Haben Lügen Kurze Beine?


Der Berichterstattung zufolge war es leicht bis ziemlich lächerlich, dass der Verteidiger von Sebastian Kurz im Prozess um falsche Beweisaussage im Ibiza-U-Ausschuss zwei Russen als Zeugen ins Spiel brachte. Sie sollten über Gespräche mit Thomas Schmid befragt werden, der von Druck seitens der Korruptionsstaatsanwaltschaft auf ihn erzählt haben soll. Letztlich war nur Waleri Afinogenov bereit, online in der österreichischen Botschaft in Moskau auszusagen. Wir finden Afinogenov in den Pandora Papers im Netzwerk von Pelwood Finance Limited, einer 2023 liquidierten Firma. Aleko Arens von The New Diamond Technology war plötzlich erkrankt und stand nicht zur Verfügung, was Afinogenov wunderte. Die beiden werden in der Presse verkürzt als Diamantenhändler bezeichnet, doch es geht um Imitate, wie man an dieser russischen Meldung erkennen kann. Sie waren an Schmid interessiert für ein Projekt in Georgien; dass er weder russisch noch georgisch spricht, wäre kein Hindernis gewesen. Doch sie suchten nach ihm im Internet und stiessen da auf die Ermittlungen, sodass sie ihn danach fragten; sie trafen ihn in den Niederlanden. Er wollte nicht nach Georgien kommen, wo sich die Begeisterung für mit dem Putin-Regime verbundene Russen in Grenzen hält. Aufmerksam wurden sie auf Schmid, der inzwischen in NL lebt, über einen bei der Sberbank beschäftigten Freund.

Letztlich fehlte aber doch das Vertrauen in Schmid, wie Afinogenov sagte, sodass es nichts mit dem Job wurde. Dass eine Russland-Connection ins Spiel gebracht wird, ist nicht so abwegig, wie Fans des Narrativs um das Projekt Ballhausplatz annehmen. Bei der Sberbank sollten wir daran denken, dass die Sberbank Europe aus den Osteuropa-Töchtern der Volksbanken gebildet wurde. Aufsichtsratschef dieser neuen Bank war Siegfried Wolf, der wie der mit ihm verbandelte Rene Benko über Schmid (als Kabinettschef und Generalsekretär im Finanzministerium) Steuererleichterungen erwirken wollte. Inzwischen wurde bekannt, dass Wolf für Sberbank-Chef Hermann Gref eine Villensiedlung im Luxus-Wohnpark Fontana in Oberwaltersdorf in NÖ errichtete. An der Erzählung über Kurz und Schmid strickt wesentlich Florian Klenk vom „Falter“ mit, der jetzt ausschickt, dass es bei der Einbeziehung der beiden Russen um den Verdacht der Beweismittelfälschung gehe. Zunächst einmal haben auch uns unsympathische (Ex-) Politiker ein Recht darauf, sie entlastende Zeugen ausfindig zu machen und anhören zu lassen; Aussagen stehen ohnedies auf dem Prüfstand.

Über den Kurz-Prozess

Es ist jedoch auch so, dass es bis zu Staatsanwälten und Richter auch einen anderen weit grösseren politischen Skandal gibt, den alle zudecken. Auch der Verdacht der Beweismittelfälschung wurde in diesem Fall nicht untersucht, geschweige den Falschaussagen in UAs oder mögliche Kick-Backs für diverse Akteure. Die Rede ist von den Eurofighter-U-Ausschüssen, insbesondere jenem 2017, dem dann noch einer 2018/19 folgte. Ehe Michael Radasztics nun zum „Kurz-Richter“ wurde, galt er als Eurofighter-Staatsanwalt, gegen den kurzfristig ermittelt wurde. Deswegen landete Eurofighter bei der WKStA, und Christian Pilnaceks plötzliche Schwierigkeiten hatten auch damit zu tun. Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic, der Kurz anklagt, ist mit Johannes Zink befreundet, dem Hofanwalt von Hans Peter Doskozil, gegen den die WKStA nicht nur wegen Eurofighter ermitteln müsste. Er wird assistiert von Staatsanwalt Roland Koch, der zuvor Mediensprecher der StA Eisenstadt war, der die Causa Radasztics übertragen wurde. Leider interessierte ihn nicht, dass Ex-Minister Norbert Darabos bei Eurofighter zum Bauernopfer gemacht und unter Druck gesetzt wurde (Strafprozessordnung? Anzeigepflicht?), sondern bloss Tratsch über Darabos. Bevor mit viel Aufwand, viel Medienwirbel und dramatischen Gesten Kurz angeklagt wird, hätte die Justiz (da es nur ein Rechtssystem und nicht zwei gibt) Anklage wegen Eurofighter-Falschaussagen erheben müssen. Doch das hätte unweigerlich dem Kreml-Netz einen empfindlichen Schlag versetzt, weil Subversion in der Landesverteidigung offenbar geworden wäre.

Schmids Lebenslauf

Wenn es um Sebastian Kurz geht, wird penibel unter die Lupe genommen, ob er als Kanzler Ministerkompetenzen verletzt hat; bei Alfred Gusenbauer, der auch eine zentrale Rolle bei Signa spielt, ist dies irrelevant. Doch Thomas Schmid trägt selbst zur Verwirrung bei, da man von seiner Selbstdarstellung zunächst beeindruckt sein mag, weil man nicht weiss, womit sich ein Kabinettschef und Generalsekretär beschäftigt. Übrigens ist der ehemalige Kabinettschef von Kurz Bernhard Bonelli auch angeklagt; hier kümmerte man sich um seine Kompetenzen und Handlungen. Zugleich blendete man aus, dass Stefan Kammerhofer im BMLV illegal Minister spielte und Darabos ausgeknockt wurde, was ohne fremden Geheimdienst kaum möglich ist. All dies wurde immer von Journalisten wie Stefan Melichar vom „profil“ verschleiert, der bei Kurz und den russischen Zeugen genau hinsieht. Martin Thür vom ORF unterstützt Druck auf Darabos und befasste sich mit dem Background der Russen, die Schmids Anwalt Roland Kier zufolge sein Mandant vielleicht gar nicht getroffen hat. Kier ist Kanzleipartner von Richard Soyer, der Ibizagate-Anwalt Ramin Mirfakhrai vertritt. Soyer und Mirfakhrai waren Konzipienten bei Oligarchenanwalt Gabriel Lansky, der auch die russische Botschaft vertritt. Lansky und Soyer vertreten Kasachstan, für das Gusenbauer lobbyiert; Lansky und Gusenbauer machen auch Geschäfte miteinander und Soyer wurde 2019 kasachischer Honorarprofessor.

Schmids neue Firma

Stefan Weber postete ein Bild vom Standort von Schmids Firma Alpine Consulting B.V. (klingt ein bisschen nach Alpine Bau) und fand plagiierte Textstellen in Schmids Diplomarbeit, gar nicht mal arg viele im Vergleich. Er postet auch einen etwas hochtrabenden Lebenslauf, den Schmid bei den Russen verwendete und in dem seine Tätigkeiten im BMF und dann als ÖBAG-Chef etwas aufgebauscht sind. Im Außenministerium soll er als Pressesprecher gar an einer Geiselbefreiung mitgewirkt haben; man findet bei der Suche nach „Thomas Schmid Lebenslauf“ knappe Daten in PDFs auf den Webseiten von A1 und Verbund, wo er den Aufsichtsräten angehörte. Paragraf 87 (2) des Aktiengesetzes sieht übrigens vor, dass Aufsichtsräte über „fachliche Qualifikation“ verfügen; ein Schelm, wer da auch an Signa und Strabag denkt. Was Benko und Wolf betrifft, soll Benko Schmid einen Job angeboten haben, den er auch angenommen hätte, wäre er nicht ÖBAG-Chef geworden. Es wird nun kolportiert, dass sich Schmid gar nicht gut mit Wolf verstand, sodass dieser nicht wie früher bei der ÖIAG AR-Chef wurde. Übrigens kommt die jetzige ÖBAG-Chefin Edith Hlawati von Cerha Hempel, jener Kanzlei, welche die Sberbank Europe vertritt. Gestritten wird darüber, ob der Finanzminister über die Spitze der Beteiligungsgesellschaft entschied oder der unzuständige Kanzler. Bei Eurofighter blendete man aus, dass Darabos den Anwalt der Republik Wolfgang Peschorn mit Verhandlungen beauftragte und dies nie widerrief. Und doch gab es plötzlich nur mehr Scheinverhandlungen ohne Peschorn zwischen zwei alten Bekannten und einen Vergleich. Gusenbauer wird auch heute bei Signa gedeckt in einem Zusammenspiel von Peter Pilz, WKStA, „Falter“ und anderen Medien. Die Liste Pilz wollte 2019 wissen, warum das Ausschreibungsgesetz missachtet wurde und es auch keine Dienstprüfung für Dietmar Schuster gab, der Schmid als Generalsekretär nachfolgte, als Hartwig Löger Minister war.

Der „Standard“ gegen Kurz

Dabei bezog man sich auf das Bundesministeriengesetz vom 28. Dezember 2017, das nicht nur wie üblich die Ressortaufteilung festlegte, sondern auch Generalsekretäre in den Ministerien vorsah. Als Innenminister Herbert Kickl einen Generalsekretär ohne Ausschreibung ernannte, erstatteten die Pilze Anzeige wegen Amtsmissbrauch. Diese bewährten sich jedoch nicht als Bindeglied zwischen dem Minister und den Sektionen, denen sie übergeordnet waren, sodass man sie wieder abschaffte. Im BMF verzichtete man 2022 explizit auch wegen Thomas Schmid und seiner Chats darauf, einen Generalsekretär zusätzlich zum Kabinettschef zu haben und organisierte um. Die NEOS kritisierten die Generalsekretäre als übermächtige Verwaltungsebene zwischen Minister und Sektionen, deckten aber Kammerhofers rechtswidriges Agieren im BMLV. Ein Kabinettschef darf nur Weisungen des Ministers eins zu eins weitergeben und sonst nichts, er hat anders als jeweils ein paar hundert Beamte auch nicht das Recht, „für den Bundesminister“ zu unterschreiben. Dies stellte die sog. Entacher-Berufungskommission 2011 ausdrücklich fest, nach den es bloss eine Handvoll echter Ministerweisungen im Jahr gab (woran sich nichts änderte). Kammerhofer bedrohte und verleumdete Menschen, mit denen Darabos in Kontakt sein wollte oder die sich an ihn wandten und legte Aktennotizen an, um seine fehlenden Kompetenzen zu kompensieren. Dass die ÖVP für den von ihr eingesetzten UA zu Machtmissbrauch in ehemals roten und blauen Ressorts alle Akten seit 2007 anfordert, könnte diesbezüglich noch peinlich werden.

Wie es Babler-Fans sehen

Der Kurz-Prozess hat etwas von einem Current Thing, denn für die einen steht der Inbegriff von Korruption vor Gericht, während andere Kurz immer noch idealisieren. Ein bisschen kommt es durcheinander wegen Corona, wo sich ein Ex-Politiker noch leichter als sonst der Verantwortung entziehen kann; daran ändert auch der von SPÖ und FPÖ eingesetzte UA zur COFAG nichts. Die Verbindungen von Kurz und seinen politischen Hintergrund, der jenem von Schmid gleicht, habe ich immer wieder behandelt. Es kann jedoch kein Grund sein auszublenden, wie Politik parteiübergreifend gesteuert wird und dies nachvollziehbar zu machen. Stefan Weber war einmal „würdig“, von Florian Klenk (ungeschwärzte) Akten zugeschickt zu bekommen, die Klenk von der WKStA erhalten hatte. Doch er befasste sich nicht nur mit Plagiaten von ÖVP-Politikern, sondern z.B. auch mit der Dissertation von Alma Zadic, und war damit unten durch. Beim Kurz-Prozess müssen andere Verfahren bzw. fehlende Ermittlungen gegen andere der Maßstab sein; außerdem kann eine mit unendlich vielen Schmid-Chats befasste WKStA deswegen einiges andere nicht untersuchen. Im „Kurier“ heisst es am 2. Februar, dass Kurz die russischen Zeugen wohl nicht schadeten, aber auch nicht nützten. Starkes Engagement von Verteidigern, die Zeugen einbringen, ist weniger glaubwürdig als Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft, die objektiv sein müssen. Das aber ist zweifelhaft, weil Schmid zum Kronzeugen gemacht werden soll angesichts der Ermittlungen gegen ihn selbst. Wo die WkStA keineswegs objektiv vorgeht, sondern das Kreml-Netz deckt, kann man u.a. bei Eurofighter aufzeigen; eine weitere Bewährungsprobe ist Signa, wo die WKStA zu schlafen scheint bzw. Benkos Rolle falsch einschätzen soll.

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4 Kommentare zu „Haben Lügen Kurze Beine?

  1. Ein Beispiel aus der EU. Für Flinten Uschi ist Wahrheit = Desinformation.
    Deswegen hatte sie ja auch die SMS verschwinden lassen, die den großen Korruptionsskandal um die Spritzen-Bestellungen hätten aufdecken können. Denn die SMS waren ja „Desinformation“ für Europas korrupteste Frau! Also hat sie das verschwinden lassen.

    Flinten U. Logik:
    Wahrheit = Desinformation und Staats- LÜGEN- Propaganda = Wahrheit.
    Das staatlich ausgelagerte Wahrheitsministerium ist der ORF und die Schmierblätter der Lügenpresse.
    Wahrheit ist demnach LINKS- staatlich monopolisiert. Die Lüge ist die neue Wahrheit. Das passt zur allgemeinen Entwicklung in letzten Tagen eines sterbendes Systems!

    Die EU in der jetzigen Form ist ein kriminell-mafiöses-Konstrukt und muss – wie die AFD- Werteunion-FPÖ das ganz richtig im Programm hat – mindestens neu aufgestellt werden. Und zwar föderal-demokratisch– mit direkter Mitbestimmung – und beschränkt auf wesentliche Rahmenbedingungen, die die Verteidigung und Außenpolitik der Nationalstaaten ergänzen und verstärken und die Schuldenunion muss beseitigt werden.

    Der Euro muss zurückgeführt werden auf die Hartwährungsländer oder ganz aufgegeben werden, wenn das nicht gewünscht ist. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit EWG. muss die weltweite Wettbewerbsfähigkeit stärken und darf nicht die EU-Wirtschaft als Ganze verschlechtern. usw. wie wir es jetzt als Wirtschafts- Krieg gegen Russland erleben. Russland blüht auf und die EU geht bankrott.

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  2. „Hat man mir schon bei der Veranstaltung zur Befreiung vom Whistleblower
    Eduard Snowdon erklärt !“
    Wenn Sie ohnehin schon alles gewusst haben, warum haben Sie dann gepostet?
    Haben Sie schon mal überlegt, daß Ihre Beiträge hier auch Schaden anrichten können?

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    1. Ich werde das jetzt konsequent löschen, ich glaube nicht, dass es wem schadet, es hat nur nichts zu tun mit Recherche oder damit, dass jemand etwas mitbekommen hat und es einordnen will.

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  3. AFD—–>Amerikanisch Deutsche Freundschaft, think about it;-)

    NPD—>MI6

    Ohh,auch interessant,stimmt’s…

    Pffjj da gibt es tausende Geschichten, aber dies ein andermal.

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