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Medien als Wächter: Quis custodiet ipsos custodes?

Als „Wächter“ galten die „Leitmedien“ bisher, und sie klammern sich auch an ihren früheren Ruf. Doch sie werden mehr denn je in Frage gestellt und können das nicht verdrängen, weil diese Kritik öffentlich artikuliert wird. Es ist lehrreich, einen Schritt zurückzutreten und über Journalismus und geänderte Rahmenbedingungen nachzudenken. Dies ist Journalisten in alten und neuen Medien zu empfehlen, aber auch allen, die unsicher sind, wem sie noch trauen können. Warum Debatten so rasch eskalieren und der gebotene Journalismus oft so peinlich wirkt, möchte man doch gerne verstehen. Es fallen nämlich immer häufiger banale Fehler auf, die mit ein bisschen mehr Mühe zu vermeiden gewesen wären, und das selbst in Faktenchecks. Da ist noch gar nicht die Rede von aufwändigen Recherchen, die viele Details ans Licht bringen, diese aber mit falschen Schlussfolgerungen versehen und weitere wesentliche Fakten gar nicht erst berücksichtigen. Bereits die simple Frage „quis custodiet ipsos custodes?“ als Antwort a8uf das Posting eines Redakteurs, der sich gerade selbst beweihräuchert, wirkt wie eine Provokation. Denn sie erteilt „Elitenkonsens“ und „Indexing“ als wesentlichen Elementen der Medienwelt eine Absage und ist eine Kampfansage. Frei nach Karl Marx und Friedrich Engels geben Medien die Meinung der Herrschenden als herrschende Meinung wieder.

Das Buch „Die vierte Gewalt“ („Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie keine ist“) von Richard David Precht und Harald Welzer erschien erstmals im September 2022 und kam nun in einer neuen Auflage heraus. Armin Wolf und Joachim Huber vom Berliner „Tagesspiegel“ wussten bereits bei der Ankündigung des Buches, dass alles Mist ist, wie die Autoren in dieser Auflage schreiben. Viele arbeiteten sich daran ab, auch ohne es zu kennen, weil man nicht einmal mehr vorgeben muss, etwas gelesen zu haben. Doch Precht und Welzer nehmen sich ja auch kein Blatt vor den Mund und kritisieren etwa ein „Massenfremdschämen der Besserwisser“ angesichts des Ukrainekriegs. Diese Journalisten halten Politikern penibel frühere Äußerungen vor, stehen aber selbst komplett außerhalb jeder Kritik. Die Autoren verweisen auf Uwe Krüger, der aufzeigte, dass bloss Debatten innerhalb einer Elite reflektiert werden. Hingegen schreibt David Randall in „The Universal Journalist„, einer 2021 veröffentlichten Schritt für Schritt-Anleitung für guten Journalismus, dass man „Geplagte umsorgen und Umsorgte plagen“ soll. Die „Geplagten“ sollen eine Stimme in der Öffentlichkeit bekommen, was einen Elitendiskurs natürlich ausschließt. Das Umsorgen der Umsorgten durch Journalisten und das Plagen der Geplagten können wir aber täglich beobachten, siehe nicht nur Corona, wo sich viele Menschen von den Leitmedien abwandten. Welzer und Precht erklären Indexierung mit dem Beispiel von Dieter Hildebrandt, dessen Text zu Vietnam 1968 „Dieser Krieg ist unser Krieg“ die „faz“ nicht drucken wollte, sodass er zur „Zeit“ wechselte. Damit war aber der Bann gebrochen und es konnte über Vietnam diskutiert werden, es waren auch andere Meinungen zugelassen. Wenn vorgegeben wird, worüber man reden darf und wie, gibt es kein Korrektiv mehr. Denn es wurde ein Narrativ von denen etabliert, die immer Recht haben, und die so erhobenen Behauptungen werden indexiert, unter Tabu gestellt („is‘ so“).

Der „Standard“-Chefredakteur

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Spionage: Warum Anna Thalhammer im „profil“ NICHT aufdeckt

Es ist vielleicht ein wenig unfair, „profil“-Chefredakteurin Anna Thalhammer für ihre Berichterstattung zum Fall Egisto Ott zu kritisieren. Denn es kommt auch darauf an, welchen Spielraum sie überhaupt hat. Zugleich tut sie aber ständig so, als ginge es um die grösste Spionageaffäre ever (zuerst bei Jan Marsalek, jetzt bei Ott), wobei sie ohnehin ihren Schwerpunkt nicht erst jetzt auf Geheimdienste lege. Sicher müssen Frauen auch im Journalismus selbstbewusst auftreten, doch das ist schon recht dick aufgetragen. Wie ihr begegnet wird, zeigen Chats von Christian Pilnacek, der aber nicht mehr erklären kann, ob er es wirklich so meinte, wie es z.B. ich verstehe. Dass Chats Pilnaceks gesichert wurden, hat natürlich eine Vorgeschichte; jedenfalls schrieb er 2019 an Oberstaatsanwalt Johann Fuchs, Thalhammer habe „einen – von ihm geförderten – Durchblick“. Sie „sieht Zusammenhänge, die man konstruieren kann…den größeren sieht sie nicht“, was auch nicht sehr schmeichelhaft klingt. Immerhin versuchte sie, die quasi automatische Weitergabe von Chats an U-Ausschüsse durch die Korruptionsstaatsanwaltschaft in Frage zu stellen.

Als gegen sie von der WKStA ermittelt wurde, nahm Pilnacek sie aber in Schutz; darauf weist Thomas Walach bei „Zackzack“ hin unter dem Titel „Wie Pilnacek Journalisten beeinflusste“. Pilz stellt sich selbst als integer dar, was Thalhammer nicht zu überprüfen wagte, und sie als Empfängerin eines stetigen Stromes an Infos unter der Hand von Pilnacek. Auch Postings von Thalhammer nach Pilnaceks Tod legen nahe, dass es kein Kontakt auf Augenhöhe war, wie man es sich angesichts der Richtschnur wünscht, dass sich Journalismus nicht mit einer Sache gemein machen soll. Dies impliziert auch grösstmögliche Objektivität gegenüber Personen und Selbstkritik, um Einschätzungen korrigieren zu können. Dabei ist ungeheuer hilfreich, so viele Fakten wie es geht zusammenzutragen. Denn allein dieser Prozess schafft schon Distanz zum Geschehen und wenn man das Gesamtbild betrachtet, tut man es tatsächlich einigermaßen objektiv.

Aus einer Analyse von „Kobuk“

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Wer sind die wahren Rufmörder und Menschenjäger?

Medien betreiben Rufmord und Menschenjagd, sie plagiieren Desinformationen, um so Narrative über Personen und Ereignisse zu schaffen. Dies wirkt über viele Jahre zusammen und sorgt dafür, dass negative Entwicklungen vorangetrieben statt verhindert werden. Dann werden „Krisen“ wortreich beklagt, ohne je den Ursachen auf den Grund zu gehen oder den eigenen Beitrag zu erkennen. Der Fall der stellvertretenden Chefredakteurin der „Süddeutschen Zeitung“ Alexandra Föderl-Schmid macht dies besonders gut deutlich, was der einzig positive Aspekt an manch einer heftigen Reaktion ist. Wir sehen unten einen Screenshot von der Webseite der „Kronen Zeitung“ vom 10. Februar, dem dann ein früherer gegenübergestellt wird mit einem Beispiel für Menschenjagd und Rufmord aus der Politik. Die „Krone“ vertuscht wie alle anderen Medien, was Föderl-Schmid in den rund 26 Stunden getan hat und wo sie war, als sie als abgängig galt und Suizid befürchtet wurde. Oder angenommen werden sollte, wie einige gerade deshalb vermuten, weil hier „Pietät“ gegenüber einer zum Glück bloss unterkühlten Person als Vorwand für fehlende Recherche angeführt wird. Man müsste seitens der Medien, die sich als Freunde Föderl-Schmids verstehen, auch wegen all der Spekulationen verraten, was passierte, zumal die binnen 26 Stunden zurückgelegte Distanz zu Fuss vielleicht eine oder zwei Stunden erfordert (mehr dazu in diesem Posting mit Reaktionen, bei denen eine Luftaufnahme gepostet wurde und ein Bild der Brücke).

Ausserdem ist es kein Journalismus, auf den diese selbsternannten Qualitätsmedien so stolz sind, etwas nicht wissen zu wollen, das sie bei Herbert Kickl oder Martin Sellner sofort publiziert hätten. Der „Standard“, dessen Chefredakteurin Föderl-Schmid von Juli 2007 bis November 2017 war und für den sie seit 1990 arbeitete, bringt am 10. Februar die „Chronologie einer Menschenjagd“ ohne Chronologie und meint nur das Aufdecken von Plagiaten bei Dissertation und Artikeln. Stets tut man selbst, was man anderen vorwirft und noch weit mehr davon aufgrund des Kräfteverhältnisses. Wer das bloss als „Linke gegen Rechte“ versteht, begreift nicht, dass es eine übergeordnete Agenda gibt. Typisch sind Angriffe auf Stefan Weber und das Portal Nius.de, für die auch Barbara Toth vom „Falter“ als angeblich unabhängige Expertin für Plagiate herhalten muss. Auf Social Media werden User von den angeblich allerbesten Menschen ignoriert, die auf Rufmord und Menschenjagd aus deren Reihen hinweisen. Natürlich wird mit jedem Tag die Schuld grösser, die vermeintlich Gute auf sich geladen haben und sie sind immer weiter von der Realität entfernt.

„krone“ am 10.Februar

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Radikaler Aktivismus als Journalismus? Zu Bonvalot und Co.


Kann radikaler Aktivismus zugleich Journalismus sein, und wer definiert, was radikal ist? Um diese Fragen geht es auch in der Diskussion um Michael Bonvalot, der vom trotzkistischen Aktivisten zum auch bei „bürgerlicher Presse“ oder „Systemmedien„, wie es Linke bzw. Rechte nennen, gefragten Journalisten wurde. Er marschierte gegen Corona-Demos auf mit vermummten Freunden als leicht lächerliche Bodyguard-Imitationen, um diese Proteste pauschal ins rechtsextreme Eck zu stellen. Dass die Regierung radikal oder auch extrem gegen demokratische Rechte der Bürger vorging, die Sicherheit im gemeinsamen Protest fanden, spielt für Aktivisten wie Bonvalot keine Rolle; zuletzt bekannte sich Gesundheitsminister Johannes Rauch zu dieser Radikalität. In linker Diktion handelt es sich dabei um Staatsmacht als Apparat der Repression, in diesem Fall jedoch auch von Bonvalot und Co. unterstützt.

Jetzt werden Vorwürfe publik, die in trotzkistischen Kreisen und teils auch darüber hinaus schon länger bekannt waren. Sofort vermuten einige eine perfide rechte Intrige, was daran erinnert, wie etwa Peter Kolba im November 2017 auf den vorübergehenden Rücktritt von Peter Pilz reagierte. Tatsächlich sind linke Aktivisten miteinander verbunden unter drm Deckmantel von Recherche, die meist keine echte ist – von den Trotzkisten Pilz und Bonvalot über Natascha Strobl oder Robert Misik und Sebastian Bohrn-Mena zu einigen anderen, die weniger bekannt sind. In der Regel spielt biografisch auch zumindest vorübergehend die Sozialistische Jugend eine Rolle, deren ehemalige Chefs Alfred Gusenbauer und Andreas Babler auch SPÖ-Chefs wurden. Bonvalot landete mit 16 bei der SJ, schloss sich dann der Sozialistischen Initiative Vorwärts an, die sich 1999 auflöste und gründete die Antifaschistische Linke, die sich 2005 in Revolutionär Sozialistische Organisation um. Dort ist ja gegen Kapitalismus, Rassismus und Sexismus und Bonvalot flog im Jahr 2013 seines Umgangs mit Frauen wegen raus, und es wurde unter der Hand vor ihm gewarnt; RSO äussert sich jetzt auf Twitter und Facebook dazu.

Bonvalots letzte Stellungnahme

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Metoo und Antifa: Gibt es einen Fall Michael B.?

Wenn sich jemand mit der Selbstdefinition „Antifaschist“ kennzeichnet, immunisiert er sich auch weitestgehend gegen Kritik. Mag sein, dass es an der Illusion liegt, so einen Kampf auszufechten, bei dem unsere Vorfahren versagten oder auf der falschen Seite standen. Weil aber so viel Zeit vergangen ist, müssen sich diese fanatischen „Antifaschisten“ immer neue Als ob-Täter heraussuchen. Es geht nicht nur darum, etwa auf Holocaustleugnung hinzuweisen, was die Gesellschaft auch ohne die Herren „Antifaschisten“ in den Griff bekommt. Deshalb werden Corona-Proteste ins Visier genommen, obwohl sich diese gegen autoritäre Tendenzen wenden. Wer bei Attacken auf diese Demos mitmachen will, wird in Medien als Experte zitiert, darf Artikel und Kommentare verfassen und Bücher zum Beispiel im Verlag des ÖGB veröffentlichen.

Viele werden übermütig, wenn sie so sehr gepusht werden und legen sich (zum Schein?) mit der Polizei an, weil diese der persönlichen Verfolgung von Demonstranten etwa durch Michael Bonvalot Einhalt gebietet. Nun holen ihn Vorwürfe sexueller Übergriffigkeit ein, die bislang in erster Linie in den trotzkistischen Kreisen bekannt waren, zu denen er gehörte; für Florian Klenk, den einige (zu Unrecht) als journalistische Autorität betrachten, sind sie glaubwürdig. B. rechtfertigt sich, indem er postet, dass kein Mann jemals behaupten kann, sich Frauen gegenüber immer richtig verhalten zu haben. Auch wenn zwischen dieser Aussage und den Vorwürfen noch viel Raum ist, klingt ein Dementi doch ganz anders; viele Männer versichern auf Social Media, dass sie nicht so sind. Man kann natürlich nicht anonymisiert darüber schreiben, wenn eh jeder weiss, wer gemeint ist und dieser auch dazu Stellung nimmt. Klarer Weise ist Thema, wie so etwas viele Jahre nicht öffentlich werden konnte, bloss vor B. gewarnt wurde, doch Opfer bekommen bei uns so gut wie nie Recht. Aussage gegen Aussage wird an Status und Geschlecht der Beteiligten gemessen, und da haben junge Frauen schlechtere Karten. Beim Hätte – wäre – wenn bleibt aber doch, dass andere handeln hätten müssen, statt nur B. aus linken Gruppen zu werfen.

Investigativer Journalist? Echt jetzt?

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Whistleblower, Aufdecker und Agenten

Unsere Vorstellungen von Whistleblowern, Aufdeckern und Agenten werden oft romantisch verklärt durch Filme und Berichte. Ab 25. August 2023 gilt in Österreich das neue Hinweisgeberschutzgesetz, das es Informanten etwas leichter machen und sie vom Nimbus des „Anpatzens“ befreien sollte. Aus diesem Anlass wurde am 23. August unter anderem mit Julian Hessenthaler im Museumsquartier diskutiert, der als „Ibiza-Detektiv“ bekannt wurde. Freilich ist es etwas anderes, spannend und aufregend zu finden, was andere erlebt haben, aber selbst kein Risiko einzugehen und nichts auf sich zu nehmen. Es gibt natürlich Parallelen zur realen wie fiktiven Darstellung und zu guten Thrillern, die Wert auf Faktenreichtum und eine psychologische Komponente legen. Nicht zu unterschätzen ist, dass manche Leute Fans um sich scharen, indem sie sich mit Attentaten befassen, die schon Jahre zurückliegen. Natürlich bieten seriöse Recherchen interessante Ansatzpunkte, wenn es um Kontinuitäten bei Personen, Institutionen und Einstellungen geht.

Dass man in einer aktuellen Situation leicht vorschnell urteilt, zeigen die Einschätzungen vieler Kommentatoren von Jewgenj Prigoschins Meuterei vor knapp zwei Monaten (ich konzentrierte mich eher darauf, Fakten zu Prigoschin und PMC Wagner zusammenzutragen). Angesichts des Absturzes einer Embraer Legacy 600 auf dem Weg von Moskau nach St. Petersburg mit Prigoschin, PMC Wagner-Gründer Dmitri Utkin, Prigoschins Bodyguards und anderen an Bord werden manche einiges neu bewerten müssen. Es kursiert ein Video mit einem senkrecht abstürzenden Flugzeug und es ist davon die Rede, dass das Seitenleitwerk oder eine Tragfläche abgerissen sein soll, was aus der Sicht von Wagner für russische Luftabwehr spricht; man sagt, dass Prigoschin auf der Passagierliste war, dessen Wikipedia-Eintrag bereits aktualisiert ist.

Am 23. August im Museumquartier

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Wie die FPÖ auch medial durchmarschiert


Die Nachwehen einer „Remigrations“-Demo der Identitären richten den Fokus auf eine sonst oft nicht wahrgenommene rechte Medienstrategie. Diese ergänzt in Wirklichkeit eine für viele überdeutliche linke Medienstrategie und da wie dort bleibt Journalismus auf der Strecke. „Lügennarrativen der Zecken & Mainstreammedien“ werde von der Gegenöffentlichkeit gekontert, als Novum auch von der FPÖ, schreibt Martin Sellner auf Twitter. Wer bei „Zecken“ zusammenzuckt, sollte wissen, dass dies auch eine Selbstbezeichnung mancher Antifas („Antifa Zeckenbiss“) ist, also nicht bloß das Empfinden Rechter widerspiegelt. Berichte über Demo und Gegenprotest geben linksextreme Gewalt nicht wieder bzw. schieben sie den Rechtsextremen in die Schuhe, wird geklagt. Die Identitären betrachten alles als „metapolitischen Erfolg“, auch weil zugleich bei einem Bundeskongress der AfD von Remigration die Rede war. Der „Rahmen des Sagbaren“ wurde erweitert, meint Martin Sellner, und es findet ein Schulterschluss zwischen außerparlamentarischer Bewegung und Parlamentspartei FPÖ statt, da Silvio Hemmelmayr von der Freiheitlichen Jugend OÖ bei der Kundgebung sprach.

Die FPÖ verurteilte in Gestalt des Abgeordneten Christian Hafenecker die „Verherrlichung linksextremer Gewalt durch Journalisten“. Auf diesen Aktivismusvorwurf reagierte Fritz Hausjell von Reporter Ohne Grenzen, der Peter Pilz‘ „Zack Zack“ retten will, also nicht gerade neutral ist. Konkret fiel vor allem Markus Sulzbacher vom „Standard“ auf, der schon mal Soldaten, die sich nicht „impfen“ liessen und für die Neutralität eintreten, als Staatsfeinde ausmachte. Er freute sich wie Ex-Vizebürgermeisterin Birgit Hebein von den Grünen darüber, dass Rechte von Linken „von der Strasse geprügelt“ wurden. Grundsätzlich sollte man sich fragen, ob man Gruppen, deren Anliegen man ablehnt, nicht mit dieser Art Widerstand erst recht Auftrieb verschafft.

Kickl gratuliert der AfD

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Tag der Pressefreiheit: Sind Medien unabhängig?

Dieses Jahr kann man am 3. Mai durchaus von einer Medienstrategie der Regierung sprechen. Deshalb richtete sich der Protest auch gegen die geplante ORF-Steuer und das Ende der „Wiener Zeitung“; ausserdem gibt es eine Kampagne, die an getötete und inhaftierte Journalisten weltweit erinnert. Das Bundeskanzleramt will in Zukunft Journalisten vom PR-Apparat des Kanzlers bzw. ehemaligen Sprechern wie Kanzlerberater Gerald Fleischmann ausbilden lassen. Dies kritisierten auch die NEOS mit einem Statement während des Ministerrats. Doch man sollte ORF, „Wiener Zeitung“ und all jene Medien, deren Titelseite heute in weiss gehalten ist, an ihrer Arbeit messen. Es gibt nämlich keine einzige Geschichte, bei der eines dieser Erzeugnisse signifikant von der Konkurrenz abwich, also etwas aufdeckte, das andere zudeckten. Man kann sicher sagen, dass die Fronten jetzt klarer sind, was auch mehr Widerspruch hervorruft (und das ist nicht schlecht!), doch unabhängig war der ORF nie, dessen Redakteursrat sich jetzt zu Wort meldet. Warum Berichte nie voneinander abweichen, hat zum Teil mit dem Aufwand zu tun, der nicht tagesaktuell in Recherche gesteckt werden muss. Man sollte bereits parat haben, was zum Beispiel eine der Schlagzeilen des Tages erklärt.

Dass ökonomischer Druck auf die Branche gross ist, kann man nicht wegdiskutieren, denn Online rechnet sich nicht, soll aber den Wegfall von Print-Lesern kompensieren. Zugleich hat man das Gefühl, dass Zeitungen ganz gut leben mit meist sinnbefreiten Inseraten der öffentlichen Hand (und Medienkooperationen). Es macht die weissen Seiten doppelbödig, denn man hätte zugeben müssen, was und wie viel mehr man gerade in den letzten Jahren erhalten hatte. Zugleich sind viele Menschen stolz darauf, nur mehr alternative Medien zu konsumieren, ohne zu reflektieren, dass Journalismus ja in erster Linie ein Handwerk ist, das gelernt werden sollte. Damit aber tun sie sich schwer, Informationen und Desinformationen zu unterscheiden, sind also dort gelandet, woher sie vom Mainstream her kamen. Aus unbestrittenen Verdiensten alternativer Medien gerade bei Corona kam man nicht den Schluss ziehen, dass auch sonst immer alles stimmt. Manche wollen sich gar zu Helden stilisieren siehe Auf1, was in gewisser Weise bloss das Spiegelbild der Inszenierungen um Julian Hessenthaler ist. Eher zaghaft wird heute hingegen die Freilassung von Julian Assange gefordert, auch wenn dies von Journalisten-Organisationen unterstützt wird. Es hat eben anderes Priorität wie der Pressefreiheits-Index, der ORF und die Politik der Regierung.

Die NEOS am Ballhausplatz

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Propaganda mit Ingrid Brodnig

Anfällig sein für russische Propaganda und Hass im Netz gehen für uns permanent vorgeführte „Experten“ Hand in Hand. Ein Beispiel ist Ingrid Brodnig, die am 16. November an einer Diskussion am Abend im Presseclub Concordia in Wien teilnimmt. Man kann die Methode, mit der ein bestimmtes Narrativ etabliert und verstärkt wird, anhand ihrer medialen Auftritte darstellen. Im Folgenden beziehe ich mich auf einen Podcast von Horizont; der „Podcast mit Tiefgang“ will „Horizont-Erweitern“. Brodnig wird im Titel zitiert mit „Russland hat sich über Jahre ein Propaganda-Netzwerk aufgebaut“ und mit „Das ist ein Ökosystem der russischen Narrative“. Bereits hier muss man einhaken, da sie immer wieder auf Russia Today, Sputnik und gewisse Trolle Bezug nimmt; auch Alternativmedien erscheinen ihr verdächtig. Und andere Medien gehören nicht dazu, wenn sie stets vor der Untersuchung des russischen Netzwerks bei uns abbiegen? Doch damit geht es auch um jene Presse, die Brodnig immer wieder als „Expertin“ zu Wort kommen lässt und ihr Aufträge erteilt.

Sie beschreibt Mechanismen, die viel zu allgemein sind, als dass man daraus wirklich etwas ableiten könnte. Fake und Wahrheit sind nicht leichter zu unterscheiden, wenn man Brodnig zuhört. Doch sie macht deutlich, dass dies auch nicht notwendig ist, weil Mainstream immer die Wahrheit sagt und sie dort auch omnipräsent scheint. Wie das in der Praxis aussieht, zeigt „Heute“ am 16. November mit dieser Titelschlagzeile: „Russen-Raketen treffen Polen: 2 Tote, neue Krise“. Doch die USA halten es für wahrscheinlich, dass es sich um ukrainische Raketen handelte. Brodnig sagte bei Horizont, dass „die allgemeine Öffentlichkeit empathisch für die Ukraine ist“, also zum Beispiel übersieht, dass Hilfsgelder veruntreut und verspekuliert werden. Am Ende gesteht sie kurz ein, dass jeder Mensch getäuscht werden kann, wird jedoch wieder nicht konkret. Man soll sich offenbar am Mainstream orientieren, den sie mit Journalismus gleichsetzt. Anderswo kann offenbar gar nicht journalistisch gearbeitet werden, als ob es sich nicht um den Einsatz von Werkzeugen drehen würde („die Leute wenden sich von dem ab, was Journalismus ist“). Das ist natürlich Desinformation pur und legt nahe, dass hier bloss ein über Jahre aufgebautes Propaganda-Netzwerk verteidigt wird.

Eines meiner Demoschilder

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Was wirklich kritischer Journalismus ist

Die einen scheinen über alle Zweifel erhaben, weil sie für ein „Qualitätsmedium“ arbeiten; andere meinen, für „kritischen Journalismus“ in „Alternativmedien“ zu stehen. Dabei geht es eigentlich um Handwerkszeug und dessen Einsatz, was zunächst wertneutral ist. Man muss Sachverhalte überprüfen und eigenen Thesen gegenüber skeptisch sein, wenn man aufgrund von immer mehr Details eine Einschätzung trifft. Freilich kann man sich auch so sehr mit einer Materie und mit Zusammenhängen vertraut machen, dass ab einem bestimmten Punkt Puzzleteile an ihren Platz fallen. Das gilt für neu bewertete vergangene Vorfälle ebenso wie für gerade vorgenommene Deals oder Postenbesetzungen und politische Ansagen. Diesen Kriterien entsprechen viele Geschichten keineswegs, welche uns via Mainstream, aber auch alternativ nahegebracht werden. Ein Totschlagargument per Mainstream der anderen Seite gegenüber ist die Behauptung, dass dort ja bloss Verschwörungstheorien verbreitet würden, während man selbst niemals desinformiere.

Wer aber etwas verdeckt durchziehen und sich nicht zu seinen Zielen bekennen will, benötigt beides: die einen sollen zuweilen recht aggressive Propaganda liefern, während andere all jene ablenken und in die Irre führen sollen, die Lunte riechen. Man stelle sich einmal vor, was wäre, wenn niemand versucht hätte, viele mit „die Freimaurer“, „die Satanisten“ oder QAnon davon wegzuführen, politische Verbindungen unter die Lupe zu nehmen. Es gibt eine Demoszene in Deutschland, die zwar wütend und mit Häme auf einzelne Politiker reagiert, jedoch nie deren Biografien und Netzwerke recherchierte. Stattdessen feierte man zum Beispiel den jetzt auf den Philippinen verhafteten Oliver Janich als Galionsfigur, dem nun vorgeworfen wird, zur Ermordung von Politikern aufgerufen zu haben; aus seiner Sicht waren derlei Telegram-Postings Satire. Eigentlich wollte ihn Stefan Magnet von Auf1.at zu Freimaurer-Connections etwa von Olaf Scholz interviewen, der gleich einen Angriff auf „den“ kritischen Journalismus sieht. Wie sein Medium beschaffen ist, zeigen zum Beispiel die Nachrichten von Auf1.at vom 18. August 2022. Zuerst wird nämlich gemeldet, dass Rudolf Striedinger neuer Generalstabschef des Bundesheers werden soll, ohne dass man sich die Mühe machen würde, Hintergründe zu beleuchten, wie ich es tue.

Zur Verhaftung von Oliver Janich

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