Wer wird nach der Wahl SPÖ-Chef?

Medien machen in der SPÖ mehrere Fraktionen aus, da nur ein Teil der Partei (noch) auf Bundeskanzler Christian Kern setzt. Andere basteln schon an seiner Nachfolge oder bringen sich wie Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil selbst ins Spiel. Dass noch vor der Wahl am 15. Oktober laut darüber nachgedacht wird, wer Kern ablösen soll, wenn der erste Platz verlorengeht, ist natürlich für die SPÖ-Kampagne höchst kontraproduktiv. Hans Rauscher kommentiert im „Standard“ ein Doskozil-Kurz-Interview: „Mein Kollege, Brüsselkorrespondent Thomas Mayer, hatte die beiden bei einem EU-Gipfel in Tallinn, Estland, zusammengebracht. Dort versicherten sie einander, sie betrachteten jeweils den anderen als Partner im Kampf gegen die Migration und für die ‚Sicherheit‘ generell. So etwas kommt – mitten im Wahlkampf – nicht spontan zustande. Sebastian Kurz, der von der SPÖ als Hauptfeind betrachtet wird, bricht einen ganz wichtigen Politiker des Gegners aus der Ablehnungsfront gegen ihn heraus. Doskozil sieht die Chance, eine schwarz(türkis)-blaue Koalition zu verhindern, und bietet sich und die SPÖ de facto als Koalitionspartner unter Kanzler Kurz an. Natürlich nur, wenn die SPÖ Zweiter bleibt; und natürlich mit ihm, Doskozil, als Vizekanzler (eventuell als Leiter des Innenressorts).“

Rauscher sprach übrigens von einem „burgenländischen Putsch“ gegen Kern, da Doskozil Rückendeckung von Landeshauptmann Niessl hat. Ein User bemerkt: „Es ‚kam‘ ja nicht einfach zufällig zum Doppelinterview Kurz/Doskozil sondern Th. Mayer hat die beiden, wie Rauscher selbst feststellt ‚zusammengebracht‘. Das ist ein ganz unüblicher Vorgang, dass der Spitzenkandidat einer Partei mit einem potentiellen Rivalen des Spitzenkandidaten der anderen Partei zum Interview eingeladen wird. Mayer hat sich dabei eher wie ein Heiratsvermittler, denn als kritischer Journalist verhalten. Und 2 Tage später berichtet der Standard von ’sprießenden Gerüchten‘ und ‚angeheizten Spekulationen‘. Sieht sehr wie der Versuch einer Kampagne gegen Kern aus.“ Gerüchte entstanden auch rund um „Hans Peter Doskozil – Sicherheit neu denken“ von Margaretha Kopeinig („Kurier“), gestern in erlesenem kleinerem Kreis vorgestellt und heute an die Buchhandlungen ausgeliefert. Rainer Nowak meint in der „Presse„: „Man könnte das Buch als Rückblick auf seine vergangenen 47 Lebensjahre lesen. Als ausführliche Abhandlung seiner politischen Visionen. Oder, wie es die Austria Presse Agentur formuliert, über weite Strecken als Hagiografie. In jedem Fall ist es eine Kampfansage: Mit Sicherheit an die politischen Mitbewerber, womöglich auch an den eigenen Parteichef. Immerhin wird Doskozil in dem Buch von Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier als ‚idealer Parteivorsitzender‘ bezeichnet.“

 Buch über Doskozil

 
In der Medien-Politik-PR-Twitterblase halten die einen Doskozil für einen guten Politiker, während andere sarkastisch erklären, was sie alles eher täten als so ein Buch zu lesen oder zu schreiben. Nicht von ungefähr postete jemand beim „Standard„: „Ich mag Kern nicht. Mit ihm wird das auch nichts, mit der SP. ABER auch mit keinen Verrätern!

Doskozil ist Kern in den Rücken gefallen und hat sich mit dieser Miesität selbst erledigt.
Btw: Hofer steht zu Strache, wissend, dass mit ihm die FP im Oktober besser abschneiden würde. Aber auch das trau‘ ich der SP zu, einen charakterlosen Typen wie den derzeitigen Verteidigungsminister zum Chef zu machen.“  Sieht man sich an, wer im Burgenland plakatiert wird und wer nicht, wird es einmal mehr deutlich: „Eine herbe Enttäuschung -An diesem Artikel könnte was Wahres dran sein. Ich war am Wochenende im Burgenland. Da ist landauf-landab Doskozil und nicht Christian Kern plakatiert.Sollten die Pläne, die Herr Rauscher vermutet, umgesetzt werden, dann darf man die Sozialdemokratie wohl für längere Zeit abschreiben. Für mich ist Doskozil ohnehin die herbste Enttäuschung der jüngeren Geschichte.“

Da Doskozil im Bundesland Spitzenkandidat ist, muss man ihn plakatieren;  Kern kommt aber nicht vor (auf Tischen bei Veranstaltungen liegen die Folder beider auf). Ein anderer User postet: „ich muss rauscher diesmal wirklich recht geben, das verhalten von doskozil und nissl ist jenseitig und parteischädigend. und für jemanden, der nichts hält von kurz (wie mich), ist es schmerzlich, wenn teile der spö schon jetzt eine noch nicht ausgemachte niederlage akzeptieren und uns um den blossen persönlichen machterhalt dem irrsinn des verwirrten buben und seiner jünger ausliefern.“ (offenbar mag sie oder er ÖVP-Spitzenkandidat Kurz nicht)  Dieses Posting sollte zu denken geben: „Die Fehlkalkulation – Mag sein, dass Niessl und Doskozil im Burgenland machen können was sie wollen. Nach diesen Querschüssen ist aber sicher, dass Doskozil als Kern-Nachfolger niemals österreichweit eine Mehrheit innerhalb der Sozialdemokratie erringen kann. Der letzte SP-Politiker, der sich in Richtung FP-Positionierung verkalkuliert hat, war ein gewisser Karl Schlögl, populärer Ex-Innenminister und jetzt Bürgermeister einer ursprünglich tiefschwarzen Gemeinde. Mehr war für Schlögl in weiterer Folge jedoch nie drinnen.“

 SPÖ auf Twitter

Die Zuspitzung Caspar Einem oder Karl Schlögl als Nachfolger von Viktor Klima führte bekanntlich dazu, dass Alfred Gusenbauer seine grosse Stunde gekommen sah. Johannes Huber schreibt bei „Vienna Online„: „Vor allem in bürgerlichen Kreisen, die gut informiert sein wollen, sind zwei Dinge klar: Dass die Neue Volkspartei von Sebastian Kurz bei der Nationalratswahl auf Platz eins kommt; und zwar ganz eindeutig. Und dass in der SPÖ dann Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil das Ruder übernehmen wird. Ersteres ist möglich; letzteres jedoch unwahrscheinlich. Grund: Die Sozialdemokratie wird sich nach einer Wahlniederlage viel eher in Luft auflösen und allenfalls nur noch einen Abwickler benötigen. Schluss. Aus. Fertig.“ Wie auch auf Twitter ersichtlich pusht die „Kronen Zeitung“ Doskozil, während sie Kern-Pannen genüsslich breittritt. Der Favorit beteuert nun, dass er selbst und die SPÖ natürlich geschlossen hinter Kern stehen. Manches erinnert an die Zeit, als die SPÖ in Opposition gehen musste: „In der SPÖ sind gleich drei Fraktionen unterwegs: die ‚Rechten‘ rund um Burgenlands SPÖ, die eng mit dem Lager von Ex-SPÖ-Kanzler Werner Faymann verbunden sind und die – so behaupten es zumindest mehrere hochrangige Rote – SPÖ-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil ‚in Stellung bringen – entweder für Rot-Blau oder als Vizekanzler für Schwarz-Rot‘. Dass Doskozil nun via APA bekräftigt hatte, dass man ‚mit allen Mitteln‘ den Gang der SPÖ in die Opposition „verhindern“ müsse, heizt diese Gerüchte noch an.

Die zweite Gruppe in der SPÖ unterstützt Kern tatsächlich. Sie – Teile der SPÖ-Wien, die Roten in Niederösterreich, Kärnten und den westlichen Bundesländern sowie Teile der Gewerkschaft – kämpfen darum, dass ‚wir mit Kern, trotz widriger Umstände, Nummer eins bleiben‘. Diese Gruppe würde dafür sorgen, dass Kern – dafür benötigt er die 27 Prozent, die Faymann unter weit leichteren Umständen 2013 erzielte – ‚auch als Nummer zwei Parteichef‘ bliebe. In diesem Fall wäre der Gang in die Opposition wahrscheinlich. Eine dritte Gruppe in der SPÖ möchte einen ’neutralen‘ SPÖ-Chef installieren, der der ÖVP auch als Nummer zwei ein Angebot machen solle.“ Man findet aber auch im Burgenland Rote, die weder Kern noch Doskozil wollen. Sobald medial von „Geheimplänen“ oder „Putsch“ die Rede ist, wird sich kaum mehr durchführen lassen, was (angeblich) anvisiert wird. Zu kurz kommen nicht nur im Wahlkampf fachliche Bewertungen von Politikern, bei denen ja z.B. ein paar Redeausschnitte im Fernsehen nur über ihre Rhetorik Auskunft geben.  Da scheint die „Hagiografie“ des Vizekanzlers in spe ein schlauer Kunstgriff zu sein, verspricht sie doch dessen „Visionen“, stammt aber von einer NATO-affinen Autorin.


Eines von gefühlt einer Million Bundesheer-Inseraten

Am Ende des  Buches wird Peter Pilz interviewt, der mit einer eigenen Liste bei der Wahl antritt. Er habe mit Doskozil gleich nach dem ersten Landesverteidigungsausschuss, den dieser als Minister besuchte verabredet, dass sie was trinken gehen. Sie stellten bald fest, dass bei den Eurofightern einiges „stinkt“, was eines von Pilz‘ Lieblingsthemen ist. Dabei war sicher hilfreich, dass Doskozil mit Kurt Kuch von „News“ befreundet war, der in dieser Hinsicht noch einiges aufdecken wollte, aber vor ein paar Jahren starb. Pilz hat auch ein bisschen Kritik im Angebot, weil Doskozil das Bundesheer Polizeiaufgaben übernehmen lassen will. Er hingegen will, dass es kein Bundesheer mehr gibt, sondern österreichische Kräfte für eine Weltpolizei (man erinnere sich an seine Auftritte rund um die Wehrpflicht-Volksbefragung 2013). Wie Doskozil war bei der Wahl 2008 übrigens der damalige Spitzenkandidat im Burgenland Norbert Darabos seit eindreiviertel Jahren Verteidigungsminister, ohne dass sich jemand bemüßigt fühlte, ihm ein Buch zu widmen. Aber es war ja auch Doskozil, den Pilz für „seine“ (aus den USA stammende) Anti-Eurofighter-Agenda gewinnen konnte und das spielend.

Darabos wurde 2007 Minister, weil ihn alle krass unterschätzten und ihm nicht zutrauten, sich in die Materie einzuarbeiten: Pilz wurde am 22.7. 2007 auf seiner Webseite deutlich: „Der Plan war klar: Die SPÖ verzichtet für das sonst eher unwichtige Verteidigungsministerium auf den Innenminister. Der Verteidigungsminister hatte nur eine politische Aufgabe: den Ausstieg aus dem Vertrag. Der Ausschuss sollte ihm dafür die Gründe liefern.“ Dass er weit besser geeignet war als die nach ihm Kommenden (Gerald Klug ud Doskozil) bezahlt er mit Druck, Abschottung, Überwachung bis heute. Mit anderen Worten lief einiges auch in der SPÖ im Hintergrund und Peter Pilz fungierte in Abstimmung mit Ex-Nachrichtenamtschef Alfred Schätz (wie Pilz sehr sehr US-affin) als Erfüllungsgehilfe. Von Darabos waren Betrugsvorwürfe gegen EADS samt Anzeigen nie zu haben, während Doskozil bei allem eifrig dabei ist. Eine Inserateorgie in Print und Online wie sie sich Doskozil gerade gönnt ist bislang auch ohne Beispiel. Dabei würde Cybersecurity ganz einfach damit beginnen,  sich anzusehen, welche ausländischen Firmen Zugang zu unserer Infrastruktur haben…

PS:  Wie hier beschrieben werde ich seit Jahren wegen kritischer Berichte fertiggemacht; nun suchen die Kater Baghira und Gandalf und ich ein neues Quartier, bvorzugt in Wien oder Wien-Umgbung. Wer etwas für mich hat oder weiss hilft mir damit sehr. Auf den Wunsch vieler treuer Leserinnen und Leser hin ist finanzielle Unterstützung  jederzeit willkommen: Alexandra Bader, Erste Bank BLZ 20111, BIC GIBAATWWXXX, IBAN AT592011100032875894. Ihr erreicht mich unter 06508623555, alexandra(at)ceiberweiber.at und ich bin auf Facebook und Twitter (cw_alexandra)

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