Sind die Ermittlungen gegen Thomas Schmid eine Farce?

Der Ibiza-U-Ausschuss hat neues Material von der Justiz bekommen, sprich: weitere Auswertungen der Chats von ÖBAG-Chef Thomas Schmid, die auf zumindest eine wilde Party schließen lassen. Nun mag dies dazu dienen, ein durch Postvergabe etabliertes Netzwerk aufzudecken, das sich mit der Kanzlerschaft von Sebastian Kurz einfand. Wenn man aber auf virtuelle Spuren fixiert ist, vergisst man leicht, dass kaum Handys beschlagnahmt wurden oder dass man auch Zugang zu ehemaligen Regierungshandys haben müsste, was ja leider nicht möglich ist. Es gab immerhin eine Zeit, in der noch ganz klassisch ermittelt wurde und man sich auch für grössere Zusammenhänge interessierte. So betrachtet sieht man sich an, wer Schmid förderte und was dies mit den Karrieren von Kurz und Finanzminister Gernot Blümel zu tun hat. Dies bleibt nicht bei wenigen Personen, sondern zeigt ein riesiges Netzwerk, das auf systematisches Vorgehen schliessen lässt und keine Parteigrenzen kennt. „Eigentlich“ begannen Ibizagate-Ermittlungen und der U-Ausschuss ja damit, dass Ex-FPÖ-Chef Heinz Christian Strache sich auf Ibiza tendenziell korrumpierbar zeigte, um es mal so auszudrücken.

Mittlerweile ist aber bekannt, dass die Justiz vor lauter Schmid-SMS keine Ressourcen hat, um Straches mobile Nachrichten auszuwerten. Dies ist nur zum Teil mit Überlastung erklärbar, weil sich der Vergleich mit den Prüfern von Wirecard und Commerzialbank aufdrängt, die nicht merkten (merkten durften?), was jeden unabhängigen Revisor sofort Lunte riechen lässt. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft kooperiert mit dem Ex-Abgeordneten Peter Pilz gegen Kurz, obwohl/weil er sie bei Eurofighter an der Nase herumgeführt hat, was man ohne weiteres nachvollziehen kann. Es mutet wie ein schlechter Scherz an, dass die WKSTA in Sachen Commerzialbank gegen 30 Personen ermittelt, wenn auch hier die Konturen jenes Netzwerks sichtbar werden, die sie bei Schmid, Ibizagate und auch Eurofighter ausblendet. Man erkannte auch an den spärlichen Reaktionen darauf, dass auch gegen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil ermittelt wird, in welche Richtung der Hase läuft – davon abgesehen, dass es bei ihm nicht nur um eine Falschaussage geht.

Die ÖVP im Twitter-Disput

Abstrahieren fällt nicht leicht, aber andererseits sehen sich ja viele auch im Parlament und in den Medien als gute Aufdecker: Unsere eigenen Chats werden für Außenstehende wohl oft verspielt und seltsam klingen, wenn unser Gegenüber vertraut ist. Relevant sind aber unbeschwerter Postenschacher, die Verletzung von Compliance-Regeln und Korruption bis hin zur Kriminalität – ob es sich um Schmid, Kurz oder Strache handelt. Wenn Schmid nun etwa „Tennis mit Spindi“ notierte, liegt die Bedeutung in der Oligarchen-Connection von Ex-Vizekanzler und Kurz-Förderer Michael Spindelegger und in dessen Verbindung zu Ex-Vizekanzler Wolfgang Brandstetter. Alle Fäden laufen auch bei Siegfried Wolf zusammen, der anstelle von Schmid Chef der staatlichen Beteiligungsgesellschaft ÖBAG werden sollte. Warum wohl die Opposition ihn nicht vorladen will? Weil er ganz offen russische Interessen vertritt und da auch ein Konnex zu SPÖ und NEOS besteht? Bei Straches Chats ist übrigens auch interessant, welche Vereinbarungen es mit Gusenbauer und Pilz puncto Eurofighter-U-Ausschuss gibt, in dem die Hintergründe des Kaufs 2003 und des Vergleichs 2007 zugedeckt werden mussten. Die WKSTA gesteht übrigens indirekt ein, dass Ex-Minister Norbert Darabos, dem der Vergleich umgehängt wurde, nicht die Kontrolle über sein Ressort hatte.

Eigentlich unfassbar

Die Justiz muss bei Verdacht strafbarer Handlungen aktiv werden, was auch bedeutet, dass Hinweisen in Ermittlungen gegen ganz andere Personen zu anderen Delikten nachgegangen werden muss. Ausserdem sollten Staatsanwälte z.B. Medienberichterstattung beobachten und sich mit dem befassen, was ihnen diesbezüglich auffällt. Gerade wird diskutiert, ob es nicht auch übler Postenschacher ist, dass Raphael Sternfeld Bereichsleiter für „strategische Kommunikation“ im Rathaus wurde, nachdem er zuvor Kommunikationschef der SPÖ Wien war. Kein Thema ist, dass er gemeinsam mit dem jetzigen SPÖ-Kommunikationschef Stefan Hirsch Doskozils Krieg gegen Airbus koordinierte, der als „Geheimprojekt Minerva“ mit Ukraine-Lobbying-Partnern Gusenbauers lanciert wurde. Es gab schon 2003 ein „Geheimprojekt Minerva“, nämlich als die VOEST dank des Ex-Magna-Managers Karl Heinz Grasser als Finanzminister an Magna verkauft werden sollte. Weder die Namensgleichheit ist ein Zufall noch dass es immer wieder nicht nur bei Schmid und Blümel um das Finanzministerium geht. Zum Vorgehen gegen Airbus gehörte auch ein U-Ausschuss, den Pilz mit Straches Unterstützung auf Schiene brachte und in dem Darabos eingetunkt wurde. Der WKSTA ist ein komplexes Puzzle bekannt, das ich ausgehend von den Eurofightern zusammenfügte und in dem es um Einflussnahme fremder Interessen über viele Jahre geht. Dazu gehört auch, dass die Postsparkasse seit 2013 im Besitz der Signa Prime Selection ist und jetzt an die Bundesimmobiliengesellschaft (zur ÖBAG gehörend) ist. Bei der Signa Prime Selection sitzt Alfred Gusenbauer im Aufsichtsrat; ab heuer sollen Angewandte, Akademie der Wissenschaften und Johannes Kepler Unversität dort ein Zentrum der Wissenschaften betreiben.

Benko überall?

Die JKU hat einen Innovation Hub mit der Blue Minds Group eingerichtet (d.h. mit den Kerns, Gusenbauer und Hans Peter Haselsteiner); Rektor Meinhard Lukas führte 2007 für Gusenbauer Eurofighter-Scheinverhandlungen und kaschierte dies auch im U-Ausschuss 2017. Es ist verständlich, dass eine mit (größtenteils) Gaga-Meldungen von Schmid beschäftigte Justiz bei all den Verstrickungen nicht Lunte riecht und auch mit Scheingeschäften und Geldwäsche überfordert ist. Bei der Postsparkasse sei bemerkt, dass sie früher für Veranstaltungen genutzt wurde; unter anderem einmal dafür, den Gusenbauer-Spezi Haselsteiner neben liberalem auch sozialdemokratischem Publikum näherzubringen. Würde die Justiz funktionieren, würde Benko jetzt nicht das Leiner-Haus in der Mariahilferstrasse demolieren, dessen Erwerb ihm auch durch Kurz ermöglicht wurde. Ein anderer Hawerer, nämlich Martin Ho, wird ganz in der Nähe das ehemalige Novomatic-Forum pachten. Während die WKSTA mit Schmids Chats beschäftigt ist, könnten wir uns auch fragen, ob es nicht merkwürdig ist, dass die Netzwerke um beide Fälle für die Einlagensicherung 2020 – Anglo-Austrian Bank (Ex-Meinl-Bank) und Commerzialbank – miteinander zu tun haben.

PS: Weil ich mich seit Jahren mit solchen Hintergründen befasse, wird mir sehr zugesetzt. Ich freue mich daher über eure Unterstützung und den Austausch mit euch und bin unter 066499809540 erreichbar. Weil „Zusetzen“ auch bedeutet, mich ökonomisch zu treffen, bedanke ich mich auch für eure finanzielle Unterstützung unter Alexandra Bader, Erste Bank, AT 592011100032875894 BIC GIBAATWWXXX vielen Dank!

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..