Am 24. Februar 2022 griff Russland die Ukraine an; manche meinen immer noch, die NATO habe dies provoziert. Es gab um den Jahrestag herum kleinere Kundgebungen in Wien, da die OSZE hier tagt und es diese Organisation natürlich stark betrifft. Genauer gesagt traf sich die Parlamentarische Versammlung der OSZE unter dem Vorsitz von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka. Seinen Sesselkleber würden die Klimakleber dringend benötigen, denn aber übersteht massive Kritik an Korruption, an seiner Vorsitzführung im Ibiza-U-Ausschuss und seinen Wirecard-Verbindungen unbeschadet. Aber irgendwie ist Sobotka doch ein Aushängeschild, weil bei solchen Politikern klar ist, dass man nicht recht weiss, wie man auf den Krieg reagieren soll. Die Tagung war keine Formsache, da Österreich den russischen Delegierten Visa ausstellen musste und die Konferenz deshalb von der Ukraine und von Litauen boykottiert wird.
Die OSZE gilt als „verstetigte Staatenkonferenz zur Friedenssicherung“ und wurde mit der Schlussakte von Helsinki 1975 gegründet. Ihre Bedeutung war zur Zeit des Kalten Krieges viel grösser als heute, doch man sollte daran anknüpfen, Probleme in Europa auch selbst zu lösen. Mit einem Mini-Transparent und ein paar jungen Genossen standen die SPÖ-Abgeordneten Robert Laimer und Katharina Kucharowits kurz auf dem Heldenplatz, um aktive Neutralitätspolitik zu fordern. Von der Verstrickung einiger Genossen mit Oligarchen, Mafia und russischen Geheimdiensten wollten sie wie üblich nichts wissen. Laimer ist ausserdem Wehrsprecher der SPÖ und deckt in dieser Funktion auch russische Subversion im Bereich Landesverteidigung. Doch auch bei jenen Protesten, die aus dem Widerstand gegen Corona-Massnahmen hervorgegangen sind, gibt es einiges an Realitätsverweigerung.

Kundgebung am 23. Februar 2023
Dies wird schon daraus deutlich, dass „Frieden mit Russland“ gefordert wird, als ob nicht Russland als Aggressor auftreten würde. Die Beziehung wichtiger Player in Russland und in der Ukraine (auch bis zum Maidan) zu Akteuren in Österreich wird ausgeblendet, was ja auch die Parteien aus Betroffenheit tun. „Russland könnte den Staatsvertrag aufkündigen“, hörten wir am Heldenplatz, was andere Signatarstaaten des Vertrags überhaupt nicht mehr wahrnimmt. „Russland hat immer die ausgestreckte Hand hingehalten“; was aber macht Österreich? Es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis auch österreichische Soldaten in den Krieg geschickt werden; der Beitritt zur NATO sei längst heimlich paktiert. Die Westmächte war ja gegen die Neutralität und die Russen dafür; nicht ohne Grund wird das Original des Staatsvertrags in Moskau aufbewahrt. „Österreich ist in den Augen der Russen zum Feindstaat geworden“, dabei hat Österreich eine besondere Verantwortung für die Sicherheit Europas. „Österreich muss auf alle Sanktionen verzichten, die die Handlungsfähigkeit der OSZE in Frage stellen.“ Passender Weise gab es eine Grussbotschaft von Monika Donner, die die „Wiederherstellung der Neutralität“ forderte. „Geistige Einzelner täuschen vor, Panzer für den Frieden zu schicken; die Nazis sind eher die antirussischen Kriegstreiber“; „angloamerikanische Globalisten“ wollten eine „digitale Diktatur“ errichten. Donner will, dass die Leute ihr Buch „God bless you, Putin!“ (in dem es vor allem um die Ermordung von John F. Kennedy geht) nehmen und „bei den Bundespolitikern nachfragen, wann dieses Lösungskonzept endlich umgesetzt wird“ und es daher „Frieden mit Russland“ gibt. Es wurde bei der Kundgebung natürlich auch Vernünftiges gesagt, doch das Zitierte sollte die Warnlampen angehen lassen.

In der Wiener Innenstadt
Donner geht damit hausieren, dass sie vom Verteidigungsministerium als angebliche Kämpferin gegen Verfassungsverletzungen gefeuert wurde, doch sie deckte z.B. das Kapern der Befehlskette. In der Szene ist besonders Daniele Ganser beliebt, für den es keine Kleptokraten und keine russischen Geheimdienste gibt, wohl aber eine „Menschheitsfamilie“ über allem. Für Infantilisierung steht auch Ulrike Guerot, die in einer Talkshow die Frage stellte: „Was brauchst du, Putin, um glücklich zu sein?“ Nicht jeder, der oder die wie Guerot das Manifest für den Frieden von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer unterstützt, ist deswegen schon ein Putin-Troll. Tatsächlich stellen diese eine absolute Minderheit dar, doch Guerot agiert mit Kalkül, wie auch ihr Buch „Endspiel Europa“ mit Hauke Ritz zeigt. Nun verliert sie ihre Professur wegen Plagiatsvorwürfen, was etwas konstruiert wirkt, als ob man nicht sagen könnte, dass sie Täter-Opfer-Umkehr bei der Ukraine betreibt. In Österreich ist nichts dagegen einzuwenden, sich auf Neutralität zu berufen, aber man muss die veränderte geopolitische Situation anaylsieren, was etwa im NEOS Lab mit dem Politikwissenschafter Heinz Gärtner geschah. Dort hatte jede Position Platz und das Publikum, darunter auch Ex-Minister Friedhelm Frischenschlager (einer der Proponenten von „Unsere Sicherheit„), hat sich sehr mit der Materie auseinandergesetzt.

Lukas Sustala und Heinz Gärtner
Gärtner sprach von einem „wirtschaftlich geschwächten, politisch isolierten“ Russland (fast alle Staaten der Welt stimmen bei der UNO für den Abzug Russlands aus der Ukraine). Bei den USA mag Kalkül hinsichtlich China als größerem Gegner eine Rolle spielen; dieses Land enthält sich bei der UNO und unterstützt Russland mehr ofer weniger subtil. Gärtner meint, ein Land, das einen Krieg beginnt, verspiele immer seine Glaubwürdigkeit; Russland wird in den nächsten Jahren diplomatische Schwierigkeiten haben. Die „Zeitenwende“ bedeutet, dass Deutschland 100 Milliarden Euro mehr für die Bundeswehr aufwendet (soviel kosten auch die Kriegsfolgen); die Schweiz ist bereit, der Ukraine Waffen zu liefern und Österreich möchte ukrainische Soldaten nicht am Leopard-2 ausbilden. Polarisierung fördert immer Blockbildung, doch in Blöcken ist man auch gefangen, was die Amerikaner „entrapment“ nennen. Europa ist abhängiger von den USA als früher, es wird auch diplomatisch wenig von der EU kommen, da die NATO in einer so starken Position ist wie seit 1989 nicht mehr. Gärtner war qauch 2014 für eine militärisch neutrale Ukraine, weil das die Entwicklung jetzt verhindern hätte können. Nun haben wir einen Status Quo auf dem Schlachtfeld, der sich kaum verändern wird; der Konflikt wird einfrieren. „Frieden so schnell wie möglich“ muss die Devise sein, und man schliesst ihn nun mal nicht mit Freunden. Es wird wohl keinen Coup gegen Wladimir Putin geben und weiterhin eine „Halbautokratie“ und kein demokratisches Russland. Möglichweise wird Russland eine Art Nordkorea mit Nuklearwaffen und schottet sich total ab. Die Ukraine wird einen Marshallplan brauchen und es müssen korrupte Strukturen und Gewohnheiten verändert werden; immerhin ist eines der potenziell reichsten Länder Europas das ärmste Land.

Magazin der NEOS
Es ist vollkommen illusorisch, dass die Ukraine die Krim zurückerobert, denn dazu sind Bodentruppen erforderlich, welche kein westlicher Staat zur Verfügung stellen wird (ein Angreifer benötigt dreimal so viele wie der Verteidiger). Russland bleibt zwar eine militärische Bedrohung, könnte aber Europa nicht erobern; es gibt 6 % dessen fürs Militär aus, was die NATO aufwendet und verfügt über eine schwerfällige Armee mit riesigem Apparat. Unsere Neutralität muss glaubwürdig, also bewaffnet sein, sie darf nicht isolationistisch sein, sondern sollte engagiert sein. Es kommt nicht von ungefähr, dass die österreichische Raiffeisenbank International unter Sanktionen der USA geraten kann. Ausserdem stehen russische Auftragskiller auf Abruf bereit, wie Michail Chodorkowski warnt, sodass es grosser Anstrengungen und viel Mutes bedarf, das Kreml-Netz bei uns kaltzustellen. Hier sind paradoxer Weise beide Seiten naiv: Wer Putin als Aggressor erkennt, muss nicht im Bilde sein über Subversion bei uns. Wer Putin hingegen fragen will, was ihn glücklich macht, wird ohnehin die Ohren herunterklappen, wenn es um Geheimdienste, Desinformationen, Oligarchen und Geldwäsche geht.
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Herzlichen Dank!
In meinen Augen geht es hier grundsätzlich darum, die Welt mit der Demokratie oder mit der Autokratie zu beherschen. Putin steht für die Autokratie und will seinen diesbezüglichen Einflussbereich mit der Vergrößerung der Russischen Förderation vorantreiben. Um das zu erreichen gibt es bei ihm keine menschlichen Überlegungen. Es ist auch zu befürchten, dass er, sollte er sein Ziel nicht erreichen, zum letzten Mittel, der Atomwaffe greifen würde, so ferne er dazu alleine die Möglichkeit hat. Dasselbe gilt letztendlich auch für China und einige andere Autokratien, und wenn es ihnen gelingen sollte, alle demokratischen Staaten auszuschalten, gäbe es nur mehr den Kamf zwischen den dann noch bestehenden Autokratien.
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Hier mehr zur eingesetzten Manipulation:
https://alexandrabader.wordpress.com/2023/02/27/wie-man-menschen-mit-nord-stream-manipuliert/
Es stimmt, dass Angst vor dem Einsatz von Atomwaffen auch immer wieder geschürt wird. Darauf fahren die ab, die Putin als Opfer sehen wollen, aber auch Gegner. Ein Problem sind ja viele Kommentatoren, die sich gar nicht so sehr mit einer Materie selbst befasst haben, sondern sich bei bestimmten Experten informieren. Sie lassen natürlich andere aus, die man vielleicht auch kennen sollte. Und bestimmt denken sie nicht daran, dass sie ganz leicht bloss Spielball werden, weil sie eine psychologische Wirkung erzielen; sie müssten also zugleich drüber stehen und sich selbst beobachten.
Ein Ex-KGB-Agent wurde von der Bild-Zeitung zitiert, dass Russland gar keine Atomwaffen mehr habe, da diese der Wartung bedürfen und das nicht mehr erfolgt ist. Andere weisen das zurück und man spricht ja auch von neu entwickelten russischen Atomwaffen. So oder so liegt es außerhalb unseres Einflussbereiches und man kann sich leicht ohnmächtig fühlen. Das aber kennt man aus der Friedensbewegung der 1980er Jahre. Mir wurde die Dimension der Gefahr erst nach Tschernobyl richtig bewusst, da las ich ein damals beliebtes dickes Buch von Zweitausendeins zu Atomrüstung und AKWs.
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Natürlich wird überall manipuliert und man muss aufpassen, dass man auf eine solche Manipulation nicht selber hineinfällt. Wenn aber jemand wie Putin ein Land überfällt und sich das in sein Staatsgebiet einverleiben möchte, kann man für so einen Halunken keine Sekunde an Mittleid verlieren. Oder zweifelt jemand daran, dass sich Putin die Krim entgegen den allgemein gültigen Gesetzen angeeignet hat. Oder ist jemand der Meinung, die Ukraine hat Russland überfallen, und nicht Russland die Ukraine. Und alleine diese Realität genügt, dass diesbezüglich keine Manipulation möglich ist, ausser dass Putin behauptet, die Nato würde gegen ihn einen Krieg führen. Eigentlich ist hier jedes weitere Wort überflüssig und wenn Putin mit der Atomwaffe droht, grazt das mich nicht im geringsten. Wie heißt es so schön, wer diese Waffe einsetzt, stirb als Zweiter, jedenfalls stirbt er auch. Gedanken sollten sich da die Cinesen machen, die als Freunde von Putin im Falle eines Atomschlages auch sterben würden und es wäre höchste Zeit, dass sie Putin klar machen sollten, er soll seine gefährlichen Spielchen sofort einstellen, ehe es bezüglich der Atomwaffen kein zurück mehr geben würde. Ein Humanes Leben für die gesamte Menschheit ist nur unter Einhaltung von humanitären Grundlagen möglich und dazu ist eine Diktatur nicht geeignet.
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Es ist leider so, dass viele genau das bezweifeln, was Sie anführen. Nicht immer explizit in genau solchen Worten, aber doch implizit. Es ist dann völlig egal, worauf man hinweist, immer ist die NATO schuld. Ich kann doch nicht z.B. den Kosovokrieg kritisieren und jetzt aber sagen, es ist das gute Recht des Aggressors anzugreifen. Oder mich bei C gegen eine Einschränkung staatsbürgerlicher Rechte wehren und dann wegsehen, wenn solche Rechte in Russland verletzt werden, ja sogar Hoffnungen in Putin setzen, wie es viele tun.
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So sehe ich das auch. Kein Land hat das Recht, mit seinen Soldaten in ein anderes Land einzumaschieren, dafür gibt es keinen Grund wie auch immer. Bevor jemand so etwas macht sind alle anderen Möglichkeiten durch Verhandlungen auszuschöpfen. Ich sehe manchmal im TV die Meinung von Frau Wagenknecht an und frage mich, ist diese Frau trotz ihrer Intelligenz so dumm, zu vertreten, man solle mit Putin in der derzeitigen Situation verhandeln. Da gibt es nichts mehr zu verhandeln, Putin hat seine Soldaten aus der gesamten Ukraine zurückzuziehen, dann muss ein Gericht darüber entscheiden, was mit ihm und seine Unterstützer zu geschehen hat. Und wenn es nicht anders geht, muss die gesamte Welt zusammenstehen, das durchzuführen. Ein jeder, der da noch zu Putin steht, ist auch vor ein internationales Gericht zu stellen. Nur so könnte ein relativer guter und dauerhafer Frieden auf der Welt hergestellt werden.
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Hier werden auch die Atomwaffen der Sowjetunion angesprochen – und wie die Nomenklatura Geld mithilfe des Westens gewaschen hat:
http://recentr.com/2022/02/26/der-kgb-in-der-city-of-london-wie-russland-seinen-krieg-bezahlt/
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Eine historische und äußerst sehenswerte Diskussion über den Ukraine-Russland-Konflikt gab es auf Puls 4 aus dem Jahre 2014 u.a. mit dem grünen Voggenhuber, „Mr.Dax“ Dirk Müller und dem Standard-Transatlantiker Eric Frey:
Voggenhuber argumentierte hervorragend und pikanterweise auch mit großer Übereinstimmung zu dem was VdB einst in seinem Buch veröffentlicht hat und von dem VdB aber heute nichts mehr wissen will da er sich laut seiner Aussage bei Putin „getäuscht“ habe, dabei ging es aber zumeist um historische Fakten die natürlich unabhängig von Putin sich nicht geändert haben können.
Unfassbar was damals gesagt werden durfte wenn man das heute mit dem Standpunkt der Grünen vergleicht.
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Danke, ich denke, das hab ich damals auch gesehen. Eric Frey fand ich immer schon unmöglich. Voggenhuber trat 1999 gegen den Kosovokrieg auf, das mochten die Medien gar nicht (und auch van der Bellen und Pilz).
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Zum Vorgehen gegen Protest in Russland, immer wieder werden Menschen festgenommen, es finden Hausdurchsuchung statt. 500 Journalisten gingen ins Ausland und machen von dort aus weiter; eine von denen, die bleiben, will herausfinden, wieviele Soldaten wirklich getötet wurden:
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Was die Krim angeht, finde ich die Aussagen Gärtners nicht überzeugend. Die Ukraine muss dort gar nicht mit Bodentruppen einmarschieren, so lange russische Soldaten vor Ort sind; Es reicht, den Landkorridor auf ukrainischer Seite zu besetzen, dann hängt die russische Krim am seidenen Faden der Brücke von Kerch, welche mit den neuen Waffenhilfspaketen der USA in Reichweite der ukrainischen Raketenwerfer liegt. Das ist eine für die russischen Besatzer auf Dauer unhaltbare Situation.
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