Schlagwort-Archive: Karin Blum

Vergewaltigungsfantasien? Ganz normal für die SPÖ!

Andreas Kollross ist Bürgermeister von Trumau, einer Nachbargemeinde von Traiskirchen, er war bei der Nationalratswahl 2019 Spitzenkandidat im Wahlkreis Thermenregion. Je nach Bericht folgte auf dem zweiten Listenplatz Karin Blum, die Ehefrau von Andreas Babler oder Gaby Steiner, die Obfrau des Frauenhauses Mödling, das sich über eine Spende von Novomatic freut. Kollross stellt es auf seiner Webseite so dar, dass Blum nächstgereiht ist, das Innenministerium nennt Steiner vor Blum. Es ist so oder so peinlich für die SPÖ, dass Kollross nicht zugunsten einer Frau zurücktritt. Er postete auf Twitter allen Ernstes, dass er als Bürgermeister sich ein ius primae noctis wünscht wie in „Braveheart“. Zwar löschte er das Posting wieder, doch natürlich haben es einige gesichert; ich werde weiter unten Tweets damit verwenden. Erstmal kommt aber ein Clip des Kanals „Geschichtsfenster“, für den akribisch recherchiert wird. So ein Recht war bereits im Mittelalter bloss ein Mythos, der antifeudaler Propaganda zuzurechnen ist.

Man kannte teilweise eine Hochzeitssteuer, es war auch lange so, dass nicht jeder Stand einfach heiraten durfte. Wir hatten in der k.u.k. Armee den Brauch, dass Offiziere eine Heiratskaution zu hinterlegen hatten, damit die Ehefrau auch als Witwe versorgt ist; dieses Kapital brachte auch Zinsen. Es gibt den Spruch „Schulden wie ein Stabsoffizier“, der darauf basiert, dass der Sold beim Militär keine grossen Sprünge erlaubte. Dennoch hatten Offiziere Prestige, sodass manchmal der Schwiegervater die Kaution aufbrachte; das war auch der Fall, als mein Ururgrossvater die Tochter eines Fabriksdirektors ehelichte. Nach dem Ersten Weltkrieg blieb den Erben allerdings nur eine Wohnung, die 1945 ausgebombt wurde; man „musste“ nach 1914 Kriegsanleihen erwerben, die 1918 nichts mehr wert waren. Übrigens wird manchmal behauptet, F*ck sei eine Abkürzung für Sex mit Zustimmung des Königs, also für eine Heiratserlaubnis; das ist ebensowenig belegt wie ein ius primae noctis. Wir können feststellen, dass Genosse Kollross nicht nur Fantasien von Machtmissbrauch, d.h. auch Amtsmissbrauch und Vergewaltigung hat, sondern auch ungebildet ist.

Ein mittelalterlicher Mythos

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Wer folgt Benko in den Abgrund? Gusenbauer mit Babler?

Für Rene Benko und seine Signa Holding ist diese Woche entscheidend; es wird dringend frisches Geld gebraucht. Es sollte für Benko selbst kein Problem sein, 500 Millionen € zuzuschiessen, gilt er doch als drittreichster Österreicher und soll laut „Forbes“ 5,7 Milliarden € schwer sein. Doch wie die „Kronen Zeitung“ am 27. November 2023 schreibt, soll Benkos Familien-Privatstiftung (nach dem Vorbild von Hans Peter Haselsteiner eingerichtet?) nur wenige hunderttausend € an verfügbaren Mitteln haben. Unter Berufung auf die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet das „Volksblatt“ der ÖVP am 27. November, dass dringend Investoren gesucht werden, die nur zum Teil Sicherheiten bekommen würden, was Kredite besonders teuer macht; von Verzinsung mit bis zu 20 % ist da die Rede. Man nennt es Mezzanine-Finanzierung aus dem Italienischen für Zwischengeschoss; so ein Investor tauscht teures Kapital gegen wenig direkte Mitsprache. Für Signa günstigere Lösungen sind unrealistisch, weil inzwischen bekannt wird, dass man mit Tarnen und Täuschen arbeitet; es wurde tunlichst auch in Verletzung von Vorschriften vermieden, Außenstehenden Einblick in die Gesamtsituation des Konzerns zu gewähren. Bei über 1000 verschachtelten Firmen und Geschäftsführern, die wie bei Briefkastenfirmen überall verantwortlich scheinen, entspricht das Modell dem von Oligarchen und allen anderen, die man in diversen „Papers“ findet.

Die Signa Real Estate Germany hat eben einen Insolvenzantrag in Berlin gestellt, sie ist eine Tochter der Signa Prime mit Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer als Aufsichtsratschef. Man rechnet mit weiteren Insolvenzanträgen nicht nur in Deutschland, wobei Banken wie Raiffeisen und UniCredit Bank Austria auch betroffen sind, die rund zwei Drittel ihrer Kredite mit Immobilien besichert haben. Offiziell ist Benko nicht mehr Vorsitzender des Signa-Beirates, in den er sich nach einer Verurteilung 2013 wegen Korruption zurückgezogen hatte; er mischt jedoch weiterhin mit (2023 wurde er beim Prozess gegen Christoph Chorherr freigesprochen). Gerade wurde publik, dass er am Wochende mit Privatjet, Ehefrau und Kindern in Barcelona shoppen war, wobei er auch einen Stapel Akten mitgenommen hatte. Benko möchte zwei Gemälde aus seiner Kunstsammlung verkaufen, einen Picasso und einen Basquiat, was natürlich nicht für die benötigte halbe Milliarde € ausreicht; die ganze Sammlung soll 30 Millionen € wert sein; eine Yacht im Oligarchen-Stil um 40 Millionen € will Benko auch loswerden.

2018: Siegfried Wolf holt Benko ab

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Demnächst Kanzler Babler? Eine Parteitags-Nachlese

Die eigenen Leute kann Andreas Babler mitreissen; in Delegiertenstimmen am Parteitag ausgedrückt zu 88,76 %, was mit den Resultaten früherer SPÖ-Chefs verglichen wird (bei der Wahl in den Vorstand bekamen andere nehr Stimmen). Doch darüber hinaus stagniert die SPÖ, was ein Jahr vor der nächsten Wahl noch nicht so dramatisch ist. Bablers Parteitagsrede lebte von Gegensätzen, die teils grotesk wirkten, etwa wenn er suggerierte, dass immer noch ÖVP und FPÖ gemeinsam regieren, während er die Grünen komplett ignoriert. Freilich muss man sich stets selbst fragen, womit man vergleicht, ob man gar dazu neigt, ein „Früher“ anzunehmen, als alles politischer war. Denn wann konnte man schon Parteitage verfolgen, ohne selbst anwesend zu sein, und auch wenn man dort war, ist es ganz anders, wenn man Delegierter und nicht bloss Gast ist. Deshalb werde ich nur vorsichtig feststellen, dass eine politische an Fakten orientierte Darbietung, die Weitblick vermittelt, anders aussehen muss. Es ist ausserdem schwer, diverse Beiträge zu beurteilen, weil drei Minuten Redezeit in der Debatte nach Babler manche dazu verleiteten, möglichst viel unterzubringen.

Bablers Ansprache kann man hier in voller Länge lesen und in der Aufzeichnung vom 11. November unten anhören. Unmittelbar vor diesem Auftritt gibt es bei einer Stunde und 22 Minuten ein Video über Andreas Babler, in dem vor allem Gattin Karin Blum („grosse Liebe“ als Erklärung eingeblendet) zu Wort kommt und geradezu von ihm schwärmt. Vor dem Parteitag schrieb der „trend“, dass Blum eine wichtige Rolle bei Bablers Kampagne spielt, der ohne sie viel pragmatischer wäre. Ausserdem sprechen im Clip Bablers Vater, der geschäftsführende Klubobmann Philip Kucher und Kid Pex von SOS Balkanroute; wir sehen, wie Babler der bosnischen Stadt Bihac einen Rettungswagen spendet. Das Thema Asyl und Migration scheint unvermeidlich, auch wenn es in der SPÖ umstritten ist, aber niemand wagt, illegale Einwanderung grundsätzlich abzulehnen. Babler war bemüht, alle hier Gelandeten als diejenigen darzustellen, die „vor einem Kalifat“ geflohen seien; auch der irreführende Begriff „Gastarbeiter“ fiel wieder. Zugleich betonte er Solidarität mit Israel, verwendete aber an anderer Stelle Starbucks als Beispiel für einen Konzern, der kaum Steuern bezahlt; anderswo ist Starbucks Ziel antisemitischer Angriffe.

Die Aufzeichnung des Parteitags

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SPÖ: Das Private ist politisch

Andreas Babler und Georg Dornauer gaben eine Pressekonferenz, bei der Dornauer auch auf seine Lebensgefährtin Alessia Ambrosi angesprochen wurde. Er verwendete den distanzierten Begriff „offenkundige Liaison“ und meinte, die Sozialistische Jugend habe gar nicht seinen Rücktritt gefordert. Fratelli d’Italia haben Positionen, bei denen es ihm die Haare aufstellt, fordern aber auch Richtiges etwa bei Banken und deren Zinsen. Es war auch zu vernehmen, dass es keine privaten Fotos auf Social Media geben wird, nachdem Ambrosi Strandfotos „gegen seinen Willen“ auf Instagram postete; er erteilte ihr ein „Fotoverbot“. Dornauers Umgang mit ihr macht fassungslos, weil es da um Ambrosi als Frau geht. Zugleich nehmen er und die SPÖ aber sie als Politikerin nicht ernst, denn sie ging von der Lega Nord, die wie die FPÖ einen Vertrag mit der Putin-Partei Einiges Russland unterzeichnete, zu Fratelli d’Italia. Diese Partei hat ihre Wurzeln bei der Alleanza Nazionale, die aus dem neofaschistischen Movimento Sociale Italiano hervorgegangen ist. Es mischen sich typisch rechtspolitische und separatistische Elemente, da die Lega eine weitgehende Trennung zwischen dem „keltischen“ Norden Italiens und dem Süden anstrebte; man vernetzte sich mit anderen regionalen Bewegungen in Europa.

Andreas Babler machte es nicht besser, indem er alles zur Privatsache erklärte und versicherte, dass Dornauer und er „zwei lockere Typen“ sind; sie fanden eine gemeinsame Basis schon als Bürgermeister (Babler seit 2014 in Traiskirchen, Dornauer von 2016 bis 2022 in Sellrain). Journalisten können ihn gerne zu seiner Beziehung fragen, seine Frau ist seine politische Weggefährtin. Bevor wir zu Taschentüchern greifen, um unserer Rührung über diese sozialistische Bilderbuchgeschichte Ausdruck zu verleihen, ein Blick auf Andreas Babler und Karin Blum: Sie kommt aus Vorarlberg und ist für Babler das Schönste an diesem Bundesland, wie er dort gerade versicherte. 1997 begann Blum, in Innsbruck zu studieren und begegnete damals Babler erstmals, sie wurde erste linke ÖH-Vorsitzende und jüngste Innsbrucker Gemeinderätin. Heute ist Blum Gemeinderätin in Traiskirchen und bei den Kinderfreunden für Kommunikation und Design zuständig. Zwar betont Babler, er sei immer von „starken feministischen Frauen,“ umgeben gewesen und dass die Entscheidung über seine Bewerbung als Parteichef in der Familie gefallen ist; es bleibt aber ein wenig Unbehagen. Nun war es Karin Blum, die ihm einen Heiratsantrag machte, aber sie spielt politisch die zweite Geige, allen Beteuerungen Bablers zum Trotz (wobei sie aber zuletzt weiter hinten auf der Nationalratsliste der SPÖ stand).

Georg Dornauer

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Gegenwind für Andreas Babler

Der Gegenwind ist für den neuen und überraschenden SPÖ-Chef Andreas Babler von Beginn an heftig. Das ist für ihn natürlich auch eine Möglichkeit, sich zu positionieren und mobilisiert Anhänger und Gegner, wie man auch auf Social Media gut sehen kann. Es sollte aber mit offenen und nicht mit gezinkten Karten gespielt werden; dazu einige Details, die man anhand meiner bisherigen Recherchen über Netzwerke und politische Hintergründe noch vertiefen kann. Die NÖ-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner warnt vor einem Albtraum, sollte die SPÖ mit Babler auf Bundesebene (wieder) erfolgreich sein. Es fragt sich immer, ob Begriffe wie Marxismus oder Kommunismus nicht bloss Trigger sind, die von real verfolgten Strategien derjenigen ablenken, die mit diesen Triggern spielen. Alfredo Rosenmaier war einmal Klubobmann der SPÖ in NÖ und dritter Landtagspräsident und kehrt der Partei den Rücken wegen Bablers Aussagen zum Marxismus; er sieht in ihm einen Kommunisten. Walter Blachfellner war Wohnbaulandesrat für die SPÖ Salzburg und verlässt die Partei, weil er innerparteiliche Demokratie mit Füssen getreten sieht. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker siedelt Babler am äussersten linken Rand an und verkauft die eigene Partei per Kampagne als Garant für Stabilität.

Journalisten machen ihrem Unmut auf Twitter und in Kommentaren Luft wie Thomas Mayer vom „Standard“, der Babler keinen einzigen Tag Schonfrist zugesteht und ihm fehlendes Verständnis für die EU nachsagt; diese sei ihm fremd. Johannes Huber bringt auf Vienna.at in Verkennung der tatsächlichen Abgründe in der SPÖ ins Spiel, dass Babler für den Wiener Bürgermeister Michael Ludwig wohl eher unberechbar sei, anders als Hans Peter Doskozil. „Heute“ von Eva Dichand wirft Babler vor, Müllgebühren zu spät bezahlt zu haben, was perfekt zu allen Klischees von Kommunisten, Marxisten, Sozialisten oder wem auch immer passt und blauen Dolmen Auftrieb gibt. Sehen wir uns im Folgenden einmal an, was wirklich dahintersteckt und was Kritiker selbst verschweigen bzw. was bei Doskozil und anderen keine Rolle spielt.

Babler im Interview

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SPÖ: Wer wird Chef:in?

Bis heute um Mitternacht läuft die Mitgliederbefragung der SPÖ, deren Ergebnis jedoch erst am 22. Mai bekannt gegeben wird. Zuerst sah es so aus, als würde Hans Peter Doskozil mit diesem Instrument über Pamela Rendi-Wagner triumphieren wollen, es sich also um die „Wahl“ zwischen Partei-Establishment und Partei-Establishment handeln. Ein gewöhnliches Mitglied, egal wie aktiv, hatte überhaupt keine Chance, jemals nominiert zu werden. Doch weil dem Sonderparteitag und den diesen durchführenden Gremien die Befragung vorgeschalten wurde, meldete sich zunächst Nikolaus Kowall als dritter Bewerber. Schliesslich kündigte Andreas Babler seine Kandidatur an, der jedoch wie Kowall nie in Gremien wie Bundesparteivorstand oder Präsidium eingeladen wurde, wo man das Procedere vereinbarte.

Allein dies bestätigt schon, dass jemand in das Establishment unter sich-Szenario eingebrochen ist. Zum Teil gab es skurrile Modalitäten, die zu vielen Bewerbungen führten, von denen aber nur jene von Establishment plus Babler gültig waren. Manche meinten, dies habe der SPÖ geschadet, doch es entstand bald eine interessante Dynamik. Inzwischen wurde auch untersucht, wer am besten mobilisiert und wer wie auf Social Media ankommt. Babler liegt dabei vorne, wobei er und Rendi-Wagner anders als Doskozil auch starke via Emoij ausgedrückte Emotionen wecken. Es ist keine Überraschung, dass Babler medial eher positiv dargestellt wird und Rendi-Wagner (auch als Chefin einer zu passiven Oppositionspartei) stark negativ und auch Doskozil eher negativ auffällt, aber von der „Kronen Zeitung“ unterstützt wird.

Pressekonferenz des Doskozil-Teams

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Der SPÖ-Vorsitz und die Frauenfrage

Nur vier Frauen und 69 Männer wollen Chefin oder Chef der SPÖ werden; die gegenwärtige Parteichefin Pamela Rendi-Wagner soll Gelassenheit an den Tag legen und keinen Wahlkampf betreiben, wird via Medien ausgerichtet. Man liest auch, dass hinter ihr das Establishment stehe (was immer damit gemeint ist) und natürlich Frauen, während sich Hans Peter Doskozil (Landeshauptmann) und Andi Babler (Bürgermeister und nun auch Bundesrat) als Kandidaten der Basis verstehen. Es ist klar, dass Narrative vermittelt werden, die Männer begünstigen, an denen keinerlei Kritik geübt wird, während Frauen schnell in Frage gestellt werden. Doch Rendi-Wagner überlässt den Herausforderern auch das Feld, in dem sie ihre Präsenz als Parteichefin für sich sprechen lassen will. Es müssen gar nicht alle Medien auf Doskozil, seinen Berater Christian Kern und Andi Babler einsteigen, da auch auf das reagiert wird, was wenige schreiben.

Unten sieht man eine Schlagzeile vom 3. April 2023 von der Titelseite von „Österreich“, dessen Herausgeber Wolfgang Fellner sich von Doskozils Impflotterie inspirieren liess. Tags darauf verrät das Blatt „Warum Doskozil Kern will – und Bablers Joker“; Kern könnte Kanzlerkandidat werden. Wer dieser Joker ist, erfahren wir nicht, nur dass auch Babler als Parteichef einen anderen Spitzenkandidaten vorschlagen könnte. Es klingt beinahe so, als würde Rendi gar keine Rolle mehr spielen; allerdings galt es bereits als „aggressiv“, dass sie sich gegen ständige Untergriffe Doskozils wehrte. Kämpferisch aufzutreten wird immer noch bei einem Mann bewundert (ohne genau hinzusehen, wer er ist und worum es geht), während es bei einer Frau zu gemischten Reaktionen führt. Der „Standard“ fragt gerade, ob die SPÖ ein Frauenproblem hat, denn Frauen werden entmutigt, wenn eine von ihnen heruntergeschrieben wird. Dass nicht mehr Frauen kandidieren, hat auch damit zu tun, dass sie Rendi nicht schaden wollen; Männer denken nicht so.

„Österreich“ am 3. April 2023

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Der Fall Andi Babler und die Parteilinke

Das kommt davon, wenn eine Einzelperson zum „Anti-Faymann“ hochstilisiert wird, wie es beim „Parteirebellen“ Andi Babler der Fall ist. Seit ein paar Tagen ist bekannt, dass er  neben seinem Bürgermeisterbezug auch sein eigener Sekretär war und zudem Aufwandsentschädigungen und Spesen erhalten hat. Seine Fana schwanken zwischen Verteidigung und Enttäuschung, manche geben der FPÖ die Schuld („Schmutzkübelkampagne“) oder den Medien.

Was die Berichterstattung betrifft, war diese Babler bislang zwar ausgesprochen wohlgesonnen; doch kaum wird einmal er kritisch befragt, statt andere zum Rücktritt aufzufordern, tappt er von Fettnapf zu Fettnapf. Dabei hat er das Interview im Standard zu Ostern selbst eingefädelt, wie die Twitter-Kommunikation zwischen ihm, Thomas Mayer vom Standard, Georg Renner (NZZ) und Stefan Kappacher (Ö1) zeigt. Schliesslich stellte er sich im  Ö1-Mittagsjournal sogar als besonders prinzipien treu hin, wiel er inzwischen auf den Doppelbezug verzichten will.

Bei einem Artikel im Kurier deutet allerdings ein „Josef Priester“ an, Babler könne eine Spende in Höhe von mehreren tausend Euro für den Traiskirchner Sozialmarkt für ein Flüchtlingsprojekt verwendet haben. Vorsitzende des Vereins, der den „guten Laden“ betreibt, ist Karin Blum, Bablers Ehefrau, frühere Integrationsbeauftragte von Traiskirchen, heute Gemeinderätin und Vorsitzende des u.a. mit Integration befassten Gemeinderatsausschusses. Sie war früher in Innsbruck politisch aktiv und Bundessekretärin der Roten Falken, die zu den Kinderfreunden gehören, für die sie heute Öffentlichkeitsarbeit macht (und sie arbeitet im Kinderfreunde-Projekt Connect Traiskirchen mit).

Andreas Bablers Wurzeln liegen natürlich in roten Jugendorganisationen, und zwar in der Sozialistischen Jugend, genauer gesagt bei der „Stamokap„-Strömung, was für Staatsmonopolitischer Kapitalismus steht und so definiert wird:„Staatsmonopolistischer Kapitalismus (SMK) oder Staatsmonopolkapitalismus ist eine ursprünglich marxistischleninistische Bezeichnung für die Verschmelzung des imperialistischen Staates mit der Wirtschaft – die in dieser Phase nur noch aus dünn maskierten Monopolen bestehe – zu einem einzigen Herrschaftsinstrument unter Führung einer Finanzoligarchie, die in der Endphase des Kapitalismus erfolge; diese Phase sei gegenwärtig erreicht. In der Bundesrepublik Deutschland (nicht aber in der DDR) war hierfür das Kürzel Stamokap gebräuchlich. Daneben wurde auch der Ausdruck der Kapitalismus in seiner (gegenwärtigen) Endphase verwendet.

Die Stamokap-These war richtungweisend in den sozialistischen Ländern Europas bis zur Wende 1989/90. Zwar war sie unter westlichen Linken nie unumstritten, doch prägend für Teile der Linken, etwa für Teile der kommunistischen Parteien (DKP, KPÖ) und in den 1970er Jahren bis weit in die Sozialdemokratie hinein. Auch die RAF bezog sich bis ca. Ende der 1970er Jahre auf die Stamokap-These. In der Partei Die Linke (vormals PDS) dauert die Theoriedebatte über den Stamokap noch an.“ Bedenkt man, dass US-Stiftungen mit jener Szene verstrickt sind, die einen endlosen Strom an „Flüchtlingen“ hereinwinken sollen, und diese Stiftungen von Kapitalisten wie George Soros finanziert werden, ergibt auch Bablers Einsatz Sinn.

Mit teils grossem Aufwand wird der Öffentlichkeit suggeriert, dass es inzwischen eine etablierte „Willkommenskultur“ gäbe, die Anforderungen an den österreichischen Staat auch durch Bedürfnisse seiner BürgerInnen vollkommen außer acht lassen kann. Daran wirken Bablers Freunde Robert Misik, Andre Heller und Erich Fenninger mit, wie man am Getöse um die „Bürgermeister-Konferenz“ im Jänner in Wien erkennen kann: „Wir haben es in den vergangenen Monaten ziemlich im Stillen vorbereiten, aber mittlerweile ist es raus: Eine Gruppe verschiedener Menschen hat eine große europäische Konferenz zur Flüchtlingsthematik vorbereitet. N-O-W, so der Titel der Konferenz. Stattfinden wird sie am kommen Donnerstag und Freitag, 21./22. Januar in Wien.

Die Gastgeber sind gemeinsam André Heller, Patricia Kahane und Andi Babler, der Bürgermeister von Traiskirchen. Das heißt: Keine staatlichen Stellen, sondern eine Gruppe von Einzelpersonen stellen das auf die Beine. Viola Raheb, Hannes Swoboda und ich haben die inhaltliche ‚Kuratierung‘ besorgt – gemeinsam mit Philipp Sonderegger. Was meint, wir haben vor allem Gäste und Panels programmiert. Und die großartigen Kollegen vom Kreisky Forum haben gemeinsam mit den Kollegen vom Büro Wien das alles organisiert, haben recherchiert, geplant, Mails in allen Sprachen in alle Welt geschickt, kaum geschlafen.“

Im Hintergrund Schwimmwesten aus Griechenland, etwa bei der Hälfte spricht Babler

Zu den Freunden gehört auch Rudi Fussi, der zeitweise ebenfalls als Parteirebell galt (inzwischen aber ausgetreten ist). Er schreibt zum Abend der Wiener Gemeinderatswahl im Oktober 2015: „Nach dem gemeinsamen Puls4-Wahlschauen fuhr ich mit Andi Babler zu den Genossen und durfte Bemerkenswertes beobachten. ‚Die Faymann-Partie‘ stand im Abseits. Sie wurde, wie es so schön heißt, geschnitten.“ Apropos Puls4: Noch im Jänner dieses Jahres war Babler zu Gast bei Roland Düringers „Gültige Stimme“ und breitete sich darüber aus, wie wichtig „persönlicher Mut“ und Authentizität seien und lobte sich dafür, „Druck“ zu widerstehen. Damals war noch keine Rede von einem Doppelbezug aus Bürgermeister und eigener Sekretär oder davon, auch darüber hinaus Aufwandsentschädigungen zu erhalten.

Zwar nahmen auch andere zur SPÖ-Rettungsinitiative „Kompass“ Stellung, mit der Babler und Co. den Kurs der Partei korrigieren wollten, doch in allererster Linie gebührte der Ruhm ihm. Er wurde in der SPÖ eifrig als vermeintlicher Rebell herumgereicht, wie man an diversen Veranstaltungseinladungen sieht, die meist via Facebook nachvollziehbar sind. Babler diskutierte bei Im Zentrum im ORF und nahm bei ATV („Klartext„) Stellung und schien bis vor wenigen Tagen die Gewissheit zu haben, sich auf „die Medien“ verlassen zu können. Dass Babler laut MitarbeiterInnen im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen als Bürgermeister der Einrichtung gegenüber einen aggressiven Stil pflegte (was er selbst zurückwies) , störte das Bild nicht weiter, weil es sich hier ohnehin um Feindbilder handelt.

Seine ständigen Angriffe auf Faymann kommen bei jenen gut an, die sich einen anderen Kurs der SPÖ wünschen, aber dabei Gefahr laufen, selbst zu analysieren und so zu erkennen, was wirklich schiefläuft. Als Kompass im Juni 2015 gegründet wurde, war Norbert Darabos  noch nicht Landesrat im Burgenland, sondern SPÖ-Bundesgeschäftsführer; dennoch reagierte seltsamerweise der „designisierte“ Kommunikationschef der SPÖ, Matthias Euler-Rolle per Aussendung der Parteizentrale Stellung: „Es gibt in der SPÖ Parteisektionen, die zehnmal so viele Mitglieder haben wie diese sogenannte Gegeninitiative. Dort wird das selbstbezogene mediale Getrommel eines einzelnen Bürgermeisters mittlerweile als parteischädigend empfunden.“

Euler-Rolle war damals Pressesprecher des Bundeskanzlers und hat sich ansonsten nicht vorzeitig per Aussendung geäußert, bis Gerhard Schmid (der bei der Kompass-Gründung anwesend und Kabinettsmitarbeiter Faymanns war) am 3. Juli Bundesgeschäftsführer wurde und Euler-Rolle wie gesagt „Kommiunikationschef“. Wer übrigens auf der Webseite der APA nach Aussendungen sucht, die den Abgang von Bundesgeschäftsführer Darabos und sein Gegenüber bei der ÖVP, Generalsekretär Gernot Blümel betreffen, wird überrascht feststellen, dass Blümel mehrfach gedankt wurde, Darabos jedoch überhaupt nicht.

Apropos Darabos: Wiikipedia erinnert an die heftigen Reaktionen auf die Bildung der Landesregierung Niessl IV: „Eine weitere Folge des burgenländischen Wahlergebnisses und der Koalitionsankündigung Niessls war eine veritable Führungskrise und Zerreißprobe innerhalb der SPÖ. Da der SPÖ-Bundesparteitag, das höchste Beschlussgremium der Partei, Koalitionen mit der FPÖ „auf allen Ebenen“ ausgeschlossen hatte, SPÖ-Vorsitzender Werner Faymann hingegen Niessls Entscheidung als landesautonome Entscheidung akzeptiert hatte, wurde parteiintern einerseits der Ausschluss Niessls aus der SPÖ, andererseits der Rücktritt Faymanns von Kanzleramt und SP-Vorsitz gefordert. Die erste deutliche Wortmeldung gegen Faymann kam vom Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler, der seine Partei ‚im freien Tiefflug‘ sah.

Ihm stimmten mehr oder weniger deutlich die früheren SP-Minister Androsch, Lacina und Scholten zu. Als Frontführerin gegen Niessl profilierte sich die SJÖ-Vorsitzende Julia Herr, die ein parteiinternes Schiedsgericht gegen Niessl anstrebt. Der burgenländische SJ-Vorsitzende Kilian Brandstätter legte seine Funktion in der Sozialistischen Jugend Burgenland mit sofortiger Wirkung nieder, da er entgegen der Mehrheitsmeinung in seiner Organisation den rot-blauen Koalitionspakt im Landesparteivorstand befürwortet hatte. Die SJÖ wird von VSStÖ und Roten Falken unterstützt. Die ehemalige SPÖ-Nationalratsabgeordnete Sonja Ablinger trat aus Protest aus der Partei aus, ebenso die Witwe von Niessls Vorgänger Karl Stix.“ Ablinger nimmt in ihrem Blogbeitrag zum Parteiaustritt übrigens positiv auf Babler Bezug.

 

Während der Standard noch im August 2015 den „regen Zuwachs für rote Rebellen“ feierte, geht es heute um Bablers „doppelten Schaden“: „Es ist ein Fall, wie er schon Karrieren zerstört hat: Ein Politiker stilisiert sich zum Anwalt der kleinen Leute, führt die soziale Gerechtigkeit im Mund, argumentiert mit moralischem Anspruch – und macht dann mit einem Einkommen Schlagzeilen, das all die hehren Bekenntnisse zweifelhaft erscheinen lässt. Widerfahren ist dies Andreas Babler, dem streitbaren Bürgermeister von Traiskirchen. Wie berichtet, bezog der SPÖ-Politiker bislang nicht nur Geld für seinen Job als Stadtchef, sondern zusätzlich auch ein Gehalt als Angestellter der eigenen Gemeinde. Machte zuletzt insgesamt 11.300 Euro brutto im Monat. Für Babler steht dabei allerdings nicht nur der eigene Ruf auf dem Spiel. Der 43-jährige Niederösterreicher ist Wortführer der Initiative ‚Kompass‘, die sich einen ‚Richtungswechsel‘ in der SPÖ zum Ziel gesetzt hat, und als solcher der vielleicht schärfste Kritiker von Parteichef und Kanzler Werner Faymann, der sich nicht in der Anonymität versteckt.“

Wie andere Medien hat es aber auch der Standard schwer, Personen zu finden, die sich zur Parteilinken zählen und zum Fall Babler Stellung nehmen wollen: „Es war für den STANDARD am Dienstag (29.3.) nicht leicht, Mitstreiter Bablers zu erreichen. Erfolgreich waren die Versuche letztlich bei Fiona Kaiser, Landeschefin der Sozialistischen Jugend in Oberösterreich und ebendort Sprecherin von Kompass. Sie sagt zum umstrittenen Doppeleinkommen: ‚Ich finde so hohe Bezüge absurd, weil sie nicht mehr im Verhältnis dazu stehen, was ein normaler Arbeitnehmer verdient.‘  Dass Traiskirchens Bürgermeister einkommensmäßig in ebensolche Dimensionen vorgestoßen ist, will ihm Kaiser trotzdem nicht als Verfehlung anlasten. Erstens wolle sie erst einmal persönlich mit Babler reden, zweitens habe dieser ja selbst klargestellt, dass er den Zweifachverdienst für moralisch nicht gerechtfertigt halte. ‚Ich will ihm keine eigennützigen Motive unterstellen‘, sagt Kaiser und verweist auf das STANDARD-Interview mit Babler vom Wochenende: ‚Ich halte seine Erklärungen für plausibel.'“

Auf der Webseite von Kompass tut sich schon lange nichts mehr, Mails werden von Karin Blum beantwortet, dem IT-Experten Babler zufolge war es bereits schwer, dieses rudimentäre Internetangebot zu realisieren. Kompass kann aber auch via Facebook kontaktiert werden, wo kaum Diskussion stattfinden. Mit einem Kompass als Symbol und (von Babler beim ersten Treffen vorgeschlagenem) Namen erinnert die vermeintlich (?) Faymann-kritische Plattform aber an die erste Plakatserie zur Nationalratswahl 2013, die Faymann unter dem Motto „Stürmische Zeiten. Sichere Hand“ zeigte. „Kompass“ definiert sich u.a. so: „Unsere Werte dürfen nicht nur am Papier gelten, sondern müssen sich durch alle Lebensbereiche ziehen. Was im Großen Gültigkeit hat, muss auch im Kleinen, vor allem in den eigenen Reihen, umgesetzt werden. Die Abgehobenheit, die wir bei vielen unserer MandatsträgerInnen – vor allem an der Parteispitze – orten, trägt wesentlich zum großen Vertrauensverlust der Menschen bei. Sozialdemokratische FunktionärInnen müssen auch persönlich unsere Werte leben. Dazu zählt auch, dass nicht ständig unsere Überzeugungen dem Machterhalt geopfert werden dürfen.“
Was  von „Kompass“ und Babler bleibt, ist das dumpfe Gefühl, eine Mogelpackung vor sich zu haben: kritischen SozialdemokratInnen wurde ein Sammelbecken geboten, das zugleich dem „Commandante“ (so heisst eine der Weinsorten bei Babler-Blum) die Basis dafür bietet, sich als Anti-Faymann zu positionieren. Dabei erschien nur wenigen merkwürdig, dass Babler Transatlantiker wie Vranitzky und Androsch lobt und Flüchtlingshype pflegt, der zur Destabilisierung von Staaten wie Österreich bis zum „regime change“ beitragen soll. Auch grosse Worte von einer notwendigen „sozialeren“ SPÖ , die Babler, Fenninger und Co. bei der „Kompass“-Gründung von sich gaben, weckten die Leute nicht auf, als rasch von Einheimischen keine Rede mehr war.In der Analyse fehlten bei Babler und anderen stets die inneren Bedingungen der Sozialdemokratie, aber auch der Regierungspolitik, die man etwa an den teilweise weiter bestehenden Zuständen im Verteidigungsministerium erkennen kann. Mit dem oberflächlichen Brandmarken der SPÖ Burgenland als „rechts“ ist den „Parteirebellen“ entgangen, dass der Kurs der Bundespartei, als dieser Angela Merkel folgte, schlicht transatlantisch war. Wenn bereits die Erkenntnis schmerzhaft ist, dass Babler und Freunde Schaumschläger sind, wird umsei enttäuschender sein, dass „Kompass“ reine Show war…