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Klaudia Tanner, Ministerin ohne Plan

Völlig von der Realität entkoppelt wirken einige Aussagen zum Thema Militär, nicht zuletzt jene von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner. Man kann ihr daran jedoch nicht allein die Schuld geben, weil einiges wenigstens im Ansatz Problemen anderer Armeen vergleichbar ist. Dennoch machen immer wieder Meldungen schlicht fassungslos, etwa wenn Tanner frohen Mutes ein Blackout-Kochbuch des Bundesheers vorstellt. Die Mitverantwortung anderer wird nicht zuletzt daran deutlich, dass es bislang nur zwei Misstrauensanträge gegen die Ministerin gab. Beide wurden im Jahr 2020 gestellt, einer warf Tanner vor, die Landesverteidigung auf ein Minimum reduzieren zu wollen zugunsten von Katastrophenschutz und Cyberabwehr. Der diesem vorangegangene Misstrauensantrag klang ähnlich, weil Kritikpunkte bestehen bleiben; Tanner wurde als „orientierungslos“ bezeichnet und es war auch nicht klar, wie sie sich Luftraumüberwachung vorstellt. Bei Tanners Kraut und Rüben-Statements liegt die Vermutung nahe, dass sie keine Ahnung von Landesverteidigung hat und ernsthaft auf diverse Corona-Hilfsdienste des Militärs stolz ist.

Damit sind wir schon beim Umstand, dass keine nüchterne Lagebeurteilung vorgenommen wurde, die all dem einen Riegel vorgeschoben hätte, was wir seither als C-Massnahmen kennen. Was Luftraumüberwachung anlangt, gibt es von Tanner den Wunsch, es Airbus wegen der Eurofighter so richtig zu zeigen und zuletzt, dass man ja auch F-35 beschaffen und sich unter den EU-NATO-Sky Shield begeben könnte. Man wird das Gefühl nicht loss, dass Tanner die NATO als eine Art internationalen Bauernbund betrachtet, bei dem sie gerne dabei wäre. Colonel Douglas MacGregor kommentiert in Videos auch die Situation bei der Bundeswehr (die F-35 bekommen soll) und geht auf zutage tretende Schwächen der NATO ein. Scott Ritter wurde als UN-Waffeninspektor bekannt und war „intelligence officer“ der US-Marine; wie MacGregor sieht er keinen Sieg der Ukraine am Horizont heraufdämmern, wohl aber, dass NATO-Staaten nur für wenige Tage überhaupt Munition haben.

Tanner und Sky Shield

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Von Old Boys, Sexisten und Pilzen

Offenbar kehren die Silberrücken, die Mansplainer und auch die Grabscher auf die Bühne zurück und dies löst Empörung aus. Anders kann man die Aufregung um eine reine Männerveranstaltung der Liste Pilz/Jetzt zur EU-Wahl kaum verstehen, wobei ein kritisierter Text des Philosophen Slavoj Žižek nur der Aufhänger ist. Freilich geht es da auch schon in medias res, denn er mokiert sich darüber, dass Frauen sich für ihre Vulva interessieren. Was aber geht es einen 70jährigen Autor an, womit sich Frauen beschäftigen, wenn er nicht zumindest verbal über ihre Körper verfügen will? Neben Zizek diskutieren Peter Pilz und Robert Pfaller, die #MeToo ebenfalls übertrieben finden (bei Pilz wissen wir, warum das so ist). Heute abend kann das Wiener Publikum jedenfalls wählen zwischen „disorder under heaven“ in der Reihe „Talk Europe“ mit Pilz, Žižek und Pfaller und „disorder under hell“ als „Talk Patriarchy“ mit Sigi Maurer, Lea Susemichel und Vanessa Spanbauer.  Es wäre nicht die seltsame Pilz-Organisation, gäbe es keinen Standard-Gastkommentar von Parteichefin Maria Stern, für die drei Männer auf einem Podium Feminismus pur sind. Doch wir wissen, dass auch weiblicher Mandatsverzicht gelebtes Frauenwahlrecht ist seit der ersten und einzigen Pressestunde mit Stern. Was nicht nur Stern vollkommen entgeht, ist der Hintergrund einer Veranstaltungsreihe, die EU-Spitzenkandidat Johannes Voggenhuber in Abwesenheit bewerben soll und die nach Missbrauch der Akademieförderung ausieht (jedenfalls wurde anonym Anzeige erstattet). Anfangs, am 12. März sollte Voggenhuber noch dabei sein, wurde aber von seiner „handlerin“ Sonja Puntscher Riekmann vertreten, die natürlich mit Žižek, Pfaller und anderen Intellektuellen verbunden ist.

Im Grunde ist die Reihe zur EU-Wahl nichts anderes als die Fortsetzung der „Programmdiskussion“, die vor 30 Jahren als „Honigfalle“ für Voggenhuber fungierte, dessen Selbstbewusstsein unter dem fehlenden Schulabschluss litt. Es ist eine Geste an ihn, zugleich aber eine Versammlung von Silberrücken und damit eine neuerliche Bestätigung der Natur von Jetzt/Pilz. „Honigfalle“ ist übrigens dank Emanzipation, aber auch aufgrund praktischer Erfordernisse nicht mehr State of the Art im zweitältesten Gewerbe der Welt. „Unsere Situation ist brandgefährlich. Es gibt Unsicherheiten und Elemente des Chaos in den Bereichen Umwelt, internationale Beziehungen bzw. Politik, in Biotechnologie, in sexuellen Beziehungen – einfach überall“, meint nun Žižek in der Einladung zur Programmdebatte reloaded. Michael Hafner schreibt hingegen: „In der NZZ fabuliert Žižek  etwas von der Entsublimation des Sex durch den Feminismus, von der Rückeroberung der Vulva, die ‚unsexy‘ sei. Es ist ein sehr schwacher Text, der mich zumindest geradezu entsetzt zurücklässt. Da ist ein Mann jenseits des Erwachsenenalters auf Körperteile fixiert, ohne sie als Körperteile zu sehen, er verbindet sie mit einem Mysterium, das ihnen erst angedichtet werden muss und ist enttäuscht, wenn deren biologische Funktionsweise ans Tageslicht kommt.“

Diskussion übers Patriarchat

 

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Der Silberstein-Wahlkampf und seine Fußsoldaten

Mit einem Jahr Verspätung kam die Schlußphase des Wahlkampfs vor Gericht, genauer gesagt der Umgang von SPÖ-Berater Rudi Fussi mit Tal Silbersteins Übersetzerin. Fussi wurde vom Vorwurf der Nötigung freigesprochen, während zeitgleich die Ex-Abgeordnete Sigi Maurer der üblen Nachrede schuldig befunden wurde, weil sie sich gegen obzöne Nachrichten wehrte. Beides wirft ein bezeichnendes Licht darauf, wie Frauen vielfach immer noch (und wie anders) von der Justiz gesehen werden. Beim Fall Maurer fragt sich, wie sich Betroffene denn wehren sollen, als öffentlich zu machen, was man(n) ihnen zumutet; beim Fussi-Fall wird zu viel als „situationsbedingt“ oder „das ist halt seine Art“ entschuldigt. Frauen haben dann viel weniger Recht auf irgendeine „Art“, etwa sich von Drohungen eingeschüchtert zu fühlen oder eben gegen verbale Übergriffe aufzutreten. Das Fussi-Verfahren ist zudem in mehrfacher Hinsicht pikant, da die SPÖ in Geiselhaft genommen wurde, die sich inzwischen vollkommen vom Wahlkampf mit Silberstein distanziert. Fussi schickte Silbersteins Übersetzerin Anna J., die seit November 2016 beschäftigt war, Anfang Oktober 2017 mehrere WhatsApp-Messages, in denen er sie bezichtigte, Material geleakt zu haben. 

Dank Petra Pichler von Ö1 konnte man den Ablauf der Verhandlung gut via Twitter mitverfolgen, was u.a. so klingt: „Zeugin sagt sie kannte Fußis kantige Art. Der Richter sieht wohl gemütsbedingte Unmutsäußerungen. Dass die Frau belastet war, durch den Verdacht gegen sie, sei auch verständlich.“ Oder: „Fußis Verteidiger argumentiert, Fußi war in einer verständlichen Gemütserregung, damals im Wahlkampf und die geleakten E-Mails brachten ihn und die SPÖ in Bedrängnis. Außer dem Opfer hatte niemand alle E-Mails, so der Anwalt.“ Und weiter: „Der Verteidiger erläutert, dass Fußi die Frau warnen wollte, vor rechtlichen Konsequenzen ohne zu wissen, dass die SPÖ hier schon Schritte eingeleitet hatte. Er spricht von Stressbedingten WhatsApp Nachrichten.“ Da Anna J. alles für Silberstein übersetzt hat, galt dies auch für das „Prinzessinnen-Dossier“ des Sprechers der Signa Holding für seinen Freund Silberstein, mit Fussi im CC. Dazu muss Fussi ein Narrativ aufrechterhalten – etwa, damit niemand diese Aktion seltsam findet -, an dem die nunmehrige SPÖ-Führung offenbar kein Interesse mehr hat. Man sollte auch fragen, warum der Sprecher eines Konzerns zum Silberstein-Team gehört, auch wenn dieser bis 2008 Sprecher Alfred Gusenbauers war; oder eben genau deshalb.

Petra Pichler auf Twitter

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Mansplaining oder feministischer Akt?

Peter Pilz kehrt durch einen „zutiefst feministischen Akt“ des Verzichts einer Frau ins Parlament zurück; im Puls 4-Sommergespräch „mansplaint“ er Moderatorin Corinna Milborn, als sie Belästigungsvorwürfe anspricht. Maria Stern, die „das große Ganze“ gesehen und „den gordischen Knoten zerschlagen“ hat, als sie Pilz Platz machte, versprach eine Stellungnahme zu #MeToo. Denn ihr schwebt vor, Männer nicht beim Namen zu nennen, sondern auf Scham und Einsicht in der Anonymität zu setzen. Auf Facebook postete sie eine Verteidigung von Eva Rossman puncto „feministischer Akt“, doch Rossmann hat ja auch Peter Pilz‘ Weggefährten Alexander Van der Bellen bei der Bundespräsidentenwahl unterstützt. Weil Sterns und Rossmanns Aussagen gar zu gut ins Pilz-Konzept passen, kommt fast der Verdacht auf, es handle sich um Mansplaining, das im weiblichen Tarnkostüm verkauft wird. Mansplaining  ist laut Wikipedia „herablassendes Sprechen eines Mannes, der fälschlicherweise davon ausgeht, er wisse mehr über den Gesprächsgegenstand als die – meist weibliche – Person, mit der er spricht. Der Begriff benennt die in der Kommunikation häufig von Frauen empfundenen Machtasymmetrien, deren zugehörige Ab- und Aufwertungswirkungen von Männern oft nicht bemerkt werden.“

Er wurde 2008 kreiert, als die Autorin Rebecca Solnit beschrieb, wie Männer ihr Dinge erklären, zum Beispiel einer, der sie fragte, was sie beruflich macht. Als sie über ihr Buch über einen Fotopionier reden wollte, sprach er über ein neues über diesen (das er nicht mal kannte, sondern nur eine Rezension). Frauen erleben immer wieder, dass Männer sich dort kompetent und überlegen fühlen, wo sie weniger Ahnung haben als sie selbst oder auch überhaupt keine Ahnung. Zuletzt veröffentlichte sie die Essaysammlung „Die Mutter aller Fragen“ u.a. mit den Erfahrungen von Frau zu Mann-Transgender, die endlich Sätze zu Ende bringen können, ohne dass sie ein Mann unterbricht, oder deren Intelligenz plötzlich höher eingeschätzt wird. „Einem Mann, der sich selbst gern reden hört, steht in den meisten Fällen (mindestens) eine Frau gegenüber, die schweigt. In zwölf Texten, entstanden zwischen 2014 und 2016, dekliniert Solnit die Mechanismen des Mundtotmachens in allen Varianten durch – mal äußert pointiert und unterhaltsam, mal eher redundant. Qualität und Relevanz der Beiträge mögen schwanken, doch eines gelingt der Autorin brillant: die Analyse einer Pandemie männlicher Gewalt, die unsere Gesellschaft bis in die feinsten Adern durchdringt“, heißt es in einer Rezension.

Sommergespräch mit Peter Pilz

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