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Sky Shield und Neutralität: Nichts ist, wie es scheint

Nun soll doch über den Beitritt zur European Sky Shield Initiative diskutiert werden, denn dies kündigte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka an. Freilich fragt sich, wer mit ihm reden will, zu dem es Stichworte gibt wie teure Reisen, Verbindungen zu Wirecard und Jan Marsalek, Gast sein bei Rene Benko und auch jenes goldene Klavier, das zeitweise im renovierten Parlament stand. Ich dachte aber plötzlich „Missile Shield“ statt „Sky Shield“, was nicht vielen als falsche Bezeichung aufgefallen wäre. Doch die Debatte über den in Osteuropa installierten Raketenschild (System Aegis von Lockheed Martin) gab es auch bei uns und sie ist mit der Gegenwart verbunden. 2007 lehnte Verteidigungsminister Norbert Darabos den Missile Shield ab, den er als für Europa nachteilige Provokation Russlands betrachtete. Ihm konterten unter anderem Michael Spindelegger (später Vizekanzler) und Christopher Drexler (für ein Ende der Neutralität und jetzt steirischer Landeshauptmann), während Kanzler Alfred Gusenbauer sich keinen Haxen für Darabos ausriss. Würden wir dies bloss auf Basis der seit Februar 2022 geführten Debatte über den Krieg in der Ukraine und unsere Neutralität einordnen, wäre Darabos auf der Linie alternativer Medien und diverser Kritiker z.B. in den USA. Hingegen wären Spindelegger und Drexler typische Transatlantiker, die meinen, ein Minister verletze die Neutralität, wenn er das wichtigste sicherheitspolitische Vorhaben der USA in jener Zeit negativ bewertet.

Doch Spindelegger war später für den Putin-nahen ukrainischen Oligarchen Dmytro Firtash tätig, der sich seit 2014 in Wien der Auslieferung in die USA entzieht. 2007 war Wolfgang Schüssel nicht mehr Kanzler, sondern ÖVP-Klubobmann und war in den folgenden Jahren russischer Aufsichtsrat und Gast beim Valdai-Forum. Wir können Schüssel und Gusenbauer dem Putin-Oligarchen Oleg Deripaska und Putin-Berater Walentin Jumaschew zuordnen; ausserdem ist Gusenbauer mit Wladimir Jakunin verbunden (Ex-KGB und bis 2015 Chef der russischen Eisenbahnen). Zu Jakunin hat auch der Leiter der Landesverteidigungsakademie Erich Csitkovits Bezug, der zuvor Stabschef zuerst von Günther Platter und dann von Darabos war (hier mehr zu Verbindungen zwischen Kreml und Landesverteidigung). Tatsächlich ist nichts so, wie es zunächst scheint, denn Darabos muss(te) Angst haben vor dem langen Arm des Kreml, mit dem sich so viele andere arrangierten.

Tanner 2022 zu Sky Shield

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Internationale Presse gegen Österreich wegen Putin – zu Recht?

Einige ziehen sich mit Vergnügen an der Schelte internationaler Medien für Österreich wegen der Beziehungen zu Russland hoch. Was dem Narrativ widerspricht, wird ausgeblendet, denn man diskutiert nicht darüber, ob man nicht bei der Recherche selbst beim Kreml-Netz andockte. Sam Jones von der „Financial Times“ behauptet auf Twitter, die Verflechtungen zwischen Russland und Österreich seien sein wichtigstes Steckenpferd. Zugleich zitiert er in seinem jüngsten Artikel neben feigen anonymen Diplomaten Steffi Krisper von den NEOS (Hans Peter Haselsteiner -> Oleg Deripaska und Wladimir Putin), den Geheimdienstexperten Thomas Riegler und Gustav Gressel (früher Landesverteidigungsakademie und Direktion für Sicherheitspolitik). Haselsteiner gehört zum Umfeld Deripaskas und war daher am Erwerb der Sberbank Europe beteiligt, der paradoxer Weise den Segen der Sanktionsbehörde DSN hat. Was die Direktion und die LVAk mit dem Kreml-Netz zu tun haben, stelle ich hier dar; die FT wies ich auch darauf hin. Gressel meinte vor einem dreiviertel Jahr bei NTV in seiner Rolle als Militärexperte, dass die USA die „EU-Hosenscheisser“ an die Hand nehmen müsse. Wie der Leiter der LVAk Erich Csitkovits, der frühere Leiter der Direktion für Sicherheitspolitik Johann Frank und andere war er immer zu sehr „Hosenscheisser“, um gegen das Aushebeln der Befehlskette auf dem Rücken der Minister Norbert Darabos und Gerald Klug aufzustehen. Der Militärexperte weiss also nicht, wie er sich korrekt zu verhalten hat, während der Geheimdienstexperte verdecktes Operieren nicht erkennt.

Die Abgeordnete und Juristin versteht wie ihre Fraktion nicht, dass Verfassungsbestimmungen über Weisungsrecht im Ressort und Befehls- und Verfügungsgewalt über das Bundesheer ohne Ausnahme immer gelten. Unter anderem im Eurofighter-U-Ausschuss deckten NEOS Druck auf Darabos und die Rolle von Alfred Gusenbauer, dem wahren Urheber des Eurofighter-Vergleichs. Da könnte Sam Jones seinem Hobby frönen und der Frage nachgehen, wie weit Gusenbauers Verbindungen zu KGB-Leuten reichen. Er wird jedoch nie mehr als oberflächliche Artikel abliefern, mit denen man Stimmung schüren kann, aber nichts an von ihm nicht wahrgenommenen Problemen ändert. Als Jones im Presseclub Concordia auftrat, wurde ihm „besonderes Gespür“ bescheinigt; er lebt seit 2019 in Wien und befasst sich mit Oligarchen und Spionen.

Seltsames Steckenpferd

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Wie man mit Experten manipuliert


Es ist gerade sehr beliebt, dem neuen SPÖ-Chef Andreas Babler „zu wenig Bildung“ zu unterstellen. Seine Sprache sei zu einfach, vielleicht weil er sich nicht primär an Akademiker wendet, diese eher mitgemeint sind. Ein Kommentator, der so „gebildet“ ist, dass er Babler einmal „sozialistische Wiederbetätigung“ unterstellte, sagt ihm nun „Verachtung für Bildung“ nach. Wenn aber jemand vom Bildungshunger früherer Arbeiterschichten schwärmt, sollte er doch seinen eigenen Background verraten. Es macht einen grossen Unterschied, mit welchen materiellen Voraussetzungen jemand aufgewachsen ist und in welcher ökonomischen Situation er sich befindet. Wer körperlich arbeitet, hat meist danach nicht mehr die Kraft für anspruchsvollere Lektüre. Und wer von geistiger Arbeit ausgepowert ist, wird sich danach nicht den gegenteiligen Standpunkt zur eigenen Position reinziehen wollen.

Seit Corona werden Experten von vielen Menschen mit grosser Skepsis betrachtet, meist aber bloss durch andere Autoritäten ersetzt. Es fällt auf, dass immer wieder Veranstaltungen mit Doppeldoktoren angekündigt werden, die dank Corona als kritisch gelten. Zugleich hängen sie geopolitisch in der Regel jenen Kreisen an, die Wladimir Putins Rolle verharmlosen, für die Russland und Putin im Grunde fiktiv sind. Man kann mit weiteren Beispielen zeigen, dass es wohl an etwas anderem liegen muss als am wissenschaftlichen, akademisch gebildeten Verstand, der eben kein stets zuverlässiges Werkzeug ist. Etwas Krasseres ist mir in diesem Moment nicht untergekommen als die Diskrepanz bei Meldungen zur Sprengung von Nord Stream. Man sieht daran auch, dass Experten als Autoritäten leicht zu Gatekeepern werden und damit das „alternativ“ passiert, was man dem Mainstream ankreidet. Zugleich ist hier deutlich, dass sich einer immer auf den anderen bezieht und immer schwieriger scheint, Wahrheit von Desinformation zu unterscheiden.

Pohlmann, Ploppa und Co.

Hier aber wird weniger auf unseren Intellekt gezielt als dass man Emotionen triggert, die verhindern, dass Widersprüche auffallen. NTV hat berichtet, dass die Yacht Andromeda von einem polnischen Reisebüro gemietet wurde, dessen Geschäftsführerin aus Russland stammt und inzwischen wieder dort ist. Das geht natürlich nicht damit zusammen, dass Russland über die Zerstörung von Infrastruktur wütend ist, denn dann müsste sie Verfolgung fürchten. Wir wissen, dass Experten alles Mögliche in der Meuterei von Jewgenij Prigoschin sahen und sich nur wenige fragten, ob ihnen etwas vorgemacht wird. Nun gab der Kreml bekannt, dass sich Putin und Prigoschin über mehrere Stunden getroffen hätten, was erst recht für Spekulationen sorgt; Wagner-Söldner werden ab August wieder in der Ukraine kämpfen. Eingesetzte Strategien zur Manipulation werden hier als „Firehose of Falsehood“ beschrieben, indem wir quasi zugetextet werden und mit der entstehenden Verwirrung auch die Wahrheit unterdrückt wird, die dann nur mehr wenige erkennen können.

Nord Stream im Corona-Ausschuss

Philip Ingram war beim britischen Marinegeheimdienst und erklärt in einem Interview auch, was Maskirovka ist, jene russische Strategie, mit Info-Häppchen Leute zu falschen Schlussfolgerungen zu verführen. Man kann die Existenz von Kapazitäten vortäuschen oder wie die Serben im Kosovokrieg die Zielerfassung amerikanischer Lenkwaffen mit Mikrowellengeräten manipulieren. Das Schiff Andromeda ist schon länger im Spiel, da man Spuren von militärischem Sprengstoff an Bord fand. Diametral entgegengesetzt ist die Steigerung auf Seiten diejenigen, die auf der Autorität von Seymour Hersh aufbauen. Denn hier kommt über den Schweizer Physiker Hans-Benjamin Braun ein thermonuklearer Sprengsatz ins Spiel basierend auf einer Auswertung seismischer Daten und der Messung erhöhter Radioaktivität. Mehr an Expertentum scheint kaum möglich, und doch erntete Braun bei allen Stellen Schweigen, auch bei Russland und China. Im Mainstream wird er überhaupt nicht erwähnt, jedoch alternativ herumgereicht von Dirk Pohlmann bis Corona-Ausschuss. Das ist verständlich, denn seine Recherchen weisen ja auch eindeutig in Richtung USA; dass Dirk Pohlmann u.a. mit Hermann Ploppa (beides Akademiker) siehe Video des NATO-Untersuchungsausschusses unverhohlen Propaganda für Putin macht, sollte doch auffallen.

Pohlmann und Braun

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Wer ist Jewgeni Prigoschin?

Es geht kaum simpler und klischeehafter: Dem bösen Wladimir Putin steht der jetzt nicht mehr so böse Jewgeni Prigoschin gegenüber. So genau weiss man nicht, was passiert ist und wie es jetzt weitergeht; Prigoschin sagt, er wollte Wagner-Leute vor der Eingliederung in reguläre Truppen bewahren. Dabei kann man Prigoschin durchaus wie andere Oligarchen behandeln, es kommt halt bei den üblich komplexen Geschäften noch das mit der Gruppe Wagner hinzu. Man findet mit Leichtigkeit auch höchst detailreiche Infos, die umfangreicher sind als die meisten meiner Artikel. Medien verkürzen gerne die Geschichte von Wagner und tun so, aus sei die Söldnertruppe eine Gründung Prigoschins gewesen. Die Idee hatte aber der russische Generalstab nach einem Vortrag am Wirtschaftsforum in St. Petersburg 2010. Danach kämpfte ein Slawisches Korps in Syrien, dem Dmitri Utkin angehörte, dessen Kampfname Wagner war. Aus Resten dieses Korps wurde dann die Gruppe Wagner gebildet, Utkin war bis 2013 beim Militärgeheimdienst GRU und zwar bei der Speznaz (Spezialeinheiten). Manche betrachten Utkin als Neonazi, er soll einschlägige Tattoos aufweisen; andere bezeichnen ihn als slawischen Neopaganen wie viele andere bei Wagner.

Natürlich spielte Wagner eine Rolle in der Ukraine ab 2014; auch Utkin mischte mit und wurde dafür 2016 im Kreml mit einem Tapferkeitsorden ausgezeichnet (auch interessant, welche österreichischen Manager und Politiker damals den russischen Orden der Freundschaft erhielten). Dass Utkin bei dieser Gelegenheit mit Wladimir Putin fotografiert wurde, bedeutete Erklärungsbedarf für Kreml-Sprecher Dmitri Peskov. Man brachte Utkin 2017 bei Prigoschins Firma Concord Management and Consulting als CEO unter, deren Töchter Concord Catering und LLC Megaline sind. 2020 wurde jedoch berichtet, dass Utkin nicht mehr an sein Handy geht und aufgehört hatte, von Krasnodar nach St. Petersburg zu reisen. Prigoschin soll das Führen einer Söldnertruppe zu riskant erschienen sein, doch schliesslich war er dazu bereit. Bis zum September 2022, als Wagner eine repräsentative Zentrale in St. Petersburg eröffnete, leugnete er aber, der Chef von Wagner zu sein und klagte Medien, die das behaupteten. Wagner erinnert an die Fremdenlegion, da Einsätze in enger Abstimmung mit dem Staat und in seinem Auftrag erfolgen; Wagner ist an die GRU angebunden und operiert auch verdeckt und betreibt hybride Kriegsführung (siehe Gerassinow-Doktrin). Zugleich werden aber die Verhältnisse über Prigoschins Firmen verschleiert, die zunächst im Bereich Gastronomie entstanden sind. Es gibt auch noch Concord Catering; bei Management and Consulting fungierte von 2008 bis 2017 Mutter Violetta als Eigentümerin, danach sein Stiefvater Samuil Zharkoy, der 2022 verstorben sein soll. Violetta hält 50 % an LLC Megaline, einem Unternehmen, das in erster Linie von Bauaufträgen des Militärs profitiert und auch Fertigrationen für Soldaten anbietet. Im Februar 2014 wurde dem Verteidigungsministerium ein Vorschlag für eine Gesetzesänderung unterbreitet, um Megaline künftig bei Ausschreibungen zu berücksichtigen, der im April 2014 durch die Duma gewunken wurde. Der Sanktionen wegen wird nun betont, dass Violetta Prigoschina heute nicht mehr wirtschaftlich mit ihrem Sohn verbunden sei.

Medien im Putsch-Fieber

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SPÖ: Andi Bablers Demontage

Vor dem Bundesparteitag der SPÖ wird auf Social Media Stimmung gemacht gegen Andreas Babler. Viele meinen, dies sei eh selbstverschuldet, weil Aussagen von ihm aufgegriffen werden. Doch so einfach ist es nicht, weil damit nicht auch der Kontext klar ist und weil anderes nicht erwähnt wird und Konkurrent Hans Peter Doskozil überhaupt nicht unter die Lupe genommen wird. Exxpress.at mit Chefredakteur Richard Schmitt bringt ein Sujet von Babler mit einer lachenden Frau und einem Satz zu kostenlosem Schwangerschaftsabbruch. Das Foto ist aus einem Heft mit Bablers politischen Positionen und soll das Thema Gleichberechtigung illustrieren. Zugleich ist auch Doskozil für Kostenübernahme durch die Kassen und Entkriminalisierung, wie man in der Wahlkabine der Jungen Generation sehen kann. Das aber wird nicht weiter beachtet; ausserdem fragt sich, ob es das vom Exxpress suggerierte kontraproduktive Kampagnensujet überhaupt gibt.

Für die meisten Menschen spielen solche Spitzfindigkeiten keine Rolle, wie man an Reaktionen auf Social Media sieht. Auch auf einen Ausschnitt aus einem damals (2020) nicht weiter beachteten Gespräch mit Rudi Fussi und Flüchtlings-Aktivistin Doro Blancke springen sie sofort an, ohne zu fragen, warum dieser jetzt auftaucht. Babler kritisiert dort die EU heftig, die schlimmer als die NATO sei; es hatte nichts mit dem 2022 von Russland begonnenen Krieg in der Ukraine zu tun. Natürlich ist Mitgliedschaft in der EU mit weit mehr Verpflichtungen verbunden, als der NATO anzugehören und Kritik mehr als notwendig. Aus dem Zusammenhang gerissen bleibt, dass Babler unwählbar sein muss, wo andererseits Doskozil sofort ablenkt, wenn er auf Außenpolitisches angesprochen wird (siehe gesammelte SPÖ-Stimmen in diesem Artikel).

Babler am 30. Mai 2023

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Sollen unsere Soldaten in der Ukraine Minen räumen?

Wenn Bundespräsident Alexander van der Bellen und die Grünen wollen, dass österreichische Soldaten in der Ukraine als Minenräumer eingesetzt werden, versuchen einige, sofort wieder eine Debatte über die Neutralität zu starten. Beginnen wir einmal mit den Grundlagen: Auslandseinsätze finden nur unter UN- oder EU-Mandat statt und selbstverständlich nicht in Ländern, die Krieg führen. Es ist natürlich auch bisher möglich gewesen, dass Soldaten bei Unruhen im Rahmen solcher Einsätze verletzt oder getötet werden oder durch Anschläge. Man sollte annehmen, dass van der Bellen diese Basics kennt, ist er doch auch Oberbefehlshaber des Bundesheers. In dieser Funktion kümmert er sich jedoch nicht um das Tagesgeschäft; ihm kommt eigentlich nur im Kriegsfall Bedeutung zu. Befehlshaber des Heeres ist Verteidigungsministerin Klaudia Tanner, die sich klar gegen Minenräumen ausspricht. Bundeskanzler Karl Nehammer stellt sich hinter sie und verweist auf die Gefahr, dass Soldaten dann in Kampfhandlungen verwickelt werden könnten.

Vizekanzler Werner Kogler kontert damit, dass es ja wichtig sei, landwirtschaftliche Flächen fern von Kampfhandlungen wieder nutzbar zu machen. Freilich gibt es kein einziges Land, das Soldaten in welcher Rolle auch immer in die Ukraine schickt; allenfalls werden Angehörige von Spezialeinheiten zum Schutz von Botschaftspersonal abgestellt. Nun meinen manche wohl, dass doch die Soldaten eines Staates, der nicht der NATO angehört und auch keine Waffen liefert, wenigstens Minen räumen könnten. Doch auch die Putin-Propaganda im eigenen Land würde darin nur bestärkt sehen, dass Österreich eh bloss ein Vasall der NATO sei. Längst gibt es kaum mehr notwendige und rationale Kritik an der NATO, sondern einige übernehmen russische Narrative und wollen auch nicht wahrhaben, dass sie sich damit auf die Seite eines repressiven Regimes stellen. Auch die Grünen und der Bundespräsident werden falsch eingeschätzt, da nicht nur ihr Problem in russischer Subversion besteht und immer diejenigen aus der Partei vertrieben wurden, die wohl eher instinktiv dagegen waren. Van der Bellen kam über Peter Pilz zu den Grünen, für den 2017 Peter F. Mayer kandidierte, in dessen Blog tkp.at von den wahren Hintergründen abgelenkt wird.

Konflikt übers Minenräumen

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Russland und Ukraine im Labyrinth der Lügen

Man kann jederzeit ansetzen, wenn man ergründen will, was wirklich gespielt wird. Die meisten Leute lassen sich jedoch lieber von einzelnen Details einlullen, auf die sie wie getriggert reagieren. Zum Beispiel, wenn Exxpress.at meldet, dass die Ukraine dem in Wien lebenden Oligarchen Dmytro Firtash vorwirft, zwischen 2016 und 2022 Gas im Wert von 450 Millionen Euro gestohlen zu haben. Man zitiert eine Erklärung von Firtashs Firma, wonach dies bolschewistische Praktiken seien, vergisst aber zu erwähnen, dass Exxpress Eva und Alexander Schütz gehört. Letzterer ist nicht nur Geschäftspartner von Sebastian Kurz, sondern auch Vermieter von Firtash, was ihn mit Siegfried Wolf verbindet. Ausserdem setzte sich Schütz für Wirecard ein, wo Firtash über Jan Marsalek, der 2020 nach Moskau flüchtete, ein Konto erhielt; Bedenken hatte man bei Wirecard wegen Firtashs Verbindungen zur russischen Mafia; die USA möchten Firtashs Auslieferung. Man kann sehr vieles selbst rekonstruieren, hat aber das Problem, dass beispielsweise das Publikum von Daniele Ganser oder auch viele, die eifrig Corona-Demos besuchten, die Ohren runterklappen.

Kürzlich fand an der Uni Basel eine Diskussion über Gansers Methoden statt, die viele zutreffende Feststellungen beinhaltete, über die man jedoch hinausdenken muss. Denn das Bild ist viel grösser, als dass es Leute gibt, die nach Harmonie streben und zu einer „Menschheitsfamilie“ gehören wollen, sodass sie meist recht banalen Aussagen Gansers folgen. Im Rahmen der „Menschheitsfamilie“ werden Auftritte von Gerhard Huber, Ulrike Guerot, Andreas Sönnichsen, Gudula Walterskirchen und auch Monika Donner angeboten. Die anwesenden Professoren (und ein Journalist) bauten unbewusst eine Mauer zum eigenen Verständnis ein, indem sie akademische Beschäftigung mit Osteuropa und Russland fast als Bedingung fürs Durchschauen hinstellten; zweifellos erfüllt Ganser dieses Kriterium nicht. Sie meinten zu Recht, dass Russland bei den meisten Menschen nicht auf dem Schirm ist, sodass auch nicht weiter auffällt, dass Ganser nichts zur Unterdrückung der Opposition sagt. Die Leute folgen daher einem Narrativ, das russischen Imperialismus ausblendet und die Entwicklung seit 2000 nicht kritisch reflektiert. Freilich gilt dies auch für Menschen, die keine Putin-Trolle sein möchten und Ganser reserviert gegenüberstehen (ohne so genau zu wissen, warum sie ihn ablehnen).

Diskussion an der Uni Basel

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Welche Bedeutung haben die Pentagon-Leaks?

Das „Pentagon Leak“ erinnert nicht zufällig an die Pentagon Papers vor vielen Jahren. Ausserdem wird auf Edward Snowden vor zehn Jahren verwiesen, der heute mit Familie in Russland lebt. Jack Teixeira scheint jedoch ohne politische Motive geheime Dokumente veröffentlicht zu haben, um anderen in seiner Chatgruppe zu imponieren. Der 21jährige gehörte zur Air National Guard und wurde am 13. April in seinem Elternhaus verhaftet. Es heisst, er sei Gamer, Waffennarr, gläubig, gegen diesen Krieg und mit Hang zu Verschwörungstheorien. Aber das sind Beschreibungen aus der Presse, die klischeehaft klingen; in den USA nennt man ihn nicht „mole“, in deutschsprachigen Medien aber sehr wohl „Maulwurf“ oder man behauptet, er habe „das Pentagon ausspioniert“ siehe „Kurier“. Tatsächlich hat ein Personenkreis von 1,5 Millionen Amerikanern Zugang zu als geheim eingestuften Dokumenten. Das bedeutet jedoch nicht, dass alle jedes Papier zu jeder Zeit ansehen können oder überhaupt jemals so etwas lesen. Dennoch kommen die USA nun in Erklärungsnot und müssen auch begründen, warum ein relativ junger Mann Dokumente zunächst abschreiben und dann ausdrucken und privat fotografieren konnte.

Teixeira ging am 26. September 2019 zur National Guard, als er erst 17 war und wurde im September 2022 einberufen, um auf der Otis Air National Guard Base in Cape Cod, Massachusetts Dienst zu tun; er gehörte dem 102nd Intelligence Wing an. Dort hatte er Zugang zu einem internen Computersystem des Militärs, d.h. zum Joint Worldwide Intelligence Computers System (JWICS) mit Top secret-Dokumenten, die er lesen und ausdrucken konnte. Ironischer Weise durfte er kein Handy in den Dienst mitnehmen aus Sicherheitsgründen. Die kleine Gruppe von 20 bis 25 Personen auf Discord, die sich mit Waffen, militärischer Ausrüstung und Gott befasst, heisst „Thug Shaker Central“, Teixeira hatte den Usernamen OG. Man nimmt an, dass er den anderen zunächst imponieren wollte, indem er Dokumente abschrieb und ihnen Geheimdienstarbeit erläuterte. Doch die anderen User (auch aus Russland und der Ukraine) waren mehr an Videos über Ausrüstung interessiert. Teixeira wurde kühner und begann, Dokumente auszudrucken, zu fotografieren und zu posten, wobei er die Bilder offenbar nicht zugeschnitten hat. Am Rand sichtbare Details waren dann recht nützlich für die Ermittler; ausserdem bezahlte er Rechnungen von Discord. Er schärfte den anderen ein, dass sie die Aufnahmen unter keinen Umständen verwenden dürfen, doch sie tauchten zunächst auf anderen Discord-Kanälen wie jenem von wow_mao auf und schliesslich auf russischen Telegram-Kanälen. Ab diesem Moment bekam es Teixeira mit der Angst zu tun, den jetzt eine lange Haftstrafe erwartet.

Mark Esper bei CNN

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Bablers Team: Wer ist Natascha Strobl?

Bei der Kampagne für Andi Babler, der SPÖ-Chef werden will, mischt auch die Politikwissenschafterin Natascha Strobl mit. Viele folgen ihr auf Twitter, andere werden von ihr ohnehin blockiert; die einen glauben unbesehen alles, was sie behauptet, während sie für andere ein rotes Tuch im Wortsinn ist. Dass sie in bestimmten Kreisen hoch im Kurs steht, zeigt ein Besuch der neugestalteten ÖGB-Buchhandlung bei der Wiener Hauptuni, die jetzt FAKTory heisst. Zwar finde ich politische Graphic Novels interessanter als die auch ausliegenden Strobl-Bücher, doch sie wird vom Verlag des ÖGB beworben und tritt in der Buchhandlung auf. „Klassenkampf von oben – Angriffspunkte, Hintergründe und rhetorische Tricks“ verfasste Strobl mit Michael Mazohl, der auch Babler unterstützt. Abgebildet ist unten auch eines der Lesezeichen von FAKTory. Die „wirtschaftlich Mächtigen führen einen Klassenkampf von oben“, um den Status Quo aufrechtzuerhalten und sich auf Kosten der Beschäftigten zu bereichern. Wer dem entgegentreten will, dem und der empfiehlt der ÖGB dieses von ihm herausgegebene Buch.

Laut Verlag beschäftigt sich Strobl „mit politischer Sprache, insbesondere der extremen Rechten“ und hat für „Radikalisierter Konservatismus“ den Bruno Kreisky-Anerkennungspreis für das politische Buch des Jahres 2021 erhalten. Ihre Tweets sind „Ad-hoc-Analysen zu rechtsextremen (Sprach-) Strategien“ und sollen von über 170.000 Menschen gelesen werden. Michael Mazohl gestaltete Kampagnen für Arbeiterkammer, ÖGB und andere Institutionen, war als Pressefotograf und Journalist tätig und für drei Jahre Chefredakteur von Arbeit&Wirtschaft. Im ÖGB-Verlag erscheint auch „Radikale Solidarität! Warum Vielfalt immer eine soziale Frage ist“ der SPÖ-Abgeordneten Mario Lindner und Evelyn Regner, „Krisenmanagement – Der Wiener Weg durch die Corona-Pandemie“, herausgegeben von Bezirksrätin Elisabeth Kaiser und Gemeinderat Markus Schober (beide Bildungsakademie der SPÖ Wien) wie auch „Eine Metropole macht Klima – Gedanken zu Gegenwart und Zukunft“ und „Digitale Wohlfahrtsgesellschaft – Der Weg in eine digitalisierte Zukunft“. Die auf Youtube kaum angeklickten „Zeit-Gespräche“ mit Gemeinderat Gerhard Schmid werden vom ÖGB in gedruckter Form veröffentlicht; Band 2 kann nun vorbestellt werden.

Klassenkampf von oben?

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Manipulation als Waffe

Um Dinge zu verstehen, müssen wir sie richtig einordnen, also kontextualisieren. Wir sind aber immer häufiger mit Fragmentierung und Dekontextualisierung konfrontiert und tragen häufig auch selbst dazu bei. Natürlich ist dies beim Krieg in der Ukraine der Fall, wo sich diejenigen gegenseitig Vorwürfe machen, die selbst fragmentieren und dekontextualisieren. Keineswegs ist es nur ein Problem des Mainstream, sondern betrifft ebenso sehr dessen Kritiker. Deutlich wird es zum Beispiel beim Nordstream-Narrativ according to Seymour Hersh. Man findet kaum Artikel oder Videos, die sich aus vorgeblich „erwachter“ Perspektive mit dem Krieg befassen, in denen nicht darauf verwiesen wird. Inzwischen reicht ja ohnehin eine Bemerkung am Rande und jeder weiss, wie es gemeint ist.

Hersh selbst hat nochmal nachgelegt; hier ist dies in der Übersetzung von Thomas Röper zu hören. Gerne wird vergessen, dass immer noch Hersh die einzige Quelle seiner Behauptungen ist. Wenn man ein paar Videos der deklariert kritischen Szene anhört, fallen auch andere stets wiederholte Feststellungen auf und es ist offensichtlich, dass einiges ausgeklammert wird. Immer ist die NATO der Aggressor, man traut den USA zu, Deutschland zu opfern und zu deindustrialisieren. Der Nazivorwurf ist ein beständiges Element sowohl gegenüber der Ukraine als auch bezogen auf Deutschland. Kontinuierlich wird mit Atomkrieg gedroht, allerdings unter Verweis auf US-Atomwaffen in Europa, während Wladimir Putin ja irgendwann wohl nicht anders kann. Ich fand Videos, in denen den USA die Entwicklung von Hyperschallraketen vorgeworfen wurde ohne russische zu erwähnen und umgekehrt. Die Grundtendenz ist aus der Friedensbewegung vertraut, wird aber denen neu sein, für die Corona das einschneidende Erlebnis war. Vom plötzlichen Misstrauen dem Mainstream gegenüber ist der Weg nicht weit zu dankbarer Teilhabe an der Blase alternativer Medien. Diese folgen zu 100 % russischen Narrativen, was unterschiedlich stark ausgeprägt, aber immer vorhanden ist. Zwar wird im Mainstream über sie kritisch berichtet, was ihre Anhänger erst recht mobilisiert. Zugleich aber ist diese Auseinandersetzung oberflächlich, wie etwa eine Analyse über Apolut und Kayvan Soufi-Siavash zeigt.

Kein Versprechen an Russland

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