Archiv für den Monat April 2024

Wird Andi Babler „mit Herz und Hirn“ Kanzler?

Wenn man Parteitage bewertet, muss man immer bedenken, dass jeder eine eigene „Folklore“ hat und Delegierten etwas gibt, das Außenstehende kaum verstehen können. Vielleicht ist ein Schluss daraus, dass Anhänger einer Partei denen einer anderen Partei nicht ihre „Folklore“ zu spöttisch vorhalten sollten. Und doch fühlt man sich fast schon erschlagen von so viel „Herz und Hirn“ beim SPÖ-Bundesparteirat, dessen Motto „mit Herz und Hirn“ war, ergänzt durch „Hand aufs Herz“-Gesten von Andreas Babler. („Hand aufs Harz“ meint gerade ein Baum über mir, der einen Zapfen herunterfallen ließ, während ich am Sonntag die ersten Zeilen tippe.) Wenn man sich die von Babler präsentierten „24 Ideen für Österreich“ herunterlädt, findet man zur Illustration mehrere „Hand aufs Herz“-Aufnahmen mit Babler. Warum kommt eigentlich nicht Hirn vor Herz? Wie löst Babler den mit „Hand aufs Herz“ vermittelten Anspruch auf Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ein?

Eher wenig haben davon Genossen, die sich sehr für ihn einsetzten wie Niki Kowall und Muna Duzdar. Jedenfalls dann, wenn man einen Platz an wählbarer Stelle auf der Nationalratsliste als Gradmesser nimmt. Zugleich gibt es aber auch wenig Überraschungen, und es ist ja gerade nicht so, dass Babler allein entscheiden kann, wer wo gereiht ist. Nicht einmal zu rund einem Viertel werden Mandate über die Bundesliste vergeben, und auch bei diesen „müssen“ manche Personen einfach berücksichtigt werden. Was Begeisterung betrifft, so verspüren sie natürlich all jene, die mit einem Einzug ins Parlament rechnen können. Ausserdem viele Personen, die mittelbar zu profitieren hoffen, z.B. weil sie sich wegen bestimmter Anliegen ehrenamtlich engagieren.

Aus den „24 Ideen für Österreich“

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Stehen die Bundesheerdienste in Putins Diensten?

Gerade wird um das Finale der Befragungen in den beiden U-Ausschüssen gerungen. Den Zeitdruck kann man den Abgeordneten nicht vorwerfen, denn er ist durch das nahende Ende der Legislaturperiode bedingt. Der wegen Spionageverdacht in U-Haft sitzende ehemalige BVT-Mitarbeiter Egisto Ott wird im „Machtmissbrauch“-UA wegen „Gefahr für Leib und Leben“ doch nicht befragt. Das Justizministerium betrachtet ihn als gefährdet, das Innenministerium widerspricht, da DSN und Cobra seine Sicherheit jederzeit gewährleisten könnten. Es fragt sich natürlich, was Alma Zadic und Gerhard Karner dazu meinen, doch es erinnert an strenge Sicherheitsvorkehrungen beim Prozess gegen den pensionierten Offizier Martin Möller, der für die GRU spionierte. Ihn könnte man eigentlich auch vorladen, und was ist mit Rene Benko, der am 22. Mai im Cofag-U-Ausschuss aussagen soll, ist er nicht in Gefahr? Yannick Shetty von den NEOS meint zur Ott-Absage, dass Österreich so tief vom russischen Staat unterwandert ist, dass die Sicherheit von Ott nicht garantiert werden kann. Das hat etwas für sich, weil gegen bestimmte Personen nur sehr zögerlich oder überhaupt nicht ermittelt wird. Und es zeigt sich ein stets wiederkehrendes Muster, wenn man sich das Verhalten von DSN, Heeresdiensten, Justiz-, Innen- und Verteidigungsministerium ansieht.

Die Frage, ob sich wo Leute zufällig treffen, ob etwas noch Lobbyismus ist oder schon Nachrichtendienst, lässt sich aus dem Kontext heraus einigermaßen beantworten. Dazu müssten aber Dienste analysieren, denen dort Zusammenhänge auffallen, wo Laien vielleicht erstaunt sind, wen man wo überall findet, und welches Ereignis worauf folgt. Offenkundig findet derlei nicht statt, sodass auch internationale Recherchen, Reaktionen in den USA und seitens der EU nichts daran ändern, dass alles Beanstandete weiter seinen Gang geht. Die Erklärung ist nicht, dass Österreich keine Geheimdienste hat, denn um Operationen in fremden Ländern geht es nicht. Sondern darum, mit den zur Verfügung stehenden nachrichtendienstlichen Mitteln fremde Operationen in Abläufen zu erkennen, an denen für viele Menschen überhaupt nichts besonderes ist, und diesen Operationen entgegenzutreten. Genau das erfolgt jedoch nicht, obwohl es die Aufgabe dieser Dienste ist; mithin tun sich dann andere erst recht schwer bei Einschätzungen.

Anfragebeantwortung

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Warum stellt sich Benko Justiz und U-Ausschuss?

Monatelang war Rene Benko nicht zu sehen und zu sprechen, gerade auch nicht für die Medien. Am 24. April 2024 erschien er jedoch persönlich vor Gericht in Innsbruck in Begleitung von Anwalt Georg Eckert, der Kanzleipartner von Norbert Wess ist, der immer wieder von der Presse erwähnt wird. Benko konnte es nicht vermeiden, diesen Termin wahrzunehmen, obwohl es vom Verfahren her nicht notwendig gewesen wäre. Doch er sagte zum zweiten Mal dem Cofag-U-Ausschuss ab eben mit der Begründung der Verhandlung im Konkursverfahren. Der SPÖ-Abgeordnete Jan Krainer drohte dann, ihn vorführen zu lassen, sodass er für den 22. Mai zusagte. Am 23. April lud man ihn jedoch für den 25. April, was Norbert Wess für Benko absagte; Wess selbst weilt im Ausland, ein anderer Anwalt als einem Zeugen zustehende Vertrauensperson könne sich so schnell nicht einarbeiten. Deshalb stellt die SPÖ am 25. April einen Antrag auf Vorführung durch die Tiroler Landespolizei. Der UA hat diese Vorgangsweise am 25. April beschlossen, sodass Ex-Signa-Aufsichtsratschef Alfred Gusenbauer darauf „einen Barroso“ trinken kann.

Diese Details sollen erstmal die aktuelle Situation beschreiben, ehe wir uns fragen, was hier gespielt wird. Immerhin kommt Gusenbauer damit durch, sich dem UA zu verweigern, in den er wegen seiner Rolle bei Signa geladen wird. Für die SPÖ ist das in Hinblick auf die kommenden Wahlen und die Chancen von Andreas Babler wohl auch besser so. Wir sind alle mit der Berichterstattung über Rene Benko vertraut und wissen, dass er sicher nicht verhungern wird. Er hat offenkundig das Vertrauen vor allem reicher alter weisser Männer missbraucht, mit denen man auch kein Mitleid haben muss. Im Sommer 2023 protestierte die SPÖ mit Jan Krainer und dem EU-Spitzenkandidaten Andreas Schieder gegen Benko wegen kika/Leiner und blendete Gusenbauer natürlich aus; auch Babler tat so, als habe das alles nichts mit der Partei zu tun. Letztes Jahr gab es in der „Kronen Zeitung“ an einem Sonntag einmal eine Karikatur mit Gusenbauer als Kapitalist mit Zylinder und Frack, der von Benko mit verzweifeltem Blick von einem LKW aus gerufen wird. Was „diese Bauhackler“ immer von ihm wollen, denkt Gusenbauer, der Benko komplett ignoriert.

Zu Benkos Körpersprache

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Medien als Wächter: Quis custodiet ipsos custodes?

Als „Wächter“ galten die „Leitmedien“ bisher, und sie klammern sich auch an ihren früheren Ruf. Doch sie werden mehr denn je in Frage gestellt und können das nicht verdrängen, weil diese Kritik öffentlich artikuliert wird. Es ist lehrreich, einen Schritt zurückzutreten und über Journalismus und geänderte Rahmenbedingungen nachzudenken. Dies ist Journalisten in alten und neuen Medien zu empfehlen, aber auch allen, die unsicher sind, wem sie noch trauen können. Warum Debatten so rasch eskalieren und der gebotene Journalismus oft so peinlich wirkt, möchte man doch gerne verstehen. Es fallen nämlich immer häufiger banale Fehler auf, die mit ein bisschen mehr Mühe zu vermeiden gewesen wären, und das selbst in Faktenchecks. Da ist noch gar nicht die Rede von aufwändigen Recherchen, die viele Details ans Licht bringen, diese aber mit falschen Schlussfolgerungen versehen und weitere wesentliche Fakten gar nicht erst berücksichtigen. Bereits die simple Frage „quis custodiet ipsos custodes?“ als Antwort a8uf das Posting eines Redakteurs, der sich gerade selbst beweihräuchert, wirkt wie eine Provokation. Denn sie erteilt „Elitenkonsens“ und „Indexing“ als wesentlichen Elementen der Medienwelt eine Absage und ist eine Kampfansage. Frei nach Karl Marx und Friedrich Engels geben Medien die Meinung der Herrschenden als herrschende Meinung wieder.

Das Buch „Die vierte Gewalt“ („Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie keine ist“) von Richard David Precht und Harald Welzer erschien erstmals im September 2022 und kam nun in einer neuen Auflage heraus. Armin Wolf und Joachim Huber vom Berliner „Tagesspiegel“ wussten bereits bei der Ankündigung des Buches, dass alles Mist ist, wie die Autoren in dieser Auflage schreiben. Viele arbeiteten sich daran ab, auch ohne es zu kennen, weil man nicht einmal mehr vorgeben muss, etwas gelesen zu haben. Doch Precht und Welzer nehmen sich ja auch kein Blatt vor den Mund und kritisieren etwa ein „Massenfremdschämen der Besserwisser“ angesichts des Ukrainekriegs. Diese Journalisten halten Politikern penibel frühere Äußerungen vor, stehen aber selbst komplett außerhalb jeder Kritik. Die Autoren verweisen auf Uwe Krüger, der aufzeigte, dass bloss Debatten innerhalb einer Elite reflektiert werden. Hingegen schreibt David Randall in „The Universal Journalist„, einer 2021 veröffentlichten Schritt für Schritt-Anleitung für guten Journalismus, dass man „Geplagte umsorgen und Umsorgte plagen“ soll. Die „Geplagten“ sollen eine Stimme in der Öffentlichkeit bekommen, was einen Elitendiskurs natürlich ausschließt. Das Umsorgen der Umsorgten durch Journalisten und das Plagen der Geplagten können wir aber täglich beobachten, siehe nicht nur Corona, wo sich viele Menschen von den Leitmedien abwandten. Welzer und Precht erklären Indexierung mit dem Beispiel von Dieter Hildebrandt, dessen Text zu Vietnam 1968 „Dieser Krieg ist unser Krieg“ die „faz“ nicht drucken wollte, sodass er zur „Zeit“ wechselte. Damit war aber der Bann gebrochen und es konnte über Vietnam diskutiert werden, es waren auch andere Meinungen zugelassen. Wenn vorgegeben wird, worüber man reden darf und wie, gibt es kein Korrektiv mehr. Denn es wurde ein Narrativ von denen etabliert, die immer Recht haben, und die so erhobenen Behauptungen werden indexiert, unter Tabu gestellt („is‘ so“).

Der „Standard“-Chefredakteur

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Signa, Benko und „Gusi in Häfn“

Nicht Michael Ludwig oder Andreas Babler sind auf der Titelseite der „Kronen Zeitung“ vom 21. April 2024, sondern es ist Alfred Gusenbauer. Wenn es schon jemand von der SPÖ sein muss, könnte man doch jemand anderen nehmen oder sich auf den Landesparteitag in Wien beziehen. Doch es ist erst wenige Tage her, dass sich Gusenbauer weigerte, im Cofag-U-Ausschuss Rede und Antwort zu stehen; er will auch diese Woche nicht. Dass Rene Benko am 24. April wieder nicht in den UA kommt, nachdem er sich zweimal entschuldigen liess, steht zwei Tage davor fest. Immerhin behauptet Anwalt Norbert Wess, über den er kommuniziert, dass er weiss, wo sich Benko aufhält (in Innsbruck-Igls), sodass man ihn auch vorführen lassen könnte. Genau das hat die SPÖ vor, zumal es diesmal heisst, Benko könne nicht nur wegen der Unübersichtlichkeit der Verfahren gegen ihn nicht aussagen, sondern auch, weil er am 24. April in Innsbruck vor Gericht stehe, doch im Konkursverfahren ist seine Anwesenheit gar nicht nötig. Man könnte fast meinen, dass es so „viele“ Verfahren wurden wegen der intransparenten verschachtelten Struktur von Signa mit über 1000 Einzelfirmen.

Die „Krone“ beschreibt nun ein Video von einer pompösen Signa-Feier Ende 2022 in Telfs in Tirol mit Gusenbauer, das sie auch auf ihren Youtube-Kanal gestellt hat. Gerade Gusenbauer, der im Dezember 2008 bei Signa anheuerte, wusste damals ganz genau, wie es um Signa steht, versprach aber, dass „wir“ „noch viele gute Häuser“ bauen werden. Die Auftragsbücher seien gut gefüllt, sodass „wir“ uns aussuchen können, was „wir“ wann realisieren und zu welchen Kosten. Zu diesem Zeitpunkt mussten Investoren um die Stundung der Dividenden gebeten werden in der Hoffnung, dass man wie bisher neue Geldgeber findet; Klaus Michael Kühne und die RAG-Stiftung lehnten dies ab und bekamen sie ausbezahlt. Gusenbauer spricht auch den „am härtesten verdienten“ Neid an und prophezeit der „Signa-Familie“, die „zusammenhält“, noch lange einträgliche Geschäfte. Unten ist die Aufnahme eingebunden; die „Krone“ veröffentlicht auch einen Auszug aus dem Buch „Inside Signa“, der den Rückzug des Investors Kühne aus der Signa Prime Anfang Dezember 2022 beschreibt. Schon dieses Detail in Relation zur Feier, bei der Gusenbauer allen etwas vormachte, sollte der SPÖ genügen, sich von ihm zu trennen. Und von Tausenden ohne Job und hunderte Millionen € vor allem in Deutschland vom Staat für Signa ist ohnehin ganz zu schweigen. Zwar schont das Buch Gusenbauer in gewisser Weise wie bisherige Recherchen der Autoren Rainer Fleckl und Sebastian Reinhart, doch selbst so wird deutlich, wie sehr er bis zum Schluss involviert war. Er ist erst seit wenigen Tagen nicht mehr Aufsichtsratschef von Signa Prime und Signa Development, tut aber so, als hätte niemand einen Fehler begangen, er selbst schon gar nicht. Signa vermied sorgfältig Transparenz d.h. das Legen vollständiger Konzernbilanzen; ganz wenigen Personen stand jedoch eine komplette Schattenbilanz zur Verfügung, darunter Gusenbauer, der wohl auch als vermeintlich seriöser Köder diente.

Gusenbauer Ende 2022

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Wahlen: Für Andi Babler wird es jetzt ernst

Die SPÖ startete ihren Wahlkampf für die EU-Wahl am 9. Juni 2024 beim Landesparteitag der Wiener SPÖ am 20. April. Zwar ist die Auswahl an Parteien und Kandidaten fürs EU-Parlament generell nicht so prickelnd, doch der gestern bestätigte Landesparteichef Michael Ludwig trat 2018 gegen den späteren EU-Spitzenkandidaten Andreas Schieder an und folgte Michael Häupl als Bürgermeister nach. Was die laufende Spionagediskussion betrifft, muss man über alle Parteien und nicht bloss über die FPÖ reden. Schieder gehörte wie viele andere aus Politik, Wirtschaft, Interessensvertretung und Verwaltung einmal der Österreichisch-russischen Freundschaftsgesellschaft an. In die Kommentare zur Rede von Parteichef Andreas Babler, die immer auch eigene Einstellung widerspiegeln, mischen sich einige zu einer Serie von Social Media-Sujets mit einem „staatstragenden“ Babler. Diese möchte ich jetzt kommentieren, weil darin mehrere Elemente zusammenkommen.

Zunächst halten es einige für gekünstelt und höchst unauthentisch und meinen daher, die Botschaft werde nicht ankommen und wäre kontraproduktiv. Aber ist es wirklich so? Werber werden sich etwas dabei gedacht haben, und auch ein Social Media-Team, das bereits bei der Kampagne zur Mitgliederbefragung erfolgreich werkte, hat genug Erfahrungen gesammelt. Es gibt eine kryptische Erklärung, dass die Leute Foto und Fake nicht mehr unterscheiden würden, was dann wohl bedeutet, dass Babler wirklich auf einem Berg fotografiert wurde (nope, in der Burgenwelt Ehrenberg). Bekanntlich gibt es auch Greenscreen-Fotos von anderen Politikern, etwa von Heinz Christian Strache, der nicht wie Herbert Kickl wirklich bergsteigt. So selten ist eine allzu bemühte Inszenierung nicht, sie gehört bis zu einem gewissen Grad in der Politik einfach dazu. Eine andere Frage ist, ob das glaubwürdig erscheint, denn man plakatiert längst Kandidaten in zum Anlass passender Kleidung. Echt wäre Babler, auch weniger Berg-affin als Kickl, im Freizeitoutfit, das zugleich dem entspricht, das viele im Job tragen.

Sujet von Bablers Social Media-Accounts

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Die Qual der EU-Wahl

Unsere EU-Wahl im Mai 2019 verlief etwas anders als in anderen Staaten, denn wenige Tage davor wurden Ausschnitte aus geheimen Aufnahmen auf Ibiza veröffentlicht. Es kostete die FPÖ die Regierungsbeteiligung und führte zu Neuwahlen. Den Grünen half es bei der EU-Wahl mit Werner Kogler und Sarah Wiener, während für Peter Pilz der inzwischen chancenlose Johannes Voggenhuber antrat. Für die Grünen war also diese Wahl speziell, da sie eine Trendwende markierte. Am 9. Juni 2024 sind die Themen weitgehend die Europäischen (Krieg, Verteidigung, Teuerung, Energieversorgung, Corona-Aufarbeitung, Klima), jedoch ergänzt um eine auf die FPÖ zugeschnittene Spionageaffäre.

Mittlerweile wurden erste Plakate präsentiert, zuletzt von der FPÖ, die sich u.a. mit Frieden und Neutralität sowie mit Corona befasst; „EU-Wahnsinn stoppen“ ist das Motto. Nun sind auch die ORF-Pressestunden mit den Spitzenkandidaten angelaufen, als Nächstes ist Helmut Brandstätter von den NEOS an der Reihe. Umfragen ergeben kein klares Bild, da die FPÖ zwar seit Dezember auch auf EU-Ebene vorne liegt, dann aber SPÖ und ÖVP entweder auf Platz 2 und 3 oder 3 und 2 kommen und dann Grüne und NEOS 4. oder 5. oder 5. und 4. sind. Die KPÖ hat bei dieser Wahl nichts zu gewinnen (ausser Kontakte zu Wähler*innen), mit ihr wird aber, wie mit der Bierpartei, bei der Nationalratswahl im Herbst gerechnet. Ausserdem tritt das Bündnis Öxit an, das die EU verlassen will, und DNA u.a. mit Maria Hubmer-Mogg aus der Corona-kritischen Bewegung. Wiederum einer Umfrage nach soll die Wahlbeteiligung diesmal grösser als sonst sein, denn 70 % wollen hingehen. Was sich auf der medialen Bühne abspielt, wenn die Vertreter von Parlamentsparteien erscheinen, ist nicht selten zum Fremdschämen.

Putin-Partei NEOS?

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Teil 2: Peter Pilz im Spionagenetzwerk

Spionage ist das dominierende politische Thema, aber nur in einem eng begrenzten Verständnis. Man hängt alles auf an Egisto Ott, den russischen Handlanger aus dem BVT, der seit einigen Tagen in U-Haft sitzt. Seine Verbindungen zu Peter Pilz und Helmut Brandstätter werden sorgsam ausgeklammert, Darstellungen wie sie die ÖVP im Parlament zeigte, bilden nur FPÖ-Politiker als verstrickt ab. Pilz legt Wert darauf, dass er NICHTS mit Spionage zu tun hat, er gehört gewissermaßen bereits seit 1977 zu KEINEM Spionagenetzwerk siehe Teil 1 unserer Serie, die mit seiner Tätigkeit für das „Extrablatt“ beginnt. Bei der Bundespräsidentenwahl 2016 kandidierte Alexander van der Bellen erfolgreich, der im Dezember 1993 über Pilz zu den Grünen kam. Wir erinnern uns an den überlangen Wahlkampf 2016, als Konkurrent Norbert Hofer im letzten Abdruck noch einen vorsichtigen Spionagevorwurf anbrachte, der auch mit Pilz zu tun hatte. Medien verwiesen dann auf eine Anfrage der FPÖ 2001 zu „Stasi-Kontakten von Peter Pilz“, die Innenminister Ernst Strasser abschlägig beantwortete. Interessant war an der Reaktion nur, dass Österreich keine Auskünfte aus Stasi-Dateien verlangen kann, weil wir kein Mitglied der NATO und daher kein Verbündeter sind.

Freilich war Strasser damals und bis 2011 Präsident der Österreichisch-russischen Freundschaftsgesellschaft, die – siehe Teil 1 – de facto von der SPÖ Wien gegründet wurde. Die FPÖ stellte 2012 neuerlich eine Anfrage, diesmal an Kanzler Werner Faymann, und erhielt zur Antwort, dass so alte Akten nicht mehr vorhanden seien. Es ging wie 2001 um eine Studie zur Rüstungskonversion 1985 um 450.000 Schilling bei van der Bellen, finanziert von Wissenschaftsminister Heinz Fischer, der später Bundespräsident wurde. Weiters um eine Studie zu Rüstungskonversion und Militärausgaben um 500.000 Schilling im Jahr 1987 für das Sozialministerium mit Alfred Dallinger, als Pilz bereits Abgeordneter der Grünen war. Pilz wurden „enge SIPRI-Kontakte“ unter Berufung auf Michael Sika vorgehalten, der jedoch auch das Friedensforschungsinstitut Burg Schlaining mit Russland in Verbindung brachte (siehe Teil 1), für das Pilz arbeitete, und nicht nur SIPRI in Stockholm.

Aus der „Kleinen Zeitung“

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Signa und Benko: Die Justiz ermittelt gegen ein Phantom

Es hat es bis zur „Bild“-Zeitung geschafft, dass die Korruptionsstaatsanwaltschaft nun gegen Rene Benko persönlich wegen Betrug ermittelt und ihm bis zu zehn Jahre Haft drohen. Zitiert werden die Anwälte Johannes Zink, der u.a. für eine steirische Privatbank eine Anzeige einbrachte, die Benko nach der Insolvenz getäuscht haben soll, und Norbert Wess, der Benko vertritt. Wess war es auch, der Benkos Erscheinen im Cofag-U-Ausschuss am 4. April 2024 zuerst zusicherte und dann kurzfristig absagte, weil Benko den Überblick verloren habe über gegen ihn laufende Verfahren. Am 25. April soll aber Alfred Gusenbauer erscheinen, der Benko seit 2005 verbunden ist und bis vor einer Woche Aufsichtsratschef von Signa Prime Selection und Signa Development Selection war (ups, grad wird gemeldet, dass er für den UA abgesagt hat). Zwei der neu gewählten Signa-Aufsichtsräte legten ihre Funktionen bereits am 15. April wieder zurück, weil sie sich etwas anderes erwartet hatten.

Johannes Zink ist mit Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic befreundet, der die WKStA jetzt verlässt und Sebastian Kurz wegen falscher Beweisaussage angeklagt hatte. Zink ist der Haus- und Hofanwalt von Hans Peter Doskozil, mit dem er seit dessen Attacke auf den Airbus-Konzern verbunden ist, für die auch ehemalige Ukraine-Lobbying-Partner Gusenbauers engagiert wurden. An Bord war dabei auch Peter Pilz, an dessen „Zackzack“ Zink beteiligt ist; zum Drehbuch gehörte ein mit Hilfe der FPÖ eingesetzter zweiter Eurofighter-UA. Bestandteil der Dramaturgie war eine unweigerliche Anzeige gegen Ex-Minister Norbert Darabos, dem die Gespräche mit Eurofighter 2007 entgegen Bestimmungen der Bundesverfassung über Ministerkompetenzen aus der Hand genommen wurden. Pilz trumpfte nach der Befragung von Alfred Gusenbauer und Wolfgang Schüssel im UA damit auf, dass ihn ein Anwalt beraten habe, ehe er Darabos wegen Untreue anzeigte. Auch bei Untreue reden wir von einem Strafrahmen von bis zu zehn Jahren, wenn die Summe von 300.000 € überschritten wird.

Ablenkungsmanöver?
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Wovon lenkt die Spionageaffäre um Egisto Ott und die FPÖ ab?

„Das“ Thema im Wahljahr ist jetzt – dazu gemacht – Spionage mit Schwerpunkt auf FPÖ und Egisto Ott. Die Partei kontert, indem sie einen „umfassenden Russland-U-Ausschuss“ vorschlägt, auch alle Ministerien ansehen will, politische, wirtschaftliche und diplomatische Aspekte. Das ist tatsächlich sinnvoll, weil verdeckte Operationen und das Handeln von Agenten nicht irgendwo isoliert und von anderem getrennt existieren. Es werden bei geheimem Nachrichtendienst auch weitere Delikte begangen, etwa wenn Zielpersonen verleumdet, bespitzelt, geschädigt werden; das kann auch den Staat als solchen betreffen. Man kann zwar feststellen, dass Anstand und Nachdenken verhindern, allzu bereitwillig zum „unwitting agent“ oder nützlichen Idioten zu werden. Zugleich aber ist das Bedürfnis verständlich, dass alles einen Sinn ergibt und dass man sich das Verhalten anderer gut erklären kann, nicht von bisherigen Überzeugungen weit abweichen muss. Wer aus dem Hinterhalt attackiert wird, muss es selbst erstmal einordnen und zuordnen und hat dann das Problem, es anderen plausibel zu machen, denen es widersprüchlich erscheint. Zum Beispiel, dass es sehr wohl Rauch ohne Feuer gibt und unterschiedliche Arten von Desinformation, komplett erfunden, halbwahr oder aus dem Zusammenhang gerissene Fakten. Wenn Abgeordnete selbstkritisch untersuchen, wo sie zu wenig wissen wollten oder sich etwas falsch zusammenreimten, werden sie erkennen, dass es alle Parteien betrifft.

Im Moment stürzt sich aber alles auf die FPÖ, der Komplizenschaft mit Putin nicht dort vorgeworfen wird, wo jede Partei Komplize ist. Hans Jörg Jenewein gehört nicht mehr der FPÖ an, ihm bot Ott aber einen Job bei Wirecard an, worauf ausgerechnet die 2014 bis 2016 von Markus Braun unterstützten NEOS hinweisen; freilich müsste man Wirecard, Signa und Commerzialbank ohnehin miteinander verbunden untersuchen. Es gibt mittlerweile eine ausführliche, via Anwalt versandte Aussendung Jeneweins zu allen gegen ihn erhobenen Vorwürfen. Jenewein war Mitglied des Verfassungsausschusses, als dieser 2009 ein Bundesministeriengesetz billigte; diesen Vorgang sehen wir jetzt beim Wechsel der Digitalagenden vom Finanzministerium ins Bundeskanzleramt, der am 17. April auch das Parlament passiert hat. „Damals“ war gerade die Regierung von Bundeskanzler Werner Faymann angelobt worden, während Alfred Gusenbauer „für ein Kanzlergehalt“ eine Woche pro Monat für Signa zu arbeiten begann (und zugleich in seinem früheren Job bei der AK Niederösterreich).

Gute Frage…

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