Hannah Arendt wurde meistens falsch zitiert, indem man ihr den Satz „Niemand hat das Recht zu gehorchen“ nachsagte. Freilich ist er unvollständig, denn sie bezog sich auf Immanuel Kant, der meinte, jeder soll so handeln, dass dies zum allgemeinen Recht werden könnte. Man kann Interviews mit Arendt auf Youtube anhören, die uns heute Anregungen und Orientierung bieten. Sie beschreibt Menschen, die nur funktionieren, die keine Tiefe haben, die sich nicht in anderen hineinversetzen können; mit „Banalität des Bösen“ kann man dies nur per Buchtitel auf den Punkt bringen. Diese Individuen wollten Teil eines „Wir“ sein, aus dem sich auch Macht ableitete; diese ist nicht per se negativ, weil es auch das „Wir“ der Individuen gibt, die sich verbünden. Zwanzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bemerkt Arendt, dass so viele sich wie Kinder verhalten, wenn sie auf Befehle einer Autorität warten, die dann aber nicht mehr kamen. Adolf Eichmann und andere waren verärgert, dass nun sie zur Rechenschaft gezogen wurden; sie waren nie im Kantschen Sinne ungehorsam. Wir können 2020 Arendt nicht allzu sehr strapazieren, sollten uns aber doch fragen, warum so viele Menschen jetzt Anordnungen entgegennehmen und folgen, die auf Kleinkindniveau erfolgen und sich nicht weigern, dies zu verinnerlichen; warum sie jeden Hinweis auf andere Motive im Hintergrund beiseite wischen.
Nicht von ungefähr sagt Arendt, dass es auch im NS-Regime das selbst Urteilen gab, in allen Bevölkerungsschichten, bei Menschen jeden Alters, die nicht vom „Wir“ redeten, sondern „Ich“ sagten. Wenn wir wachsam sind und selbst „Ich“ sagen, fallen uns leicht Funktionäre auf, die wie Zombies aus der NS-Zeit wirken; dazu gehören beispielsweise Angehörige des Justizapparats. Wahrscheinlich haben jene Politiker und Journalisten, die uns jetzt Masken, Tests und Impfungen oktroyieren wollen, die uns maßregeln, vereinzeln, unsere Existenzen ruinieren, bisher bis zum Erbrechen unter anderem auf Hannah Arendt Bezug genommen. Immer mehr Menschen erkennen, dass diese uns in einer medialen Blase, die ihre Verlängerung auf Twitter findet, seit Jahren manipulieren und niemals echte Haltung hatten, Kant nicht als Richtschnur nahmen, sondern stets funktionierten. Wir finden auch den kindlichen Gehorsam wieder, weil sehr viele immer noch glauben, dass „die Regierung“ es mit uns ja nur gut meinen kann. Sie werden von vermeintlich „Guten“ gelenkt, die stets einen ganzen Kanon an politisch korrekten Schlagworten aufzählen, aber niemals tatsächlich mit anderen solidarisch sind und gegen Unrecht auftreten. Auch Arendt beschrieb das auf sich selbst Zurückgeworfensein, das jetzt viele empfinden, obwohl sie mit anderen im Austausch sind, obwohl sie auch virtuell Zuspruch erleben.
Hannah Arendt im Gespräch