Liste Pilz: Ja, es geht!

Die Liste Pilz kündigte vor einigen Tagen vollmundig an, dass man ein Reformpaket präsentiere, es nicht nur darum geht, wer für den Gründer Peter Pilz Platz macht, sondern auch schon um die EU-Wahl 2019. Es erwies sich als schwierig, eine/n von acht dazu zu bewegen, doch das Feld für Pilz zu räumen, sodass Martha Bißmann, die für Pilz nachgerückt war, ein Angebot gemacht wurde. Doch dann entschloß sie sich, doch lieber „ihrer Berufung“ zu folgen und im Parlament zu bleiben. Damit konnten die Abgeordneten Wolfgang Zinggl und Bruno Rossmann am 31. Mai 2018 auch nur bekanntgeben, dass sie in Zukunft die Klubführung bilden. Da Klubobmann Peter Kolba mit diesem Datum zurücklegt und ein führerloser Klub vom Parlament nicht als solcher anerkannt wird, war hier also Not am Mann. Es hatte schon etwas ganz Eigenes, ältere Männer davon reden zu hören, dass die Liste Pilz eine Partei der jungen Frauen sei. Deren Abwesenheit erklärte mann damit, dass zwei Junge, Daniela Holzinger und Alma Zadic in den U-Ausschüssen zu Eurofighter und BVT sitzen werden. Doch dabei orientierten sie sich bislang vollkommen an Peter Pilz, dessen Aufdeckernimbus immer mehr in sich zusammenbricht. 

Die Altherrenpartie erklärte auch, wie sie in der Opposition stärker präsent sein will, nämlich mit sozialen Fragen, die seit vielen Jahren von ihrem Alltag weit entfernt sind. Am Feiertag bekam die versammelte Presse kein „Reformpaket“ mit Think Tank, kritischer Webseite, EU-Kandidatur und wiedergekehrtem Pilz serviert, sondern den Entschluß, es Pilz und die abgetauchte Bißmann selbst regeln zu lassen. Die beiden neuen Klubobmänner hatten zwar schon tagelang keinen Kontakt mehr mit ihrer Kollegin, setzen aber dennoch auf das persönliche Gespräch. Bißmann selbst redet im Moment nicht mit ihnen, hat aber nach der Pressekonferenz gegenüber der APA Stellung genommen.  Wie und wann Pilz wieder mit von der Partie ist, können die Männer nicht sagen, die ihm vor einem Jahr von den Grünen gefolgt sind.  Durchwachsen sind dann auch die Kommentare: „Mit & übernimmt quasi die Junge Liste Pilz. Die wird damit nicht nur jünger, sondern auch weiblicher. Oder so. “ Für Spott ist auch gesorgt: „‚Wir haben Frauen mit Potential, die wir aufbauen wollen‘ So klingt das, wenn zwei alte weisse Männer die Führung bei übernehmen “ Und da Kolba gerne andere User blockiert, meint eine Userin: „Im Radio grad: ‚Das kündigte Kolba kürzlich über Twitter an‘. Die Nachrichtensprecherin sollte hinzufügen: ‚Kolba ereichte mit seinem Tweet allerdings nur 7 Personen‘.“  Der Noch-Abgeordnete reagierte beleidigt auf die neuen Entwicklungen oder die Pressekonferenz oder was auch immer.

Rossmann und Zinggl

Da die Liste Pilz auf Fotos immer nach alten Herren mit jungen Damen aussah, ist nachvollziehbar, dass weiblich gleich jung und formbar, also „mit Potenzial“ bedeuten muss. Frauen, die schon etwas mehr Erfahrung haben, lassen sich von Männern wahrscheinlich nicht mehr die Welt erklären. Doch davon leben auch die Liste Pilz-Frauen,. wie man an Bißmanns Ansage erkennen kann, „dass der Klub über vier junge Frauen verfügt, die Visionen haben“. Hingegen sind die älteren Männer in der Fraktion eh schon fast pensionsreif und werden nicht mehr kandidieren. „Liste Pilz: Wütender Abgang und neue Klubobmänner“ als Schlagzeile zeigt jedenfalls, dass sich noch alles um Männer dreht – der scheidende Klubobmann will gleich überhaupt das Handtuch werfen, kaum dass er gleich zwei Nachfolger erhalten hat. Das gilt auch, wenn die Karten jetzt neu gemischt sind: „Klubobmann legt Funktion nieder – Männerduo rückt als Klubobmann nach – mittlerweile ehemaliger Klubobmann legt Mandat nieder – Listengründer rückt dementsprechend nach – Listengründer wird vermutlich auch neuer Klubobmann Ganz normale Woche bei der .“ Anna Thalhammer von der „Presse“ sagt hier bei Puls 4, dass sie offenbar aus dem engsten Kreis der Liste Pilz am 24. Mai einen Link zugesandt bekam, wo sie jene Punktuation ansehen konnte, die am 28. Mai öffentlich bekannt wurde. Es handelte sich um ein Angebot an Bißmann für ihren Mandatsverzicht zugunsten von Pilz, von der sie dem sie dann nichts mehr wissen wollte.

Insbesondere Kolba fühlte sich von Bißmann getäuscht und will mit ihr nichts mehr zu tun haben, doch er verteidigte Pilz auch sofort vehement gegen Vorwürfe sexueller Belästigung. Es sieht natürlich nach Intrige aus, aber vielleicht sollte der Deal platzen, um auf anderem Weg die Weichen für Pilz zu stellen. Oder aber der „Aufdecker“ hat nur mehr wenig in der Hand, da er sich in den letzten Monaten nur kurz und nebulos zur BVT-Affäre äußerte. Die Eurofighter ließ er gleich links liegen, nicht ohne zu deponieren, dass ihm ein neuerlicher U-Ausschuss jetzt gar nicht passt. In der Golan-Affäre ist kein Pieps von ihm zu hören und er hat auch zur Amtsführung von Verteidigungsminister Mario Kunasek nichts zu sagen. Zugleich aber spricht er davon, dass er in zwei U-Ausschüsse gehen wird, was die „jungen Frauen mit Potenzial“ natürlich wieder beiseite wischt. Pilz lavierte sich in der Aufdeckerpose durch als angeblicher Experte für Sicherheitspolitik sowohl im Bereich Inneres als auch in der Verteidigung. Es kann nicht ernsthaft argumentiert werden, dass er zu beidem nur deshalb schweigt, weil er derzeit nicht immun ist, denn Minister (die er auch gerne beschuldigt und anzeigt) müssen ohne den Schutz parlamentarischer Immunität durchkommen. Man kann nicht nur auf Abgeordnete verweisen, die sachlich bleiben, sondern auch auf Journalisten, die Dinge thematisieren müssen, ohne dass sie sich sofort Klagen einhandeln.

Marco Schreuder (Grüne) auf Twitter

Kolba warf Bißmann vor, dass sie Dokumente nach außen durchsickern lasse; wenn man versuchte, mit ihm ernsthaft über die Person Pilz zu reden, blockte er sofort ab. Dabei war er selbst einmal in der Friedensbewegung, müsste also verstehen, was es bedeutet, wenn eine pazifistische Partei wie die Grünen via Pilz zum Unterstützer von US-Militärinterventionen umfunktioniert wird. Sein Abgang hat etwas von einem trotzigen Kind, zumal er den Eindruck von Postenschacher erst recht verstärkt: „Bei einem Verzicht Kolbas wird dessen Landesmandat aus Niederösterreich frei, Anspruch auf dessen Mandat hätte Maria Stern, die bei der Nationalratswahl den Sprung ins Hohe Haus nicht geschafft hatte. Um Pilz dennoch den Weg in den Nationalrat zu ermöglichen, müsste es zu einigen Rochaden kommen: Stern müsste auf das ihr zustehende Mandat verzichten – und Alfred Noll, der bereits über die Bundesliste im Nationalrat sitzt, auf deren Mandat nachrücken. Pilz wiederum könnte dann über das freiwerdende Bundeslisten-Mandat in den Nationalrat einziehen.“ Das kann allerdings egal sein, damit Pilz ein letztes Mal versucht, eine False Flag als Aufdecker abzuziehen. Doch dass Stern aus der Frauenszene kommt und am Frauenvolksbegehren mitwirkte, bis sie als Frauensprecherin der Liste Pilz zu arbeiten begann, macht die Altherrenoptik nicht besser.

Da Kolba wie erwähnt viele in den sozialen Medien blockiert, ist diese Erklärung hilfreich: „Auslöser für Kolbas Entschluss könnten innerparteiliche Querelen gewesen sein. Auf Twitter verwies er auf einen Artikel der Kleinen Zeitung, in dem von einem längere Zeit schwelenden Konflikt innerhalb der Liste Pilz berichtet wird, Kolba sei angeblich der zu schleppende Aufbau von Partei und Parteiakademie sowie mangelnde Kommunikation angelastet worden.“ Es passt zum Bild einer Nicht-Partei mit acht Abgeordneten, dass sich die neue Klubführung davon eiskalt erwischt fühlt. Ironischerweise sollte Pilz in den Grünen eine Entwicklung weg von einer Parteibasis mit Einflussmöglichkeiten zu einem abgehobenen Quereinsteigerverein forcieren, für den Leute rennen dürfen, die dann nichts mitzureden haben. Aus der Sicht des Klubs mag es begreiflich sein, dass der Gründer unbedingt zurückkehren muss, doch er wird nicht mehr andere vor sich hertreiben, auch weil diesmal die Medien nicht mitspielen. Es wird u.a. bei den U-Ausschüssen nicht um seine Vermutungen und Anschuldigungen, sondern um seine Agenda gehen und darum, wen er bewusst eintunkte, statt wirklich etwas aufzudecken. Eines an brisanter politischer Materie wird die Strafverfolgungsbehörden in Zugzwang bringen und zugleich die Frage nach der Rolle von Pilz aufwerfen.

Peter Kolba zu den U-Ausschüssen

Erinnern wir uns:  vor einem Jahr fanden die ersten Befragungen im 2. Eurofighter-Ausschuss statt, wie üblich sollte Pilz die Richtung vorgeben. Nach der drehbuchgemäßen Anzeige gegen Darabos wurde Pilz vom grünen Bundeskongress nicht an die gewünschte Stelle gewählt und kündigte mit viel Medienunterstützung an, dass er selbst kandidieren wird, denn „Ja, es geht!“. Mitstreiter waren ebenso gefunden wie ein erster Financier, der langjährige Pilz-Freund Anwalt Alfred Noll. Die Grünen unterschätzten das Projekt immer und waren allen Ernstes bereit, den U-Ausschuss noch mit Pilz gemeinsam zu beenden, auch zusammen einen Bericht zu verfassen. Hier wurde ein Narrativ geschaffen, der Hintergründe zudeckte und einen unter Druck gesetzten Ex-Minister ins Visier nahm. Als die Grünen scheitertern und die Liste Pilz knapp ins Parlament kam, dauerte es nicht lange und Vorwürfe sexueller Belästigung wurden thematisiert. Diese waren keineswegs neu, sodass sich fragt, warum erst so spät; jedenfalls suchte Pilz sein Heil in der Flucht, im Abtauchen, im Rücktritt. Nach ein paar Monaten war er medial wieder kurzfristig präsent, bei einer Pressekonferenz zur BVT-Affäre, die er der Abgeordneten Alma Zadic aus der Hand nahm und einem Interview mit seinem Freund Wolfgang Fellner (dem später ein fast identisches folgte).

Hinter den Kulissen war Pilz durchaus aktiv, etwa als er SPÖ-Chef Christian Kern hinsichtlich des BVT-U-Ausschusses beraten hat. Es entstand zudem der Eindruck, dass Pilz für die Aufdeckerrolle alles zu tun bereit ist, notfalls auch den jungen Frauen, denen die Zukunft gehört, zuarbeiten statt selbst die Fragen auf der Bühne zu stellen. Man(n) schwelgte in Vorstellungen, die schon deswegen absurd sind, weil Pilz noch nie auf Augenhöhe mit Frauen umgehen konnte und vor echter weiblicher Kompetenz Angst hat. Pilz braucht Publikum, das ihm seinen Part abnimmt und Bewunderer, die lieber nicht zuviel nachdenken. Er hätte mit seiner Liste eine ähnliche Arbeitsteilung wie mit den gesäuberten Grünen praktizieren können: er als einsamer „Star“, waren die anderen weniger bedeutsam agieren, dafür aber auch auf Teamwork setzen können. Als die Staatsanwaltschaft Innsbruck ihre Ermittlungen einstellte und am gleichen Tag, dem 22. Mai 2018 auch die Suspendierung des mit Pilz verbundenen BVT- Chefs Peter Gridling aufgehoben wurde, hätte alles kein Problem mehr sein dürfen. Doch dann stellte sich heraus, dass Pilz eben noch nicht nur mit dem Finger zu schnippen braucht und schon kann er wieder ins Parlament, was zeigt, dass er selbst in seiner Partei keine Autorität mehr hat..

6 Kommentare zu „Liste Pilz: Ja, es geht!

  1. Ich wünsche mir,dass die Stern ihre politische Mission entdeckt und NICHT verzichtet
    Dann hätten wir nur mehr das Raucherproblem in der Hofburg.

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  2. Aber jetzt kommen die guten Medienkontakte zum tragen.
    Soeben wurde Bißmann von Milborn in die Zange genommen.Dabei wurde gekonnt unterschlagen,was zB die beiden alten Herren von der Führungsspitze für unverschämte Gehaltsforderungen stellten und Peter Pilz ohne Tätigkeit inzwischen für ein Gehalt bezogen (gut,da kann man sich ausreden,das waren Parteispenden)
    Anschließend kommt sie in die ZIB 2 – wie das ablaufen wird,kann ich mir vorstellen.
    Die Liste ist zwar tot – aber keiner von denen geht solange man noch massig cashen kann.

    Die Bismann hat fertig,die wird öffentlich hingerichtet.

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