Ist Signa wirklich „kein Politikum“?

Die Pleite von Signa ist „kein Politikum“, wenn es nach Kanzler Karl Nehammer geht, sondern lediglich „eine Sache des Insolvenzrechts“. Auch andere Politiker halten sich sehr zurück bzw. sprechen Signa und Rene Benko von sich aus kaum an. Dennoch wurde ja mittels politischer Nähe der Eindruck erweckt, man könne Vertrauen walten lassen. Die NZZ berichtet am 5. Dezember 2023 unter dem Titel „Auch Politiker haben Rene Benko gross gemacht“ über Alfred Gusenbauer und Sebastian Kurz. Es wird erwähnt, dass Gusenbauer einen luxuriösen Lebensstil mit mehreren Wohnsitzen in Österreich und im Ausland pflegt und mit seinem Vielfliegerstatus kokettiert, wohl basierend auf einem Gespräch mit ihm vor wenigen Wochen im „profil“ (Raiffeisen und Signa). Anders als Kurz, der noch fast in letzter Sekunde Investoren für Signa gewinnen sollte, trug Gusenbauer auch Verantwortung; diese aber blendet seine eigene Partei aus. Untersucht werden soll hingegen, was aktive ÖVP-Politiker für Benko in Gang setzten, etwa beim Erwerb von kika/Leiner. Später entwickelte man bei Signa einen nicht mehr realisierten Plan, die 65 Möbelhaus-Standorte zu profitablen vollautomatisierten Amazon-Grosslagern umfunktionieren, wie der „Falter“ am 6. Dezember berichtet. Hier wird auch basierend auf Mails die Geschichte vom „Patriarchen“ Benko erzählt, der alles im Griff hatte bis zur Wahl des Druckerpapiers im Palais Harrach auf der Freyung; in diese Kerbe schlagen auch andere. Vielleicht spielt da aber auch mit, dass Gusenbauer mit „Falter“-Herausgeber Armin Thurnher befreundet ist? Immerhin stellte der „Falter“, siehe Golan-Affäre, die 2018 hochgekocht wurde, auch die Zustände im Verteidigungsministerium für Gusenbauer falsch dar.

Gusenbauer sei „mit sich im Reinen“, heisst es der NZZ zufolge in Wien, er lasse alles an sich abperlen. Doch Benkos politische Verbündete haben auch ganz allgemein nur wenig zu befürchten. Nicht besonders gut ist man bei der SPD in Hamburg auf Benko und Gusenbauer wegen des Elbtowers zu sprechen. Es wurde getrickst, um die Ausschreibung zu gewinnen, und nun soll auch die Elbtower Projektgesellschaft vor dem Konkurs stehen; die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) sprang ab. Mittlerweile warnen Konsumentenschützer vor dem Einkauf bei Signas Online-Sporthändlern, bei denen viele Kunden seit Wochen auf ihre Ware warten. Bei Benkos Online-Sport-Engagement spielte ein Kredit der Sberbank Europe eine wichtige Rolle, deren Aufsichtsratschef bis zum russischen Angriff auf die Ukraine Siegfried Wolf war. Heute gehört die Sberbank Europe mit dem Sanktus der Direktion Sicherheit und Nachrichtendienst als Sanktionsbehörde dem Umfeld des Oligarchen Oleg Deripaska, und zwar Hans Peter Haselsteiners Geschäftspartner Stephan Zöchling.

Die Regierung und Benko

Zu Signas Geschäftspraktiken gehört es, denen die Lieferanten madig zu machen, die nicht an Signa verkaufen wollten. Diese Erfahrung machte Friedrich Steinhauser mit Tennislife, der wie andere kleine Händler vom Markt gedrängt werden sollte. Währenddessen tummelte „man“ sich bei Benkos Festen, die Eventfotograf Andreas Tischler dokumentierte. Hier findet man bei Leadersnet eine Bildergalerie von 2018, bei der einige Gäste nur in der Menge gezeigt werden, andere aber zum Teil vor einer Art Signa-Sponsorwand. Details sind stets interessant, etwa wenn Gerald Gerstbauer mit Susanne Riess posiert, die jetzt Riess-Hahn heisst. Riess heiratete 2022 im Beisein Benkos EU-Kommissar Johannes Hahn, der einmal Novomatic-Chef war. Novomatic-Gründer Johann Graf investierte von 2015 bis 2020 bei Signa und gehörte wie Riess-Hahn dem Beirat an. 2013 wurde Benko mit ihrem ersten Ehemann Michael Passer, der davor bei Magna war, wegen Korruption verurteilt. Riess-Hahn hatte schon einmal mit einer Pleite zu tun, weil Wüstenrot mit ihr an der Spitze der Commerzialbank Mattersburg 16 Millionen € anvertraute. Gerstbauer ist nach den Gusenbauer-Partnern Gabriel Lansky und Alon Shklarek Präsident der Österreichisch-aserbaidschanischen Handelskammer und selbst mit Gattin Kristina Sprenger und Lansky-Partner Gerald Ganzger Businesspartner Gusenbauers. Leadersnet-Fotostrecken zeigen ihn und Gusenbauer z.B. mit Peter Kaiser und Karl Theodor zu Guttenberg bei den Atos-Gipfelgesprächen.

#Signa #Törggelen 2018: @BgmLudwig vor der Sponsorwand 😳😱 aber nein, #Benko Pleite hat nix mit der Politik zu tun (betont @karlnehammer ) pic.twitter.com/2DEltgRhGa

— alexandra bader (@cw_alexandra) December 6, 2023

Signa und die Sponsorwand

Aserbaidschan ist mit Malta verbunden und ein Backdoor für Israel in den Iran; bei Veranstaltungen der Handelskammer trifft man auch den Gusenbauer-Freund Rainer Nowak, der mit Benko bei TPA auftritt siehe Screenshot unten. Gerstbauer war einmal als Chef der SPÖ Niederösterreich im Gespräch, doch das wurde dann Franz Schnabl. Wie ÖBB-Chef Andreas Mättha, der wie Landeshauptmann Peter Kaiser und Lanskys Schwager Julian Jäger in der Austrian Chinese Business Association anzutreffen ist, gehören Gerstbauer und Sprenger zum Freundeskreis des Benko-Gastes Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Benko erwarb 2013 mithilfe von Beny Steinmetz (Geschäftspartner Gusenbauers) Karstadt von Nicolas Berggruen, der für China lobbyiert. Im Februar 2023 wurde gemeldet und dann dementiert, dass die Deutsche Bank ihre Geschäfte mit Signa beendet; man sei weiterhin die Bank von Galeria geblieben. Der Geschäftspartner von Sebastian Kurz Alexander Schütz war als Vertreter der mittlerweile zusammengebrochenen chinesischen HNA-Group in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank eingezogen, den er dann wegen Wirecard wieder verlassen hat. Schütz ist Nachbar von Markus Braun in Kitzbühel und Vermieter des Oligarchen Dmytro Firtash, der wie Benko von Dieter Böhmdorfer vertreten wird. Schütz gilt als ÖVP-Grosspender, Braun unterstützte zuerst die NEOS und dann die ÖVP und Benko gab Parteien nie Geld. Im Ibiza-U-Ausschuss wies Benko 2020 darauf hin, dass Böhmdorfer ihm eine Ehrenerklärung von Heinz Christian Strache besorgt hatte.

TPA, Benko und Nowak im Park Hyatt

Benko und Markus Braun gehören beide zum Freundeskreis von Schütz und dessen Gattin Eva; Braun und Benko wollten sich 2020 gegenseitig unter die Arme greifen. Alfred Gusenbauer bekam von Benko Millionen €, um dabei behilflich zu sein, den deutschen Wirtschaftsstabilisierungsfonds für Galeria Karstadt Kaufhof anzuzapfen. Wirecard krachte 2020 zusammen kurz vor der Commerzialbank Mattersburg, bei der sich fragte, was Direktor Martin Pucher wirklich getan hat. Wirecard CEE in Graz und die Commerzialbank sowie im Auftrag des Burgenland deren Mehrheitseigentümer wurden von Treuhand Partner Austria geprüft. Die Finanzmarktaufsicht sperrte 2015 zwei TPA-Prüfer, was einem gesetzlichen Ausschluss von TPA bei der Prüfung der Bank gleichkommt, aber ignoriert wurde. Es verwundert wohl nicht, dass Karin Fuhrmann von TPA seit 2011 an Bord ist in der Familie Benko-Privatstiftung und TPA einen „Geheimplan“ entwickelte zur Vermeidung der Konsolidierungspflicht. Außerdem wurden Immobilien fehl- oder überbewertet, deren Wert jetzt um bis zu 90 % „vom Palazzo zum Luftschloss“ reduziert ist. Günther Horvath, einst bei Freshfields, wo Alma Zadic tätig war, ehe sie zu Peter Pilz ging, gehört mit den „Gusenbauer-Hawerern“ Christian Kern, Andreas Matthä, Christoph Matznetter, Peter Kaiser, Ernst Woller und anderen dem Kuratorium der ACBA an. TPA ist Mitglied der ACBA wie der Flughafen Wien, das Land Kärnten und die Spedition Kühne + Nagel, deren Gründer Klaus-Michael Kühne eventuell den Elbtower weiterbaut und an Signa beteiligt ist.

Törggelen mit Gusenbauer, Frau Benko, Riess

Andreas Tischlers Fotos können auch politische Situationen abbilden etwa als das Törggelen 2017 während der erfolgreichen Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ stattfand (das Handelsgericht Wien reduziert Benkos Lebensstil nun radikal). Medienberichten war 2014 zu entnehmen, dass der damalige Chef der Casinos Austria Karl Stoss das Angebot eines Konsortiums aus Rene Benko, Beny Steinmetz und Alfred Gusenbauer unterbreitete, um die Mehrheit an der CASAG zu übernehmen. Schliesslich beteiligt sich aber Karel Komarek, dessen Sazka Group nach Ibizagate 2020 auch den Anteil der Novomatic an der CASAG übernahm und so Mehrheitseigentümer wurde (Gerüchten zufolge verdankt Gusenbauer dieser Entwicklung eines seiner Häuser). Heute ist Stoss als Beirat Benkos und Aufsichtsrat bekannt; er ist ausserdem Sportfunktionär mit Ex-LH Hans Niessl, der die Revision des CBM-Mehrheitseigentümers an TPA delegierte. Bei der CASAG, die Thema im Ibiza-UA war, muss man auch an die ÖBAG denken, die staatliche Beteiligungen verwaltet. Sebastian Kurz wollte an deren Spitze Ex-Magna-CEO Siegfried Wolf, der 2011 zu Oleg Deripaskas Russian Machines-Konzern wechselte, von 2007 bis 2015 AR der Strabag war und bis 2022 AR-Vorsitzender der Sberbank Europe. Es wurde dann Thomas Schmid, der zuerst Kabinettschef im Finanzministerium war und dem auch Benko ein Angebot machte; jetzt ist es Edith Hlawati von der Kanzlei Cerha Hempel, welche die Sberbank Europe vertritt.

PK #Gusenbauer #Hemetsberger 2008, Pressesprecher Stefan #Hirsch (früher bei Lobbyist Hochegger), 2012 via Hemetsberger Verkauf Osteuropa-Töchter der Volksbanken an Sberbank; später gibt Sberbank Europe #Benko Kredit https://t.co/g2JB1QAJlM

— alexandra bader (@cw_alexandra) December 5, 2023

Pressemeldung von 2008

PS: Der Signa-Teilhaber und Beirat Roland Berger schwärmt in einer Presseaussendung von einer „einzigartigen Kombination aus analytischem Denken und empathischer Einstellung“ bei seinen rund 3000 Mitarbeitern; es geht um eine Studie zur Nutzung von Wasserstoff bis 2030. Ein Partner von Berger ist Stefan Klestil, Stiefsohn der früheren österreichischen Botschafterin in Russland Margot Klestil-Löffler. Klestil galt als Vertrauter von Markus Braun und gehörte dem AR von Wirecard an, dessen Vorsitzender Thomas Eichelmann AR-Chef von Hochtief war, wo sich Deripaska wie an Strabag und Magna beteiligte. Magna begann 1998 mit dem da noch planwirtschaftlich geführten Autokonzern Gaz zu kooperieren. Signa, Magna, Novomatic, Strabag, Jan Marsalek (der in Firtashs Privatjet nach Moskau floh) und Markus Braun sponserten die Österreichisch-russische Freundschaftsgesellschaft mit Präsident Richard Schenz und Vize Christoph Matznetter.

PPS: 2008 gab Kanzler Gusenbauer eine Pressekonferenz zur Finanzmarktkrise mit Willi Hemetsberger (einst „Roter Börsenkrach“, Ithuba Capital siehe Christoph Chorherr) und seinem Sprecher Stefan Hirsch (zuvor bei Lobbyist Peter Hochegger, der für Novomatic eine Art Machtübernahme-Plan entwarf und mit dem Verkauf der BUWOG und den Telekom-Ostgeschäfte zu tun hatte). 2012 war Hemetsberger wesentlich am Verkauf der Osteuropa-Töchter der Volksbanken an die Sberbank beteiligt, die daraus die Sberbank Europe kreierte. 2012 wurde der spätere Finanzminister Hans Jörg Schelling AR-Chef der Volksbanken, der schliesslich Gazprom bei Nord Stream 2 beriet. Es sei hier auch auf Gerhard Schröder und Nord Stream verwiesen, der mit Nicolas Berggruen kooperiert. Gusenbauer-Sprecher Hirsch gehörte dann zu den Aufpassern von Norbert Darabos und half Hans Peter Doskozil, Airbus für russische Interessen zu attackieren und war SPÖ-Kommunikationschef.

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