Es war bereits im Frühjahr 2017 klar, dass Hans Peter Doskozil und Norbert Darabos nicht in einer Regierung Platz haben. Daher ist das heute bekanntgegebene Ausscheiden von Darabos keine Überraschung. Man mag hier nur daran denken, dass eigentlich ja Darabos als „Kronprinz“ von Landeshauptmann Hans Niessl galt, bis Doskozil einen Blitzstart hinlegte. Doch der Konflikt geht viel tiefer, da Doskozil im Dossier für Berater Tal Silberstein gelobt und Christian Kern zerlegt wurde. Das im Herbst 2017 in der Wahlkampf-Schlussphase öffentlich gewordene Papier war ganz auf die Wünsche des martialisch auftretenden Armeeoffiziers (Silberstein) zugeschnitten, und da fiel Kern durch, während der bullige Doskozil mit dem Thema Sicherheit verkauft werden konnte. Mit Darabos hatte dies insofern auch zu tun, als dass er wie Doskozil einmal Verteidigungsminister gewesen ist und mit der Eurofighter-Frage verbunden ist. Als der ehemalige Gusenbauer-Sprecher Robert L. am 9. Februar 2017 das Dossier an Silberstein mailte, war auch Rudi Fussi im CC, der 2002 mit einem Volksbegrehren gegen Abfangjäger bekannt wurde, als sich Schwarzblau für Eurofighter statt F-16 oder Gripen entschied.
Am 16. Februar 2017 erstattete Doskozil mit viel Mediengetöse Anzeige gegen Airbus mit dem Vorwurf von Betrug und arglistiger Täuschung. Er verkündete, dem europäischen Konzern Schwierigkeiten auf dem amerikanischen und internationalen Markt zu machen und wählte dafür die US-Kanzlei Skadden. Sie vertritt nicht nur General Electric, den Hersteller der Triebwerke der F-16 von Lockheed, sondern erstellte für Lobbying für die frühere ukrainische Regierung ein Dossier über Julia Timoschenko. Es geht um jenes Lobbying, mit dem Ex-Trump-Berater Paul Manafort, die Podesta Group (Lockheed-Lobbyisten) und Alfred Gusenbauer den Foreign Agents Registration Act verletzten ( nebenbei jenes Gesetz, das Maria Butina jedenfalls nicht beachtete, wenn sie doch keine Spionin war). Doskozil attackierte nicht nur Airbus, den direkten Konkurrenten von Lockheed und Boeing, sondern verbündete sich auch mit dem Abgeordneten Peter Pilz, was half, den Weg zum 2. Eurofighter-U-Ausschuss zu ebnen. Dieser diente dem Zweck, Anzeige gegen Norbert Darabos wegen des Vergleichs mit Eurofighter 2007 zu erstatten. Dabei wurde außer Acht gekassen, welche Rolle Gusenbauer (und Silberstein?) spielte und dass Darabos, wie bereits im 1. Ausschuss zehn Jahre zuvor deutlich wurde, vollkommen abgeschottet wurde. Dafür gibt es zahlreiche Zeugen, die sich zunächst (wie auch ich mich) wunderten, dann aber Schlüsse zogen oder auch nicht weiter drüber nachdachten.
Konventionelle Sichtweise
Es geht nicht nur darum, das Puzzle aus solchen Aussagen mit Infos über Abläufe im BMLV, Rüstungsindustrie usw. zu verbinden, da man auch bereit sein muss, mit dem Schlimmsten zu rechnen. Vieles deutet auf verdeckte Aktionen hin, auch systematisches Diffamieren von Kritikern aus dem Hinterhalt, und man muss versuchen, zu dem Darabos zurückzukehren, der keinen so schlechten Ruf hatte, vor allem aber als hochintelligent galt. Das wäre jremand, der eigene Gedanken auf Facebook postet und seinen Twitteraccount nützt statt mit wenigen Tweets ruhen lässt (es kommt nichts von ihm zu seinem Abgang = immer noch unter Druck). Weil ich die Rolle des Laien, der sich in einer verdeckten Operation wiederfindet, schon vor Jahren kannte, will ich einfach von mir auf ihn schließen. Wenn ich solche Muster erkennen kann, muss man es ihm auch zutrauen, ebenso dass er den ihm zugedachten Part eines Statisten nach außen hin nicht übernehmen wollte. Druckmittel kann man gegen jeden finden, und Überwachungsmethoden sind in den Zeiten elektronischer Kommunikation nun einmal perfektioniert. Da Darabos nicht für die US-Rüstungsindustrie den Ankauf der EF sabotieren wollte, schottete ihn Kabinettschef Stefan Kammerhofer komplett ab und spielte Minister, was er auch explizit so nannte („der Minister bin jetzt ich“). Darabos musste in reduzierter Form doch auftreten und konnte zB. den Bundespräsidenten oder der Generalstabschef nicht überhaupt nicht treffen, sodass man genau hinsehen musste (denn sehr viele hatten nie die Chance, mit ihm zu reden, hätten es aber tun müssen).
Ein Roter auf Twitter zum Standard
Es half auch, sein Verhalten mit dem anderer Regierungsmitglieder und Politiker zu vergleichen, um das Bild von einem Minister zu komplettieren, der eben nicht wirklich das Weisungsrecht im Ressort (Artikel 20 Abs. 1 B-VG) und die Befehls-und Verfügungsgewalt über das Heer (Artikel 80 Abs. 2 und 3 B-VG) ausübte (siehe auch Abberufung Entacher vgl. mit Susendierung Gridling). Das ist so ungeheuerlich, dass die Überbringerin der schlechten Nachricht (also ich) mit allen Mitteln bekämpft wurde. Dies sollte von der Botschaft ablenken, ist aber andererseits auch typisch für das Absichern verdeckter Aktionen. Rational betrachtet kann es aber nur so sein, wie ich die Lage analysiere oder es gibt eine andere Eklärung, die wir endlich mal hören wollen. Auch deshalb ist logisch, dass Darabos früher oder später aus der Politik abgeschoben wird, und dazu kommt noch der Faktor eines Verrats durch Doskozil. Wie Kern ist Darabos kein Freund des Martialischen, was vermuten lässt, dass der grobschlächtige Kabinettschef besser mit Silberstein zurechtkam und der Minister auch deshalb ausmanövriert wurde. Sieht man sich Berichte und Ausschussprotokolle aus der Distanz an und führt Gespräche, ist klar, dass nicht Darabos, sondern Gusenbauer (und Co. ) die Verantwortung für den Eurofighter-Vergleich trägt. Dieser scheint Österreich Geld zu sparen, kommt aber auf die Nutzungsdauer und Nutzung gesehen sehr teuer und ist auch für Airbus kein Gewinn.
Die SPÖ und die Mindestsicherung
Um nicht missverstanden zu werden: ich entlaste Darabos nicht, sondern will, dass Verantwortung von Gerichten geklärt wird und dass es dann nicht um die vergleichsweise geringe Differenz zwischen Vergleichsentwurf (vom 24.5.2007) und Vergleich, sondern um die zwischen Kaufvertrag und Vergleich geht. Das würde sich auf den Strafrahmen niederschlagen, was ein Risiko für Darabos darstellt, wenn er auch bei neuer Betrachtung der Causa als Schuldiger übrigbleibt. So oder so ist es ein Damoklesschwert über Darabos, der als Landesrat zumindest geschützt ist, was Gerichtsverfahren betrifft. Es ist jedoch alles noch möglich, auch dass Doskozils Klage so sehr zum Rohrkrepierer wird, dass er als Landeshauptmann nicht tragbar ist oder/und das Darabos voll rehabilitiert wird und damit eben wieder im politischen Spiel ist. Bis Februar kann noch einiges geschehen, zumal deutlich wird, dass Doskozils Ambitionen auf den Bund gerichtet sind, wo die ebenfalls nicht martialische Parteichefin Pamela Rendi-Wagner verblasst. An der Eurofighter-Front bricht Doskozil der geschwächte „Aufdecker“ Pilz weg, und die NEOS, die übernehmen, sind auch Silberstein-affin und allzu sehr in F-35 von Lockheed vernarrt. Sieht man sich internationale Zusammenhänge an, ergeben sie zwar ein klares Bild, doch man kann nicht mit Gewissheit sagen, welches Gewicht welche Verbindungen in Entscheidungsprozessen haben. Das ändert sich, wenn nur einmal andere Zeugen in U-Ausschüssen und bei Gericht vorgeladen werden, den dann müssen sie Rede und Antwort stehen.
Wer ist Parteichef/in?
Ohne die Geheimdienst-Komponente hätte Darabos politische Ämter gestalten können; es war also nicht der brave Parteisoldat, den wir erlebt haben. Jetzt ist einer der Momente, wo die Brutalität hinter den Kulissen kurz zum Vorschein kommt. Dabei zeigte sie sich auch, als Doskozil Grüne und FPÖ dabei assistierte, die einzige Kopie des Vergleichsentwurfs im BMLV zu finden, damit der U-Ausschuss 2017 Darabos daraus eben Strick drehen kann. Viele Genossen meinen, dass für sie Dankbarkeit sehr wohl eine politische Kategorie sei, weil sie Darabos halt auf die Schulter klopfen oder ihn bedauern. Doch wenn sie sich nicht für Hintergründe interessieren, hat auch das einen schalen Beigeschmack. Deutlich werden auch Entwicklungen in der SPÖ, wenn wir an die beiden Kommunikationschefs in Wien und Bund Raphael Sternfeld und Stefan Hirsch denken, die beide mit Doskozil zu tun haben (wir sehen Hirsch noch unter den „neuen Führungskräften“ im BMLV). Nicht nur die Illustration des „Kurier“ wirft die Frage auf, wo eigentlich die formale Parteichefin Rendi-Wagner abgeblieben ist. Immerhin war sie noch ein „Geschenk“ von Christian Kern an die Partei, der im Übrigen keineswegs vom Engagement Tal Silbersteins begeistert war, das sich ja auf ihn fatal auswirkte. Kein Zufall ist, dass im erwähnten Dossier gerade auch Hirsch außerordentlich gelobt wurde, der nun mit Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda die Löwelstrasse in Beschlag nimmt – jenen Ort, an dem die bundespolitische Laufbahn von Darabos 2003 ebenfalls mit dem Bundesgeschäftsführer-Job begann.
Dankbarkeit und Politik schließen sich wohl aus.
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ja eh,… die basis will sich immer anders geben
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