Habeck und Co.: Frieden schaffen mit Waffen?

Gerade wird der grüne deutsche Vizekanzler Robert Habeck gelobt, weil er sich in einer Videobotschaft auf die Seite Israels stellte. Er habe die richtigen Worte gefunden anders als viele andere Politiker und sich so „staatsmännisch“ verhalten, wird da behauptet und man vergisst seine bisherige Performance. Er tut jedoch so, als seien allen garantierte Rechte wie jenes auf Freiheit und Sicherheit von einem bestimmten jetzt gewünschten Wohlverhalten abhängig oder speziell für Juden in Deutschland geschaffen. Und als sei es in irgendeiner Weise rechtlich bindend, dass Angela Merkel verkündete, die Sicherheit Israels sei auch deutsche Staatsräson, also per definitionem „vernunftgeleitetes Interessenskalkül“. Habeck will uns weismachen, der Staat Israel sei als Reaktion auf den Holocaust entstanden und nicht als Folge der Balfour-Deklaration 1917 mit dem Versprechen einer „nationalen Heimstätte“ für Juden an Zionisten. Habeck bedauert getötete Kinder in Gaza auf passive Weise, als ob etwas vom Himmel gefallen wäre, während Hamas für ihn Menschen bestialisch ermordet.

Würde „Deutschland“ jahrzehntelanges Unrecht und das Vorgehen Israels ablehnen, das die Bevölkerung aus dem Gazastreifen vertreibt, müsste es wie lateinamerikanische Länder die diplomatischen Beziehungen zu Israel abbrechen. Die Grünen sind nicht die einzige Kriegspartei, die besonders für junge idealistische Menschen attraktiv war, weil sie angeblich für Frieden ist. Bei Habeck selbst, der 1969 geboren ist, dürfte der Widerstand gegen die NATO-Nachrüstung der 1980er Jahre, als die Grünen erstmals in Parlamente gelangten, nicht zur Biografie gehören. 2022 massregelte er Teilnehmer an den traditionellen Ostermärschen für Frieden wegen des Krieges in der Ukraine. Heute meinen die einen, er könne fehlerfrei einen vorbereiteten Text vortragen, während ihn andere gerne an der Stelle von SPD-Kanzler Olaf Scholz sehen würden. SPD und Grüne bedeutete 1999 die Unterstützung des Kosovokrieges, angeblich um ein zweites Auschwitz zu verhindern, was schon wegen der traditionellen Verbindungen zwischen Serbien und Israel absurd erscheint.

Habeck wird hier analysiert

Viele setzen sich kritisch damit auseinander, blenden dabei jedoch selbst manches aus wie Hueysin Özoguz im Video oben, der dennoch manch einen wichtigen Punkt anspricht. Natürlich ist die Geschichte Israels untrennbar mit dem Holocaust verbunden, sodass jeder verstehen sollte, dass man einen sicheren Staat für Juden schaffen wollte, der zuvor gar nicht so attraktiv war. Habeck stolpert also nicht als Einziger permanent über Ungenauigkeiten, Fehlannahmen, Klischees und Konformismus. Das beginnt schon mit dem Begriff Antisemitismus, denn „Semiten“ ist eine Bezeichnung, die ein deutscher Historiker des 18. Jahrhunderts wählte. Es bezog sich auf sprachliche, nicht so sehr ethnische Kritieren, wobei von Anfang an umstritten war, inwieweit Juden dazugehören. Aus deutscher Sicht könnte man auf die Bedeutung der Städte Mainz, Worms und Speyer für das ashkenasische Judentum verweisen und auf das aus dem Mittelhochdeutschen stammende Jiddisch. In Österreich lebte Theodor Herzl, der einen Judenstaat Ende des 19. Jahrhunderts forderte und nach dessen Buch „Altneuland“ Tel Aviv benannt wurde. Alles in allem war für Juden das Zusammenleben mit Muslime lange leichter als mit Christen, was auch die Reconquista in Spanien zeigte. Hebräisch wurde lange vor dem Holocaust als Sprache der Juden in Palästina etabliert und praktisch wiederbelebt, nachdem es im 3. Jahrhundert aus der Alltagssprache verschwunden war. Sehr oft wird jetzt Bezug genommen auf die Zeit vor 2000 Jahren, um daraus Ansprüche abzuleiten; dies ist rein politisch motiviert. Als Menschen haben wir alle gemeinsame Vorfahren, nicht nur weil wir aus Afrika kommen. Bereits um das Jahr 1000 haben wir so viele Ahnen, dass wir sie gemeinsam haben müssen, weil die Anzahl an Vorfahren jene der damaligen Menschheit übersteigt. Dabei spielt auch eine Rolle, dass es oft wenige Generationen zurück Vorfahren mehrfach gibt, was man Ahnenverlust nennt. Ausserdem steuern immer mehr Ahnen kein Chromosom bei, sodass ihre Erbanlagen nicht weitergegeben werden.

„Waffenstillstand jetzt!“ In New York Central Station

Der Begriff „Kultur“ kommt vom Pflanzenanbau, bei dem ja vom österreichischen Mönch Gregor Mendel erkannt wurde, dass es homozygote und heterozygote Vererbung, dominant und rezessiv gibt (dominant und homozygot bemerkt man etwa bei Farben oder Krankheiten). Bei Menschen von „Rassen“ zu sprechen geht auf das 18. Jahrhundert zurück und meint Unterschiede im Phänotyp, die durch klimatische Bedingungen zustandekamen (weniger Sonneneinstrahlung – hellere Haut und hellere Augen). Menschen sind einander viel ähnlicher als etwa Schimpansen, die als unsere nächsten Verwandten gelten. Der nicht sichtbare Genotyp lässt sich heute gut untersuchen, wo man bei Juden weiss, dass Ashkenasim mit Italienern verwandt sind, aber auch mit Sephardim (aus Portugal und Spanien, nach der Vertreibung im 15. Jahrhundert z.B. in Griechenland, Belgien und Holland) und orientalische Misrachim. Natürlich konvertierten auch immer wieder Menschen zum Judentum, was nichts an genetisch feststellbarer Verwandschaft änderte. Es ist ein heute beliebter Mythos, dass das Turkvolk der Chasaren zum Judentum konvertierte und später die Ashkenasim bildete. Daran werden Verschwörungstheorien von einer chasarischen Mafia geknüpft, zu der die Rothschilds gehörten, die in jedem Krieg beide Seiten finanzierten. Wer derlei endlos wiederholt bzw. nachplappert, ist sich des Antisemitismus gar nicht bewusst, denn für ihn sind Ashkenasim keine echten Juden. Tatsächlich war Rothschild 1814 und 1815 die grösste Bank der Welt, deren Geschichte auf Meyer Amschel Rothschild im Frankfurter Ghetto des 18. und 19 Jahrhunderts zurückgeht. Das „Haus zum Rot(h)en Schild“ in der Judengasse wurde viele Jahre von der Familie bewohnt und wurde im 17. Jahrhundert zum Namensgeber, als man längst ins schmale Hinterhaus zur Pfanne und schliesslich ins ebenfalls nur wenige Meter breite Haus zum grünen Schild umgezogen war. In Frankfurt gab es eines der letzten Ghettos in Europa, das immer wieder abbrannte und erst im 19. Jahrhundert aufgegeben wurde, weil Juden dann nicht mehr gezwungen waren, in dieser Enge, Düsternis und Überfüllung zu wohnen. Vielleicht kann man Gaza bedingt mit einem Ghetto vergleichen, wenn Bezeichnungen wie Freiluftgefängnis oder Konzentrationslager übertrieben wirken.

Gabor Mate zum aktuellen Konflikt

Zur Besetzung der Grand Central Station in New York, zu der „Jews for Peace“ aufgerufen hatten (siehe Video weiter oben) sagt Michael Moore, dass auch Menschen teilgenommen hatten, deren Angehörige am 7. Oktober von Hamas getötet wurden. Max Blumenthal und Aaron Mate, dessen Vater wir im Video oben sehen und dessen Bruder Daniel sich ebenfalls äussert, sprechen unter anderem über Widerstand an der Basis der Demokraten gegen Joe Bidens bedingungslose Unterstützung für Israel. Dass Palästinenser eine Bezeichnung aus den 1960er Jahren ist, hindert viele tausende Menschen weltweit nicht daran, in Solidarität auf die Strasse zu gehen. Es wird eifrig gecancelt etwa bei einer geplanten Vortragsreihe zu Palästina an der Universität Wien. Wenn jede Kritik an Israel verpönt ist und wieder ein Lichtermeer zelebriert wird, entsteht fast der Eindruck, dass Antisemitismusvorwürfe das neue ungeimpft sind. Dass es immer um Waffenstillstand und Verhandlungen gehen muss, blendeten viele bereits beim Krieg in der Ukraine aus. Wer da auf einen Sieg über Russland bequem aus der fernen Position eines Social Media-Accounts setzte, forderte vorher nicht selten rigides Vorgehen gegen Corona-Kritiker, wie gerade mit dem Hashtag #RichtigErinnern auf Twitter verdeutlicht wird. Während amerikanische Juden und einige in Israel sich lautstark zumindest über alternative Medienkänale mit „Nicht in unserem Namen!“ bemerkbar machen, ist es bei uns ruhiger. Doch Solidarität mit Palästina war oder ist vielen linken Gruppen ein Anliegen; der Trotzkist Willi Langthaler erinnert bei einer Buchpräsentation im April dieses Jahres daran, dass er mit dem nunmehrigen SPÖ-Chef Andreas Babler bei Kundgebungen auftrat. Man kann hier die Sequenz ansehen, auf die es heute ankommt oder unten die gesamte Aufzeichnung verfolgen. Babler besuchte jetzt das Lichtermeer, nahm jedoch per Aussendung nur zu einem Brandanschlag auf den jüdischen Teil des Zentralfriedhofes Stellung.

Willi Langthaler

Es ist nicht ganz so, dass „alle“ einem „Current Thing“ folgen und jene, die dabei nicht mitmachen, dies beim nächsten „Current Thing“ nicht tun. Vielfach aber wurde aus Zustimmung zum Corona-Narrativ Unterstützung der Ukraine wenigstens verbal gegen Russland und jetzt von Israel bei jeder Reaktion auf den Angriff von Hamas. Wer bei Corona nicht auf den Leim ging, folgte oft denen, die letztlich die russische Agenda vertreten und tut sich heute schwer mit dem Israel-Palästina-Konflikt; es spielt auch das Links-Rechts-Schema rein und wie man zu Migration steht. Bei Habeck und Babler überlegen einige, ob Politiker erst „geglättet“ (oder wäre nicht „geplättet“ besser?) werden, ehe sie als Kanzler in Frage kommen können. Eine irgend geartete friedenspolitische Vergangenheit wirkt da nur störend, sodass man an besten so tut, als wüsste man nicht, wovon die Rede ist. Zugleich fällt Weggefährten und denen, die sich neu so betrachten aber schwer, jemanden nüchtern zu sehen, der doch „einer von uns“ sein soll. Babler ist „einer von uns“ für die Sozialistische Jugend, die ihm nun vorgehalten wird und für die trotzkistische Gruppierung „der funke“. Ein ernstzunehmender Politiker wird differenzieren und in einem Konflikt beide Seiten betrachten, um zu verstehen, um welche Interessen es geht, statt den bequemsten Weg zu wählen.

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Ein Kommentar zu „Habeck und Co.: Frieden schaffen mit Waffen?

  1. Jetzt, wo nicht mehr zu leugnen ist, was für „Schutzsuchende“ man sich zu Hunderttausenden ins Land geholt hat, beginnt völlig erwartungsgemäß die große Reinwascherei der „gutmenschlichen“ Protagonisten des Untergangs. Die Jahre seit 2015 werden als die verheerendsten in unsere Geschichte eingehen. Gratismut und wohlfeile Lippenbekenntnisse, die neue Nationaltugenden, stehen daher jetzt ganz oben auf der Tagesordnung. Wie immer haben im Nachhinein alle Verantwortlichen davor gewarnt, oder „wir“ konnten sowas ja nicht ahnen. Tatsächlich passieren wird wieder nichts oder so gut wie nichts. Schon bald wird der Klabautermann die Bevölkerung mit der neuesten „Killervariante“ ablenken. Und die nächsten „Geflüchteten“ aus Gaza sitzen schon auf gepackten Koffern, um dieses Land noch bunter und vielfältiger zu machen.

    An alle Politiker, Gutmenschen, Faktenfinder, etc., die jetzt große Reden schwingen: Ihr seht euch doch so gerne im Widerstand gegen das Böse. Euren Mut könnt ihr jetzt dadurch beweisen, dass ihr euch diesen antisemitischen Demonstranten entgegenstellt. Aber ich glaube ihr alle zusammen habt nicht den Mut meiner Urgroßmutter, die auch weiterhin mit Juden verkehrte und bei ihnen einkaufte, obwohl diese es ihr schon abgeraten hatten. Ihr Spruch: „Ich lasse mir von niemanden vorschreiben, bei wem ich zu kaufen haben.“ 

    Sie werden aber trotzdem damit durchkommen, da der Deutsche scheinbar den Verstand einer leeren Bierdose, zu sehen am Proponenten Habeck, der als Wirtschaftsminister nicht weiß, was eine „Insolvenz“ ist und für diese Hirnlosigkeit vom US- Geldadel sich für Zuwendungen steuern läßt!!!.

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