Bundeskanzler Werner Faymann ist überall, nur nicht in Österreich, wo er sich davor drückt, Parlament und Bundesrat Rede und Antwort zu seiner Asylpolitik zu stehen. Demnächst wird das satirische Buch „Was macht der Kanzler eigentlich beruflich?“ der Gebrüder Moped präsentiert, die damit auch gleich ein passendes Stichwort zur aktuellen Politik liefern. (1)
Gut, er war bei einem wenig ergiebigen Arbeitsmarktgipfel am 30. Oktober, blieb aber der Sitzung der Länderkammer am Vortag fern, obwohl (weil?) eine Dringliche Anfrage an ihn zur Flüchtlingskrise gestellt wurde, auf die Staatssekretärin Sonja Steßl in seiner Vertretung nicht einging. (2)
Wäre die FPÖ mit ihrer Argumentation auf dem falschen Dampfer oder schlicht „unmenschlich“ (wie die SPÖ alle anderen gerne bezeichnet), sollte es ja ein Leichtes für Faymann sein, solchen Angriffen zu kontern. Schliesslich kann in einem Land, das die Menschenrechtskonvention in die Verfassung aufgenommen hat, Recht und Menschenrecht ja kaum ein Gegensatz sein, oder doch?
Was Faymann beruflich machen sollte, geht aus den Bestimmungen der Bundesverfassung hervor, die zudem Bundesrat und Parlament eine Kontrollfunktion zuerkennt. Diese Rolle kann man aber schwer wahrnehmen, wenn der Regierungschef nach der Verfassung nicht bereit ist, sich kontrollieren zu lassen. Das NATO-affine Blatt „Österreich“ (vielfach fälschlich als Faymann-affin betrachtet) zeigt den Kanzler im Gespräch mit Merkel, erwähnt eine EU-Telefonkonferenz (es geht um winterfeste Quartiere entlang der „Balkanroute“, 5000 davon sollen in Österreich geschaffen werden) und berichtet, dass Faymann „die Asylkrise“ mit Präsident Hollande in Paris bespricht.
Immerhin gab es diese Woche einen der ausgesprochen seltenen Auftritte des Kanzlers in der „Zeit im Bild 2“, weil man ihm diesmal das Live-Interview doch nicht ersparen konnte, lehnt er doch den von ÖVP und FPÖ geforderten Zaun an der Grenze zu Slowenien nach wie vor ab. „Kontrollverlust“ nennt der ebenfalls nicht gerade NATO-ferne Kolumnist Hans Rausch seine Glosse im „Standard“. Faymann sei in der „Zeit im Bild“ aufgetreten als „der Mann, der jetzt das richtige Wort sagen will und muss, es aber irgendwie nicht zusammenbringt“.
Faymann habe „körpersprachlich wie aufgezogen“ gewirkt und war nicht in der Lage zu erklären, dass der berüchtigte und gerne umschriebene Zaun (3) der Kontrolle von Menschenmengen dient. „Die Bürger erleben das als Kontrollverlust der Regierenden, die bösartige Rechte sieht ihren Weizen blühen“, so Rauscher. Freilich haben Medien wie der „Standard“ diese Situation mit herbei geschrieben, sodass sich noch mehr Menschen vom Mainstream abwenden als letztes Jahr mit all der Putin-Obama-Schwarzweiss-Malerei. „Bösartige Rechte“ für ein simples Blättern in der Bundesverfassung und verstehen, was staatliche Souveränität und Gebietshoheit über das eigene Territorium für unsere (Menschen-) Rechte bedeuten wird eine Zeitlang noch bei manchen reingehen, aber die Wirkung ist nicht von Dauer.
Auf Konflikte in der Koalition kann neben der Zaun-Frage auch hindeuten, dass die Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) unterstellte Polizei zum einen ausgepowert ist, zum anderen jene, die Merkel in Deutschland willkommen heißen will, bis zur Grenze bringt. Darüber beschwert sich die „Süddeutsche Zeitung“ laut Presseschau des „Standard“ (30.10.) in diesen Worten: „Es ist eine Schande für das Nachbarland, dass es den Notleidenden dabei nicht einmal elementare Hilfe leistet. Andererseits spricht daraus auch der neue Geist Österreichs, in dem immer stärker Ausländerfeinde und Populisten den Ton angeben.“
Welche Richtung „Süddeutsche“ und Co. vorgeben, sollte uns noch von der Ukraine-Berichterstattung bewusst sein. Es überrascht daher nicht, dass deutsche Medien mit Klischees über Österreich reagieren, wenn sich hierzulande Widerstand regt. Dabei wird freilich verschwiegen, dass Österreich einen Massenansturm zu bewältigen hat, denn wenn auch die meisten nach Deutschland weitergereicht werden, hat man sie doch kurz- oder längerfristig hier betreut, aufgenommen, verköstigt. Und man erlebt neben Dankbarkeit auch Undank, Anmaßung, Verachtung und Aggressivität; zudem wird achtlos weggeworfen, was vermeintlich extrem Notleidenden gespendet wurde.
Dabei kommen all jene unter die Räder bzw. werden mit dem Verhalten anderer in Verbindung gebracht, die wirklich einfach nur froh sind, ihren weiten Weg hinter sich zu haben. Von einem nicht nur medial, sondern auch vor Ort sichtbaren „refugees welcome“-Hype merkt man in Österreich nichts mehr und Berichten zufolge gilt dies auch für Deutschland. Dort hat ein bayrischer SPD-Politiker seinen Unmut in einem Interview artikuliert; Heinrich Trapp zeichnet ein klares Bild von angeblich dankbaren, angeblich integrationswilligen Männern, denn die einzigen, die sich wirklich bemühen, sind Jugendliche, die man sofort in den schulischen Alltag einbindet. (4)
Während in Österreich die SPÖ Kärnten der FPÖ „Hochverrat“ vorwirft (5), haben bislang 400 Deutsche Kanzlerin Angela Merkel wegen „Hochverrat“ angezeigt. (6) Ermittlungen sollen schon deshalb sehr unwahrscheinlich sein, weil „Hochverrat“ Gewalt oder die Drohung mit Gewalt vorsieht; man kann die Einwanderungswelle wohl nur mit großer Spitzfindigkeit so einschätzen. Aber es bleibt die Frage, wessen Interessen Merkel eigentlich dient und wie dies mit ihrem Amtseid vereinbar ist, da sie Schaden von Deutschland abzuwenden hat (und dies nicht, indem sie Österreich durch geschlossene Grenzen ins Chaos stürzt). Mit anderen Worten ist sie ein Fall für deutsche Sicherheitsbehörden, wie man sich ja auch in Österreich genau ansehen muss, welchen Beruf ein politisch meist abwesender Kanzler tatsächlich ausübt.
(1) siehe http://www.milena-verlag.at/index.php?item=literatur&show_details=209 – vorgestellt wird es im Rahmen des BuchQuartier im Wiener Museumsquartier am 1.11. um 17:05 Uhr, http://www.buchquartier.com
(2) siehe http://www.fpoe.at/artikel/fpoe-muehlwerth-faymann-drueckt-sich-vor-antwort-zum-migrantenchaos-im-bundesrat/ und http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20151029_OTS0102/jenewein-dringliche-anfrage-des-bundesrates-an-den-bundeskanzler-betreffend-oesterreich-schafft-sich-ab
(3) https://alexandrabader.wordpress.com/2015/10/29/zaun-oder-nicht-zaun-das-ist-hier-die-frage/
(4) http://www.merkur.de/bayern/heinrich-trapp-interview-fluechtlinge-haben-eine-bringschuld-5697370.html – siehe auch http://www.focus.de/politik/deutschland/fluechtlingskrise-ueberfordert-grenzstadt-buergermeister-von-freilassing-schreibt-brandbrief-an-kanzlerin-merkel_id_5051789.html und http://www.freilassing.de/modules/news.php?action=view_detail&artikel_id=1607 – erinnert an den offenen Brief von Nickelsdorf im Burgenland an Faymann und Co. siehe http:///www.nickelsdorf.at
(5) http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20151030_OTS0095/hypo-heta-fluechtlinge-fpoe-begeht-hochverrat-an-land-und-leuten – zum Kontext siehe auch http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20151030_OTS0161/fpoe-moedritscher-humanitaere-hilfe-fuer-frauen-und-kinder-ist-gebot-der-stunde – „Frauen und Kinder zuerst“ ist auch die Position der ÖVP, etwa in der stark betroffenen Steiermark
(6) http://www.taz.de/Rechte-Kampagne/!5245492/