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Neutralität und Geheimdienste

Wer „für Frieden und Neutralität“ demonstriert, hat nicht nur mit Beifall zu rechnen, sondern auch mit Angriffen. Dabei sollte es überhaupt keine Debatte darüber geben, dass Frieden und Neutralität wünschenswert sind. Tatsächlich wird die Neutralität in Frage gestellt auch durch die geplante Beteiligung am Sky Shield zur gemeinsamen Luftabwehr mit EU-/NATO-Staaten. Zugleich ist die NATO in der gegenwärtigen Situation nicht das Böse schlechthin, wie einige annehmen, die damit russischer Propaganda auf den Leim gehen bzw. diese verbreiten. Im Grunde muss jeder, der vor zwei Jahren schon für Frieden und Neutralität war, seine damaligen Annahmen überdenken und modizifieren. Dass sich einiges geändert hat, sieht man auch daran, dass der Beitritt Finnlands zur NATO schon in trockenen Tüchern ist, während die Türkei mit Schweden noch Gespräche führen will. Für uns ist dies nicht unbedingt relevant, da wir keine geografische Nähe zu Russland haben; wohl aber gibt es massive Subversion in Österreich.

Zum Verständnis von Neutralität gehört eigentlich, dass sie nach Schweizer Vorbild ausreichend bewaffnet sein sollte. Doch davon konnte nie wirklich die Rede sein, und ausserdem will man auch gegenüber fremden Geheimdiensten neutral sein. Man kümmert sich nicht um deren Treiben auf unserem Hoheitsgebiet in der irrigen Annahme, dass sie nur gegeneinander und nicht auch gegen uns aktiv wären. Dabei heisst es, die relativ grosse russische Residentur in Wien sei in Geheimdienst-Operationen in der Ukraine verwickelt; dies sollte niemanden überraschen. Wenn so etwas berichtet wird, kann es z.B. von amerikanischen Diensten lanciert worden sein oder aber einen russischen Limited hangout darstellen. So oder so wird von russischen Operationen gegen Österreich abgelenkt, deren Bedeutung weit über unser Land hinausgeht, da wir als Brückenkopf fungieren. Mit Neutralität und Souveränität ist dies natürlich nicht vereinbar, sondern verletzte den Staatsvertrag. Freilich sehen viele Menschen, die nicht zuletzt durch Corona politisiert wurden, nur bei den Westalliierten Staatsvertragsverletzungen, ohne aber welche z.B. bei Kundgebungen zu benennen; hingegen wird stolz darauf verwiesen, dass das Original des Staatsvertrags in Moskau aufbewahrt wird.

Türkei, Finnland und Schweden

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Nehammer meets Putin

Manche wundern sich nur, warum Bundeskanzler Karl Nehammer zu Präsident Wladimir Putin reiste. Andere sind empört und ziehen alles ins Lächerliche, doch man kann auch ein paar nüchterne Fragen stellen. Auf den ersten Blick mag es so scheinen, als sei dies international gar nicht beachtet worden; man findet aber einiges, wenn man z.B. „Nehammer Putin Meeting“ eingibt (und als alternative Suchmaschine bietet sich immer DuckDuckGo an). Manches drängt sich geradezu auf, etwa ob Nehammer tatsächlich nach einem Besuch in Kiew spontan die Idee hatte, Putin aufzusuchen und dies noch schnell mit anderen abstimmte. Oder ob er überhaupt nur deshalb gewissermassen als Zwischenstopp in Kiew war, um der Weiterreise Legitimation zu verleihen. Wenn Nehammer und Putin unter vier Augen, aber mit Dolmetscher miteinander sprachen, wirkt dies angesichts der Deutschkenntnisse Putins merkwürdig, auch wenn es sonst Usus sein mag.

Schliesslich kein gemeinsames Foto und kein Statement nebeneinander, sondern bloss Nehammer vor versammelter Presse – was soll dies signalisieren? Natürlich kann Nehammer so den Eindruck erwecken, ganz und gar auf Distanz zu Putin zu sein, doch rational betrachtet entgeht so auch eine Gelegenheit, Putin auf etwas festzulegen. Diese Modalitäten wurden jedoch vorab so vom Kreml bekanntgegeben und dass nicht nur über den Krieg in der Ukraine, sondern auch über Gaslieferungen gesprochen wird. Die „Financial Times“, die kürzlich nicht zu Unrecht das österreichische Verteidigungsministerium als eine Art Abteilung des russischen Militärgeheimdienstes GRU bezeichnet hatte, betont in ihrem Bericht, dass einige europäische Staatschefs von Nehammers Visite überrascht wurden. Dass unsere Bevölkerung nicht weiss, woran sie ist, zeigt diese Aufnahme vo einer kleinen Kundgebung gegen C-Massnahmen und für Neutralität am 26. März 2022 in Wien. Zwar ist es üblich, sich unter anderem am Schwarzenbergplatz zu versammeln, doch hier ist man wohl einen Tick zu nahe am „Russendenkmal„.

Kundgebung in Wien

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Russland, der Ibiza-U-Ausschuss und Jan Marsalek

Im Ibiza-U-Ausschuss wird es am Mittwoch auch um Jan Marsalek und die Wirecard-Affäre gehen. Dazu gab es als Vorgeschmack weitere Veröffentlichungen, wie man beim „Standard“ und bei „Zackzack“ sehen kann. Es ist sicher reiner Zufall, aber das SPÖ-U-Ausschussmitglied Christoph Matznetter ist seit Montag Abend nicht mehr im Präsidium der Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft; seine Ausrichtung bleibt aber dieselbe und er hat noch genug weitere Funktionen, nicht zuletzt als Vizepräsident der Wirtschaftskammer und als China-Lobbyist. Jan Marsalek traf sich 2018 in München unter anderem mit Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und mit Brigadier Gustav Gustavenau vom Verteidigungsministerium (Direktion für Sicherheitspolitik). Damals war Schüssel Aufsichtsrat des russischen Mobilfunkers MTS (ihm folgte 2019 Putin-Berater und Jelzin-Schwiegersohn Walentin Jumaschew nach, der mithilfe der SPÖ und von Magna eingebürgert wurde) und an der Spitze der ÖIAG stand Siegfried Wolf. Nach den massiven Privatisierungen der „Ära Schüssel“ mit Karl Heinz Grasser von Magna als Finanzminister war die teilstaatliche OMV ein besonderes Juwel des Republik, deren Vorstandsvorsitzender Rainer Seele am 16. September im U-Ausschuss ist.

Der „Standard“ schreibt dazu auch: „Rund zwei Monate nach Marsaleks Münchner Runde reiste Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) für einen Tag nach Libyen, an dieser Reise nahm auch Seele teil. Dem Vernehmen nach soll sich Marsalek damals für einen Termin mit dem OMV-Boss interessiert haben, organisiert haben soll den die FPÖ, über Ex-FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus und Florian Stermann, den Generalsekretär der Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft. Dort soll es am Montag in der Präsidiumssitzung zum großen Umsturz gekommen sein: Eigentlich hatte es geheißen, Stermann ziehe sich wegen der Causa Marsalek zurück. Doch dann tauchten er, Gudenus und weitere FPÖ-nahe Mitglieder auf, um ein neues Präsidium einzusetzen. Statt Richard Schenz ist nun Maximilian Habsburg-Lothringen neuer Präsident. Gudenus streitet die Darstellung eines ‚Umsturzes‘ ab: ‚Es gab ein eindeutiges Ergebnis, ich habe als einfaches Mitglied mitgestimmt.‘ Habsburg sei ohne Gegenstimme gewählt worden.“ Richard Schenz war Seeles Vorgänger; man findet auf der noch nicht aktualisierten Webseite der ORFG bei Präsidium und Vorstand viele Belege für die gute „Vernetzung“ Russlands in Österreich; wenig überraschend ist wohl, dass sich Gudenus und Stermann auch um Marsalek kümmerten.

Tweet der „Kleinen Zeitung“

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