Wann trennt sich die Babler-SPÖ von Gusenbauer?

Es ist vielleicht ein wenig unfair, Andi Babler gleich zu fragen, wie er es mit Alfred Gusenbauer hält. Andererseits sind die Erwartungen in ihn gross und er ist sich auch dessen bewusst, dass Gusenbauer ein Problem für die SPÖ darstellt. Die Gelegenheit ist jetzt passend, auch wegen Rene Benko, als dessen rechte Hand er sich gerne verkaufte. Anhand seiner Verbindung zu Benko kann man ein umfangreiches Netzwerk offenbaren, dass vielen in der SPÖ nicht im Detail geläufig ist. Babler wurde gerade zu seinen Aussagen zum Bundesheer befragt und stellt dabei auch klar, dass er Wladimir Putins Angriffskrieg ablehnt. So betrachtet muss er auch dafür sorgen, dass sich die SPÖ von Gusenbauer trennt, zu dessen Kreml-Connections im Folgenden noch mehr kommt.

Babler kann einiges direkt umsetzen, weil er als Bundesrat dem Klub aus roten National- und Bundesräten und EU-Abgeordneten angehört und Klubobmann wird. Er kann Anträge einbringen und Anfragen stellen bzw. dies auch anderen überlassen und sich positionieren, was Genossen betrifft, die mit Werten und der Würde und den Rechten anderer Menschen nicht viel am Hut haben. Von wegen Bundesrat nennt die „Presse“ (für die Gusenbauers Freund Rainer Nowak wieder schreibt) tatsächlich Gusenbauer Bablers Vorbild, da er diesem Gremium auch einmal angehörte. Zu Gusenbauers Karriere gibt es aus heutiger Sicht einiges auch unter Verwendung einer Biografie zu sagen.

Gusenbauer, Putin am 23.5.2007 (c Kreml-Seite)

Bei Bablers Unterstützern fällt Sebastian Reinfeldt auf, der für die Liste Pilz tätig war und den Semiosis-Blog betreibt; er setzte sich zuerst für Niko Kowall als Kandidaten für den SPÖ-Vorsitz und dann für Babler ein, als Kowall zurückzog. Peter Pilz hatte schon beim „Extrablatt“ Bezug zu Stasi und GRU, noch ehe es die Grünen gab; 2016 verbündete er sich mit Hans Peter Doskozil gegen Airbus und gegen Norbert Darabos. Reinfeldt und Nicola Werdenigg (ebenfalls früher Pilz und jetzt pro Babler) protestierten kürzlich mit anderen gegen einen zu Putin-freundlichen Peace Summit in Wien. Dieser konnte dann nicht mehr beim ÖGB stattfinden, was Peter F. Mayer und Thomas Oysmüller bei tkp.at kritisierten, die ebenfalls von Pilz kommen und Doskozil-Fans sind. Man kann dies dialektisch verstehen als These – Antithese – Synthese, und bei Reinfeldts Artikeln über Gusenbauer fragen, ob es bloss heisst „hier ist nicht viel zu sehen“, weil es nicht ganz nichts sein kann.

Im Zuge der Silberstein-Affäre 2017 wurde auch darüber diskutiert, dass Gusenbauer mit Beny Steinmetz, der auch mit Benko Geschäfte machte, an einem für die Umwelt fatalen Minen-Projekt in Rumänien beteiligt war (und der mit Gusenbauer befreundete Unternehmer Gerald Schweighofer holzt dort Urwälder ab). Darauf geht Reinfeldt ein und bringt das Verhalten des damaligen Kanzlers Christian Kern damit in Verbindung. Aufgrund eines rumänischen Haftbefehls wurden Tal Silberstein und Beny Steinmetz in Israel festgenommen und später in Rumänien in Abwesenheit zu fünf Jahren Haft wegen Organisierter Kriminalität verurteilt. Dass Gusenbauer, Steinmetz und Silberstein beim Glücksspiel in Österreich mitmischen wollten, muss gerade Bablers Fanbase bei der Sektion Acht der Wiener SPÖ mit Abscheu erfüllen.

Semiosis über Gusenbauer und Jakunin

Reinfeldt befasste sich mit Gusenbauer und Wladimir Jakunin, der mit Putin beim KGB war und bis 2015 an der Spitze der russischen Staatsbahnen stand, die mit den ÖBB Geschäfte machen. Noch als Bundeskanzler wurde Gusenbauer im November 2008 von Jakunin ausgezeichnet; zufällig dann, als man vorgab, Putin-Berater Walentin Jumaschew und seine Familie wurden im Burgenland wohnen, um sie dann einzubürgern. Jakunins Sohn Andrei berät Putin und wurde in Norwegen festgenommen, weil er verbotener Weise eine Drohne bei Svalbard steigen liess. Dass Norwegen gegen Spionage vorgeht und auf seine Sicherheit bedacht ist, mag zum über Seymour Hersh und andere verbreiteten Nordstream-Narrativ beitragen haben.

Reinfeldt beschreibt Connections etwa via Österreichisch-Russische Freundschaftsgesellschaft, versucht jedoch nicht, Muster verdeckten Agierens zu erkennen. 2018 war auch Gusenbauers Lobbying für die Ukraine des Putin-Mannes Viktor Janukowitsch Thema und Reinfeldt bezeichnete den Ex-Kanzler als Totengräber der SPÖ mit Fragezeichen. Beim verlegten Peace Summit sprach der Ökonom Jeffrey Sachs per Video, der die Story vom Putsch in der Ukraine brachte, was wie das Wirken von Daniele Ganser Zusammenhänge auch rund um Gusenbauer verschleiert. Gusenbauer „berät“ auch Aserbaidschan, weiters Usbekistan, seit 2013 Serbien (siehe auch Recherchen von Domagoj Margetic zu Gusenbauer, Schlaff und Geldwäsche) und sein Lobbying für Kasachstan machte erst recht Schlagzeilen.

Gusenbauer-Hagiografie von 2000


Stets war seine Ausrede, dass er angeblich bei „Demokratisierung“ helfen wollte, wobei er von Regimen fürstlich bezahlt wurde. Wie bei der Connection zu Jakunin (über diese Schiene wurde übrigens Christian Kern Aufsichtsrat der russischen Staatsbahnen) geht es in Wahrheit um Bestrebungen einer Restauration der alten sowjetischen Macht. Ich nannte Gusenbauer 2021 einen Totengräber der SPÖ ohne Fragezeichen, als ihm Pamela Rendi-Wagner auf Vorschlag von Franz Schnabl mit Laudatio von Heinz Fischer die Viktor Adler-Plakette für besondere Verdienste um die Sozialdemokratie überreichte. Mit Fischer, Gusenbauer, Werner Faymann und Hans Niessl waren alle Politiker anwesend, für die Darabos einst erfolgreich wahlkämpfte und die ihm verraten haben. Auch Gusenbauers sonstige Geschäfte, die ich 2017 mit dem Adjektiv „seltsam“ versehen hatte, verdienen die Aufmerksamkeit von Babler und seinen Anhängern. Das reicht vom Aufsichtsratsvorsitz bei der Strabag über den früheren AR-Sitz bei RHI (dank Martin Schlaff) bis zu Cudos Capital, seinen Verbindungen zu den Oligarchenanwälten Leo Specht und Gabriel Lansky, zu Gerald Gerstbauer und Kristina Sprenger, zu Haselsteiner und zu Benko. Wenn man weiter geht als Reinfeldt und analysiert, sind Gusenbauers Ukraine-Lobbying-Partner interessant und auch, ob sich unter all den Firmen und Konzernen um ihn russische Fronts befinden.

Gusenbauer muss allein schon wegen seines zynischen menschenverachtenden Umgangs mit Norbert Darabos hochkant aus der SPÖ fliegen. Auf der Webseite airpower.at finden wir unter Pressemeldungen – 2006 – X am 24. Oktober 2006 die erste nennenswerte Erwähnung des späteren Verteidigungsministers im Kontext Eurofighter, denn er sollte darüber mit Günther Platter verhandeln. Tatsächlich hatte man bei EADS aufgrund von Berichten den Eindruck, Darabos könnte Minister werden; gesagt wurde es ihm zur Jahreswende 2006/7. Er soll gegenüber Freunden in der SPÖ Burgenland zu deren Bedenken gemeint haben, dass er es „ihnen versprochen“ habe. Weil Darabos abgeschottet, überwacht, unter Druck gesetzt wurde/wird, muss diese wie die Mafia agierende Nomenklatura in der SPÖ fremden Interessen gedient haben (und dienen). Man erinnert sich in der SPÖ an die hastig zusammengestellte Regierung und die Preisgabe wichtiger Ressorts. Gusenbauer sprach vom Verteidigungsministerium als „grossem Los“ für Darabos, dem immer nachhing, das er einst Zivildienst leistete. Man müsste das Bundesheer schon gewaltig überschätzen, wenn man erwartet, dass die Unterwanderung des Ministeriums erkannt und der Minister geschützt wird. Der via Rufmord-Presse verbreitete Schwachsinn, dass sich Darabos „als Zivi“ nicht für Heer interessiere und deswegen der von Gusenbauer kommende Kabinettschef Personen und Informationen von ihm fernhielt und illegal Minister spielte, war leider für viele glaubwürdig.

Gusenbauer und Fussi

Zum „grossen Los“ gehörte auch das Wahlversprechen, aus dem Eurofighter-Vertrag auszusteigen. Gusenbauer verfolgte dieses Ziel aber gar nicht wirklich, da sich Russland mit 5 % an EADS beteiligt hatte. Darabos beauftragte den Chef der Finanzprokuratur Wolfgang Peschorn mit Verhandlungen (und widerrief dies nie), der jedoch plötzlich via Kabinettschef rausgekickt wurde, damit zwei alte Bekannte, die Gusenbauer von seinem Freund Specht empfohlen wurden, Scheinverhandlungen führen konnten. Peter Pilz war damals Vorsitzender des ersten Eurofighter-U-Ausschusses, er enthielt dessen Mitgliedern Dokumente vor, bedrohte Zeugen und liess zu, dass Darabos via Kabinettschef kontrolliert wurde. Am 23. Mai 2007 besuchte Putin Wien und war auch bei Gusenbauer; für die Strabag brachte das Milliardendeals und Tags darauf war Peschorn nicht mehr bei den Verhandlungen mit Eurofighter an Bord. 2014 war Putin am 6.Juni in Wien, als Werner Faymann Kanzler war; danach wurde Strabag-AR-Mitglied und AR-Vorsitzender der Sberbank Europe Siegfried Wolf Chef der ÖIAG.

Auch 2017 kehrte Gusenbauer eiskalten Zynismus heraus, als er im zweiten Eurofighter-UA auf Darabos‘ Ministerverantwortung pochte, die dieser aber unter Druck von Gusenbauers russischen „Freunden“ nie wirklich ausüben konnte. In jenem UA und dessen Fortsetzung 2018/19 gab es jede Menge an nie von der Justiz verfolgten Falschaussagen. Medien hätten Darabos natürlich immer sachlich kritisieren können, wenn sie die Wahrheit über seine Situation berichtet und diese so grundlegend geändert hätten. So aber folgte der Verschleierung von Druck erst recht nichts anderes als Rufmord, und das „was wäre, wenn…“ dreht sich auch darum, dass es Gusenbauer und Pilz in der Politik nicht geben hätte dürfen, ebenso zur grossen Erleichterung vieler anderer.

SPÖ ehrt Gusenbauer (Facebook)

Die ständigen Angriffe Doskozils wären erspart geblieben, weil er unter anderen Umständen weder Minister noch Landeshauptmann geworden wäre. Babler will nun alles anders machen und spricht zur Freude seiner Anhänger:innen auch davon, dass sein ganzes Leben sehr von starken feministischen Frauen dominiert war. Frauen in der Partei meinen, dass sie nun ihren Feminismus selbstbewusster zum Ausdruck bringen können. Ich bin natürlich „keine Bittstellerin“, wenn ich meine, dass sich Feminismus nicht auf wichtige Themen wie Gleichberechtigung und gleichen Lohn beschränkt. Es kann auch feministisch sein, Doskozil heikle Fragen zu stellen oder Gusenbauers Netzwerk zu recherchieren, nachdem dieser ja Rendi-Wagner unterstützt hat.

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