Nun wird Papst Franziskus attackiert, weil er für Friedensverhandlungen ist; zugleich überbieten sich deutsche Politikerinnen an Bellizismus. In Österreich steht Wladimir Putin wahlweise wegen der FPÖ oder wegen des hervorragenden Abschneidens von KPÖ Plus bei der Salzburger Gemeinderatswahl vor der Tür. Das US-Finanzministerium wirft der Raiffeisenbank International Unterstützung der russischen Kriegsführung vor und droht mit Sanktionen. Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel erfreut einige NATO-Fans mit einem neutralitätskritischen Kommentar. Eine der Münchner Staatsanwaltschaften ermittelt gegen Signa und Rene Benko wegen Geldwäscheverdacht. Im „profil“ (Raiffeisen und Signa) werden Wirecard und Jan Marsalek als der „Spionagefall des Jahrhunderts“ bezeichnet. Die Wochenendausgabe des „Handelsblatts“ befasste sich auf elf Seiten mit russischer Spionage.
Wie hängt all das zusammen und kann es tatsächlich einen roten Faden geben, präziser verdecktes Operieren, das manchmal mit Beispielen siehe Wirecard erklärt wird? Gehen wir es der Reihe nach durch: irrationale Reaktionen auf den Papst sind getriggert worden, weil viele Angst vor einem russischen Vormarsch haben. Man redete ihnen ein, die Ukraine würde „uns“ verteidigen, sie sei gewissermaßen die letzte Bastion zwischen Putin und uns; das Wort „Ukraine“ wirkt auf viele wie ein Leckerli, das den Speichelfluss anregt. Dabei wird völlig verdrängt (von wegen Bellizismus), dass ukrainische und russische Soldaten sterben, und dass auch jene, die eventuell Taurus-Marschflugkörper programmieren und einsetzen, ein Risiko eingehen. Der Angst-Trigger kommt von Corona bekannt vor, hier Angst vor „dem Virus“ und dort vor Kontrolle; so wird nüchterne Analyse verhindert. Wenn Putin der FPÖ oder der KPÖ zugeordnet wird, was ebenfalls reflexhaft auf Social Media passiert, werden komplexe Vorgänge ausgeblendet. Raiffeisen kann man dem Kreml-Netz zuordnen, aber da haben die USA und andere NATO-Staaten im eigenen Bereich einiges aufzuklären; es sei nur mal „Londongrad“ erwähnt. Bei Postings, die auf den Schüssel-Text Bezug nehmen, kommt aber die unrealistische Hoffnung, dass „wir“ in der NATO dichte Grenzen für Spionage hätten statt offener Türen. Es gilt zu beachten, dass Bilder kreiert wurden, die russische Operationen ausklammern bzw. zudecken.
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