Schlagwort-Archive: Leaks

Welche Bedeutung haben die Pentagon-Leaks?

Das „Pentagon Leak“ erinnert nicht zufällig an die Pentagon Papers vor vielen Jahren. Ausserdem wird auf Edward Snowden vor zehn Jahren verwiesen, der heute mit Familie in Russland lebt. Jack Teixeira scheint jedoch ohne politische Motive geheime Dokumente veröffentlicht zu haben, um anderen in seiner Chatgruppe zu imponieren. Der 21jährige gehörte zur Air National Guard und wurde am 13. April in seinem Elternhaus verhaftet. Es heisst, er sei Gamer, Waffennarr, gläubig, gegen diesen Krieg und mit Hang zu Verschwörungstheorien. Aber das sind Beschreibungen aus der Presse, die klischeehaft klingen; in den USA nennt man ihn nicht „mole“, in deutschsprachigen Medien aber sehr wohl „Maulwurf“ oder man behauptet, er habe „das Pentagon ausspioniert“ siehe „Kurier“. Tatsächlich hat ein Personenkreis von 1,5 Millionen Amerikanern Zugang zu als geheim eingestuften Dokumenten. Das bedeutet jedoch nicht, dass alle jedes Papier zu jeder Zeit ansehen können oder überhaupt jemals so etwas lesen. Dennoch kommen die USA nun in Erklärungsnot und müssen auch begründen, warum ein relativ junger Mann Dokumente zunächst abschreiben und dann ausdrucken und privat fotografieren konnte.

Teixeira ging am 26. September 2019 zur National Guard, als er erst 17 war und wurde im September 2022 einberufen, um auf der Otis Air National Guard Base in Cape Cod, Massachusetts Dienst zu tun; er gehörte dem 102nd Intelligence Wing an. Dort hatte er Zugang zu einem internen Computersystem des Militärs, d.h. zum Joint Worldwide Intelligence Computers System (JWICS) mit Top secret-Dokumenten, die er lesen und ausdrucken konnte. Ironischer Weise durfte er kein Handy in den Dienst mitnehmen aus Sicherheitsgründen. Die kleine Gruppe von 20 bis 25 Personen auf Discord, die sich mit Waffen, militärischer Ausrüstung und Gott befasst, heisst „Thug Shaker Central“, Teixeira hatte den Usernamen OG. Man nimmt an, dass er den anderen zunächst imponieren wollte, indem er Dokumente abschrieb und ihnen Geheimdienstarbeit erläuterte. Doch die anderen User (auch aus Russland und der Ukraine) waren mehr an Videos über Ausrüstung interessiert. Teixeira wurde kühner und begann, Dokumente auszudrucken, zu fotografieren und zu posten, wobei er die Bilder offenbar nicht zugeschnitten hat. Am Rand sichtbare Details waren dann recht nützlich für die Ermittler; ausserdem bezahlte er Rechnungen von Discord. Er schärfte den anderen ein, dass sie die Aufnahmen unter keinen Umständen verwenden dürfen, doch sie tauchten zunächst auf anderen Discord-Kanälen wie jenem von wow_mao auf und schliesslich auf russischen Telegram-Kanälen. Ab diesem Moment bekam es Teixeira mit der Angst zu tun, den jetzt eine lange Haftstrafe erwartet.

Mark Esper bei CNN

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Florian Klenk, supernackt

Wir erinnern uns, dass Ibizagate im Mai 2019 zunächst glatt unter Beteiligung von Florian Klenk über die Bühne ging. Es wurden sofort vollendete Tatsachen geschaffen und dank einer anonymen Anzeige wurde dann auch das erste Verfahren gegen Ex-Vizekanzler Heinz Christian Strache eröffnet, dem alle weiteren zugeordnet sind. Als per Hausdurchsuchungen und indem eine entsprechende Anordnung geleakt wurde, die Stimmung gegen Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz gedreht wurde, konnten Klenk und Co. einen weiteren Treffer landen. Diesmal aber versuchten einige herauszufinden, wie der Ablauf konkret war, ob hier also etwas gelenkt wurde mit der Absicht, Kurz zu stürzen und Neuwahlen herbeizuführen. Daraus wurde dann ein erbitterter Streit zwischen Klenk, Richard Schmitt vom Exxpress und dem Plagiatsgutachter Stefan Weber, den Klenk eigentlich in seinem Lager vermutet hätte. Langsam fällt Weber wie Schuppen von den Augen, dass Klenk ganz anders ist, als er ihn sich vorgestellt hatte, als wir alle ihn uns vorstellen sollen. Nun weist er Klenk Manipulation und Unredlichkeit nach, was aus dessen Sicht natürlich wie Öl ins Feuer gießen ist.

Klenk verteilte Justizakten grosszügig und ungeschwärzt via WhatsApp und scheint ausserstande, Fehler einzugestehen (weil sie bei ihm System haben?). Im Exxpress wurde darauf hingewiesen, dass Klenk in Niederösterreich nur rund 1500 Meter von einem Oberstaatsanwalt der Korruptionsstaatsanwaltschaft und dessen Partnerin entfernt wohnt, welche die Chats des Thomas Schmid auswertet. Ohne sich die Mühe zu machen, die Berichterstattung zu lesen und mit der Redaktion Kontakt aufzunehmen, verurteilte nun die Staatsanwältevereinigung das Vorgehen des Exxpress und nahm wie der Presseclub Concordia auch Klenk in Schutz. Auch um abzulenken, fühlte sich Klenk von einem Twitter-User bedroht, wandte sich an die Kripo, die ihn sofort einvernahm und den Mann ausforschte, auf den Klenk jetzt per Twitter hintritt. Dabei ist Klenk selbst alles andere als zimperlich, wie auch Gert Schmidt von der EU-Infothek erleben musste, dessen Ibizagate-Recherchen Sand im Getriebe sind.

Oliver Scheiber für Florian Klenk

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Regierungskrise: Wer putscht hier gegen wen?

Es entbehrt nicht der Ironie: weil Sebastian Kurz und Co. erfolgreich gegen Reinhold Mitterlehner intrigierten, wird jetzt erfolgreich gegen Sebastian Kurz intrigiert. Man könnte einwenden, dass es Sache einer Partei ist, wer an ihrer Spitze steht – doch halt, Mitterlehner trat im Mai 2017 ja nicht nur als ÖVP-Chef, sondern auch als Vizekanzler zurück. Daher geht es wohl doch einige Menschen mehr etwas an – was dann aber auch für das Vorgehen gegen ÖVP-Chef und Bundeskanzler Kurz gilt. Leicht lässt man sich hier zu emotionalen Reaktionen anstacheln, statt das Gesamtbild zu bewerten. Ausserdem wissen die meisten auch nicht, dass all jene, die sich jetzt inklusive Justiz gegen das „System Kurz“ in Stellung bringen, ihren eigenen Ansprüchen nicht genügen. Unten verwende ich einen Screenshot von Exxpress.at, der die Korruptionsstaatsanwaltschaft im Hintergrund zeigt, die neben anderen Einrichtungen im Gebäude in der Mitte residiert.

Ich werde auch ein Foto von mir aus dem Jahr 2019 einbauen, als ich die WKSTA vergeblich auf wesentliche Fakten aufmerksam machen wollte, die sie bei Eurofighter-Ermittlungen nicht berücksichtigt. Es wird auch jetzt immer absurder, weil die lange schon beklagte Inseratenkorruption jetzt zur Erpressung von früheren Mitgliedern der Bundesregierung umgedeutet wird. Wenn die „Richtigen“ erpressen, denen die Justiz aus der Hand frisst, sieht sie aber brav weg, wie ein Beispiel unter dem Motto „Gegen wen man putschen darf“ noch zeigen wird. Es fällt bei der Anordnung zur Hausdurchsuchung, die den raschen Sturz von Kurz einleitete, ja immerhin auf, dass sie eher journalistisch formuliert ist. Ausserdem scheint sie im Vorfeld mit Peter Pilz akkordiert worden zu sein, dessen „Zackzack“ sie veröffentlichte, als die Ermittler vor Ort eintrafen. „Journalistisch“ sollte man durchaus im Sinne jener Stimmungsmache sehen, die inzwischen mit Berichterstattung verwechselt wird.

Screenshot von Exxpress.at

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Justiz: Nacktfotos in der Bananenrepublik

Wenn es einen funktionierenden Rechtstaat, eine echte Opposition und unabhängige Medien gibt, kann Korruption effizient bekämpft werden. Alle drei Voraussetzungen gibt es in Österreich nicht, auch wenn manche Hochgefühle haben wegen delikater Justizleaks. Einmal mehr zeigte sich, dass immer die selben Akteure keinerlei Skrupel haben und ihnen immer noch andere hinterherrennen. Denn Rudi Fussi behauptete, es wären auf dem Handy von ÖBAG-Chef Thomas Schmid auch 2500 Fotos gefunden worden, die er mit #beidlgate umschrieb. Manche schrien da gleich empört „auf dem Diensthandy!“, doch es könnte auch in seiner Cloud gewesen sein, auf die er via Phone Zugriff hat. Der Punkt ist jedoch, dass jemand geleakt haben muss und dass neben Fussi auch Peter Pilz mit „Zackzack“ zu den Nutzniessern gehört. Freilich geht Pilz selbst, der an der Demontage von Bundeskanzler Sebastian Kurz mitwirken will, mit keinem Wort darauf ein, sondern überlässt es seinem Redakteur Thomas Walach und seinem Zeichner Othmar Wicke.

All jene, die meinen, die Korruptionsstaatsanwaltschaft sei ein Instrument politischer Agitation, sehen sich jetzt natürlich bestärkt. Dies wird aber auch deutlich, wenn man bedenkt, wie auf Zuruf von Pilz via Walach ermittelt wird wegen der Behauptung, Kurz habe die Netzwerkerin Gabriela Spiegelfeld 2018 im Urlaub auf Mallorca besucht. Nun spielte sie bei seiner Kampagne 2017 durchaus eine Rolle, doch die Verhaberung der WKSTA mit Pilz spricht der Rechtstaatlichkeit Hohn. Wenn man selbst zu Korruptionsermittlungen recherchiert, stellt man fest, dass alles ignoriert wird, was jene Kreise berührt, deren Agieren Pilz deckt. So entsteht auch ein falscher Eindruck über jene Koalition, deren Ende im Mai 2017 durch die Ablöse von Reinhold Mitterlehner Vizekanzler an der Spitze der ÖVP eingeleitet wurde. Dazu tragen auch Medien bei, die sich an exakt die gleichen Tabus halten wie die WKSTA und Abgeordnete, die alles ausblenden, was sie sich nicht ansehen sollen. Auf diese Weise findet das Lästern über Chatprotokolle und #beidlgate in einer simulierten Realität statt, der jederzeit der Boden unter den Füssen weggezogen werden kann.

Richard Schmitt vom Exxpress auf Twitter

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Ist die Ibiza-Affäre jetzt aufgeklärt?

Nach einem halben Jahr macht Ibizagate nochmals Schlagzeilen, mit weiteren Hausdurchsuchungen und Festnahmen. Deutlich wird, dass mit kriminellen Mitteln gegen Heinz Christian Strache und Johann Gudenus vorgangen wurde, die jedoch keinen großen Verlust für die österreichische Politik darstellen. So zwiespältig sollte auch die Beurteilung von Enthüllungen sein, die in jene Lücke stoßen, die durch Verschwiegenheit der Justiz entstanden ist. Es fällt auf, dass es über das sonstige Maß an medialer Rivalität hinausgehend Spitzen gibt, die im „Kurier“ (Printausgabe 20.11.) am deutlichsten werden. Dieser wendet sich, ohne Namen zu nennen, gegen Gerd Schmidt und seine Webseite EU-Infothek, die sozusagen die Führung beim Identifizieren von Beteiligten übernommen hatte. Wer will hier wirklich aufdecken und wer vertuschen, oder wird gemeinsam an einem Narrativ gebastelt?

Unbestreitbar seltsam ist aber, dass eine mutmaßlich Beteiligte, die Ex von Detektiv H., Frau R. 50.000 Euro erhielt und schon einen Flug nach Kalifornien gebucht hatte. Andererseits soll Schmidt stolze 46.000 Euro geboten haben, um den Namen der falschen „Oligarchenichte“ zu erfahren(?). Außerdem gab er den beiden Bosniern S. und K. (die füŕ H. arbeiteten) 60.000 Euro für Infos, die er dann Stück für Stück veröffentlichte („Kurier“). Es scheint festzustehen, dass von Strache 400.000 Euro für das gesamte Material gefordert wurden, inklusive dreier Szenen, die nicht „Süddeutscher“, „Spiegel“ und „Falter“ gezeigt wurden. Die Behörden sind zweifellos im Schneckentempo unterwegs und haben sich bislang auch nicht darum bemüht, Anwalt M. und Detektiv H. festzunehmen. Stattdessen werden Handlanger (von Handlangern?) erwischt, da von rund elf Involvierten nicht jeder alles wusste. Zur Dramaturgie gehörden auch Leaks, etwa den „bisher vertraulichen Haftbefehl, der ÖSTERREICH vorliegt“ und der wiederum auf einer Sachverhaltsdarstellung basiert, die der Anwalt Heinz Dietmar Schimanko einbrachte, der für Johann Gudenus und EU-Infothek arbeitet.

Richard Schmitt und  Gerd Schmdt

 

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Kickl vs. Pilz – Der Agentenkrieg

Seit Monaten versuchen Opposition und Medien, die Koalition zu sprengen, indem sie Innenminister Herbert Kickl abschießen wollen. Auf den ersten Blick taugt er schon von seinem Ressort her als Feindbild für diejenigen, die zur Materie wenig Bezug haben. Denn das bedeutet immer, Notwendiges und wirklich zu Kritisierendes nicht so genau  unterscheiden zu können und schon gar nicht zu verstehen, wieso Menschen ihre Jobs gerne machen. Doch Kickl nimmt eine Herausforderung an, nachdem Peter Pilz über Jahrzehnte vertrauliche Infos an die Öffentlichkeit spielte, so Institutionen und Personen in Mißkredit brachte und Politiker auch immer wieder untergriffig attackierte. Nachdem Kickl gerade in den letzten Tagen (Stichwort: Identitäre) von Pilz übelst geschmäht wurde („größte Gefahr für Europa„, „Innenminister der Neonazis„),  geht er zum Gegenangriff über. Das Maß war voll, als deutsche und österreichische Medien unter Bezug auf holländische (und auf Reuters) behaupteten, das britische MI 5 und der niederländische Dienst AVID hätten alle Kontakte zum BVT abgebrochen. Es wurde der Eindruck erweckt, dass holländische Gerüchte wiedergegeben und hierzulande dann von Pilz bestätigt werden, dabei setzte er sie selbst in die Welt. Kickl stellt richtig fest, dass man das nur dann tut, wenn man der öffentlichen Sicherheit schaden will und verantwortungslos agiert.

Auch wer ihn nicht mag, muss ihm (ansonsten lehnt er oder sie den demokratischen Rechtsstaat ab!) zugestehen, dass er als Minister ein Recht darauf hat, sich gegen Hackl ins Kreuz zu wehren, dass es sogar seine Pflicht ist. Es würde ihn nicht wundern, wen Pilz auf der Liste des einen oder anderen ausländischen Geheimdienstes stünde, sagte Kickl am Ende des Pressefoyers. Pilz postete als Reaktion mehrmals auf Twitter, dass Kickl „wild um sich schlage“, was Emotionen wecken / simulieren und ablenken soll; dann produzierte er ein Video, in dem er Kurz dazu zwingen will, Kickl aus der Bundesregierung zu entfernen. Er arbeitete immer wieder mit Drohungen und Verleumdungen auch gegen Regierungsmitglieder und gegen Leute in den Parteien, die ihn bisher ertragen mussten; in den letzten Wochen häufte sich allerdings, was öffentlich wahrnehmbar war und auf die Bundesregierung abzielte. Inzwischen stellte er auch eine Anfrage an Kickl, die der Standard (ihm und seinen Narrativen stets zu Diensten) mit einem Foto des grinsenden Pilz ins Netz stellte (Kickl wird wenig schmeichelhaft abgebildet, etwa wenn er sich an die Krawatte greift). Um zu zeigen, dass man Kickls Andeutungen nicht auf der Gefühls-, sondern auf der Verstandesebene bewerten muss (egal wie man zu ihm steht), verwende ich hier ein Facebook-Posting zu einigen Hintergründen, das ich aus dem Gedächtnis ohne nachzusehen verfasst und durch einige Links ergänzt habe.

Kickl nach dem Ministerrat, 10.4.2019

 

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Relotius und die Recherche

Dieser Tage kursiert ein Video von einer Veranstaltung, bei der sich Claas Relotius seltsam vage zum Reporterdasein äußerte. Er diskutierte mit Daniel Puntas Bernet und Roland Schulz, der als Einstieg über eine Geschichte zu einer Überfallserie sprach. Dies wird sofort konkret und man erfährt, dass Schulz durch eine Zeitungsnotiz darauf aufmerksam wurde und ein halbes Jahr lang immer wieder recherchierte. Hingegen erzählt Relotius von einem Besuch in einem US-Gefängnis bei einem Inhaftierten, der einen dementen “ Kollegen“ betreut. Relotius eiert so sehr herum, dass man erst im „Spiegel“ nachsehen muss, ob es um einen Gefangenen und einen Pfleger, zwei Gefangene und einen Pfleger oder um zwei Gefangene geht, von denen einer als Pfleger fungiert. Ausserdem hat er ganz lässig unter Hackern recherchiert; eine Erfindung, wie Armin Wolf in seinem Blog betont.  In einem der zahlreichen Berichte über Relotius stand,  er wollte nicht, dass seine Texte online gestellt und ins Englische übersetzt werden. Nun ist die Geschichte im Netz abrufbar und mit dem Vermerk versehen, dass sie überprüft wird. Relotius wollte sich beim Event cool geben und sagte, dass er einen Tag im Gefängnis verbringen und alles wie die Häftlinge machen konnte, nur dass er nicht duschte, aber er musste Schnürsenkel und Gürtel abgeben.

Das ist dann wohl ein Fall für die Dokumentationsabteilung des „Spiegel“, doch ich bin sicher nicht die Einzige, die da gleich stutzig gewesen wäre. Eingefädelt hat er den Besuch via Mail an die Gefängnisleitung, sagt er, da noch bewundert von „REPORTAGEN„-Chefredakteur Daniel Puntas Bernet,  der ihm auch Arbeiten abnahm und meinte, so etwas sei unmöglich. Bei Schulz klingt das Reporterdasein nach systematischer, auch harter Arbeit, bei Relotius hingegen easy und sexy. Es fällt auf, dass Frauen dann Fragen stellen und Relotius sofort direkten Draht zu ihnen hat, auf du und du Auskunft gibt, während bei Schulz und Bernet eher ein wenig Distanz des Fachmanns dabei ist. Bei ihnen spielt immer wieder eine Rolle, wie sie auf Menschen reagierem, über die sie schreiben. Schulz spricht von einem abgehobenen Professor, wo nach ein paar Tagen aus ihm herausbrach, was er von ihm hielt; Bernet war im Dilemma, als er über die dunklen Seiten eines Konzerns in Afrika recherchierte, dessen CEO ihm auf Anhieb sympathisch war. Während beide hier Ausgleich durch die Redaktion brauchen, hat Relotius keinerlei Probleme mit emotionaler Involvierung im positiven oder negativen Sinn.

Diskussion im Freitag-Store in Hambur

 

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Wird Kanzler Kurz zum Anti-Trump aufgebaut?

Als wider Erwarten Donald Trump und nicht Hillary Clinton gewählt wurde, beeilten sich die Medien, Angela Merkel zum „leader of the free world“ zu machen. Doch da ihr Stern immer mehr im Sinken ist, braucht es eine andere europäische Alternative, und da scheint sich Kanzler Sebastian Kurz anzubieten. So lässt sich eine Einladung von Ex-Google-CEO Eric Schmidt an Kurz in den elitären Yellowstone Club in Montana interpretieren, denn Schmidt war einer der wichtigsten Unterstützer Clintons. Freilich ist man auch quer durch die politischen Lager vernetzt, doch diese Geste an Kurz hat weit mehr mit Clintons Umfeld zu tun als mit jenem von Trump. Charakteristisch ist, dass im Vergleich zu diesem Geheimtreffen, zu dem Kurz privat und auf eigene Kosten anreisen soll, die Meetings der Bilderberger ein Ausbund an Transparenz sind. Selbst der „Kurier“ scheiterte mit Anfragen zum mysteriösen Termin des Kanzlers, wie wir der Sonntagsausgabe entnehmen können. Er kann es nur so formulieren, dass Schmidt „in diesen Tagen wieder einmal die Tech-Elite und globale ‚Leader‘ in den Bergen von Montana zu einem streng von der Öffentlichkeit abgeschirmten Gedankenaustausch versammelt“.

Und man erwartet nicht, dass Kurz selbst diese Geheimniskrämerei durchbricht: „Dass Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz, der als einer der wenigen politischen Entscheidungsträger eingeladen ist, seine 300.000 Twitter-Anhänger mit Selfies bedienen wird, die ihn mit den Bossen großer Silicon-Valley-Player vor der imposanten Sommer-Kulisse der Rocky Mountains zeigen, ist allerdings einigermaßen unwahrscheinlich.“ In der relativen Nähe Idahos gab es vor einigen Tagen die traditionelle „Allen & Co. Media and Technology Conference“, an der u.a. Jeff Bezos (Amazon) und Rupert Murdoch (Fox News) teilnahmen. Zur Geschichte des Yellowstone Club gehört ein Bankrott vor 10 Jahren und dann die Übernahme durch den Hedgefonds Cross Harbor Capital Partners. Wenn man etwas gründlicher sucht als der „Kurier“, landet man bei Infos über Deals mit der Credit Suisse und dem Milliardär und Bill Clinton-Freund Ron Burkle, der beim Uranium One-Skandal eine Rolle spielte, und bei Zuwendungen an die Demokratische Partei von Montana sowie an Hillary Clintons Kampagne 2008. Konkret begannen die Troubles für den Klub-Gründer Tim Blixeth mit der zunächst einvernehmlichen Scheidung von seiner Frau Edra; danach übernahmen zunächst Burkle und die Credit Suisse das Luxusressort.

Werbefilm des Yellowstone Club

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USA und Europa: Kampf gegen den Deep State

Ein Schattenstaat, der meist Deep State genannt wird, beeinflusst politische Entscheidungen, benutzt die Medien und „die“ Zivilgesellschaft und verfolgt handfeste wirtschaftliche, militärische und geopolitische Interessen. Man kann sowohl seinen Druck und seine Methoden als auch den Widerstand dagegen gut an Vorgängen in den USA studieren, das Muster jedoch ebenso bei uns erkennen. Charakteristisch ist, dass im Mainstream heruntergespielt oder verzerrt wird oder etwas überhaupt nicht stattfindet. In Amerika und zunehmend auch bei uns haben Alternativmedien die Rolle eines kritischen Journalismus übernommen, der vom Mainstream wegen seiner Verbindungen zu Council on Foreign Relations, BIlderberg-Gruppe und Trilateraler Kommission nicht zu erwarten ist. „Russian Bots Call for Release of FISA Memo“ liest man da etwa, in der Unterstellung, dass Informationen zur Verletzung des Foreign Intelligence Service Acts durch die Clinton-Kampagne nur Russland mittels Twitterbots und Trollen erfordert.

#ReleaseTheMemo wird aber mit jedem Versuch, Bürger mundtot zu machen. von mehr Menschen zunehmen auch im deutschen Sprachraum gepostet. Bei der kläglichen Rolle der US-Demokraten, deren Kampagne von den „eigenen“ Leuten an die Wand gefahren wurde (welch eine Parallele zur SPÖ, bei der es auch vor allem um durch fragwürdige Methoden selbstverursachte Pannen ging!), wundert es nicht, dass sie ebenfalls auf dem „Russian Bot“-Trip sind, wie sie nach Trumps Sieg von einem „Russian Hack“ sprachen. Die Abgeordneten Diane Feinstein und Adam Schiff berufen sich auf den German Marshall Fund: „Several Twitter hashtags, including #ReleaseTheMemo, calling for release of these talking points attacking the Mueller investigation were born in the hours after the Committee vote. According to the German Marshall Fund’s Alliance for Securing Democracy, this effort gained the immediate attention and assistance of social media accounts linked to Russian influence operations. By Friday, January 19, 2018, the #ReleaseTheMemo hashtag was ‚the top trending hashtag among Twitter accounts believed to be operated by Kremlin-linked groups.’Its use had ‚increased by 286,700 percent‘ and was being used ‚100 times more than any other hashtag‘ by accounts linked to Russian influence campaigns. These accounts are also promoting an offer by WikiLeaks to pay up to $1 million to anyone who leaks this classified partisan memo.“

Sean Hannity war vorübergehend bei Twitter gesperrt

 

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Sind die Medien schuld an der SPÖ-Niederlage?

Immer noch wird versucht, anderen die Schuld am Verlust der SPÖ-Kanzlerschaft zu geben. So hat der Kommunikationswissenschafter Fritz Hausjell für die „Zeit“ 10 Thesen formuliert, die fehlende Recherche und politische Schlagseite in der Berichterstattung unterstellt. Ein User weist in einem Kommentar darauf hin, dass „einmal mehr die beinah völlig unbedeutende Information“ fehlt, „dass Fritz Hausjell Mitglied im Bund Sozialdemokratischer Akademiker (BSA) ist (wikipedia). Und dementsprechend ist der Artikel auch geschrieben….Dieser Artikel beklagt fehlenden investigativen Journalismus und begnügt sich dabei selbst mit Behauptungen und unbelegten Gerüchten. Investigativer Journalismus schaut jedenfalls anders aus.“ Tatsächlich ist Hausjells erste These der Affäre um Dirty Campaigning gewidmet, die die SPÖ auf ihre Kappe nehmen muss. Der Autor beginnt so: „Sind die Medien schuld am Wahlergebnis, wie etwa Bundeskanzler Christian Kern behauptete? Tragen sie die Verantwortung für den Sieg der ÖVP von Sebastian Kurz und für den weiteren Aufstieg der Freiheitlichen? Diese Fragen müssen sich Teile des österreichischen Journalismus gefallen lassen. Am besten wäre es, die Medien stellten sich diese Fragen selbst, um nach der nächsten Wahl nicht neuerlich als Verlierer dazustehen.“

Dann präsentiert er „These 1: Entgegen dem äußeren Anschein war der Journalismus in diesem Wahlkampf aufdeckungsschwach. Denn die Enthüllung der Aktivitäten von Kern-Berater Tal Silberstein und seiner Söldnertruppe, welche die letzten Wahlkampfwochen dominierte, erfolgte nicht durch journalistische Methoden, also durch Recherche. Das belastende Material war vielmehr von politischen Akteuren organisiert und dann ausgewählten Medien auf dem Tablett serviert worden. Ein ähnlicher Mechanismus sorgte auch dafür, dass den Medien andere Dokumente zugespielt wurden. Investigativer Journalismus hätte den Umstand, dass hier die jeweils politisch gegnerische Seite massiv ihre Finger im Spiel hatte, thematisieren müssen. Das ist nicht erfolgt. Daher müssen sich die betreffenden Medien den Vorwurf der Instrumentalisierung gefallen lassen.“ Er stellt als Faktum hin, was nicht bewiesen ist, und blendet aus, dass man ohne Informanten und Informationen ja wohl kaum etwas enthüllen kann. Und er erwähnt nicht, dass sich durch diverse Veröffentlichungen ein klares Bild vom Agieren des von Kern angeheuerten Beraters Silberstein ergibt.

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