

Ich werde auch ein Foto von mir aus dem Jahr 2019 einbauen, als ich die WKSTA vergeblich auf wesentliche Fakten aufmerksam machen wollte, die sie bei Eurofighter-Ermittlungen nicht berücksichtigt. Es wird auch jetzt immer absurder, weil die lange schon beklagte Inseratenkorruption jetzt zur Erpressung von früheren Mitgliedern der Bundesregierung umgedeutet wird. Wenn die „Richtigen“ erpressen, denen die Justiz aus der Hand frisst, sieht sie aber brav weg, wie ein Beispiel unter dem Motto „Gegen wen man putschen darf“ noch zeigen wird. Es fällt bei der Anordnung zur Hausdurchsuchung, die den raschen Sturz von Kurz einleitete, ja immerhin auf, dass sie eher journalistisch formuliert ist. Ausserdem scheint sie im Vorfeld mit Peter Pilz akkordiert worden zu sein, dessen „Zackzack“ sie veröffentlichte, als die Ermittler vor Ort eintrafen. „Journalistisch“ sollte man durchaus im Sinne jener Stimmungsmache sehen, die inzwischen mit Berichterstattung verwechselt wird.

Screenshot von Exxpress.at

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Warum das Privatleben von Kurz politisch ist

Vor ein paar Tagen wurde bekannt gegeben, dass Susanne Thier, die Lebensgefährtin von Bundeskanzler Sebastian Kurz, schwanger sei. Und zwar im vierten oder fünften Monat, sodass das Kind im November oder Dezember zur Welt kommt. Nichts genaueres weiss man nicht, und im Übrigen geht es uns ja auch nichts an. Tatsächlich nicht? Ist dies ein überkommenes Frauenbild, wo man(n) auf die Jagd geht und frau in einer völlig getrennten Welt zuhause wartet? Oder dürfen wir uns doch dafür interessieren, schon allein wegen der Chats von Thomas Schmid und weil das Finanzministerium, in dem Thier beschäftigt ist, eine zentrale Rolle spielt? Anscheinend nachdem Kurz 2017 Kanzler wurde und Thier mit ihm auftrat, verfasste „News“ ein Porträt, das heute geändert, aber nicht korrigiert wurde, was Kinder betrifft.

Bezeichnender Weise schrieb „Österreich“ vor einem Monat, dass sich Thier nach zwei Jahren erstmals wieder mit Kurz gezeigt habe. „Glücklich trotz ‚Chat-Krise'“ meinte „Exxpress“ zum selben Anlass und dass man „Frühlingsgefühle“ bei Kurz wahrnehme. Man besuchte die Sommernachtsgala in Grafenegg, an der auch Alexander van der Bellen mit Doris Schmidauer, Alfred Gusenbauer und Erwin Hameseder (beide Strabag-Aufsichtsrat), Siegfried Wolf (Mentor von Kurz, mit Wladimir Putin verbunden und wie Gusenbauer und Hameseder mit Oleg Deripaska), Johanna Mikl-Leitner und ihr Vorgänger Erwin Pröll teilnahmen. Als Kurz 2011 Staatssekretär wurde, war er Mikl-Leitner als Innenministerin zugeordnet. Zu den Sponsoren von Grafenegg gehört die Robert Placzek Holding, für die Martin Schlaff und sein Vater tätig waren und die dem Sohn noch verbunden ist.

„Ich liebe meinen Kanzler“?!

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Sind Sebastian Kurz und Thomas Schmid Einzelfälle?

Der Freudentaumel, das Triumphgeheul, die Häme über einen ins Trudeln geratenen Kanzler Sebastian Kurz mögen berechtigt erscheinen. Es fehlt jedoch vollkommen der Bezugsrahmen, der zumindest aus dem Umgang mit anderen (Ex-) Politikern, Kabinetten, Postenbesetzungen, (Nicht-) Ermittlungen besteht. Hier sind Mechanismen Psychologischer Kriegsführung am Werk, die rationales Denken ausschalten sollen; zugleich sollen sich auch alle dagegen immun fühlen, dass man sie selbst ganz leicht manipulieren kann. Dies erklärt hier die Psychologin Katayun Pracher-Hilander, wobei sie sich auf Corona bezieht; das gehört aber dazu, weil der Zwei Minuten-Hass auf Kurz und Co. für in den letzten Monaten angestauten Frust ein Ventil bietet. Selbstverständlich eignen sich Chats ideal dafür, da sie mit flapsiger Sprache, Ironie und Anmassung sofort triggern, wenn man nicht aufpasst. Es spielt auch mit, dass andere sich selbst oder zumindest die „eigenen Leute“ an der Macht sehen wollen, was den Effekt der Inszenierung ebenfalls verstärkt. Man kann aber immer auf andere Akteure verweisen, die mit ganz anderem durchgekommen sind als z.B. der zurückgetretene ÖBAG-Chef Thomas Schmid und gegen die nie ermittelt wurde. Wer selig darüber ist, dass „Kurz muss weg!“ langsam Wirklichkeit zu werden scheint, wischt alles weg, was auf andere und deren Verbindung mit dem Kurz-Netzwerk verweist.

So kann man SPÖ-Politiker verstehen, die sich jetzt als tolle Aufdecker fühlen, aber ausblenden, wie rasch man beim Kurz-Netzwerk bei ihren Genossen ist. Das spricht nicht gegen die geforderte Verlängerung des Ibiza-U-Ausschusses, der jedoch wesentliche Zeugen nicht befragt, etwa den Kurz-Förderer und Putin-Freund Siegfried Wolf, der gerade auch in seiner Eigenschaft als Geschäftspartner von Oleg Deripaska MAN in Steyr übernommen hat. Deripaska steht auch für Magna, für Strabag (Hans Peter Haselsteiner, Alfred Gusenbauer, Erwin Hameseder) und Hochtief (z.B. Wiener U-Bahn-Bau). Wolf fördert auch Rene Benko, der schliesslich nicht nur von Raiffeisen und der Bank of China Kredit bekommt, sondern auch von der Sberbank Europe mit Wolf als Aufsichtsratsvorsitzendem. Signa ging gerade eine Partnerschaft mit dem Freund und Unterstützer von Bill und Hillary Clinton Ronald Burkle ein; involviert ist u.a. die Kanzlei Skadden, einer der Ukraine-Lobbying-Partner Gusenbauers. Wenn RHI Magnesita (Martin Schlaff ist beteiligt, mit dem Gusenbauer und Wolfgang Schüssel verbunden sind) den Frauenanteil im Verwaltungsrat anhebt, erinnert dies daran, dass Gusenbauer den Aufsichtsrat wegen der Frauenquote verliess.

Zweckoptimismus?

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Ibiza-Ausschuss-Kontroverse: Ihr Rücktritt, Herr Brandstätter!

Helmut Brandstätter von den NEOS trifft bei Fellner auf Andreas Hanger von der ÖVP – das ist normalerweise ein Minderheitenprogramm. Doch weil die Nerven blank liegen, beide sehr untergriffig waren und Brandstätter seinen Kontrahenten im Abgang als „g’schissenes Oaschloch“ bezeichnete, reden jetzt alle drüber. Beide sind ungeheuer selbstgerecht und meist am falschen Dampfer; sie sind so emotionalisiert, dass sie nicht einmal korrekte Begriffe verwenden. Wer es sich nicht ansehen will, hat sicher eine gute Wahl getroffen; und dennoch muss man einige Behauptungen zurechtrücken. Was Fake News und blinde Flecken betrifft, liegt aber Brandstätter deutlich vor Hanger, sodass man sich auch nur wundern kann, wieso er sich jemals als Journalist bezeichnen konnte. Gradmesser muss bei jedem das eigene Verhalten und das sein, was man nur deshalb akzeptabel findet, weil es das eigene Lager betrifft. Gehen wir es systematisch an, ehe ich mich im Detail mit Brandstätters Ungeheuerlichkeiten befasse: hier haben wir Parlamentsinfos zum Ibiza-U-Ausschuss, allerdings keine aktuellen Ladungslisten. Wir finden Hanger bei den Mitgliedern, während Brandstätter nur als Ersatz für Stephanie Krisper genannt wird (wir wollen nicht unterstellen, dass ihn das wurmt). Hanger gehört dem Nationalrat seit der Wahl 2013 an und war Mitglied des Eurofighter-U-Ausschusses 2017 und des Eurofighter-U-Ausschusses 2018/19; beide endeten wegen Neuwahlen vorzeitig.

Brandstätter verfügt über weniger politische Erfahrung als Hanger, denn er zog nach der Wahl 2019 ins Parlament ein. Mit den Eurofighter-Ausschüssen war er aber in seiner früheren Funktion als Herausgeber des „Kurier“ verbunden, wo er das gewünschte Narrativ unterstützte. Dieser Umstand lässt ihn lächerlich wirken, wenn er davon besessen ist, dass die Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen Kanzler Sebastian Kurz wegen Falschaussage im Ibiza-U-Ausschuss ermittelt. Denn Eurofighter steht für Lügen am laufenden Band, gegen die auch Hanger nie etwas einzuwenden hatte, der Brandstätters frühere publizistische Tätigkeit auch lobt. Man kann Brandstätter in der Tat an Eurofighter messen, auch weil hier die bei den NEOS und beim „Kurier“ vorhandene russische Komponente zum Tragen kommt. Wenn Oligarch Oleg Deripaska wie der „Kurier“ mit Raiffeisen und der Strabag verbunden ist, kann man wohl erwarten, dass NEOS und die Zeitung den Strabag-Aufsichtsratsvorsitzenden Alfred Gusenbauer puncto Eurofighter-Vergleich decken. Dazu gehörte selbstverständlich auch, Desinformationen über die Rolle von Ex-Minister Norbert Darabos zu verbreiten, den Peter Pilz via „Kurier“ auch bedrohen durfte. Bei Fellner ist Brandstätter vollkommen von der Rolle, weil „einer Frau psychische Gewalt zugefügt wurde“, wie er Mantra-artig wiederholt, und zwar, weil sie mit ihm verheiratet ist.

Hanger und Brandstätter

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