Wann schliesst die SPÖ Gusenbauer aus?

Alfred Gusenbauer schmückte sich bis vor kurzem gerne mit seinem Einfluss auf Rene Benko und die Signa Holding. Aus der SPÖ werden bislang nur „kleine Leute“ ausgeschlossen, denen man ihr inhaltliches Engagement vorwirft. Möglicherweise gab die SPÖ auch deshalb vor, Gusenbauer spiele eh keine Rolle bei Benko und es wäre bloss eine Affäre im Umfeld der ÖVP. Dabei hätte man bloss Gusenbauers eigene Aussagen lesen müssen, die ich hier zitiere, und seine Funktionen zur Kenntnis genommen; es wird auch von zehn Minuten-Sitzungen von Benko und Gusenbauer im Chalet N in Lech berichtet. Es gilt, was die Wiener Grünen zu Recht in einer Dringlichen Anfrage zum Skandal um Widmungen und Kleingartengrundstücke feststellen: Dass die SPÖ nicht irgendwie „intern“ regeln kann, was öffentliches Interesse berührt und mit öffentlicher Verwaltung zu tun hat. Diese Haltung trägt den Keim eines Missbrauch bereits in sich, der oft riesige Blüten getrieben hat.

Benko von Gusenbauer her anpacken (mit dem sich der nächste Teil der Benko-Serie von „News“ befassen wird) bedeutet, sich den Werdegang und das Wirken des Ex-Kanzlers anzusehen. Man müsste schon sehr naiv sein anzunehmen, Gusenbauer habe nichts von Benkos Geschäftspraktiken gewusst, bei denen Verschleiern und Immobilien aufwerten ganz oben standen. Von „Wuchermieten“ und „Knebelverträgen“ ist beim KaDeWe die Rede, nach dessen Vorbild Benko in Wien das Kaufhaus Lamarr errichtet. Als Aufsichtsratschef von Signa-Gesellschaften bereitete er wöchentlich in eigenen Ausschüssen AR-Sitzungen vor, wie er 2021 dem „trend“ mitteilte. Man kann das Interview von der Webseite des Aufsichtsratstags herunterzuladen; er sagte auch, dass er zwei Drittel seiner Zeit bei Strabag und Signa verbringt, wobei es bei Signa intensiver sei. Zwar soll Benko bei Signa jetzt besonders präsent sein (siehe z.B. „Handelsblatt“ vom 21. November), doch er hat keine offizielle Funktion; es gab nur Aufsichtsräte einzelner Gesellschaften und einen Beirat, doch man kann einen kaum greifbaren Konzern kaum konsolidieren, sodass die „Neue Zürcher Zeitung“ von „institutionalisierter Verantwortungslosigkeit“ spricht. Es ist inzwischen auch von Firmengründungen in Luxemburg die Rede, um eine Parallelstruktur zu Signa aufzuziehen, also weiter zu verschleiern.

Gusenbauer 2021 im „trend“

Mit der Schweiz hat dies einiges zu tun nicht nur wegen Globus, da Benko 600 Millionen € Kredit von der Privatbank Julius Bär bekommen hat. Diese wird nun wegen Benko von der Schweizer Finanzmarktaufsicht überwacht und muss sich fragen lassen, wie sie es mit so grossen Kreditvolumina hält, zumal bekannt ist, dass Signa jetzt wieder dringend genau diese Summe an „frischem Kapital“ benötigt. Es ist kein Zufall, dass Julius Bär auch als Oligarchenbank gilt und Benkos ehemaliger Teilhaber George Economou Oligarchen hilft, Sanktionen via Zypern zu umgehen. Signa verstösst mit voller Absicht gegen die gesetzliche Konsolidierungspflicht und Manager nehmen bewusst Strafen in Kauf, indem sie Transparenzvorschriften verletzen. Es soll unbedingt vermieden werden, dass Außenstehende wissen, wie es wirklich um Signa steht und auch, was der wahre Wert von Immobilien ist. Zu zwei Drittel ist Signa bei österreichischen Banken verschuldet, am meisten bei Raiffeisen, was die EZB auf den Plan rief, weil Raiffeisen systemrelevant ist. Freilich sind zwei Drittel dieser Gelder über Immobilien besichert; es ist ausserdem bekannt, dass Benko von der Sberbank Europe Kredit erhielt, die EZB-Vorschriften über Grosskredite verletzte. In Wien residiert Signa im Palais Harrach schräg gegenüber von Verfassungsgerichtshof und Bank Austria Kunstforum, die sich in einem Signa-Gebäude befinden. Auf der anderen Seite ist direkt gegenüber die Herrengasse 19, als Hotel Klomser zur Berühmtheit gelangt, weil sich dort der überführte russische Spion im k.u.k.-Nachrichtendienst Alfred Redl 1913 erschossen hat. Der „Standard“ hatte einige Jahre seine Redaktion in diesem Haus und befasste sich daher auch mit Redl. Man ist heute geteilter Ansicht, wie wichtig Redl am Vorabend des Ersten Weltkriegs tatsächlich war. Zuerst sollte alles vertuscht werden, sodass vieles erst nach langer Zeit in Archiven eingesehen werden konnte; Redl war nur einer von mehreren Offizieren, die für Russland arbeiteten, wobei andere nicht erwischt wurden. Auf jeden Fall zeigt die Auseinandersetzung damit, dass vielfach Unfähigkeit und Dünkel regierten, sodass bis auf Ausnahmen wie Lelio Graf Spannocchi, der 1909 Redl beinahe enttarnte, eher den Gattinnen von Heeresangehörigen etwas an Redl seltsam vorkam als Offizieren wie Theodor Körner.

Herrengasse 19 vom Palais Harrach aus

Es reichte nicht einmal dazu, sich zu wundern, wie er als Sohn eines simplen Eisenbahnangestellten verschwenderisch vom nicht gerade üppigen Armeesold leben konnte. Mit Benko hat das indirekt einiges zu tun, denn das Kriegsministerium samt Evidenzbureau, wie man den Nachrichtendienst nannte, war Am Hof 2 beheimatet und zog 1911 in ein neues Gebäude am Stubenring. Das alte Haus wurde 1912 zugunsten eines Neubaus der Niederösterreichischen Escompte-Gesellschaft abgerissen, das später die Länderbank beherbergte und heute Rene Benkos Park Hyatt Hotel ist. Gegenüber vom Hofkriegsratsgebäude sieht man auf alten Plänen die Credit-Bank. In der Gegenwart hiess es dann Creditanstalt, schliesslich BA-CA und nun UniCredit Bank Austria mit CEO Robert Zadrazil, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Kontrollbank ist. Es gab früher auch noch zwei Landwehrministerien, eines für Österreich, eines für Ungarn; das bei und hiess auch Ministerium für Landesverteidigung mit Sitz in der Babenbergerstrasse; die Marine nutzte ein privates Gebäude in Währing. Die Bezeichnung Evidenzbüro stammt von „in Evidenz halten“ und wird auch von Oberstem Gerichtshof, Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof verwendet.

Links Verfassungsgericht, rechts Palais Harrach

Heute ist man beim Heer nicht mehr auf Zack als vor 110 Jahren; dafür werden jetzt „Analysten“ und „Experten“ medial herumgereicht, die Kriege ohne unsere Beteiligung kommentieren. Charakterlich entsprechen sie jenen, die damals Soldaten in den Tod schickten, nur dass es jetzt die Soldaten anderer Nationen sind. Die k.u.k.-Armee hätte modernisiert werden müssen auch hinsichtlich ihrer Ausstattung; dies kann man selbst dann feststellen; wenn man im 21. Jahrhundert für Frieden ist, es aber ungeheuer tragisch findet, wie die Donaumonarchie endete. Auch heute wird nach Aufrüstung gerufen, während man zugleich nichts von Subversion, Infiltration und Spionage wissen will, die jedes Bestreben zur Luftnummer machen. Im Fernsehen ist z.B. Oberst Markus Reisner präsent, ob es um die Ukraine geht oder um Israel. Er besuchte jedoch (ahnungslos? unbedarft? naiv?), wie dem „Kurier“ am 19. November zu entnehmen war, eine Buchpräsentation mit Wolfgang Schüssel. Der Ex-Kanzler ist mit Wladimir Putin, dem russischen Staatsoligarchen Oleg Deripaska und dessen Ex-Schwiegervater und Putin-Berater Walentin Jumaschew verbunden. Schüssel war zuerst Aufsichtsrat beim russischen Mobilfunkanbieter MTS und dann beim Ölkonzern Lukoil; er verliess Lukoil nach dem russischen Angriff auf die Ukraine höchst ungern nach längerem Zögern. Man müsste sich die Regierungen Schüssel neu ansehen unter dem Aspekt verdeckter russischer Einflussnahme, was ich längst getan habe, aber die schwachen Nachfolger des Evidenzbüros in der Gegenwart wohl überfordert. Wieder kann Bezug zu Benko hergestellt werden, denn Signa-Geschäftsführer Christoph Stadlhuber war Kabinettschef von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein. Ab November 2002 leitete er die Bundesimmobiliengesellschaft, die dann Deals mit Benko machte, zu dem er schliesslich wechselte. Bartenstein erhielt 2002 von Putin den russischen Orden der Freundschaft und ist mit Angela Merkel befreundet, deren Agieren über die Jahre auch höchst interessant ist. 2005 wurde für Bundesheerliegenschaften die SIVBEG geschaffen mit Stefan Weninger an der Spitze, der von der BIG kam; daraus wurden dann auch Compliance-Probleme für die SPÖ.

Die SPÖ auf Social Media

Denn die SPÖ übernahm 2007 das Verteidigungsministerium, wobei der neue Kabinettschef Stefan Kammerhofer auch Aufsichtsratschef der SIVBEG wurde. Der neue Minister Norbert Darabos wurde von Anfang an via Kammerhofer abgeschottet, was er erduldete und auf Überwachung und Druck hinweist. Da die Nachrichtendienste des Heeres nicht eingriffen, ist davon auszugehen, dass sie mit einem fremden Staat gegen Österreich kooperieren; freilich verstehen dies durchschnittliche Soldaten nicht. Über Gusenbauer gibt auch die Zeit Auskunft, nachdem er im Dezember 2008 das Kanzleramt verlassen hat und sein Sprecher Robert Leingruber zu Signa ging, wo er seitdem ist. Die Anbindung an das Netzwerk des Kreml wird bei Gusenbauer immer wieder deutlich, sodass es auch erklärt, wie Darabos in so eine bedrängte Lage kam. Vor dem SPÖ Parteitag gab es Aufregung darüber, dass Hans Peter Doskozil einen sicheren Platz auf der EU-Kandidatenliste „für“ Darabos forderte. Darabos verhielt sich überhaupt nicht so, wie jemand agieren würde, der in seinem Tun frei ist und für such werben oder etwas anderes anstreben kann. Andreas Babler wurde für das „profil“ vom 20. November in seinem Büro interviewt, in dem die Fotos seiner Vorgänger inklusive Gusenbauer an der Wand hängen. Von der Freyung und der Herrengasse geht man die Teinfaltstrasse bis zur Löwelstrasse, zu linker Hand ist die SPÖ-Zentrale, zu rechter hatte die Gazprom ihr Büro und bis vor ein paar Jahren waren auch der Oligarchenanwalt Leo Specht und sein Geschäftspartner Gusenbauer in diesem Gebäude anzutreffen, in dem man die TMF Group und Ifes findet.

Gusenbauer beim Aufsichtsratstag 2021

„profil“ und „trend“ gehören zum „Kurier“ und damit zu Raiffeisen und Benko, Detail am Rande. Man wählte als Überschrift für das Interview: „Babler an Gusenbauer: ‚Moralisch nicht in Ordnung'“, was mit Absicht nach weit mehr klingt als es ist. Man fragt Babler eingangs kurz nach Gusenbauer und Benko und legt ihn auch in den Mund, dass Gusenbauer nicht mit „unsere Leute“ gemeint ist. Von tatsächlich übernommener Verantwortung kann keine Rede sein, weil auch nicht thematisiert wird, dass Gusenbauer für Autokraten lobbyiert und seine Rolle beim Eurofighter-Vergleich auf Kosten von Darabos verschleiert wurde. Die SPÖ will allenfalls zugeben, dass Gusenbauer halt diverse Aufsichtsratsfunktionen hat, was aber eher dekorativ sein soll. Dass er vielleicht schon als Kanzler für Putin arbeitete, will die SPÖ nicht wahrhaben; es wirft auch die Frage auf, was mit Hans Peter Haselsteiner ist, der Gusenbauer und Benko eng verbunden ist. Man sieht bei den Festspielen in Erl, deren Sponsoring der „Standard“ am 21. November erörterte, wie alles zusammenhängt. Auch da kommen Haselsteiner, Raiffeisen und Benko zusammen; als vor ein paar Jahren der übergriffige und ausbeuterische Intendant „Maestro“ Gustav Kuhn geoutet wurde, hielt ihm Gusenbauer die Stange und Haselsteiner und Kuhn klagten gegen Berichte.

Jeder finanzielle Beitrag zu meinen aufwändigen Recherchen ist herzlich willkommen: Alexandra Bader, Erste Bank, AT 592011100032875894 BIC GIBAATWWXXX

















Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..