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Grüne: Was steckt hinter der Affäre um Lena Schilling?

Medien können schon durchs Weglassen und indem sie über andere nicht berichten und Dingen nicht nachgehen, einen bestimmten Eindruck von Personen vermitteln. Ich erlebte das so, als ich in den Grünen und einer der angeblich (wenn man z.B. Werner Kogler heute so zuhört) geschätzten jungen Frauen war. Für mich stand die Presse nie offen, ich publizierte halt damals selbst im alternativen Bereich, ohne damit Massen zu erreichen. Auch wenn gerade mir bewusst ist, was guten Journalismus ausmacht siehe „Quis custodiet ipsos custodes?„, kann ich in einem Punkt nicht den eigentlichen Anforderungen entsprechen: Ich schreibe über Sachverhalte, mit denen ich persönlich zu tun hatte oder habe und zu deren Geschichte meine eigenen Erfahrungen gehören. Freilich so reflektiert und objektiv wie möglich und auch deshalb, weil im Mainstream so vieles weggelassen oder verzerrt dargestellt wird. Dazu kommt, dass Lena Schilling, um die es jetzt geht, wohl eine der jungen Frauen ist, gegen die ich früher instinktive Abneigung hatte, weil ich sie als berechnend empfand. Das waren jene Frauen, die niemals solidarisch waren oder sich ernsthaft für etwas einsetzten, aber plötzlich, wenn es um Listenplätze ging, Solidarität der von ihnen insgeheim verachteten Frauen einforderten, „weil ich eine Frau bin“.

Nach dieser Art Disclaimer nun zur Situation, an der sicher nicht die platten inhaltlichen Ansagen Schillings interessieren. Je jünger jemand ist, desto unerfahrener und umso eher kann man mit Fehlern rechnen, die man beizeiten gegen sie oder ihn verwenden kann. Im Jänner 2024 wurde gemeldet, dass SPÖ-Spitzenkandidat Andreas Schieder sich als Ziel gesetzt hat, bei der EU-Wahl Erster zu werden. Nun kann davon keine Rede sein, weil die FPÖ in Umfragen vorne liegt, und das trotz ständiger Skandale in Medien, die bei anderen Parteien meist nicht so genau hinsehen. Dass der „Standard“ das Verhalten von Schilling in den Mittelpunkt stellt, fällt schon in die Ägide von Gerold Riedmann als Chefredakteur (seit April 2024), der zuvor bei den „Vorarlberger Nachrichten“ war (zum Vergleich hier eine Analyse zum „Standard“ über Alfred Gusenbauer). Landeshauptmann Markus Wallner wurde in den „VN“ mit der eidesstattlichen Erklärung eines anonymen Managers der Vorteilsnahme (Inseratenkorruption) bezichtigt. Freilich gelang es der Korruptionsstaatsanwaltschaft nicht, die Identität dieses Managers herauszufinden, sodass die Ermittlungen wieder eingestellt wurden. Wir sollten das im Hinterkopf behalten, wenn wir uns Enthüllungen des „Standard“ über Schilling ansehen.

Über Gerold Riedmann

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Die Affäre Schilling nutzt Babler und Schieder

Einiges bereitet gewisses Unbehagen bei der Affäre um die grüne EU-Spitzenkandidatin Lena Schilling: Es ist richtig, dass Männer mit beinahe jedem Verhalten durchkommen. Brutale, skrupellose Männer, die über Leichen gehen, machten auch über die Grünen Karriere. Ihre Untaten stehen unter einem Tabu, die Opfer müssen sehen, wie sie klarkommen. Dabei haben sie so schmerzlich erfahren, dass es keine Sicherheit gibt und bestimmte Männer offenbar geschützt und nie zur Rechenschaft gezogen werden. Opfern hingegen kann nun erst recht alles passieren. Ich habe das selbst so erlebt und immer wieder bis heute vergeblich eingefordert, gegen Täter vorzugehen, deren Weg auch seither stets Leichen pflastern im politisch relevanten Bereich. Allerdings wollen viele nicht wahrhaben, dass es keine irgendwie doch „guten“ Inhalte bei schlechten Charakteren gibt und verteidigen diese beharrlich. Wenn Lena Schilling kritisch unter die Lupe genommen wird, ist das der Startschuss dafür, das bei anderen endlich nachzuholen und daraus Konsequenzen zu ziehen.

Nicht so angenehm ist, dass ganz offensichtlich eine Story aufgebaut wurde gegen Schilling, die ich auch vorher nicht für qualifiziert hielt. Es ist bezeichnend, dass in manchen Kommentaren gefragt wird, ob man denn nicht auch über Reinhold Lopatka, Harald Vilimsky und Helmut Brandstätter recherchieren könnte; Andreas Schieder von der SPÖ wird manchmal geflissentlich weggelassen. Schilling war 2023 noch in der Gemeinwohlstiftung COMUN mit Veronika und Sebastian Bohrn-Mena. Über Bohrn-Mena wurde einmal berichtet, dass er Betrieben Tierschutz-Beratung anbietet und diese dann spenden; der Umgang mit Spendengeldern sei intransparent; Martin Balluch bezeichnet BM als eine Art Doppelagent. Nun stehen die Bohrn-Menas im Mittelpunkt, weil sie in einer zunächst anonymisiert im „Standard“ abgebildeten aussergerichtlichen Unterlassungserklärung genannt sind. BM postete diese und spielte den Entsetzten, während aufgrund der langen schwarzen Balken alle eh seinen Namen errieten. Lena Schilling behauptete, um ihrer Freundin Veronika zu helfen, um die sie sich „Sorgen machte“, dass Sebastian sie so sehr geschlagen habe, dass sie eine Fehlgeburt erlitt. Nun sind die Bohrn-Menas moralisch entrüstet und menschlich enttäuscht, was sie sowieso gut können. Sebastian Bohrn-Mena postete im April auf Twitter eine Liste der Politiker-Rücktritte jeden Mai und fragte, wer es wohl diesmal sein wird. Interessanter Weise geht es da auch um Werner Faymann (2016), gegen den Bohrn-Mena 2015 kampagnisierte; zwischenzeitlich war er bei der Liste Pilz. Er postete weiters, dass er auf Euro statt auf Schilling setze, weil er keine „falschen Fuffziger“ mag, was man wohl kaum missverstehen kann. Auch Natascha Strobl, die in der Kampagne für Andreas Babler 2023 wichtig war und bei COMUN aktiv ist, distanziert sich auf Social Media von Schilling. Rudi Fussi, der 2017 gegen die Grüne Jugend ausrückte, die dann zur KPÖ wechselte, unterstellt Schilling auf Twitter ein Verhältnis mit einem grünen Abgeordneten, das einigen nicht gefallen soll. Er wird wie selbstverständlich zu Puls 24 („Wild Umstritten“) eingeladen, um etwas zu Schilling zu sagen, weil seine fragwürdige Rolle siehe u.a. Silberstein-Wahlkampf kein Thema sein darf. Manche vermuten übrigens die ehemalige grüne Jugend hinter den Vorwürfen gegen Schilling.

Bohrn-Mena glaubwürdig?

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Teil 3: Peter Pilz im Spionagenetzwerk

Am 4. Mai 2024 veröffentlichte das „profil“ wieder eine Geschichte über das Netzwerk von Egisto Ott, der als mutmaßlicher russischer Spion in U-Haft sitzt. Mit Hans Jörg Jenewein, einst FPÖ-Politiker, Peter Pilz, Abgeordneter zuerst der Grünen und dann seiner eigenen Partei, und Alexander Surowiec, der zeitweise FPÖ-Pressesprecher war, befand er sich in engem Kontakt. Das „profil“ spricht von angeblichen Investigativjournalisten, während Ott meinte, sein Netzwerk decke Schweinereien auf, die meist nachrichtendienstlichen Hintergrund haben. Die AG Fama des Bundeskriminalamts sieht gezielte Steuerung von Medien durch indirekte Informationsweitergabe; manchmal landet etwas auch beim russischen FSB. Gewissermaßen als Retourkutsche triumphiert Pilz am 5. Mai auf seiner Webseite, dass er in den Besitz des Laptops von Christian Pilnacek gelangt ist, ihn aber Martin Kreutner übergab, der für Justizministerin Alma Zadic (zuerst Liste Pilz, dann Grüne) eine Untersuchungskommission leitet. Bereits am 30. April schrieb Pilz, dass Pilnacek Verschlussakte gespeichert hatte, Dokumente der AG Fama, des Nationalen Sicherheitsrates, der Weisungskette im Justizministerium; Daten, zu denen er keinen Zugriff haben sollte. Was Pilnacek betrifft, so begannen seine Probleme im Grunde damit, dass er mit dem Pilzschen Eurofighter-Narrativ nicht einverstanden war, das die Öffentlichkeit steuerte.

Andere Medien erwähnen Pilz nicht – obwohl es zu ihm einiges zu sagen gibt -, sie konzentrieren sich eher auf Surowiec, der SINA-Laptops kaufte, die dann Ott von ihm erwarb und der auf X bekanntgab, eine Unmenge an Daten vor einer möglichen Hausdurchsuchung in Sicherheit gebracht zu haben. Wenn Ott, Pilz, Jenewein und Surowiec nicht für sich in Anspruch nehmen können, Journalisten zu sein, kann man mit ihnen auch etwas anders umgehen; immerhin weist Anna Thalhammer im „profil“ wenn auch etwas zaghaft auf die Beteiligung von Pilz hin. Surowiecs Posting auf X klingt danach, als wolle er denen Schwierigkeiten machen, die daran denken, ihm Probleme zu bereiten. Diese Story passt gut in einen dritten Teil von „Peter Pilz im Spionagenetzwerk“, weil wir uns die Vergangenheit ansehen können (Teil 1 ist hier und Teil 2 hier). Heute klingen die Grünen so: „Hey du! Wähl mit Herz. Hey du! Ich bin Lena Schilling und mein Herz schlägt für eine bessere Welt. Für ein geeintes Europa, in dem wir gemeinsam für das Klima und gegen rechte Hetze einstehen. Weil Hass und rechte Hetze unsere Demokratie gefährden. Darum müssen wir jetzt etwas tun!…“

Eines meiner Demoschilder

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Alle gegen Herbert Kickl – wem nützt das?

ÖVP und FPÖ beflegeln sich rund um den von der ÖVP eingesetzten U-Ausschuss zu „rot-blauem Machtmissbrauch“. Es gibt jeden Tag mehrere Presseaussendungen beider Seiten und zumindest eine Pressekonferenz von einer der Parteien. Vermutlich ist es auch für immer mehr Menschen einfach nur mehr lächerlich, ohne dass sie sich näher damit befassen. Die Begleitmusik in Medien und seitens der Justiz wirkt so aufgesetzt, dass sie der FPÖ wohl kaum schaden wird. Gerade tobt nicht nur die ÖVP, weil Herbert Kickl dem UA wegen einer Wandertour kein zweites Mal zur Verfügung steht. Man bietet auch sofort nicht weniger als sechs Ersatztermine nach der vereinbarten Befragungszeit an und droht mit einer Beugestrafe.

Doch eigentlich sollte der UA mit den Ereignissen im Jänner 2007 beginnen, als die Regierung von Alfred Gusenbauer angelobt wurde. Warum übersieht die ÖVP diesen wesentlichen Umstand und warum tun es ihr andere Parteien und die Medien gleich? Gusenbauer kam einer Ladung nicht nach und hätte auch im zweiten UA, jenem zur Cofag, wegen Signa aussagen sollen. Doch er sagte zweimal ab und man gab sich damit zufrieden, statt ihn wie Rene Benko sofort ein drittes Mal zu laden und bei Nichterscheinen mit polizeilicher Vorführung zu drohen. Damit wird Benko auch signalisiert, dass er bisherigen Schutz verloren hat und die Verantwortung allein übernehmen muss. Natürlich geht es bei „Machtmissbrauch“ nun vor allem um Spionage für Russland, doch gibt es da – wie bei Korruption und Postenschacher – wirklich überhaupt keinen Bezug zur SPÖ? Auf jeden Fall kann man hier gut studieren, wie eine Agenda verfolgt wird, wie man etwas inszeniert, was sich deutlich von echter Dynamik mit realen Überraschungen unterscheidet.

Pressekonferenz der FPÖ

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Wird Andi Babler „mit Herz und Hirn“ Kanzler?

Wenn man Parteitage bewertet, muss man immer bedenken, dass jeder eine eigene „Folklore“ hat und Delegierten etwas gibt, das Außenstehende kaum verstehen können. Vielleicht ist ein Schluss daraus, dass Anhänger einer Partei denen einer anderen Partei nicht ihre „Folklore“ zu spöttisch vorhalten sollten. Und doch fühlt man sich fast schon erschlagen von so viel „Herz und Hirn“ beim SPÖ-Bundesparteirat, dessen Motto „mit Herz und Hirn“ war, ergänzt durch „Hand aufs Herz“-Gesten von Andreas Babler. („Hand aufs Harz“ meint gerade ein Baum über mir, der einen Zapfen herunterfallen ließ, während ich am Sonntag die ersten Zeilen tippe.) Wenn man sich die von Babler präsentierten „24 Ideen für Österreich“ herunterlädt, findet man zur Illustration mehrere „Hand aufs Herz“-Aufnahmen mit Babler. Warum kommt eigentlich nicht Hirn vor Herz? Wie löst Babler den mit „Hand aufs Herz“ vermittelten Anspruch auf Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ein?

Eher wenig haben davon Genossen, die sich sehr für ihn einsetzten wie Niki Kowall und Muna Duzdar. Jedenfalls dann, wenn man einen Platz an wählbarer Stelle auf der Nationalratsliste als Gradmesser nimmt. Zugleich gibt es aber auch wenig Überraschungen, und es ist ja gerade nicht so, dass Babler allein entscheiden kann, wer wo gereiht ist. Nicht einmal zu rund einem Viertel werden Mandate über die Bundesliste vergeben, und auch bei diesen „müssen“ manche Personen einfach berücksichtigt werden. Was Begeisterung betrifft, so verspüren sie natürlich all jene, die mit einem Einzug ins Parlament rechnen können. Ausserdem viele Personen, die mittelbar zu profitieren hoffen, z.B. weil sie sich wegen bestimmter Anliegen ehrenamtlich engagieren.

Aus den „24 Ideen für Österreich“

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Stehen die Bundesheerdienste in Putins Diensten?

Gerade wird um das Finale der Befragungen in den beiden U-Ausschüssen gerungen. Den Zeitdruck kann man den Abgeordneten nicht vorwerfen, denn er ist durch das nahende Ende der Legislaturperiode bedingt. Der wegen Spionageverdacht in U-Haft sitzende ehemalige BVT-Mitarbeiter Egisto Ott wird im „Machtmissbrauch“-UA wegen „Gefahr für Leib und Leben“ doch nicht befragt. Das Justizministerium betrachtet ihn als gefährdet, das Innenministerium widerspricht, da DSN und Cobra seine Sicherheit jederzeit gewährleisten könnten. Es fragt sich natürlich, was Alma Zadic und Gerhard Karner dazu meinen, doch es erinnert an strenge Sicherheitsvorkehrungen beim Prozess gegen den pensionierten Offizier Martin Möller, der für die GRU spionierte. Ihn könnte man eigentlich auch vorladen, und was ist mit Rene Benko, der am 22. Mai im Cofag-U-Ausschuss aussagen soll, ist er nicht in Gefahr? Yannick Shetty von den NEOS meint zur Ott-Absage, dass Österreich so tief vom russischen Staat unterwandert ist, dass die Sicherheit von Ott nicht garantiert werden kann. Das hat etwas für sich, weil gegen bestimmte Personen nur sehr zögerlich oder überhaupt nicht ermittelt wird. Und es zeigt sich ein stets wiederkehrendes Muster, wenn man sich das Verhalten von DSN, Heeresdiensten, Justiz-, Innen- und Verteidigungsministerium ansieht.

Die Frage, ob sich wo Leute zufällig treffen, ob etwas noch Lobbyismus ist oder schon Nachrichtendienst, lässt sich aus dem Kontext heraus einigermaßen beantworten. Dazu müssten aber Dienste analysieren, denen dort Zusammenhänge auffallen, wo Laien vielleicht erstaunt sind, wen man wo überall findet, und welches Ereignis worauf folgt. Offenkundig findet derlei nicht statt, sodass auch internationale Recherchen, Reaktionen in den USA und seitens der EU nichts daran ändern, dass alles Beanstandete weiter seinen Gang geht. Die Erklärung ist nicht, dass Österreich keine Geheimdienste hat, denn um Operationen in fremden Ländern geht es nicht. Sondern darum, mit den zur Verfügung stehenden nachrichtendienstlichen Mitteln fremde Operationen in Abläufen zu erkennen, an denen für viele Menschen überhaupt nichts besonderes ist, und diesen Operationen entgegenzutreten. Genau das erfolgt jedoch nicht, obwohl es die Aufgabe dieser Dienste ist; mithin tun sich dann andere erst recht schwer bei Einschätzungen.

Anfragebeantwortung

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Warum stellt sich Benko Justiz und U-Ausschuss?

Monatelang war Rene Benko nicht zu sehen und zu sprechen, gerade auch nicht für die Medien. Am 24. April 2024 erschien er jedoch persönlich vor Gericht in Innsbruck in Begleitung von Anwalt Georg Eckert, der Kanzleipartner von Norbert Wess ist, der immer wieder von der Presse erwähnt wird. Benko konnte es nicht vermeiden, diesen Termin wahrzunehmen, obwohl es vom Verfahren her nicht notwendig gewesen wäre. Doch er sagte zum zweiten Mal dem Cofag-U-Ausschuss ab eben mit der Begründung der Verhandlung im Konkursverfahren. Der SPÖ-Abgeordnete Jan Krainer drohte dann, ihn vorführen zu lassen, sodass er für den 22. Mai zusagte. Am 23. April lud man ihn jedoch für den 25. April, was Norbert Wess für Benko absagte; Wess selbst weilt im Ausland, ein anderer Anwalt als einem Zeugen zustehende Vertrauensperson könne sich so schnell nicht einarbeiten. Deshalb stellt die SPÖ am 25. April einen Antrag auf Vorführung durch die Tiroler Landespolizei. Der UA hat diese Vorgangsweise am 25. April beschlossen, sodass Ex-Signa-Aufsichtsratschef Alfred Gusenbauer darauf „einen Barroso“ trinken kann.

Diese Details sollen erstmal die aktuelle Situation beschreiben, ehe wir uns fragen, was hier gespielt wird. Immerhin kommt Gusenbauer damit durch, sich dem UA zu verweigern, in den er wegen seiner Rolle bei Signa geladen wird. Für die SPÖ ist das in Hinblick auf die kommenden Wahlen und die Chancen von Andreas Babler wohl auch besser so. Wir sind alle mit der Berichterstattung über Rene Benko vertraut und wissen, dass er sicher nicht verhungern wird. Er hat offenkundig das Vertrauen vor allem reicher alter weisser Männer missbraucht, mit denen man auch kein Mitleid haben muss. Im Sommer 2023 protestierte die SPÖ mit Jan Krainer und dem EU-Spitzenkandidaten Andreas Schieder gegen Benko wegen kika/Leiner und blendete Gusenbauer natürlich aus; auch Babler tat so, als habe das alles nichts mit der Partei zu tun. Letztes Jahr gab es in der „Kronen Zeitung“ an einem Sonntag einmal eine Karikatur mit Gusenbauer als Kapitalist mit Zylinder und Frack, der von Benko mit verzweifeltem Blick von einem LKW aus gerufen wird. Was „diese Bauhackler“ immer von ihm wollen, denkt Gusenbauer, der Benko komplett ignoriert.

Zu Benkos Körpersprache

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Signa, Benko und „Gusi in Häfn“

Nicht Michael Ludwig oder Andreas Babler sind auf der Titelseite der „Kronen Zeitung“ vom 21. April 2024, sondern es ist Alfred Gusenbauer. Wenn es schon jemand von der SPÖ sein muss, könnte man doch jemand anderen nehmen oder sich auf den Landesparteitag in Wien beziehen. Doch es ist erst wenige Tage her, dass sich Gusenbauer weigerte, im Cofag-U-Ausschuss Rede und Antwort zu stehen; er will auch diese Woche nicht. Dass Rene Benko am 24. April wieder nicht in den UA kommt, nachdem er sich zweimal entschuldigen liess, steht zwei Tage davor fest. Immerhin behauptet Anwalt Norbert Wess, über den er kommuniziert, dass er weiss, wo sich Benko aufhält (in Innsbruck-Igls), sodass man ihn auch vorführen lassen könnte. Genau das hat die SPÖ vor, zumal es diesmal heisst, Benko könne nicht nur wegen der Unübersichtlichkeit der Verfahren gegen ihn nicht aussagen, sondern auch, weil er am 24. April in Innsbruck vor Gericht stehe, doch im Konkursverfahren ist seine Anwesenheit gar nicht nötig. Man könnte fast meinen, dass es so „viele“ Verfahren wurden wegen der intransparenten verschachtelten Struktur von Signa mit über 1000 Einzelfirmen.

Die „Krone“ beschreibt nun ein Video von einer pompösen Signa-Feier Ende 2022 in Telfs in Tirol mit Gusenbauer, das sie auch auf ihren Youtube-Kanal gestellt hat. Gerade Gusenbauer, der im Dezember 2008 bei Signa anheuerte, wusste damals ganz genau, wie es um Signa steht, versprach aber, dass „wir“ „noch viele gute Häuser“ bauen werden. Die Auftragsbücher seien gut gefüllt, sodass „wir“ uns aussuchen können, was „wir“ wann realisieren und zu welchen Kosten. Zu diesem Zeitpunkt mussten Investoren um die Stundung der Dividenden gebeten werden in der Hoffnung, dass man wie bisher neue Geldgeber findet; Klaus Michael Kühne und die RAG-Stiftung lehnten dies ab und bekamen sie ausbezahlt. Gusenbauer spricht auch den „am härtesten verdienten“ Neid an und prophezeit der „Signa-Familie“, die „zusammenhält“, noch lange einträgliche Geschäfte. Unten ist die Aufnahme eingebunden; die „Krone“ veröffentlicht auch einen Auszug aus dem Buch „Inside Signa“, der den Rückzug des Investors Kühne aus der Signa Prime Anfang Dezember 2022 beschreibt. Schon dieses Detail in Relation zur Feier, bei der Gusenbauer allen etwas vormachte, sollte der SPÖ genügen, sich von ihm zu trennen. Und von Tausenden ohne Job und hunderte Millionen € vor allem in Deutschland vom Staat für Signa ist ohnehin ganz zu schweigen. Zwar schont das Buch Gusenbauer in gewisser Weise wie bisherige Recherchen der Autoren Rainer Fleckl und Sebastian Reinhart, doch selbst so wird deutlich, wie sehr er bis zum Schluss involviert war. Er ist erst seit wenigen Tagen nicht mehr Aufsichtsratschef von Signa Prime und Signa Development, tut aber so, als hätte niemand einen Fehler begangen, er selbst schon gar nicht. Signa vermied sorgfältig Transparenz d.h. das Legen vollständiger Konzernbilanzen; ganz wenigen Personen stand jedoch eine komplette Schattenbilanz zur Verfügung, darunter Gusenbauer, der wohl auch als vermeintlich seriöser Köder diente.

Gusenbauer Ende 2022

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Wahlen: Für Andi Babler wird es jetzt ernst

Die SPÖ startete ihren Wahlkampf für die EU-Wahl am 9. Juni 2024 beim Landesparteitag der Wiener SPÖ am 20. April. Zwar ist die Auswahl an Parteien und Kandidaten fürs EU-Parlament generell nicht so prickelnd, doch der gestern bestätigte Landesparteichef Michael Ludwig trat 2018 gegen den späteren EU-Spitzenkandidaten Andreas Schieder an und folgte Michael Häupl als Bürgermeister nach. Was die laufende Spionagediskussion betrifft, muss man über alle Parteien und nicht bloss über die FPÖ reden. Schieder gehörte wie viele andere aus Politik, Wirtschaft, Interessensvertretung und Verwaltung einmal der Österreichisch-russischen Freundschaftsgesellschaft an. In die Kommentare zur Rede von Parteichef Andreas Babler, die immer auch eigene Einstellung widerspiegeln, mischen sich einige zu einer Serie von Social Media-Sujets mit einem „staatstragenden“ Babler. Diese möchte ich jetzt kommentieren, weil darin mehrere Elemente zusammenkommen.

Zunächst halten es einige für gekünstelt und höchst unauthentisch und meinen daher, die Botschaft werde nicht ankommen und wäre kontraproduktiv. Aber ist es wirklich so? Werber werden sich etwas dabei gedacht haben, und auch ein Social Media-Team, das bereits bei der Kampagne zur Mitgliederbefragung erfolgreich werkte, hat genug Erfahrungen gesammelt. Es gibt eine kryptische Erklärung, dass die Leute Foto und Fake nicht mehr unterscheiden würden, was dann wohl bedeutet, dass Babler wirklich auf einem Berg fotografiert wurde (nope, in der Burgenwelt Ehrenberg). Bekanntlich gibt es auch Greenscreen-Fotos von anderen Politikern, etwa von Heinz Christian Strache, der nicht wie Herbert Kickl wirklich bergsteigt. So selten ist eine allzu bemühte Inszenierung nicht, sie gehört bis zu einem gewissen Grad in der Politik einfach dazu. Eine andere Frage ist, ob das glaubwürdig erscheint, denn man plakatiert längst Kandidaten in zum Anlass passender Kleidung. Echt wäre Babler, auch weniger Berg-affin als Kickl, im Freizeitoutfit, das zugleich dem entspricht, das viele im Job tragen.

Sujet von Bablers Social Media-Accounts

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Die Qual der EU-Wahl

Unsere EU-Wahl im Mai 2019 verlief etwas anders als in anderen Staaten, denn wenige Tage davor wurden Ausschnitte aus geheimen Aufnahmen auf Ibiza veröffentlicht. Es kostete die FPÖ die Regierungsbeteiligung und führte zu Neuwahlen. Den Grünen half es bei der EU-Wahl mit Werner Kogler und Sarah Wiener, während für Peter Pilz der inzwischen chancenlose Johannes Voggenhuber antrat. Für die Grünen war also diese Wahl speziell, da sie eine Trendwende markierte. Am 9. Juni 2024 sind die Themen weitgehend die Europäischen (Krieg, Verteidigung, Teuerung, Energieversorgung, Corona-Aufarbeitung, Klima), jedoch ergänzt um eine auf die FPÖ zugeschnittene Spionageaffäre.

Mittlerweile wurden erste Plakate präsentiert, zuletzt von der FPÖ, die sich u.a. mit Frieden und Neutralität sowie mit Corona befasst; „EU-Wahnsinn stoppen“ ist das Motto. Nun sind auch die ORF-Pressestunden mit den Spitzenkandidaten angelaufen, als Nächstes ist Helmut Brandstätter von den NEOS an der Reihe. Umfragen ergeben kein klares Bild, da die FPÖ zwar seit Dezember auch auf EU-Ebene vorne liegt, dann aber SPÖ und ÖVP entweder auf Platz 2 und 3 oder 3 und 2 kommen und dann Grüne und NEOS 4. oder 5. oder 5. und 4. sind. Die KPÖ hat bei dieser Wahl nichts zu gewinnen (ausser Kontakte zu Wähler*innen), mit ihr wird aber, wie mit der Bierpartei, bei der Nationalratswahl im Herbst gerechnet. Ausserdem tritt das Bündnis Öxit an, das die EU verlassen will, und DNA u.a. mit Maria Hubmer-Mogg aus der Corona-kritischen Bewegung. Wiederum einer Umfrage nach soll die Wahlbeteiligung diesmal grösser als sonst sein, denn 70 % wollen hingehen. Was sich auf der medialen Bühne abspielt, wenn die Vertreter von Parlamentsparteien erscheinen, ist nicht selten zum Fremdschämen.

Putin-Partei NEOS?

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