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Die SPÖ, Russland und die Ukraine

Im Renner Institut der SPÖ wurde am 5. Dezember tagsüber hinter verschlossenen Türen über den Krieg in der Ukraine und mögliche Friedensperspektiven gesprochen; auch Pamela Rendi-Wagner nahm teil. Abends gab es dann eine öffentliche Diskussion, über die ich hier berichte (die Friedrich Ebert Stiftung der SPD war Mitveranstalter). Moderiert wurde sie von Hannes Swoboda, dem Präsidenten des International Institute for Peace, in dessen Board wir unter anderem Markus Reisner finden, der einer breiteren Öffentlichkeit durch Interviews und Bundesheer-Videos zum Ukraine-Konflikt bekannt ist. Dem Board gehört auch Leopold Specht an, der Partner Alfred Gusenbauers ist und als Familienanwalt des nach Moskau geflüchteten ukrainischen Premiers Mykola Azarov Schlagzeilen machte (Gusenbauer war bis November 2017 Präsident des RI). Ausserdem Thomas Roithner, der lange für das Friedens- und Konfliktforschungsinstitut Burg Schlaining tätig war und jetzt beim Versöhnungsbund ist; er wirkte an einer Veranstaltungsreihe der Grünen zum Thema Frieden mit.

Am Podium nahmen Platz: Vasyl Filipchuk vom International Centre for Policy Studies aus der Ukraine, der auch für die Regierung Azarov tätig war, für die Gusenbauer um 700.000 Euro lobbyierte. Harald Troch, Historiker und Sprecher der SPÖ für Menschenrechte und Vorsitzender des Außenpolitischen Ausschusses; er gehörte auch dem Landesverteidigungsausschuss und dem Eurofighter-U-Ausschuss 2018/19 an. Er reist am 7. Dezember mit einer Parlamentarierdelegation (ohne die FPÖ) und Hilfsgütern in die Ukraine. Kerstin S. Jobst ist Professorin für osteuropäische Geschichte an der Universität Wien und publizierte u.a. über die „völkerrechtswidrige Annexion der Krim“; sie wird immer wieder von Medien interviewt. Kerstin Maurer ist Professorin und am Zentrum für E-Governance der Donauuniversität Krems tätig.

Harald Troch und Vasyl Filipchuk

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Teil 3 der streng geheimen Gusenbauer-Pilz-Chats

Nach der Wahl 2017 wurde eine Koalition aus ÖVP und FPÖ gebildet; was damals nicht abzusehen war, ist die Einsetzung eines weiteren U-Ausschusses neben Eurofighter, nämlich zur BVT-Affäre. Aktuell geht es ja auch um einen UA, Zeugenbefragungen und das übliche Procedere; die fiktiven faktenbasierten Chats können bei der Einschätzung helfen. Ausserdem kommen natürlich Personen und Vorgänge in den Chats vor, die auch heute eine Rolle spielen. Teil 1 befasste sich mit April 2016 bis 24. Juli 2017, Teil 2 behandelt Mitte August bis Anfang November 2017. Nach jedem Chat werden belegte Fakten kurz erklärt.

29. November 2017

Gusenbauer: Servus, Peter! Was macht das politische Exil?
Pilz: Hallo, Gusi, es nervt langsam.
Gusenbauer: Ein bissl Exil kriegt jetzt auch der Christian zu spüren. Obwohl ich ihm das mit dem Renner Institut schon auch übelnehme.
Pilz: Da konnte er nicht anders. Weisst du doch. Dass die Genossen raus aus der Regierung sind, pfeifen eh die Spatzen von den Dächern.
Gusenbauer: Versucht haben sie es ja.
Pilz: Hab sowas läuten gehört.
Gusenbauer: Dosko und Sobotka probierten. Bei uns im Hyatt. Ihr Raucherkammerl. Ned weit vom Hofburg-Aschenbecher.
Pilz: Aber erreicht haben sie nix. Offenkundig. Sonst wäre es anders.
Gusenbauer: Sie waren sich sogar sehr weit einig. Hat nicht sollen sein.
Pilz: Woher willst du das wissen?
Gusenbauer: Ich weiss es sogar sehr genau. Wir im Hyatt kümmern uns im unsere Gäste.
Pilz: Was – du meinst…
Gusenbauer: Stop. Nicht schreiben. Wobei, für einen Innen- und Verteidigungsminister müssen sie dann ziemlich naiv sein. Wir haben ja immer im November das Festl vom Rene, da hamma auch viel geredet. Diesmal kam der Basti gar nicht.
Pilz: Ich will jedenfalls zurück ins Spiel. Und zwar bald. Sofort!
Gusenbauer: Geduld. Die rechte Partie an der Macht ist für dich doch optimal.
Pilz: So rechts sind die nimmer. Ausser nach aussen.
Gusenbauer: Wissen wir. Weiss aber nicht das Publikum.
Pilz: Ich komme jedenfalls zurück. Wenn du mir nicht helfen willst…
Gusenbauer: Pass auf, du bist derzeit nicht immun. Ich wiederhole, Geduld. Ciao.

Peter Pilz hat kein Mandat (bezahlt sich aber ein Abgeordnetengehalt), gegen ihn wird wegen Vorwürfen sexueller Belästigung ermittelt. Im Zuge der in Folge 2 behandelten Silberstein-Affäre wurde die Forderung laut, Alfred Gusenbauer (über den nun berichtet wurde) aus allen Parteifunktionen zu entfernen. Normaler Weise war der SPÖ Chef auch Präsident des Karl-Renner Instituts, doch Gusenbauer blieb dies nach seinem Ausscheiden aus dem Kanzleramt im Dezember 2008. Es sollte sich herausstellen, dass er das RI für seine Lobbyingtätigkeiten nutzt. Tatsächlich trafen sich Innenminister Wolfgang Sobotka und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil nach der Wahl im Park Hyatt, um eine Fortsetzung der Koalition zu sondieren. Das Hotel gehört Signa, wo Gusenbauer Funktionen übernommen hat, weshalb er von „bei uns“ und „wir“ spricht. Traditionell veranstaltet Benko im November ein „Törggelen“ mit interessanten Gästen, zu denen 2017 nicht Sebastian Kurz gehörte. Pilz konnte bisher das Rampenlicht unter dem Schutz parlamentarischer Immunität geniessen; Gusenbauer ist es hingegen sehr recht, dass das Interesse an ihm rasch nachgelassen hat.

Gusenbauer im April 2022

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Kommt Gusenbauer (endlich) vor Gericht?

Am 16. November 2021 beginnt in Wien ein Prozess wegen der vor einigen Jahren erfolgten Förderung der Schwechater Mehrzweckhalle Multiversum. Im ersten Moment ist dies ein typisches Beispiel, wie lange Ermittlungen dauern, da bereits 2014 Anzeige erstattet wurde. Die Umstände sind jedoch sehr interessant, weil die Subvention einem Wunsch von Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer entsprach, der nicht mehr im Amt war, als sie vergeben wurde. Laut Liste der Sportminister Österreichs waren diese Agenden von 11. Jänner 2007 bis 2. Dezember 2008 ÖVP-Staatssekretär Reinhold Lopatka zugeteilt und von 1. Februar 2009 bis 13. März 2013 SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos. Mit Darabos befassten sich schon Staatsanwaltschaft Wien, Staatsanwaltschaft Eisenstadt (mittelbar in einem Eurofighter-Verfahren), Korruptionsstaatsanwaltschaft und in der Causa Multiversum WKStA und mittelbar Staatsanwaltschaft Korneuburg. Bislang hat keine der Staatsanwaltschaften die Bedingungen unter die Lupe genommen, unter denen er zuerst vom 11. Jänner 2007 an Bundesminister für Landesverteidigung und danach für Landesverteidigung und Sport war. Obwohl wir eine zentrale Staatsanwaltschaft haben, die sich mit der Verfolgung von Wirtschaftsstraftaten befasst, erscheint alles kompartmentalisiert. Tatsächlich zieht sich oft ein roter Faden durch verschiedene Justizbehörden, wenn es um den Umgang mit bestimmten Personen und Delikten geht.

Wie unlogisch und willkürlich agiert wird, sieht man zum Beispiel, wenn man Verfahren gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz und sein Umfeld als Messlatte für das Vorgehen gegen andere nimmt. Doch man kann sich auch fragen, warum die WKStA von einem Wunsch Gusenbauers (Kanzler der Jahre 2007 und 2008) bei einer Förderung im Ausmaß von 2,9 Millionen in den Jahren 2010 bis 2012 ausgeht. Zugleich war für die WKStA jedoch tabu, dass es im Jahr 2007 einen Eurofighter-Vergleich auf Wunsch Gusenbauers gab. Sie übersah auch, dass Darabos als nie widerrufener Ministerwille den Chef der Finanzprokuratur Wolfgang Peschorn zum Leiter von Eurofighter-Ausstiegsverhandlungen machte, wie beide im U-Ausschuss 2017 aussagten. Beim Multiversum spricht die WKStA von vorauseilendem Gehorsam ohne Ministerweisung, was sie jedoch im wichtigen Bereich Landesverteidigung nicht wahrhaben will. Dort war dies die Norm, wie auch die Entacher-Berufungskommission 2011 feststellte, da es nur ein paar Darabos-Weisungen im Jahr gab, aber einen illegal Minister spielenden Kabinettschef Stefan Kammerhofer.

Gusenbauer wird von der SPÖ geehrt (Facebook)

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Die SPÖ und der Antisemitismus

Der geradezu rituell vollzogene Antifaschismus der SPÖ ist für viele ein Argument, die Partei trotz aller Kritik zu wählen, für andere jedoch nicht mehr nachvollziehbar. Er ist auch historisch bedingt und der Geschichte geschuldet, weil die Partei bis in die 1930er Jahre stark von engagierten Juden geprägt wurde. Ein späterer Parteichef und Bundeskanzler soll dies so auf den Punkt gebracht haben, dass man damals darauf achtete, dass „ein Arier mehr“ als Juden im Parteivorstand sei,. Nach 1945 gab es dieses „Problem“ nicht mehr, denn da waren die österreichischen Juden kaum mehr vorhanden. Wir wissen auch, dass dann der BSA (die roten Akademier/innen) geradezu zum Auffangbecken alter Nazis wurde, was erst nach Jahrzehnten aufgearbeitet werden durfte. Bei einer „Lunch Lecture“ des Renner Instituts am 31. Oktober 2019 mit Anita Haviv-Horiner wurde deutlich, dass es auch unter noch so  überzeugten Antifaschisten Elefanten im Raum gibt, auf die man besser nicht hinweist.

Haviv-Horiner wuchs bis zu ihrem 19. Lebensjahr in Wien als Tochter von Holocaustüberlebenden auf, entschloß sich aber im Jahr 1979, nach Israel zu ziehen. Ihr Schwerpunkt ist die politische Bildung, zu der sie u.a. das neue Buch „Nichts Neues in Europa? Israelische Blicke auf Antisemitismus heute“ beisteuert. Es ist bei der deutschen Bundeszentrale für politische Bildung erschienen und um € 1.50 erhältlich und steht als PDF im Netz. Die Publikation ist bewusst niederschwellig gehalten mit den persönlichen Erfahrungen und Einschätzungen von 15 Juden unterschiedlichen Alters, die zum Teil in Europa, zum Teil in Israel leben, aber alle Europa gut kennen. Die einen fühlen sich in Europa sicher, während andere Israel bevorzugen; sie wollen nicht für die Politik Israels verantwortlich gemacht werden oder verteidigen sie. Antisemitismus wird individuell erlebt als stärker geworden oder gleich geblieben; immer aber ist die Shoah im Hintergrund. Oft sind Juden mit plumpen Vorurteilen konfrontiert, die auch darauf basieren, dass das „Andere“, das „Fremde“ als bedrohlich empfunden wird, etwa Speisenvorschriften.

Die SPÖ Wien am Zentralfriedhof

 

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Eurofighter: Debakel für Doskozil

Mit viel Getöse erstattete Ex-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil am 16. Februar 2017 Anzeige gegen den Eurofighter-Hersteller Airbus, dem er Betrug und arglistige Täuschung vorwarf. Schon damals hielten dies Beobachter für reichlich waghalsig und verantwortungslos, und nun gibt ein Gutachten im Auftrag der Justiz Kritikern Recht. Es gab keine Lieferschwierigkeiten, anders als Doskozil, aber auch der Abgeordnete Peter Pilz behauptet hatte. Absurd war die Anzeige auch deshalb, weil Österreich durch den Ex-Minister Norbert Darabos zugeschriebenen Vergleich nur Jets der ersten Baureihe, der Tranche 1 abnahm und auf jene der Tranche 2 verzichtete. Doskozil wurde im „Prinzessinnen-Dossier“ am 9. Februar 2017 für Berater Tal Silberstein ebenso gelobt wie sein Sprecher Stefan Hirsch, bei dem sich Medien nach der Anzeige gegen Airbus erkundigen konnten. Im Wahlkampf wurde er als jemand mit Handschlagsqualität beworben, der gegen Korruption auftrete und dafür sorgte, dass die Eurofighter Geschichte seien. Weder er noch sein Mentor Pilz nehmen Stellung zur jüngsten Entwicklung, die zu einem totalen Debakel für den burgenländischen Landeshauptmann in spe führen kann. 

Die SPÖ behauptet noch, dass mit der Anzeige „die Interessen der Steuerzahler“ geschützt werden sollte, doch dies kann auch schon das Rückzugsgefecht sein. Oder es drückt aus, dass man mit einer ordentlichen Portion Populismus die Anschaffung von Kampfjets allem Möglichen gegenüberstellte und gerne behauptete, die EF seien ja eh nur ein Prototyp. Seltsam leise ist die Partei aber, wenn es um die Anzeige von Pilz gegen Darabos geht, dem Untreue wegen des Vergleichs mit Eurofighter vorgeworfen wird, der jedoch immer unter Druck stand. Weil das vor allem via Pilz etablierte Narrativ hartnäckig ist, wird die Qualität des Gutachtens aus der Schweiz in Frage gestellt. Wir sind es gewohnt, an „Schrottflieger“ zu denken, wenn es um einen der modernsten Kampfjets geht und die durchaus problematischen Gegengeschäfte mit der Anschaffung dieses High-Tech-Fliegers zu verwechseln. Auf die Frage nach Lieferschwierigkeiten baut in gewisser Weise auch auf, wofür Darabos den Sündenbock abgeben soll. Denn die Betrugstheorie geht davon aus, dass der Hersteller Tranche 2-Jets nicht zeitgerecht liefern konnte und deshalb Österreich mit Tranche 1 „austrickste“, was die Verhandlungsführung in Frage stellt.

Wahlkampf 2017 in den sozialen Medien

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BVT-Affäre: U-Ausschuss oder Schmierenkomödie?

Der Murmeltier-Tag in Punxsutawney, Pennsylvania ist zwar am 2. Februar, aber doch passt der Vergleich ganz gut auf die Show, mit der jetzt wieder ein U-Ausschuss auf Schiene gebracht wird. Der Hauptdarsteller in „Und täglich grüßt das Murmeltier“ wird als  „arroganter, egozentrischer und zynischer Wetteransager“ ,beschrieben, „der in einer Zeitschleife festsitzt und ein und denselben Tag immer wieder erlebt, bis er als geläuterter Mann sein Leben fortsetzen kann“. Wir hatten gerade erst vor einem Jahr einen U-Ausschuss zu den vor Jahren beschafften Eurofightern, der sich mit Mainstream-Hilfe vom Abgeordneten Peter Pilz lenken ließ und regiegemäß mit einer Anzeige gegen Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos endete. Nach der Aussage von Darabos am 1. Juni 2017 kamen war noch andere dran, aber all das diente nur mehr der Dramaturgie, ihn zur Strafanzeige zuzurichten. Jetzt wird im von Korruption, Unfähigkeit und Freunderlwirtschaft zum Leidwesen guter Beamter und der Sicherheit erschütterten Verfassungsschutz Ordnung gemacht. Und schon ist wieder ein Ausschuss fast schon fixiert, tippelt alles brav Pilz hinterher, der inzwischen nicht einmal mehr Abgeordneter ist.

Ganz nach Drehbuch empört sich der „Falter“ darüber, dass der alte Haberer von Pilz, Bundespräsident Alexander Van der Bellen BVT-Chef Peter Gridling bereits neuerlich ernannt habe, Innenminister Herbert Kickl (FPÖ = per se korrupt) die „Bestallungsurkunde“ aber nicht zustellt. Das hat wahrscheinlich damit zu tun, dass Ermittlungen, Haus- und Bürodurchsuchungen unter anderem dem nun beurlaubten Gridling gelten. In der Mockingbird-Medien-Twitterblase wird laut daüber spekuliert, ob man Gridling „etwas angehängt“ hat, um ihn loszuwerden. Dabei wird ihm auch Führungsschwäche unterstellt, sodass er Zustände zu verantworten hat, die dazu führen, dass man dem BVT auch international nicht mehr über den Weg traut. Nebenbei verdankt Gridling seinen Job, den er ohnehin einige Jahre ausübte, der Intrige der Amerikaner via Pilz und Mockingbird-Medien gegen BVT-Gründer Gert Polli, der nicht wollte, dass Beamte auch für die Amerikaner arbeiten, sondern Loyalität zu Österreich erwartete. Mithin erleben wir einen Offenbarungseid von Pilz, Van der Bellen und Presse, der auch für den Eurofighter-Ausschuss gilt. CIA-Presse teilt ein gemeinsames Narrativ, das nichts mit der Realität zu tun haben muss, denn die Staatsanwaltschaft ordnete Hausdurchsuchungen wegen Amtsmissbrauch und Korruption an, es war kein rechtsrechtes Überfallskommando, das den von Soros-NGOs wie SOS Mitmensch an die Wand gemalten autoritären Staat schafft.

20.6. 2017, Eurofighter-Ausschuss

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Was Christian Kern so alles zusteht

Als nicht gerade erfolgreicher Wahlkämpfer tourte Christian Kern gerade durch Österreich, und nun sorgt er für die Zeit vor, wenn ein neuer Kanzler am Ballhausplatz einzieht. Er wird dann Abgeordneter und SPÖ-Klubobmann sein und auch noch einen Dienstwagen bekommen (man gönnt sich ja sonst nichts). Das Gesamtsalär wird sich auf 14.885 Euro belaufen, und dass wir das jetzt wissen, verdanken wir Kern zufolge einer „kleinen Intrige“, die ein Erklärungsmail an die Genossen notwendig machte. Damit nicht genug, wurde es der „Kronen Zeitung“ weitergeleitet, die Kern ohnehin schon im Wahlkampf als feindlich gesonnen empfand. Einige nicht nur in der SPÖ verstehen nicht, warum man zwei Klubobmänner braucht, denn als „geschäftsführender“ Klubchef gilt der jetzige alleinige Klubobmann Andreas Schieder, der Wiener Bürgermeister werden will. Die „Krone“ informiert weiters: „Zusätzlich wird in dem ‚Erklärungsmail‘ der SPÖ-Zentrale auch die Austria Presse Agentur als Unterstützer dieser Meinung zitiert: Die APA habe ‚bei ihrer Recherche festgestellt, dass bei Mangementfunktionen wie Generalsekretär oder Geschäftsführer Zuzahlungen üblich sind'“

Denn es geht ja um mehr Arbeit und mehr Verantwortung, als sie der geschäftsführende Klubobmann übernimmt; dafür zieht man dann auch den Politologen Hubert Sickinger heran, der keine Compliance-Probleme sieht. In der Mail wird beteuert, dass Kern dann eh „kein Spitzenverdiener im Nationalrat“ sei, anders als viele Abgeordnete der FPÖ. Zuerst schrieb die „Krone„: „Auf Nachfrage stellt sich heraus, dass die Verdächtigen (Info über das Zusatzeinkommen) im Parlament ebenso wie in der Parteizentrale sitzen könnten. Eingegrenzt werden die möglichen lecken Stellen lediglich geografisch: ‚Das war sicher wieder einer aus der Wiener Partie‘, lautet die Mutmaßung. In den Führungsebenen der Bundes-SPÖ wird nun nach dem Informationsleck rund um Kerns Zusatzgage überlegt, die personelle Erneuerung des Parteiapparats deutlich zu beschleunigen. Vor allem das Management und die Kommunikation in der Zentrale in der Wiener Löwelstraße bedürfen nach interner Einschätzung ‚einer gründlichen Erneuerung und Modernisierung‘.“  Da sollte man dann auch Kerns „Kommunikation“ modernisieren, denn er rechtfertigt sich mit: sind ja nur 7000 netto für 70 Stunden-Woche.

Krone auf Twitter

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Wichtige offene Fragen in der Silberstein-Affäre

Hätte Kanzler Kern einen russischen Wahlkampfberater engagiert, wäre sofort vermutet worden, der Geheimdienst würde sich einmischen wollen. Bei einem Israeli werden aber selbst dahingehende Berichte ignoriert,sodass man rätselt, welche Motive das eindeutige Verhalten von Tal Silberstein wohl haben könnte. Er wurde von Ex-Kanzler Gusenbauer empfohlen und hat die SPÖ-Kampagne an die Wand gefahren, doch beide müssen nicht mit Konsequenzen rechnen. Trotz Warnungen hat die SPÖ den Vertrag mit Silberstein erst gelöst, als er in Israel verhaftet und dann unter Hausarrest gestellt wurde, was ihn offenbar nicht daran hinderte, über Mittelsmänner und -frauen weiter mitzumischen. Die SPÖ gibt nur das zu, was längst öffentlich bekannt ist und musste so schließlich einräumen, dass Silberstein eine zentrale Rolle spielte und es keinen richtigen Beratervertrag gibt. Im Folgenden stelle ich einige nach wie vor offene Fragen:

Warum hat die SPÖ Silberstein ab 1.10.2016 engagiert?  Es zeichneten sich keine Wahlen ab, da der reguläre Termin erst im Herbst 2018 gewesen wäre. War es ein symbolisches Datum, da Silbersteins Freund und Geschäftspartner Gusenbauer u.a. dank Dirty Campaigning die Wahl am 1.10.2006 gewonnen hat? Zwar hat die Silberstein-Affäre 2017 längst einen eigenen Wikipedia-Eintrag, doch die damalige damalige Kampagne wird dem von Silberstein an die Wand geknallten offiziellen Wahlkampfmanager Norbert Darabos in seinem Eintrag umgehängt: „Zur Nationalratswahl 2006 leitete er den Wahlkampf der SPÖ mit ihrem Spitzenkandidaten Alfred Gusenbauer, wobei er nach Urteil der Medien auch Methoden des ‚Dirty Campaigning‘ einsetzte.“ Der erste Bericht zum neuerlichen Silberstein-Engagement stammt auch vom Oktober 2016: „Der Israeli Silberstein – er hatte in Österreich bereits Ex-SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer und Wiens Bürgermeister Michael Häupl gecoacht, gilt als ‚Meister des dirty Campaigning‘. Davon wissen auch seine internationalen Kunden und Rivalen zu berichten. Einer von Silbersteins legendär gewordenen Sätzen: ‚In Wahlkämpfen‘ gebe es ‚keine Demokratie‘. Gemeint: Es sei so gut wie alles erlaubt, um Erster zu werden. Die SPÖ versucht der Top-Profi – der vor der Wien-Wahl 2015 die Neos unentgeltlich beraten hatte – auf internationalen Standard zu bringen: Um 8 Uhr morgens beginnen die Sitzungen mit Silberstein zum Leidwesen einiger Roter, die auch gleich einen Englischkurs besuchen müssen, um sich mit Silberstein unterhalten zu können.“

Kanzler Kern beteuert, man habe sich seine Referenzen aus europäischen Wahlkämpfen angesehen; sie seien einwandfrei (auch in Rumänien?); dies umfasst auch die Wahl 2006 (ein Hohn, da Darabos seit damals unter Druck ist) und die Wiener Gemeinderatswahlen 2015, wo er die NEOS beraten hat. Letzteres sieht Kern als Erfolg und für ihn ausschlaggebend, obwohl die NEOS selbst mit ihm ein Honorar für den Fall vereinbarten, dass sie noch besser abschneiden. Warum haben Erfahrungen z.B. in Bolivien oder Israel nicht interessiert, zumal diese in Dokumentation und Spielfilm („Our Brand is Crisis“ zu Bolivien) und in zahlreichen Medienberichte nachvollziehbar sind?

Wahlkampfpläne von Ende Jänner 2017 („Österreich“ 8.10.)

 

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SPÖ: Warum das Schiff sinkt

Die SPÖ versenkt sich selbst in der Schlußphase des Wahlkampfes; zwar sehen sie manche Umfragen auf Platz 2, doch mehr ordnen sie an dritter Stelle hinter der FPÖ ein. Dies hat sie einem um den Gegenwert von rund 4,5 Eigentumswohnungen pro Jahr engagierten Berater zu verdanken, von dessen internationalem Erfolg sie sich blenden hat lassen. Tal Silberstein gilt aber auch als skrupellos und ist dafür bekannt, dass er seinem Auftraggeber die Agenda diktieren will, also das Gegenteil des loyalen Beraters eines Regierungsmitglieds ist. Bundeskanzler Christian Kern, der gerade um sein politisches Überleben kämpft, hat alle Warnungen in den Wind geschlagen; auch die, das Silberstein dem Mossad zugerechnet wird, was seinen manipulativen bis brutalen Umgang mit anderen und das Kapern der SPÖ erklärt. Kerns Unglück ist zugleich selbst- und fremdverschuldet, da er Silberstein selbst anheuerte, doch selbst Insider nur ahnen konnten, was sein Engagement konkret bedeuten wird.  Dass er die Kampagne mit illoyalen Blindgängern versieht und wie alles nach hinten losgeht, hätte man sich auch mit viel Fantasie nicht ausmalen können.

Dabei muss man vielleicht zwischen mehreren Operationen unterscheiden: Die aus Hauptgegner auch von Silberstein ausgemachte ÖVP dachte sich eine Gegenstrategie aus, als Kern diesen mit 1.10.2016 beschäftige, noch ohne dass von Wahlkampf die Rede sein konnte. Kern schien Silberstein offenbar nicht tough genug, wurde er doch von Silbersteins Freund Robert L. (Ex-Gusenbauer-Sprecher und Sprecher der Signa Holding) als „Prinzessin“ mit „Glaskinn“ in einem inzwischen berüchtigten Dossier beschrieben. Es wäre Spekulation, aber zur Demoralisierung des Teams kann man Geheimdienst-Einschätzungen auch über eine andere Person spielen. L. ist zwar immer wieder mal in Wien, lebt aber in der Schweiz, sodass er Kerns Verhalten nicht hautnah mitbekommt. Wenn es zu einem U-Ausschuss kommt und die Justiz bisherige Anzeigen ernsthaft behandelt, sollte es auch um das Zustandekommen des Papiers und ggf. die Rolle von signals intelligence gehen. L. selbst nimmt bezeichnender Weise nicht Stellung, gehörte aber von Silberstein geschaffenen „Strategiegruppen“ an.

 

Robert Misik vom „Standard“

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Wahlkampf: Die Kerns unter medialem Sperrfeuer

Bundeskanzler Christian Kern sieht sich einer Diffamierungskampage ausgesetzt, die auch vor seiner Familie nicht halt macht. Deshalb treten er und seine Frau Eveline mit unterschiedlichen Kurzvideos auf ihren Facebook-Seiten an die Öffentlichkeit d.h. direkt vor die Wählerinnen und Wähler. So erreichen sie einen Solidarisierungseffekt, aber auch, dass User gehässig posten, die vor wenigen Wochen nicht wussten, wer Ex-SPÖ-Berater Tal Silberstein ist und auch keine Ahnung hatten, dass z.B. ich immer wieder warnte. Michael Amon, Schriftsteller und Sozialdemokrat, schreibt in der „Presse“: „Wenn eine Partei von einer Pannenserie verfolgt wird wie in diesem Wahlkampf die SPÖ, dann stellt sich die Frage: Ist das einfach nur Pech, oder gibt es tiefere Gründe, die dazu führen, dass solche Unfälle geradezu systemimmanent geschehen müssen. Die SPÖ beziehungsweise Teile ihres Wahlkampfteams erinnern an die Comic-Figur Isnogud, jenen Großwesir, der unbedingt ‚Kalif anstelle des Kalifen‘ werden will und dabei vor keiner Heimtücke zurückschreckt. Alle seine Missetaten scheitern und fliegen auf.“

Amon weist darauf hin, dass niemand mit Bundes-Wahlkampferfahrung mitmischte: „Jeder SPÖ-Chef erbt als Altlast den bestehenden, verkrusteten Funktionärsapparat, dessen Angehörige es vor allem in der parteiinternen Intrige zu höchster Kunst gebracht haben, deren sagenumwobene Mobilisierungsfähigkeit aber seit Jahrzehnten in stetem, sich permanent beschleunigendem Sinkflug ist. Die einzige Disziplin, die sie mit ähnlicher Akkuratesse beherrschen wie die Palastintrige, ist das Sesselkleben. Was Kern bei Übernahme der Partei nicht ahnte und schon gar nicht wusste: wie verrottet insbesondere die ‚Löwelstraße‘ inzwischen ist, denn dort herrscht die Nacht der politischen Leichen. Obwohl er in seiner Berufslaufbahn auf dem SP-Ticket unterwegs war, ist Kern nie nahe genug an der Partei gewesen, um über genaue Kenntnisse der internen Zustände zu verfügen. In diesem Sinne ist er ein echter Quereinsteiger. Ihm jetzt die konkrete Schuld für Figuren wie Silberstein zuzuschieben, ist daher nicht gerechtfertigt. Hier wäre eher Michael Häupl zu befragen, der Silberstein einst für die SPÖ erfunden hat.“

Christian Kern am 5.10.2017

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