Medien und die Golan-Verschleierung

Vor einem Monat brachte der „Falter“ als Titelgeschichte ein „Massaker“ auf dem Golan im Herbst 2012, das auf Video zu erkennen war. Dies führte zu Ermittlungen der Justiz und dazu, dass eine Untersuchungskommission im Verteidigungsministerium eingesetzt wurde. Nun ist deren Bericht fertig, doch es wird Druck gemacht, indem der APA ein Schreiben an Darabos zugespielt wird. Wie zu erwarten wird versucht, ihm  zumindest medial den schwarzen Peter zuzuschieben: „Der Vorfall mit den erschossenen syrischen Geheimpolizisten am Golan im Jahr 2012 war der Führung im Verteidigungsministerium bekannt. Das geht aus einem der APA vorliegenden Schreiben an den damaligen Minister Norbert Darabos (SPÖ) hervor. Darin geht es um die Folgen der Ereignisse und einen daraus entstanden Konflikt zwischen dem UNO-Kommando und den Österreichern.“ Immerhin ist hier von „Ministerbüro“ die Rede, was jedoch für Uneingeweihte impliziert, dass der Befehlshaber des Bundesheers Schreiben des Generalstabschefs auch tatsächlich vorgelegt bekommt.

Der „Standard“ geht natürlich davon aus, dass es so ist: „Ein an Darabos gerichtetes Papier zeigt, dass die Führung im Ministerium darüber informiert war, dass sich ein kritischer Vorfall mit Toten ereignet hatte. Das Schreiben ist mit 9. Oktober 2012 datiert und vom damaligen Generalstabschef Edmund Entacher gezeichnet. In dem Schreiben beschwert sich das österreichische Kommando am Golan darüber, dass die österreichischen Blauhelme vom UNO-Kommando ‚im Rahmen der Ereignisse vom 29. September‘ eine ’nicht mandatskonforme Befehlserteilung‘ erhalten haben und der damalige indische Force Commander ‚herabwürdigende Aussagen‘  gegenüber den österreichischen Soldaten im Zusammenhang mit der ‚Auftragserfüllung‘ getätigt habe. Die Österreicher wurden u.a. aufgefordert, die Leichen und die Waffen der Getöteten zu bergen.“  Das Video wirkt durch Kommentare zynisch, die letztlich zur Untersuchung führten.

Cover des „Falter“

Es ist zu hoffen, dass sich der Bericht auch damit befasst, was der „Falter“ als Zeugnis gegen österreichische Blauhelme verwendet hat. Was den militärischen Ablauf betrifft, verwundert ein Bericht des Generalstabschefs nicht, doch man muss wissen, dass dieser auch via Kabinettschef Kammerhofer von Darabos ferngehalten wurde. Demnach wird der Wahrheit entsprechen, was Darabos wieder zur APA sagte: „Ich habe dieses Papier nicht gesehen. Ich wäre sonst sicher eingeschritten und hätte die involvierten Soldaten nach Österreich zurückbeordert.“ Entacher hat reichliche Erfahrung mit dem umgekehrten Weg, nämlich dass Kammerhofer mit „mach‘ das, der Minister will das so!“ antanzte und er antwortete „kannst du mir wenigstens eine Paraphe vom Minister bringen?“ und diese kam dann nie. Das bedeutet, das Kammerhofer, wie auch eine Berufungskommission im Bundeskanzleramt feststellte, immer wieder Ministerwillen vortäuschte, wobei sich kaum jemand zu widersetzen wagte. Die Frage nach dem Ministerwillen sollte auch zentral in den bisherigen Eurofighter-Ausschüssen am Tapet gewesen sein, doch dem war nicht so. Es ist bekannt, dass nicht nur Personen, sondern auch Informationen von Darabos ferngehalten wurden, was sich nur dann erklären lässt, wenn von (fremdem) Geheimdiensthintergrund auszugehen ist. Kammerhofer „regierte“ illegal mit Aktenvermerken, die er anlegte, da er in der Weisungskette nicht einmal vorkommt. Er hatte als Lieblingsausspruch „den hack‘ ich jetzt um“, wie unter Leidgeplagten kolportiert wurde.

Dies deckte der große Aufdecker Peter Pilz stets zu, der z.B. im ersten Eurofighter-Ausschuss 2007 nicht wollte, dass die Abgeordnete Maria Fekter ansprach, dass Kammerhofer Darabos bei dessen Aussagen jede Antwort vorsagte. Beim zweiten Ausschuss wurde thematisiert, dass es einen schriftlichen und nie widerrufenen Auftrag von Darabos an den Leiter der Finanzprokuratur Wolfgang Peschorn zu Verhandlungen mit EADS gab. Diese aber setzte Kammerhofer widerrechtlich mündlich per Telefonat aus, nachdem er sich zuvor (auftragsgemäß?) mit Peschorn angefreundet hatte, sodass dieser nicht protestierte oder bei Darabos nachfragen wollte. Wie im Ausschuss 2017 zur Sprache kam, hatten Experten des BMLV, die am Zustandekommen des Eurofighter-Vertrags beteiligt waren, keine Chance, jemals mit dem Minister zu reden. Man sagte bald, dass es „kein Vorbeikommen an Kammerhofer“ gibt und dass sich die Presseabteilung beklagt, es fänden mit dem neuen Minister keine Briefings statt, sondern man erhielte nur „Papiere aus dem Ministerbüro“.

Darabos 2007 am Golan (Foto: BMLV)

Ob die Staatsanwaltschaft Wien – die ja auch dank Pilz gegen Darabos wegen des Vergleichs mit EADS ermittelt – in der Causa Golan doch die Situation im Ministerbüro untersucht?  Da Darabos wie Entacher ein Befürworter des bestehenden Systems ist, machte es noch zusätzlich Sinn, ihn nicht über den Golan zu informieren, denn solche Vorfälle sprachen Behauptungen der „Profiheerpartie“ vor der Wehrpflicht-Volksbefragung Lügen, dass Peacekeeping eh ganz harmlos sei. Denn ihnen ging es darum, ein reines Berufsheer zu schaffen, das mit reaktionsschnellen Einheiten auch in Kampfeinsätze versetzt werden soll, da es hier um die Sicherung von Rohstoffen, also US-/NATO-Interessen gehen sollte. Dass Darabos an ihn (und nur an ihn) adressierte Schreiben nicht erhalten hat, war Usus mit einem Agenten Kammerhofer als Kabinettschef; das bedeutet jedoch nicht, dass er nicht dennoch so manches unter der Hand erfahren hat. Auch die „Presse“ folgt dem Narrativ und schreibt z.B: „Ein an Darabos gerichtetes Papier zeigt jedoch, dass die Führung im Ministerium darüber informiert war, dass sich ein kritischer Vorfall mit Toten ereignet hatte.“

Bekanntlich werden „an Darabos gerichtete Papiere“ auch dann von Kammerhofer kassiert, wenn jemand dem Minister bei einem Termin einen Zettel gibt, da man die Abschottung eines Regierungsmitglieds nur mit Druck und Totalüberwachung durchziehen kann. Dabei ist auch notwendig, dass der Verfassungsschutz und in diesem Fall ebenso das Heeresabwehramt versagt, und beides war der Fall. Was das Abwehramt betrifft, zeigt dies auch die Befragung von Ex-Abwehrchef Erich Deutsch im U-Ausschuss 2007; beim BVT ging man meinen Sachverhaltsdarstellungen, gesammelten Zeugenaussagen und Hinweisen nicht nach, sondern ließ zu, dass ich von BVT-Zuträgern schikaniert wurde. Gerade macht sich der „Kurier“ besonders verdient um Desinformation, da er den APA-Text mit Meuchelfoto garnierte, nachdem letzte Woche die „Krone“ die Eurofighter-Pilz-Legende aufwärmte und damit auch Darabos ans Zeug flicken wollte. Als der „Falter“ mit dem Golan aufmachte, sprach der transatlantisch vernetzte Völkerrechtler Manfred Nowak auch gleich von „Beihilfe zum Mord“ (weil Soldaten die Aufnahmen später kommentierten). Auch Ex-Brigadier Gerald Karner, der Hannes Androschs „Unser Heer“ unterstützte, kritisierte das Bundesheer (und hat jetzt eher Probleme durch die Ermittlungen in der BVT-Affäre).

Darabos am Golan (2011, Foto BMLV)

In jener Zeit, als wieder einmal ein Schreiben im Ministerbüro landete, aber vor Darabos verborgen blieb, liefen bereits die Vorbereitungen auf die Ende August 2012 mit 20. Jänner 2013 festgelegte Volksbefragung. Sofort nahmen die Wehrsprecher der Parteien Stellung oder die ÖVP-Regierungsmitglieder verwendeten eine ÖAAB-Veranstaltung bei Raiffeisen als Bühne – wer jedoch keine Pressekonferenz gab und nicht auftrat, war der Minister, dessen Thema es doch sein sollte. Man sah Darabos erst bei der Herbsttagung des SPÖ-Parlamentsklubs  am 17. September 2012 beim ÖGB am Wiener Handelskai, wo er das „Profiheer“ verkaufen musste. Am Rande beklagten sich auch rote Abgeordnete, dass sie nie mit ihm reden konnten, weil Kammerhofer dies nicht zulasse; er wachte auch vor Ort dauernd über Darabos. Ich fasste dann mein damaliges Wissen (auch, dass Kammerhofer Entacher abberufen hatte oder der SPÖ-Schwenk zum „Profiheer“ aufs Konto der USA geht) in einen offenen Brief an die Parteibasis. Dabei ging es mir vor allem darum begreiflich zu machen, dass Genosse Darabos nicht freiwillig keinen Kontakt hält, sondern quasi in Geiselhaft ist.

Krone“ am 31. Mai 2018

Ich wurde dafür wieder einmal von einem BVT-Zuträger verleumdet, der auch z.B. dann eingesetzt wurde, als das BZÖ eine Anfrage wegen der Zustände machte. Damals gab es auch nicht beachtete Anzeigen gegen Kammerhofer et al., die Justizministerin Beatrix Karl ebenso ignorierte wie nach ihr Wolfgang Brandstetter. Dabei erhält der Verteidigungsminister die Verfügungsgewalt über das Bundesheer von der gesamten Bundesregierung übertragen, die offenbar ausblendete, dass er an der Ausübung seiner Amtsgewalt gehindert wird. Die „Krone“ unterstellt Darabos übrigens aktuell zu lügen und verwendet dazu das manipulative Video des „Falter“. Sieht man sich die Bildkombination oben an, kann man fast an eine unterschwellige Drohung denken (pass auf, was du sagst und tust, sonst endest du auch so). Das ist nicht ganz so abwegig, denn wie man hier ab Minute 6 sehen kann, wurde Darabos via „Krone“ bedrängt, doch von der Wehrpflicht abzurücken. Es ist ein Ausschnitt aus einer nicht mehr fortgesetzten Videoreihe von Claus Pandi, der Darabos nach einem Ministerrat im Herbst 2010 live dazu überreden wollte, für ein Berufsheer einzutreten und sich dabei zudem sehr unhöflich verhielt.

Dieser gesicherte Tweet zeigt, dass Pandi am 24. Jänner 2011 Entachers Abberufung vorwegnahm, die Darabos keineswegs selbst im Sinn hatte, wie Äußerungen am Rande einer Sport-Pressekonferenz belegten. Apropos Sport: Anfang 2009 erhielt Darabos durch eine Änderung des Bundesministeriengesetzes die Kompetenzen für Sport hinzu und wollte einen Tag pro Woche im Haus des Sports verbringen. Tatsächlich wurde er jedoch, da als Verteidigungsminister Kammerhofer und seinen Herren im Weg, ins Haus des Sports abgeschoben, wie bereits 2009 in einem U-Ausschuss zur Sprache kam.  Da ging es nämlich auch um einen Einbruch dort und darum. dass – 2008 im BMLV – eine Wanze am Apparat von „seinem“ Pressesprecher Answer Lang gefunden wurde. Es fragt sich eher, wer u.a. als Wanze unterwegs war, zumal Lang (der hier im „Report“ zum „Fall Entacher“ zu Wort kommt) mich bald verleumdete und bedrohte, weil ich Darabos‘ Abschottung nicht hinnnehmen wollte. Was wird nun aber der Bericht des jetzigen Verteidigungsministers Mario Kunasek puncto Golan zutage fördern? Wird berücksichtigt werden, dass im Ministerbüro vollkommen irreale Verhältnisse herrschten?

PS: Am 2. Mai 2018 postete Florian Klenk stolz auf Twitter, was ihm sein „Whistleblower“ wieder geschickt hat; er löschte es dann bald, aber man sieht hier an der gesicherten Faksimile, dass es darum ging, Darabos anzuschwärzen. Die „Kronen Zeitung“ wurde als eine Art Ableger des ÖGB oder besser von AFL-CIA gegründet, wie man diesem historischen Abriss entnehmen kann. Was Nachrichtenagenturen betrifft, verweise ich gerne auf ein Interview mit den Ex-ARD-Mitarbeitern Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer, die durch zahlreiche Programmbeschwerden u.a. wegen Syrien bekannt wurden.

PPS: Am 5. Juni wurde der Bericht präsentiert, aber man vertuscht weiter die Zustände damals im Ressort.

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