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Signa-Pleite: Lässt die Politik die Verantwortlichen davonkommen?

Politiker haben es nicht leicht, wenn sie einander mit staatstragenden Ansagen überbieten wollen. Leisten wir uns den „Luxus“ und gehen nicht auf die Rede von Kanzler Karl Nehammer am 26. Jänner ein. Befassen wir uns auch weniger damit, wie SPÖ-Chef Andreas Babler darauf reagiert als damit, was Signa für die Politik und für die nächsten Wahlen bedeutet. Nehammer und Vizekanzler Werner Kogler beteuerten ja, dass es sich um „kein Politikum“ handelt, was nicht nur wegen involvierter Ex-Politiker wie Hohn wirkt. Und auch wenn Signa wenig mit Alltagssorgen zu tun hat, an denen Politiker gemessen werden, beschäftigt es die Menschen doch sehr. Nicht nur deshalb habe ich einiges dazu geschrieben, denn wie die meisten denke ich, dass diese Affäre eklatante Mißstände deutlich macht und auch bittere Ungerechtigkeit offenbart. Während normale Menschen alles verlieren, wenn sie ihren Kredit nicht mehr zahlen können, sahen Banken reihenweise bei Signa kaum hin. Es geht jedoch tiefer, weil Signa in ein Netz eingebunden ist, das auch sonst höchst aktiv ist und bei dem man auf lange Sicht die Verschiebung von Vermögenswerten und die Frage untersuchen muss, wer davon profitiert.

Man kann die Geschichte von Signa von einer ganz anderen Warte aus erzählen: 2007 beteiligte sich Oligarch Oleg Deripaska an Strabag (siehe hier dazu, dass die Kartellbehörden ihr Okay geben), Hochtief und Magna. 2008 wurde gemeldet, dass Strabag und Renaissance Construction, eine 1993 in St. Petersburg gegründete Firma, einen Bauauftrag am Flughafen Adler bei Sotchi erhielten. Dieser Flughafen gehört Deripaska, es wurde darüber auch bei einer Anhörung im US-Senat diskutiert, es ging um die Olympischen Winterspiele 2014. Wir wissen heute, dass Alfred Gusenbauer im Dezember 2008 einen Vertrag mit Signa unterschrieb; 2009 wurde er in den Aufsichtsrat des zweitgrössten österreichischen Baukonzerns Alpine aufgenommen. Die Alpine Bau wollte keinen russischen Partner wie der grösste Konzern Strabag; Gusenbauer verstand von Bau natürlich so wenig wie von Immobilien.

„News“ im November 2023

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Rene Benko: Wunderwuzzi oder Strohmann?

„Reinfall auf Wunderwuzzi?“ steht am Beginn einer Notiz mit Stichworten zu Rene Benko und der Signa-Insolvenz. Denn so wird es medial vielfach dargestellt und daher auch von einigen Menschen erklärt, die nicht merken, dass sie das bloss wiedergeben. Es fällt auf, dass Benko geradezu klischeehaft als „neureich“ erscheint, mit Yacht, Privatjet, Luxuschalet, Villen, Jagden, Picasso und teurer Security, und ein wenig auf Oligarch getrimmt. Zugleich heisst es, er sei auf Tauchstation, was nicht überrascht, denn er machte sich stets rar und war so gut wie nie für die Presse zu erreichen, trat auch kaum öffentlich auf; man hört jetzt überhaupt nichts von ihm zur Signa-Pleite. Am 8. November 2023 gab Signa bekannt, dass der deutsche Sanierer Arndt Geiwitz das Ruder und den Beiratsvorsitz übernommen habe. Geiwitz bemühte sich bereits zweimal um die Rettung von Galeria Karstadt Kaufhof, wo vergeblich 680 Millionen € aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds flossen und Alfred Gusenbauer um ein Millionenhonorar von Benko politische Kontakte nutzte. Doch er hat nicht die Leitung bei Signa übernommen, was als Versuch von Investor Hans Peter Haselsteiner verkauft wurde, eine Insolvenz abzuwenden.

Es war in diesem Kontext die Rede von einem Rückzug Benkos, der nicht wirklich erfolgt ist, weil er immer noch alles in der Hand haben soll. Ein User hat auf Twitter fast wortgleiche Presseaussendungen verglichen, in denen zuerst Geiwitz und dann Gusenbauer sehr hoffnungsfroh waren bezüglich des Portfolios von Signa. Unten binde ich einen Tweet mit Link zu einem Bericht von „Leaders Net“ ein, wo man auch so gerne Benkos Partyfotos veröffentlichte. Nun gibt es einen anderen Sanierer, Haselsteiners Geschäftspartner bei der Westbahn Erhard Grossnigg, der aus zweifacher Hinsicht Berührungspunkte mit Gusenbauer hat. Da ist zum einen die Haselsteiner Familien-Privatstiftung mit Gusenbauer im Vorstand, mit der Haselsteiner investiert. Zum anderen war Grossnigg bereits mit der Pleite der Alpine Bau befasst, bei der Gusenbauer 2009 in den Aufsichtsrat kam, als er auch sein erstes AR-Mandat bei Signa übernahm. 2010 wechselte er plötzlich an die Spitze des AR der Strabag, wo er sich bis heute befindet wie bei Signa Prime, Signa Development und Signa RFR (Chrysler Building).

Posting auf Twitter

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Wer folgt Benko in den Abgrund? Gusenbauer mit Babler?

Für Rene Benko und seine Signa Holding ist diese Woche entscheidend; es wird dringend frisches Geld gebraucht. Es sollte für Benko selbst kein Problem sein, 500 Millionen € zuzuschiessen, gilt er doch als drittreichster Österreicher und soll laut „Forbes“ 5,7 Milliarden € schwer sein. Doch wie die „Kronen Zeitung“ am 27. November 2023 schreibt, soll Benkos Familien-Privatstiftung (nach dem Vorbild von Hans Peter Haselsteiner eingerichtet?) nur wenige hunderttausend € an verfügbaren Mitteln haben. Unter Berufung auf die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet das „Volksblatt“ der ÖVP am 27. November, dass dringend Investoren gesucht werden, die nur zum Teil Sicherheiten bekommen würden, was Kredite besonders teuer macht; von Verzinsung mit bis zu 20 % ist da die Rede. Man nennt es Mezzanine-Finanzierung aus dem Italienischen für Zwischengeschoss; so ein Investor tauscht teures Kapital gegen wenig direkte Mitsprache. Für Signa günstigere Lösungen sind unrealistisch, weil inzwischen bekannt wird, dass man mit Tarnen und Täuschen arbeitet; es wurde tunlichst auch in Verletzung von Vorschriften vermieden, Außenstehenden Einblick in die Gesamtsituation des Konzerns zu gewähren. Bei über 1000 verschachtelten Firmen und Geschäftsführern, die wie bei Briefkastenfirmen überall verantwortlich scheinen, entspricht das Modell dem von Oligarchen und allen anderen, die man in diversen „Papers“ findet.

Die Signa Real Estate Germany hat eben einen Insolvenzantrag in Berlin gestellt, sie ist eine Tochter der Signa Prime mit Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer als Aufsichtsratschef. Man rechnet mit weiteren Insolvenzanträgen nicht nur in Deutschland, wobei Banken wie Raiffeisen und UniCredit Bank Austria auch betroffen sind, die rund zwei Drittel ihrer Kredite mit Immobilien besichert haben. Offiziell ist Benko nicht mehr Vorsitzender des Signa-Beirates, in den er sich nach einer Verurteilung 2013 wegen Korruption zurückgezogen hatte; er mischt jedoch weiterhin mit (2023 wurde er beim Prozess gegen Christoph Chorherr freigesprochen). Gerade wurde publik, dass er am Wochende mit Privatjet, Ehefrau und Kindern in Barcelona shoppen war, wobei er auch einen Stapel Akten mitgenommen hatte. Benko möchte zwei Gemälde aus seiner Kunstsammlung verkaufen, einen Picasso und einen Basquiat, was natürlich nicht für die benötigte halbe Milliarde € ausreicht; die ganze Sammlung soll 30 Millionen € wert sein; eine Yacht im Oligarchen-Stil um 40 Millionen € will Benko auch loswerden.

2018: Siegfried Wolf holt Benko ab

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Was Enthüllungen über Gusenbauer verschweigen

„News“ widmet Rene Benko und der Signa Holding eine Serie, in der es jetzt um Alfred Gusenbauer geht. Man ist bemüht, ihn als Opfer eines Immobilienjongleurs hinzustellen und schreibt, dass er nach der „Kränkung“, nicht mehr Bundeskanzler zu sein, moralische Bedenken über Bord warf und bei Benko einstieg. Das impliziert, dass er je welche hatte und es nicht notwendig ist, sich auch mit ihm als Politiker zu befassen. „News“ erzählt eine Geschichte, die „unmittelbar danach“ beginnt und rein auf Fakten basiert. Was zuvor war, wollte man sich nie kritisch ansehen, sondern unterstützte Narrative, die Gusenbauer z.B. bei Eurofighter aussen vor hielten. Man erzählt uns, dass Gusenbauer mithilfe von Benko „seine eigenen finanziellen Schäfchen ins Trockene“ brachte, als ob er nicht von seinem Anwalt und Partner Leo Specht bereits im Oktober 2008 eine Firma für ihn gründen hat lassen. Danach lobbyiert(e) er für (ex-?kommunistische) Autokraten, gehörte zuerst dem Aufsichtsrat der Alpine Bau an und wurde 2010 Aufsichtsratsvorsitzender der Strabag. Nicht nur „News“ berichtet, dass Gusenbauer als AR-Vorsitzender von Signa Prime, Signa Development Signa RFR (allesamt verlustträchtig) höchst passiv war, aber hoch honoriert wurde. Die SPÖ ignoriert auch mit dem neuen Vorsitzenden Andreas Babler Berichte über Gusenbauers Treiben bei Signa vollkommen, obwohl die Holding auf eine Insolvenz zusteuert.

Im Dezember 2008 ging Gusenbauers Sprecher Robert Leingruber zu Signa, wo er bis heute weilt; 2017 verfasste er für Tal Silberstein ein Papier über den Kampagnefähigkeit der SPÖ. Gusenbauer selbst handelte einen Beratervertrag mit Benko aus, der ihm das Äquivalent einer Kanzlergage sichert für eine Woche Arbeit pro Monat. Sondervergütungen kommen extra hinzu für das Akquirieren von Krediten (0,1 % der gesamten Kreditsumme). Ab 2010 gehörte Gusenbauer ausserdem Signa-Aufsichtsräten an, zufällig also seit jenem Jahr, als er AR-Vorsitzender der Strabag wurde. Über die von Oligarchenanwalt Specht gegründete auf Gusenbauer umbenannte Projektentwicklung und Beteiligung GmbH erhielt Gusenbauer Beraterhonorare von Benko, für den er auch in Deutschland als Lobbyist auftrat und vom 1. Jänner 2020 bis zum 28. Februar 2021 3,6 Millionen € erhielt und vom 1. Februar 2021 bis 31. August 2021 2,4 Millionen €; zwischen Oktober 2021 und April 2022 verlangte Gusenbauer 1,25 Millionen. „News“ bildet die (Schein?) Rechnungen in Faksimile ab, in denen „Galleria“ für Galeria Kaufhof-Karstadt steht und wohl der 1. Februar mit dem 1. März verwechselt wird. „WST“ für den deutschen Wirtschaftsstabilisierungsfonds bedeutet, dass Gusenbauer Benko beim ersten gescheiterten Sanierungsversuch des Handelskonzerns 2020 beriet, als Zigtausende Mitarbeiter auf die Strasse gesetzt wurden. Außerdem wurden insgesamt 680 Millionen an deutschem Steuergeld verbraten, das nur zum Teil mit wahren Werten hinterlegt ist. Was Kredite betrifft, geht es vor allem um Bank Austria und Raiffeisen, die diese grösstenteils mit Immobilien besichert haben; auch die Sberbank Europe, die gegen Grosskreditvorschriften der EZB verstieß, gab Benko Geld (wie sahen wohl Gusenbauers Vergütungen aus?). Die Schweizer Privatbank Julius Bär zählt „natürlich“ Oligarchen zu ihren Kunden und gewährte Benko 600 Millionen € Kredit, was die Finanzmarktaufsicht auf den Plan ruft.

Titel von „News“

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Wann schliesst die SPÖ Gusenbauer aus?

Alfred Gusenbauer schmückte sich bis vor kurzem gerne mit seinem Einfluss auf Rene Benko und die Signa Holding. Aus der SPÖ werden bislang nur „kleine Leute“ ausgeschlossen, denen man ihr inhaltliches Engagement vorwirft. Möglicherweise gab die SPÖ auch deshalb vor, Gusenbauer spiele eh keine Rolle bei Benko und es wäre bloss eine Affäre im Umfeld der ÖVP. Dabei hätte man bloss Gusenbauers eigene Aussagen lesen müssen, die ich hier zitiere, und seine Funktionen zur Kenntnis genommen; es wird auch von zehn Minuten-Sitzungen von Benko und Gusenbauer im Chalet N in Lech berichtet. Es gilt, was die Wiener Grünen zu Recht in einer Dringlichen Anfrage zum Skandal um Widmungen und Kleingartengrundstücke feststellen: Dass die SPÖ nicht irgendwie „intern“ regeln kann, was öffentliches Interesse berührt und mit öffentlicher Verwaltung zu tun hat. Diese Haltung trägt den Keim eines Missbrauch bereits in sich, der oft riesige Blüten getrieben hat.

Benko von Gusenbauer her anpacken (mit dem sich der nächste Teil der Benko-Serie von „News“ befassen wird) bedeutet, sich den Werdegang und das Wirken des Ex-Kanzlers anzusehen. Man müsste schon sehr naiv sein anzunehmen, Gusenbauer habe nichts von Benkos Geschäftspraktiken gewusst, bei denen Verschleiern und Immobilien aufwerten ganz oben standen. Von „Wuchermieten“ und „Knebelverträgen“ ist beim KaDeWe die Rede, nach dessen Vorbild Benko in Wien das Kaufhaus Lamarr errichtet. Als Aufsichtsratschef von Signa-Gesellschaften bereitete er wöchentlich in eigenen Ausschüssen AR-Sitzungen vor, wie er 2021 dem „trend“ mitteilte. Man kann das Interview von der Webseite des Aufsichtsratstags herunterzuladen; er sagte auch, dass er zwei Drittel seiner Zeit bei Strabag und Signa verbringt, wobei es bei Signa intensiver sei. Zwar soll Benko bei Signa jetzt besonders präsent sein (siehe z.B. „Handelsblatt“ vom 21. November), doch er hat keine offizielle Funktion; es gab nur Aufsichtsräte einzelner Gesellschaften und einen Beirat, doch man kann einen kaum greifbaren Konzern kaum konsolidieren, sodass die „Neue Zürcher Zeitung“ von „institutionalisierter Verantwortungslosigkeit“ spricht. Es ist inzwischen auch von Firmengründungen in Luxemburg die Rede, um eine Parallelstruktur zu Signa aufzuziehen, also weiter zu verschleiern.

Gusenbauer 2021 im „trend“

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