Vor dem Showdown am SPÖ-Parteitag in einer Woche muss klargestellt werden, dass strukturelle und manifeste Gewalt eine entscheidende Rolle spielen bei der Frage, wie es dazu kommen konnte. Zwar beteuert Andreas Babler nun, dass er sich erst einmischte, als eh schon klar war, dass es zu einer Wahl zwischen Parteichefin Pamela Rendi-Wagner und Herausforderer Hans Peter Doskozil kommt. Er empfand Rendis Demontage als brutal, sagt in Interviews aber auch, dass er nichts zu tun hat mit diesem Streit, nicht Teil des Konflikts sei. Wenn er am Parteitag gewinnt, kann er sich durchaus vorstellen, Doskozil in seinem Team zu haben. Das Urteil über Rendi und den Umgang mit ihr fällt gemischt aus, auch unter Frauen. Eine Teilnehmerin an der AK-Vollversammlung meinte, in der AK würde man klar von Mobbing sprechen, wenn so etwas an einen herangetragen wird. Rendi war wie andere Mobbingopfer zufällig da, wo sie zur Zielscheibe eines anderen wurde, wenngleich das Wording auch von Babler suggeriert, dass zwei dazugehören.
Eine bei den SPÖ-Frauen aktive Genossin sagte, Rendi habe Unterstützung durch die Frauen erhalten, aber auch Fehler gemacht. So gab es auch angesichts der Touren von Babler und Doskozil keine Kampagne von ihr. Rendi schätzte die Lage als Quereinsteigerin falsch ein und hatte zu wenig Rückhalt. Beide Frauen lehnen Doskozil aus tiefster Überzeugung ab, auch weil er so ein Macho ist. Sie bedauerten, dass Norbert Darabos aus der Politik gedrängt wurde (der so angenehm und nett sei) und waren schockiert, als ich ihnen ein paar Details zu den dabei angewandten durchaus gewalttätigen Mitteln schilderte. Es ist damit auch klargestellt, dass Kommentare oder Analysen, die bei der SPÖ und der Öffentlichkeit nur ein Problem mit unterschiedlicher Bewertung von Frauen und Männern erkennen, viel zu kurz greifen. Und doch werden bei Doskozil Anklänge an den proletarischen Antifeminismus deutlich, mit dem die Sozialdemokratie lange zu kämpfen hatte. Jedwede Besserstellung von Frauen, die abfällig als Lohndrückerinnen bezeichnet wurden, könne nur zu Lasten von jenen Männern gehen, deren Los man eben ein wenig leichter gemacht hatte. Frauen mussten jeden Millimeter an Raum mühsam erringen und sind auch heute nicht selbstverständlich in Spitzenpositionen.