Schlagwort-Archive: Rüstungskonversion

Schweden, Österreich und der Waffenhandel

Der schwedische Premierminister Olof Palme wurde 1986 ermordet und seitdem ranken sich Gerüchte über mögliche Täter. Zuvor verschwand eine Journalistin, die über illegalen Waffenhandel recherchiert haben soll, um Monate später tot geborgen zu werden. In Österreich, das über die Sozialdemokratie immer gute Kontakte zu Schweden hatte, gab es ungeklärte Todesfälle infolge von Verstrickungen in die Irangate-Affäre, da die USA den ersten Golfkrieg (1980 bis 1988) am Laufen halten wollten. Der nunmehrige Abgeordnete Peter Pilz betrat 1985 die politische Bühne mit einer umstrittenen Rüstungskonversionsstudie, über die die späteren Bundespräsidenten Heinz Fischer und Alexander van der Bellen ihre schützende Hand hielten. Als Folge der Noricum-Affäre, die zu Irangate gehört, gab es tatsächlich so etwas wie Rüstungskonversion, weil Produktionen eingestellt wurden; dies wiederum schwächte das vermehrt auf das Ausland angewiesene Bundesheer. Schweden ist in einer scheinbar besseren Position, jedoch in die NATO eingebunden bis zur Stationierung mehrerer hundert Soldaten in Afghanistan (Viggen-, Draken- und Gripen-Jets sind voll mit amerikanischer Elektronik).

In beiden formal neutralen Staaten wurden Stay Behind-Strukturen (Gladio) errichtet, die bei der Ermordung Palmes eine Rolle gespielt haben sollen. Beim Tatort „Wahre Lügen„, der damit beginnt, dass eine Journalistin ermordet wird, die den Tod von Ex-Verteidigungsminister Karl Lütgendorf (1981) neu aufrollen will, gab es einige interessante Hinweise. Nicht nur, dass der pensionierte Ermittler, zu dem sie unterwegs war, am Ende selbst ermordet wird, sondern auch, wie dieJournalistin Sylvie Wolter gefunden wurde. Denn dies war Zufall, weil Taucher einen Lehrgang machten und sie in ihrem Auto in 40 Metern Tiefe im Wolfgangsee entdeckten. Das spielt auf den Tod der schwedischen Journalistin Cats Falck an, die für die Fernsehsendung „Rapport“ arbeitete und sich mit illegalem Waffenhandel befasst haben soll. Nach einem Restaurantbesuch am 19. November 1984 waren sie und ihre Freundin Lena Gräns spurlos verschwunden. Am 29. Mai 1985 wurde das auf Gräns zugelassene Auto in einem Kanal in Stockholm gefunden; die Behörden gingen von einem Unfall aus. Das Buch „Im Spinnennetz der Geheimdienste„, das den Mord an Olof Palme, Uwe Barschel und Ex-CIA-Chef William Colby untersucht, geht auch auf Cats Falck ein.

Wer erschoss Olof Palme?

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Wie vergeßlich ist unser Bundespräsident?

In der Schlußphase des Bundespräsidentenwahlkampfes waren Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer am 1. Dezember 2016 zu Gast im ORF zu einem Streitgespräch. Dabei konfrontierte Hofer den Konkurrenten mit Aussagen, an die dieser sich nicht mehr erinnern will bzw. wo er inzwischen seine Position verändert hat. Van der Bellen fand dies untergriffig und viele seiner Fans kritisierten den ein wenig herablassenden Tonfall Hofers nach einem Jahr voller aufgeschaukelter Emotionen offline und online. Als Hofer Van der Bellen auf eine Stelle in Michael Sikas „Mein Protokoll“ hinwies, wo es um Spionageverdacht im Kontext einer Rüstungskonversionsstudie des Peter Pilz 1984 bei Van der Bellen ging, war der Kandidat besonders empört. So etwas Mieses habe er schon lange nicht mehr erlebt und er höre zum ersten Mal davon. Damit stellt Van der Bellen sein selektives Gedächtnis unter Beweis, da es mehrmals in Büchern erwähnt wurde und in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung dazu im Jahr 1985 vom damaligen Wissenschaftsminister Heinz Fischer auch ein Schreiben des einstigen Professors beilag. Unten sieht man die Aufzeichnung dieser TV-Diskussion, wo ab Minute 10:20 Hofer auf das Buch des ehemaligen Generaldirektors für die öffentliche Sicherheit und das Kapitel „Wer spionierte für den Osten?“ hinwies. Bei Sika haben die Alarmglocken geschrillt, wenn Van der Bellen, Pilz und jemand mit dem (Stasi-) Decknamen „Emsig“ zum Thema Rüstungskonversion forschten.

Etwa bei Minute 12 sagt Van der Bellen, das sei „das Mieseste, was ich seit langem gehört habe“ und dass „wir“ geklagt hätten, „wenn wir das gewusst hätten“. Das Buch „Mein Protokoll“ erschien 2000 auch als Abrechnung des SPÖ-Mitglieds Sika mit jenem Innenminister, der seiner Ansicht nach den Grünen zu nahe stand, mit Caspar Einem nämlich, der zu schwarzblauen Zeiten dem Nationalrat angehörte, bis SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos 2004 mit einem Mandat für den erfolgreichen Bundespräsidentenwahlkampf für Heinz Fischer „belohnt“ wurde. Nach der Sendung im Dezember 2016 wurde übrigens unter anderem gegoogelt, welche Bewandtnis es mit diesem Vorwurf hat: „Bezugnehmend auf das Buch ‚Mein Protokoll‘ des ehemaligen Generaldirektors für öffentliche Sicherheit, Michael Sika, warf Hofer Van der Bellen vor, im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie zu Militärausgaben für den DDR-Geheimdienst spioniert zu haben. Die FPÖ hatte diesbezüglich allerdings schon 2001 eine parlamentarische Anfrage gestellt, die ergab, dass die Vorwürfe haltlos seien.“ Es ist anzunehmen, dass der grüne Klub mit dem damaligen Obmann/Parteichef Van der Bellen eine solche FPÖ-Anfrage durchaus registriert hat, zumal es ja keineswegs die erste (und letzte) war. Die Anfrage von Martin Graf an Innenminister Ernst Strasser wurde auch vor der ORF-Diskussion von Usern gesucht, wie man hier sehen kann.

1.12.2016 im ORF

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Unter Doppelagenten

Sieht man sich Berichterstattung und manche Reaktionen in der Politik an, entsteht der Eindruck, dass „Doppelagent Skripal“ auch gleich doppelte Spannung verspricht. Dazu irgendwie passend empören sich manche in Österreich nicht nur darüber, dass keine Diplomaten ausgewiesen werden, sondern auch deswegen, weil bei der Affäre um den  Verfassungsschutz Daten bei der Justiz landeten, die von anderen Diensten stammen. Und dann wird Anna Chapman, eine jener russischen Spione, die 2010 am Wiener Flughafen gegen Sergej Skripal und andere ausgetauscht wurden, medial als „Agentin 00Sex“ bezeichnet. Wie gut Chapman in ihrem „Job“ war, kann man vielleicht anhand der amerikanischen Anklageschrift abschätzen. Bei Mainstream-Artikeln darf man die die Rolle der Massenmedien als „Mockingbirds“ vergessen, wie es die CIA einmal nannte; d.h. um sich von solchen Berichten nicht irreführen zu lassen, muss man sie analysieren und vergleichen. Ein „Doppelagent“ war Skripal wie die meisten anderen nur zeitweise, als er noch für die GRU und zugleich für das MI 6 tätig war. Wir können uns auch in heimischen Gefilden auf die Suche nach „Doppelagenten“ begeben und werden zumindest die andere Seite von Spionagefällen kennenlernen, die uns als recht einfach zu durchschauen präsentiert werden.

Wir sind tatsächlich sofort in medias res, wenn der suspendierte BVT-Chef Peter Gridling seinen Vorgänger Gert Polli in einer Weise kritisiert, die gut zu Anschuldigungen des Ex-Abgeordneten Peter Pilz bei dessen letzter Pressekonferenz passt. Denn er warf Ex-Innenminister Ernst Strasser und der ÖVP-Niederösterreich Nähe zum FSB vor und kam bei Polli wenig überraschend mit dem Iran (was Polli ganz anders sieht). Paradoxer Weise kritisiert Pilz jetzt auch, dass die Justiz gegen Ex-Innenministeriums-Kabinettschef Michael Kloibmüller ermittelt, den er doch immer am Kieker hatte, wie z.B. sein politisches Tagebuch (hier Jänner 2009) zeigt. Die Tagebuch-Aufzählung an mutmaßlich Korrupten fand im Verlauf des Jahres auch eine besondere Bühne im U-Ausschuss zu „Abhör- und Beeinflussungsmassnahmen im Bereich des Parlaments“. Freilich fällt Aufmerksamen auf, dass sich Pilz niemals mit dieser Akribie den Kabinetten im SPÖ-geführten Verteidigungsministerium widmete, obwohl es dafür reichlich Anlass gegeben hätte. Natürlich ist Pilz kein Lebensabschnitts-Doppelagent, wie z.B. auch die Beantwortung einer Anfrage 2001 an Minister Strasser zeigte, bei der aus einem Buch von Michael Sika zitiert wurde, der früher Generaldirektor für die öffentlich Sicherheit war.

Außenministerin Karin Kneissl in der ZiB 2

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Offener Brief an Peter Pilz

Als „letzter Gründervater“ der Grünen und als „grünes Urgestein“ wird Peter Pilz bezeichnet, der jetzt medial bejubelt mit einer eigenen Liste antritt. Manche sehen darin nur einen Egotrip oder gekränkte Eitelkeit und weisen darauf hin, dass Pilz lange Teil des Systems war. Viele fallen aber auf ihn herein, weil er Unzufriedenheit aufgreift und kanalisiert, wie er es immer gemacht hat. Nur wenige sehen seine Inszenierung als „Aufdecker“ kritisch, da man dazu Hintergrundwissen über angebliche Skandale benötigt. Nun tritt er mit einem unter anderem von der „Kronen Zeitung“ veröffentlichten Schreiben aus den Wiener Grünen aus – jener Landesorganisation, aus der er mich immer wieder entfernen lassen wollte, weil ich seiner wahren Agenda zu nahe kam. Dies nehme ich als Anlass, meinerseits einen offenen Brief zu schreiben:

Lieber Peter (und liebe Grüne),

du beginnst mit diesen Worten: „Vor mehr als drei Jahrzehnten habe ich gemeinsam mit vielen anderen eure Partei mitbegründet. Jetzt ist es für mich Zeit, sie zu verlassen.“ Korrekt ist, dass du das Volksbegehren gegen Abfangjäger 1985, bei dem du wie üblich Mitstreiter gestresst hast, als Sprungbrett dafür verwendet hast, im Jänner 1986 beim Treffen der Bürgerinitiative Parlament auf dem Grazer Schloßberg aufzukreuzen. Plötzlich waren die Grünen, die es damals schon gab (Alternative Listen, Vereinte Grüne, Bürgerlisten wie in Salzburg) nicht mehr Objekte deines Spottes, sondern du solltest dabei sein. Von Graz aus, wo ich in der Alternativen Liste aktiv war, bekam ich nur durch Berichte mit, wie der Parteiwerdungsprozess ablief bzw. recherchierte dann auch später dazu. Es war auch 1985, dass du – u.a. vom verstorbenen ÖVP-Abgordneten Wimmersberger –  erstmals mit Spionage in Verbindung gebracht wurdest. Und er wunderte sich auch darüber, dass deine Rüstungskonversionsstudie vom damaligen Wissenschaftsminister Heinz Fischer gefördert wurde; auch Fischers Nachfolger in der Hofburg Alexander Van der Bellen hielt seine schützende Hand über dich.

Pilz stellt erste Kandidaten vor (Twitter)

 

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