Schlagwort-Archive: Siegfried Wolf

Warum stellt sich Benko Justiz und U-Ausschuss?

Monatelang war Rene Benko nicht zu sehen und zu sprechen, gerade auch nicht für die Medien. Am 24. April 2024 erschien er jedoch persönlich vor Gericht in Innsbruck in Begleitung von Anwalt Georg Eckert, der Kanzleipartner von Norbert Wess ist, der immer wieder von der Presse erwähnt wird. Benko konnte es nicht vermeiden, diesen Termin wahrzunehmen, obwohl es vom Verfahren her nicht notwendig gewesen wäre. Doch er sagte zum zweiten Mal dem Cofag-U-Ausschuss ab eben mit der Begründung der Verhandlung im Konkursverfahren. Der SPÖ-Abgeordnete Jan Krainer drohte dann, ihn vorführen zu lassen, sodass er für den 22. Mai zusagte. Am 23. April lud man ihn jedoch für den 25. April, was Norbert Wess für Benko absagte; Wess selbst weilt im Ausland, ein anderer Anwalt als einem Zeugen zustehende Vertrauensperson könne sich so schnell nicht einarbeiten. Deshalb stellt die SPÖ am 25. April einen Antrag auf Vorführung durch die Tiroler Landespolizei. Der UA hat diese Vorgangsweise am 25. April beschlossen, sodass Ex-Signa-Aufsichtsratschef Alfred Gusenbauer darauf „einen Barroso“ trinken kann.

Diese Details sollen erstmal die aktuelle Situation beschreiben, ehe wir uns fragen, was hier gespielt wird. Immerhin kommt Gusenbauer damit durch, sich dem UA zu verweigern, in den er wegen seiner Rolle bei Signa geladen wird. Für die SPÖ ist das in Hinblick auf die kommenden Wahlen und die Chancen von Andreas Babler wohl auch besser so. Wir sind alle mit der Berichterstattung über Rene Benko vertraut und wissen, dass er sicher nicht verhungern wird. Er hat offenkundig das Vertrauen vor allem reicher alter weisser Männer missbraucht, mit denen man auch kein Mitleid haben muss. Im Sommer 2023 protestierte die SPÖ mit Jan Krainer und dem EU-Spitzenkandidaten Andreas Schieder gegen Benko wegen kika/Leiner und blendete Gusenbauer natürlich aus; auch Babler tat so, als habe das alles nichts mit der Partei zu tun. Letztes Jahr gab es in der „Kronen Zeitung“ an einem Sonntag einmal eine Karikatur mit Gusenbauer als Kapitalist mit Zylinder und Frack, der von Benko mit verzweifeltem Blick von einem LKW aus gerufen wird. Was „diese Bauhackler“ immer von ihm wollen, denkt Gusenbauer, der Benko komplett ignoriert.

Zu Benkos Körpersprache

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In Russland und hier: Im Schatten des Kreml

Um Spionage und verdeckte Einflussnahme zu verstehen, muss man sich mit Russland beschäftigen. Dabei sind auch Bücher hilfreich, wenn man weitere Recherchen anstellt oder bereits Assoziationen zu erwähnten Personen, Firmen und Ereignissen hat. Udo Lielischkies war für die ARD ab 1999 mit einer längeren Unterbrechung bis 2018 in Russland tätig und veröffentlichte das Buch „Im Schatten des Kreml“. Im Februar 2022 hielt er noch wie viele Militärexperten, wie er betont, einen russischen Angriff auf die gesamte Ukraine für unwahrscheinlich. Dies obwohl oder weil er über die Annexion der Krim und den Krieg im Donbass berichtet hatte, inzwischen russisch spricht und mit einer Russin verheiratet ist. Im Buch spricht er nicht nur von Geopolitik, Kleptokraten und Wladimir Putins „Machtvertikale“, er besucht auch Menschen in vergessenen Dörfern. Obwohl und weil sie zur Zeit der Sowjetunion Infrastruktur, eine gewisse Versorgung und Arbeit hatten, wählen sie Putin, fühlen sich nicht von ihm im Stich gelassen. Oft beuten mafiöse Organisationen in Kooperation mit korrupten Politikern der Putin-Partei „Einiges Russland“ Wälder und Ressourcen aus, stehlen sogar mühevoll eingebrachte Ernten. Hier muss man als Österreicher*in innehalten und an die Österreichisch-Russische Freundschaftsgesellschaft und das Forum Österreich-Russland denken (Deutsche finden bei sich das gleiche Muster). Es geht nicht um „Freundschaft“ mit der russischen Bevölkerung, sondern dirigiert von der russischen Botschaft darum, fremde Interessen bei uns durchzusetzen. Jede Partei, viele Betriebe, auch Interessensvertretungen und Ministerien sind in solchen Organisationen präsent und so an der Leine Moskaus.

Lielischkies beschreibt auch das katastrophale Gesundheitssystem, dem immer weniger Personal zur Verfügung steht und das unter Korruption leidet. Dazu begab er sich in den Ural und drehte im Oblast Swerdlowsk, in dessen Hauptstadt Jekaterinburg es Generalkonsulate u.a. von Deutschland und Österreich gibt und wo 2018 vier Spiele der Fußball-WM stattfanden. Ludwig Scharinger, einst Chef der Raiffeisen-Landesbank Oberösterreich und danach deren Konsulent, hatte 2013 einen Unfall in Jekaterinburg. Er sei zur Jagd dort gewesen und fiel rücklings eine Stiege hinunter; weil die medizinische Versorgung vor Ort zu wünschen übrig liess, flog man ihn nach Linz aus; ein befreundeter Primar war mitgereist. Scharinger war von 2012 bis 2015 (nach Ex-Innenminister Ernst Strasser) Präsident der Österreichisch-russischen Freundschaftsgesellschaft, er gehörte den Aufsichtsräten von ÖBB und Asamer Bau an. Die ÖBB sind nach wie vor im Geschäft mit den russischen Staatsbahnen RZD, deren Chef bis 2015 Wladimir Jakunin vom KGB war. Asamer Bau spielte später bei der Wirecard-Affäre im Kontext von Jan Marsalek und Libyen eine Rolle; inzwischen ist die Strabag an Asamer beteiligt. Von diesem Unfall erholte sich Scharinger nicht mehr, hiess es nach seinem Tod 2019. Bei Scharinger muss man auch die Privatisierung der Bundeswohnungen mit Karl Heinz Grasser und bei der RLB OÖ Kredite für Signa sowie Verluste bei Wirecard und bei der Commerzialbank Mattersburg.

Udo Lielischkies 2014

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Spionage und Wahlkampf

Im Herbst wird das Parlament neu gewählt, im Juni das EU-Parlament; ausserdem wählen wir auf kommunaler und Landesebene. Alles wird überlagert vom Krieg in der Ukraine bzw der Frage nach russischer Spionage. Diesbezüglich scheint die ÖVP gerade einen Coup gegen die FPÖ zu landen, von der sie sich in jeder Hinsicht abgrenzen will. So viel Aufmerksamkeit hatte wohl noch kein Posting von ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker auf Twitter wie jenes, in dem er eine Story des „Falter“ vom 13. März 2024 zusammenfasste. Freilich muss Stocker auch Behauptungen richtigstellen und es gibt nur Altbackenes über russische Spionage zu sehen; dass sich der „Falter‘ für einen limited hangout von FSB, SWR und GRU hergibt, ist aber genau so zu erwarten:

Arbeitet der „Falter“ für Putin?

Es ist auch klar, dass sich dann die NEOS aufplustern und künstlich über Spione unter diplomatischem Cover empören. Denn auch sie unterstützen in Wirklichkeit russische Operationen:

Sind die NEOS russische Bots?

Nüchtern betrachtet, ist die FPÖ patschert, wo andere halt nicht stolz in Moskau posieren und dann Fotos auf Social Media teilen. Und es trifft wohl zu, dass politische Underdogs geschmeichelt sind, wenn sie jemand „auf ihrer Ebene“ wahrnimmt und beachtet. Dass die Russen blöd wären, nur auf die FPÖ zu setzen, auch wenn diese in Umfragen zulegt, ist für viele wohl eher ein unangenehmer Gedanke. Ausserdem sorgt „Enpörendes“ immer auch für weitere Unterstützer. Netterweise liefert die ÖVP gerade jetzt selbst ein Beispiel dafür, indem Wolfgang Schüssel die in Salzburg erfolgreiche KPÖ attackiert: „Das ist so unfassbar“, so etwas „sollte man heutzutage nicht einmal mehr in den Mund nehmen“. Diese Marke sei „toxisch“, Bürgermeisterkandidat Kay-Michael Dankl müsse sie „blitzartig aufgeben“, man dürfe nicht vergessen, „was Mao und Stalin angerichtet haben“; die Aufklärung über den Kommunismus an Universitäten sei mangelhaft. Freunde Chinas quer durch alle politischen Lager sind ein Kapitel für sich, das oft mit Freundschaft mit Russland verbunden ist. Es kann aber sein, dass Schüssel Dankl riet, mit einer Umbenennung die Ziele des Kreml besser zu erreichen.

Christian Stocker

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Spionage: Wie man verdeckte Operationen erkennt

Nun wird Papst Franziskus attackiert, weil er für Friedensverhandlungen ist; zugleich überbieten sich deutsche Politikerinnen an Bellizismus. In Österreich steht Wladimir Putin wahlweise wegen der FPÖ oder wegen des hervorragenden Abschneidens von KPÖ Plus bei der Salzburger Gemeinderatswahl vor der Tür. Das US-Finanzministerium wirft der Raiffeisenbank International Unterstützung der russischen Kriegsführung vor und droht mit Sanktionen. Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel erfreut einige NATO-Fans mit einem neutralitätskritischen Kommentar. Eine der Münchner Staatsanwaltschaften ermittelt gegen Signa und Rene Benko wegen Geldwäscheverdacht. Im „profil“ (Raiffeisen und Signa) werden Wirecard und Jan Marsalek als der „Spionagefall des Jahrhunderts“ bezeichnet. Die Wochenendausgabe des „Handelsblatts“ befasste sich auf elf Seiten mit russischer Spionage.

Wie hängt all das zusammen und kann es tatsächlich einen roten Faden geben, präziser verdecktes Operieren, das manchmal mit Beispielen siehe Wirecard erklärt wird? Gehen wir es der Reihe nach durch: irrationale Reaktionen auf den Papst sind getriggert worden, weil viele Angst vor einem russischen Vormarsch haben. Man redete ihnen ein, die Ukraine würde „uns“ verteidigen, sie sei gewissermaßen die letzte Bastion zwischen Putin und uns; das Wort „Ukraine“ wirkt auf viele wie ein Leckerli, das den Speichelfluss anregt. Dabei wird völlig verdrängt (von wegen Bellizismus), dass ukrainische und russische Soldaten sterben, und dass auch jene, die eventuell Taurus-Marschflugkörper programmieren und einsetzen, ein Risiko eingehen. Der Angst-Trigger kommt von Corona bekannt vor, hier Angst vor „dem Virus“ und dort vor Kontrolle; so wird nüchterne Analyse verhindert. Wenn Putin der FPÖ oder der KPÖ zugeordnet wird, was ebenfalls reflexhaft auf Social Media passiert, werden komplexe Vorgänge ausgeblendet. Raiffeisen kann man dem Kreml-Netz zuordnen, aber da haben die USA und andere NATO-Staaten im eigenen Bereich einiges aufzuklären; es sei nur mal „Londongrad“ erwähnt. Bei Postings, die auf den Schüssel-Text Bezug nehmen, kommt aber die unrealistische Hoffnung, dass „wir“ in der NATO dichte Grenzen für Spionage hätten statt offener Türen. Es gilt zu beachten, dass Bilder kreiert wurden, die russische Operationen ausklammern bzw. zudecken.

„Handelsblatt“-Titelseite

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Radasztics, Pilz und menschliche Abgründe

Nicht einmal die Spitze des Eisbergs berichten Medien über die Zusammenarbeit zwischen Richter Michael Radasztics und dem Ex-Abgeordneten Peter Pilz. Es geht an der Realität vorbei, entweder zu hoffen, dass nun der Prozess gegen Sebastian Kurz neu aufgerollt wird oder alles zu bagatellisieren. Geheimnisverrat an Pilz ist angesichts der Praktiken nichts Besonderes (egal, ob es das sein muss) und wird vom Oberlandesgericht Graz in einem bestätigten Disziplinarentscheid hinter Abkürzungen wie A*** für Radasztics und E*** für Pilz versteckt. Dass von „Dr. E***“ die Rede ist, müsste eigentlich Plagiatsjäger auf den Plan rufen. Doch schon bevor Pilz eine Studie mit Hannes Werthner verfasste (der viel später für die Liste Pilz kandidierte), die er dann als Dissertation verwendete, war er einschlägig tätig. Und zwar wie Fritz Hausjell (Reporter ohne Grenzen und BSA Medienberufe) und Kurt Langbein (Film „Projekt Ballhausplatz„, der 2023 in die Kinos kam) für Karl Heinz Pfneudl, der für Stasi und GRU arbeitete, und sein „Extrablatt“.

Bei der Bestätigung der Einstellung eines von Pilz gegen Ex-Minister Norbert Darabos angestrengten Eurofighter-Verfahrens durch die Oberstaatsanwaltschaft Wien genügte es, z.B. mit N***** D**** abzukürzen. Wieviele N***** D***** es wohl in solchen Verfahren gibt? Seltsamer Weise ist das Edikt inzwischen nicht mehr abrufbar, dessen Inhalt wohl eine Koproduktion von Radasztics, der zuerst StA war, und der Korruptionsstaatsanwaltschaft war (und auf viel Fantasie beruht). Stefan Weber verwendete auf Twitter eine Faksimile von jenem OLG-Entscheid, den „oe24“, wie stolz betont wird, zur Gänze besitzt. Wie bereits bei dieser Analyse zum Fall Radasztics und den Hintergründen verweise ich hier auch auf bisherige Recherchen mit vielen Quellen. Ob Medien sich doch auch mal die Intrige gegen Darabos und deren Niederschlag in der Justiz ansehen werden?

Stefan Weber

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Rechtsstaat? Warum der Kurz-Prozess reine Show war

Das Urteil im Prozess gegen Sebastian Kurz und seinen Ex-Kabinettschef Bernhard Bonelli wegen Falschaussagen im Ibiza-U-Ausschuss lässt die Wogen auf Social Media hochgehen. Man erkennt dies auf Twitter beim Hashtag #Kurzprozess, wobei man – um zu abstrahieren und sich nicht mitreissen zu lassen – an Mattias Desmets Ausführungen zu Mass Formation (Psychosis) während Corona denken sollte. Übersetzt mit Massen-Bildung weist es auf ein Gruppenphänomen hin, das in einer Gesellschaft frei flottierende Ängste benutzt und verstärkt. Auch wer keine Ängste aus der Kindheit mitbringt oder beruflich und privat aus der Zeit vor der Corona-Spaltung, ist meist dafür empfänglich. Es gibt schliesslich genug „Krisen“ rundum, die ständig beschworen werden und bei denen Mass Formation davon ablenkt, nach gezielter Destabilisierung zu fragen. Das Muster erkennen wir bei Kurz darin, dass eine Seite meint, alle Probleme seien gelöst, wenn er nicht mehr in die Politik zurückkehren kann. Ob politische Tätigkeit unter diesen Umständen überhaupt erstrebenswert ist, spielt als rationale Überlegung keine Rolle. Die andere Seite setzt darauf, „linke Justiz„, verkörpert durch die Korruptionsstaatsanwaltschaft und Ministerin Alma Zadic, abzuschaffen bzw. zu ersetzen. Hier werden alle Hinweise auf die Vorgeschichte und auf Zusammenhänge ignoriert, selbst wenn auch mal „linke Politiker“ ins Visier geraten können. Es sollte nicht verwundern, dass auch Experten für die Psyche und juristisch oder journalistisch qualifizierte Personen in die Falle der Irrationalität gehen. Zu einem grossen Teil ist dies stets wiederholten Desinformationen geschuldet, die Narrative erschaffen; so gehirngewaschen schiebt sich bei den meisten Menschen ein Bild vor ihnen präsentierte Fakten, die diesem Trugbild widersprechen.

Besonders wirksam ist es, wenn bei Archetypen abgeknüpft werden kann, siehe gerade der Versuch, Julia Nawalnaja zur „berechnenden Frau, die Männer benutzt und austrickst“ zu stilisieren. Wäre Alexej Nawalny nicht in einem russischen Straflager gestorben, sondern in Russland politisch aktiv, während Frau und Kinder im Ausland in Sicherheit sind, wäre dieses Szenario denkbar: Nawalnaja wird als untreu und verschlagen hingestellt, während eine Kreml-Agentin im Windschatten dieser Verleumdungen als Honigfalle für Nawalny agiert. Kurz wurde fraglos als Projektionsfläche aufgebaut mit Wolfgang Schüssel und Michael Spindelegger als Mentoren; seine eher banalen Aussagen wurden mit „jüngster Außenminister“ (nach der Wahl 2013) und dann „jüngster Kanzler“ (ab Dezember 2017) vermarktet. Der Kurz-Prozess selbst hatte nie besonders viel Substanz, sodass man dazu nur wenig sagen muss. Vor allem wirft er die Frage auf, womit sich die WKStA beschäftigt und womit nicht; zum Beispiel gab es noch keine einzige Einvernahme in der Causa Signa. Was bei Kurz von WKStA und Richter beanstandet wurde, hätte anderswo ebenfalls eine Rolle spielen müssen, z.B. bei Eurofighter. Doch es geht noch viel tiefer, denn Kurz warf man vor, er wollte Aufsichtsräte der ÖBAG bestimmen, die der Finanzminister nominierte. Zugleich deckt die WKStA und vor ihr Kurz-Richter Michael Radasztics als Eurofighter-Staatsanwalt, dass eine Weisung von Verteidigungsminister Norbert Darabos zu Verhandlungen mit Eurofighter im Interesse von Alfred Gusenbauer ausgehebelt wurde. Illegale Befehle waren im BMLV die Regel, was 2011 auch die sog. Entacher-Berufungskommission feststellte und für WKStA, Radasztics, Parlament und Medien relevant sein hätte müssen, es aber nicht war.

Kurze Worte von Kurz

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Mit Andreas Babler gegen Wladimir Putin?


SPÖ-Chef Andreas Babler meinte im ORF-Report am 20. Februar 2024, dass selbstverständlich Wladimir Putin für den Tod von Alexej Nawalny verantwortlich ist. Dennoch oder deswegen forderte er eine unabhängige Untersuchung; auf das Verfahren gegen Julian Assange ging er nicht ein. Babler warf der Regierung vor, dass Geschäfte mit Russland unverändert weitergingen, was von der ÖVP umgehend zurückgewiesen wurde. Zugleich geht die Einbindung auch von Bablers Genossen in das Netz des Kreml unverändert weiter, obwohl dies zur Destabilisierung Österreichs beiträgt. Vielleicht verstehen einige Menschen, die sich besonders über Putin empören und Handlungen erwarten, die Situation von Politikern nicht. Gerade wenn man entsetzt ist über Repression in Russland, die bis zum Tod reichen kann, hält man meist nicht für möglich, dass eine fremde Macht auch bei uns so vorgehen kann; man ist oft auf Putin fixiert und blendet die Silowiki aus. Nicht jeder, der einen Eiertanz aufführt, ist unter Druck oder folgt mit Kalkül einer Agenda. Auch wer Putin unspezifisch, aber umso heftiger attackiert, kann russischen Interessen dienen, weil er spaltet, provoziert und von dem ablenkt, was für das eigene Land das Beste wäre.

Babler hat mit permanenten Querschüssen zu kämpfen, für die sich immer wieder anonyme Genossen zur Verfügung stellen. Und dennoch muss man anmerken, dass Verstrickungen von SPÖ-Mitgliedern in Strategien des Kreml auch bei ihm bloss der Elefant im Raum sind, über den niemand sprechen darf. Es ist nicht möglich, Gründe für einen Ausschluss zum Beispiel von Alfred Gusenbauer zu prüfen, weil hier sehr viel Weiteres dranhängt. Dass Medien, die angeblich unabhängig sind und für Qualität bürgen, ein Problem für jeden Politiker sind, zeigt die aktuelle Berichterstattung. Dass Gusenbauer sich aus Signa-Aufsichtsräten zurückzieht, aber in der SPÖ bleibt, ist keinesfalls Anlass für tiefergehende Recherche. Zugleich wird überrascht zur Kenntnis genommen, dass Rene Benko am 4. April im Cofag-U-Ausschuss aussagen wird. Man erwähnt zwar, dass diese Zusage über seinen Anwalt Norbert Wess kommuniziert wurde, hakt jedoch nicht nach. Medien verschleierten gemeinsam die Rolle Kreml-affiner Akteure, um zugleich Benko zum grossen Zsmpano zu hypen, obwohl ihn schon lange niemand mehr gesehen hat.

Babler am Aschermittwoch

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Julia Nawalnaja und Frauen gegen Putin

Einige Menschen empfinden Unbehagen bei der Art und Weise, wie Julia Nawalnaja nun offenkundig medial gepusht wird. Das könnte ihr Unrecht tun, weil sie Berichterstattung braucht und nicht bestimmen kann, in welcher Form sie stattfindet. Auf jeden Fall hat sie bezüglich politischer Aussagen eine weiße Weste, während man Alexej Nawalny frühere sehr rechte Positionen vorhalten konnte. Nawalnaja mag wie ein unbeschriebenes Blatt wirken, weil sie bisher öffentlich kaum in Erscheinung trat. Sie ist Ökonomin und organisierte 2020, dass ihr Gatte nach einer Vergiftung in der Berliner Charite behandelt wurde. Jetzt war sie nach ihrem kurzen Auftritt bei der Münchner Sicherheitskonferenz Gast beim Rat der EU-Außenminister, der auch eine Erklärung verabschiedet hat. Nawalnaja eignet sich wie jede Person, die plötzlich im Rampenlicht steht und bisher nicht so sehr im Focus von Berichterstattung war, gut als Projektionsfläche. Somit werden ihr Eigenschaften und Haltungen unterstellt, die sie erst einlösen muss.

Es ruft andere auf den Plan, die ihr Berechnung nachsagen wegen eines winzigen Lächelns vor ihrem kurzen Statement in München. Ausserdem wird behauptet, sie amüsiere sich längst mit anderen Männern, namentlich dem Unternehmer Evgeny Chichvarkin und Christo Grozev von Bellingcat. Wie jedoch Bellingcat selbst aufzeigt, handelt es sich um gefälschte Hotelbelege und ein Foto im August 2021 mit Chichvarkin am Strand in Lettland. Chichvarkin steuerte 100.000 € zur Behandlung Nawalnys in Deutschland bei und forderte 2022 einen Einsatz der NATO in der Ukraine. Grozev lebte zeitweise in Wien, fühlte sich hier jedoch nicht sicher vor Russland und zog in die USA. Nun kündigte er an, dass er aufklären will, ob dasselbe FSB-Team, das Nawalny vergiftet hat, jetzt wieder zugeschlagen hat. Als Grozev, der Nawalny bei der Suche nach den Tätern half, Österreich verlassen hatte, gab er dem „Falter“ ein Interview wie er es in dessen Ausgabe vom 21. Februar 2024 wieder tut. Seltsamer Weise interessierte Bellingcat nie, das Netzwerk des Kreml und dessen Vorgangsweise in Österreich zu outen. Es hätte ihnen sonst merkwürdig vorkommen müssen, dass der „Falter“ teilweise im Besitz von Hans Michel Piech ist, dem grössten Aktionär von Porsche, wo Putin-Freund Siegfried Wolf dem Aufsichtsrat angehört.

„Beeindruckend mutige Frauen“

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Signa und Gusenbauer: Kein Problem für die SPÖ?

Die Sektion Acht in der SPÖ Alsergrund wird in Medien gerne als aufmüpfig bezeichnet, hält aber brav unsichtbare Grenzen ein. Sie muss ihren Antrag auf Ausschluss von Alfred Gusenbauer aus der SPÖ erst von der Jahreskonferenz der SPÖ Alsergrund absegnen lassen, die im Frühjahr stattfindet. Es heisst, dass es peinlich wäre, wenn so ein Antrag gestellt wird, dann aber ein Schiedsgericht befindet, dass es keinen Grund gibt, Gusrnbauer aus der Partei auszuschliessen. Natürlich ist es in erster Linie eine symbolische Handlung, doch dass es unterbleibt, signalisiert auch Rückhalt für ihn. Typisch „aufmüpfige“ Genossen ist, dass sie erst in den letzten Wochen und ausschliesslich wegen Signa aufgewacht sind. Selbst da wollen sie nicht realisieren, dass er die Öffentlichkeit und auch sie über seine wahre Rolle bei Signa belogen hat. Die „Kronen Zeitung“ sieht am 6. Februar die SPÖ in einer „Gusi-Falle“ und zitiert einen anonymen „SPÖ-Strategen“: „Er hat beruflich und moralisch nicht immer astrein agiert, politisch aber gegen keinerlei Statuten verstossen.“


Ist das Ahnungslosigkeit eines „Strategen“ oder Vertuschung pur? Die Sektion Acht führt ins Treffen, dass Gusenbauer seine Tätigkeit bei Signa noch in seiner Amtszeit als Kanzler sorgsam vorbereitet habe. Soweit sind die „aufmüpfigen“ Genossen aber nicht, sich seine Amtszeit näher anzusehen: Besuch von Wladimir Putin in Wien mit Milliardenaufträgen für die Strabag , Ehrung Gusenbauers durch Wladimir Jakunin (Ex-KGB), Ernennung von Norbert Darabos zum Verteidigungsminister, um ihn dann daran zu hindern, das Amt auszuüben; der Eurofighter-Vergleich geht auf Gusenbauers Kappe. Im Oktober 2008 Errichtung einer Projektentwicklung und Beteiligung GmbH durch Gusenbauers Anwalt und Freund Leo Specht, die dann Gusenbauer übernimmt. Gemeinsam mit anderen Genossen und Leuten von Magna wird ein Scheinwohnsitz im Burgenland für Putin-Berater Walentin Jumaschew, Gattin Tatjana (Tochter Boris Jelzins) und Tochter Maria besorgt, um die Familie dann einzubürgern. Ab 2009 war Gusenbauer Aufsichtsrat oder AR-Chef bei Alpine Bau, RHI über Martin Schlaff, Strabag, Signa Development, Signa Prime und Signa RFR und bei Jakunins Think Tank. Er beriet die Hypo Alpe Adria, Novomatic, Signa, Autokraten in Kaschastan, Usbekistan, Aserbaidschan, Ukraine, Serbien. Er ist Vorstand in Stiftungen z.B. von Hans Peter Haselsteiner und unter anderem an Cudos Capital beteiligt; er ist Geschäftspartner z.B. von Gerald Gerstbauer, Leo Specht und Gabriel Lansky. Gusenbauer ist weder Experte für Immobilien noch für Bau und gab am 13. Jänner im Ö1-Mittagsjournal an, dass er für Signa mit keinem Politiker und keiner Behörde in Deutschland sprach. Wohl ist er ein mehr als nur Vielflieger, gibt er doch damit an, auf mehr als 300.000 Meilen im Jahr zu kommen. Sicher gibt es Menschen, die selbst Blender sind und deswegen die Nähe anderer Blender suchen. Aber kann das seinen „Erfolg“ hinreichend erklären? Oder ist er ein Agent Putins, was auch seine Einbindung ins hiesige Kreml-Netz vermuten lässt oder dass Signa und Strabag praktisch miteinander verschmelzen?

Das Gusenbauer-Problem

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Haben Lügen Kurze Beine?


Der Berichterstattung zufolge war es leicht bis ziemlich lächerlich, dass der Verteidiger von Sebastian Kurz im Prozess um falsche Beweisaussage im Ibiza-U-Ausschuss zwei Russen als Zeugen ins Spiel brachte. Sie sollten über Gespräche mit Thomas Schmid befragt werden, der von Druck seitens der Korruptionsstaatsanwaltschaft auf ihn erzählt haben soll. Letztlich war nur Waleri Afinogenov bereit, online in der österreichischen Botschaft in Moskau auszusagen. Wir finden Afinogenov in den Pandora Papers im Netzwerk von Pelwood Finance Limited, einer 2023 liquidierten Firma. Aleko Arens von The New Diamond Technology war plötzlich erkrankt und stand nicht zur Verfügung, was Afinogenov wunderte. Die beiden werden in der Presse verkürzt als Diamantenhändler bezeichnet, doch es geht um Imitate, wie man an dieser russischen Meldung erkennen kann. Sie waren an Schmid interessiert für ein Projekt in Georgien; dass er weder russisch noch georgisch spricht, wäre kein Hindernis gewesen. Doch sie suchten nach ihm im Internet und stiessen da auf die Ermittlungen, sodass sie ihn danach fragten; sie trafen ihn in den Niederlanden. Er wollte nicht nach Georgien kommen, wo sich die Begeisterung für mit dem Putin-Regime verbundene Russen in Grenzen hält. Aufmerksam wurden sie auf Schmid, der inzwischen in NL lebt, über einen bei der Sberbank beschäftigten Freund.

Letztlich fehlte aber doch das Vertrauen in Schmid, wie Afinogenov sagte, sodass es nichts mit dem Job wurde. Dass eine Russland-Connection ins Spiel gebracht wird, ist nicht so abwegig, wie Fans des Narrativs um das Projekt Ballhausplatz annehmen. Bei der Sberbank sollten wir daran denken, dass die Sberbank Europe aus den Osteuropa-Töchtern der Volksbanken gebildet wurde. Aufsichtsratschef dieser neuen Bank war Siegfried Wolf, der wie der mit ihm verbandelte Rene Benko über Schmid (als Kabinettschef und Generalsekretär im Finanzministerium) Steuererleichterungen erwirken wollte. Inzwischen wurde bekannt, dass Wolf für Sberbank-Chef Hermann Gref eine Villensiedlung im Luxus-Wohnpark Fontana in Oberwaltersdorf in NÖ errichtete. An der Erzählung über Kurz und Schmid strickt wesentlich Florian Klenk vom „Falter“ mit, der jetzt ausschickt, dass es bei der Einbeziehung der beiden Russen um den Verdacht der Beweismittelfälschung gehe. Zunächst einmal haben auch uns unsympathische (Ex-) Politiker ein Recht darauf, sie entlastende Zeugen ausfindig zu machen und anhören zu lassen; Aussagen stehen ohnedies auf dem Prüfstand.

Über den Kurz-Prozess

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