„Zweifel? Ich doch nicht!“ ist der Titel eines Artikels in der Rubrik Management & Karriere in der „Wirtschaftswoche“ 03/2024, online wird unter „Wie gewinnt man Autorität ohne autoritär zu werden?“ darauf aufmerksam gemacht. Er passt zum Titel mit einer Shilouette von Donald Trump und der Schlagzeile „Sind wir vorbereitet?“, die dazugehörige Geschichte trägt den Titel „Macht euch bereit“. Zitiert wird unter anderem der Transatlantik-Koordinator der deutschen Bundesregierung Michael Link mit: „Wir müssen zumindest tun, was wir können, um uns vorzubereiten.“ Die Zweifel-Story dreht sich um Führungsstärke und wird illustriert mit Zeichnungen von Wladimir Putin, Giorgia Meloni und Geert Wilders in einem Bild und extra einem Boris Pistorius in Denker-Pose. Offenbar soll dieser Text mit dazu beitragen, dass Pistorius Bundeskanzler Olaf Scholz ablöst. Am 19. Jänner berichtete die „taz“ über einen „Aufstand gegen Scholz“ von 20 SPD-Abgeordneten, die mit Kollegen aus Kanada und den USA einen Waffenstillstand in Gaza fordern. Die „Sehnsucht nach Stärke“ sei so gross wie lange nicht mehr, heisst es in der „Wirtschaftswoche“, und man kann auch angesichts der Auseinandersetzungen vor der Nationalratswahl in Österreich schwer widersprechen. Inflation, individuelle Abstiegsangst, Krieg in Europa und Kriegsgefahr anderswo sorgten dafür, dass sich die Menschen nach Politikern sehnen, die Stärke ausstrahlen, „selbst wenn manche von ihnen wohl ahnen, dass diese nur ein Schein ist. Differenziertheit oder gar Zweifel werden kaum goutiert“. Es könnte daher „das Jahr der kraftmeiernden Typen werden, die vorgeben zu wissen, wo es langgeht“. Es drängen Männer und auch ein paar Frauen auf die politische Bühne, die „lieber referieren als zu reflektieren“ und nie öffentlich zugeben würden, dass sie einmal etwas nicht wissen oder gar falschliegen“. Die Situation von Politikern wird mit jener von Managern verglichen, aber (Vorsicht, Fehler) die Unterschiede werden nur im Verantwortungsbereich und in Wahlen gesehen. Dabei spielt eine grosse Rolle, dass Medien Politiker ständig im Focus haben, während sie seltener und wenn, dann meist wohlwollend über Manager berichten; das fällt uns z.B. bei Signa und dem gehypten Rene Benko auf den Kopf. Die Psychologin Stephanie Stahl meint, es liegt in unseren Genen, auf archaisches Verhalten zu reagieren und anzunehmen, wir hätten eine echte Führungspersönlichkeit vor uns. Deshalb inszenierten „populistische Alphatiere“ gerne ihre körperliche Stärke, nehmen Raum ein und machen Konkurrenten klein; es ist typisches Machogehabe.
Stahl meint, das Eingeständnis von Fehlern werde von den Menschen gewürdigt, doch man braucht dazu eine reflektierte und differenzierte Bevölkerung. Ein wirklich guter Politiker sei unabhängig von der Meinung anderer; es ist auch ein Zeichen von Stärke, seine Haltung zu überdenken. Nicht Boris Pistorius kommt zu Wort, sondern der grüne EU-Abgeordnete Reinhard Bütikofer, der 2021 von chinesischen Sanktionen (Einreiseverbot) betroffen war, was ihm zu ungeahnter Popularität in den USA verhalf. Er spricht von einem „inneren Kompass“, der die Einordnung neuer Fakten erleichtert; man müsse das Wesentliche herausfiltern. Seiner Biografie zufolge war er in der Gesellschaft für deutsch-chinesische Freundschaft aktiv, studierte Sinologie ohne Abschluss und engagierte sich wie Winfried Kretschmann im maoistischen Kommunistischen Bund Westdeutschland. Es fällt bei Berichten über das gerade stattfindende WEF in Davos auf, dass Russlands Bündnispartner China sehr wohl präsent ist und darauf auch hinweist, während die Russen fehlen; dies gehört zu den geopolitischen Aspekten, die wir einordnen müssen.
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