„Das“ Thema im Wahljahr ist jetzt – dazu gemacht – Spionage mit Schwerpunkt auf FPÖ und Egisto Ott. Die Partei kontert, indem sie einen „umfassenden Russland-U-Ausschuss“ vorschlägt, auch alle Ministerien ansehen will, politische, wirtschaftliche und diplomatische Aspekte. Das ist tatsächlich sinnvoll, weil verdeckte Operationen und das Handeln von Agenten nicht irgendwo isoliert und von anderem getrennt existieren. Es werden bei geheimem Nachrichtendienst auch weitere Delikte begangen, etwa wenn Zielpersonen verleumdet, bespitzelt, geschädigt werden; das kann auch den Staat als solchen betreffen. Man kann zwar feststellen, dass Anstand und Nachdenken verhindern, allzu bereitwillig zum „unwitting agent“ oder nützlichen Idioten zu werden. Zugleich aber ist das Bedürfnis verständlich, dass alles einen Sinn ergibt und dass man sich das Verhalten anderer gut erklären kann, nicht von bisherigen Überzeugungen weit abweichen muss. Wer aus dem Hinterhalt attackiert wird, muss es selbst erstmal einordnen und zuordnen und hat dann das Problem, es anderen plausibel zu machen, denen es widersprüchlich erscheint. Zum Beispiel, dass es sehr wohl Rauch ohne Feuer gibt und unterschiedliche Arten von Desinformation, komplett erfunden, halbwahr oder aus dem Zusammenhang gerissene Fakten. Wenn Abgeordnete selbstkritisch untersuchen, wo sie zu wenig wissen wollten oder sich etwas falsch zusammenreimten, werden sie erkennen, dass es alle Parteien betrifft.
Im Moment stürzt sich aber alles auf die FPÖ, der Komplizenschaft mit Putin nicht dort vorgeworfen wird, wo jede Partei Komplize ist. Hans Jörg Jenewein gehört nicht mehr der FPÖ an, ihm bot Ott aber einen Job bei Wirecard an, worauf ausgerechnet die 2014 bis 2016 von Markus Braun unterstützten NEOS hinweisen; freilich müsste man Wirecard, Signa und Commerzialbank ohnehin miteinander verbunden untersuchen. Es gibt mittlerweile eine ausführliche, via Anwalt versandte Aussendung Jeneweins zu allen gegen ihn erhobenen Vorwürfen. Jenewein war Mitglied des Verfassungsausschusses, als dieser 2009 ein Bundesministeriengesetz billigte; diesen Vorgang sehen wir jetzt beim Wechsel der Digitalagenden vom Finanzministerium ins Bundeskanzleramt, der am 17. April auch das Parlament passiert hat. „Damals“ war gerade die Regierung von Bundeskanzler Werner Faymann angelobt worden, während Alfred Gusenbauer „für ein Kanzlergehalt“ eine Woche pro Monat für Signa zu arbeiten begann (und zugleich in seinem früheren Job bei der AK Niederösterreich).
Wovon lenkt die Spionageaffäre um Egisto Ott und die FPÖ ab? weiterlesen