Eurofighter: Klagt die Staatsanwaltschaft Darabos an?

Am 22. Juni 2017 zeigte Peter Pilz, damals noch Abgeordneter der Grünen, Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos wegen des Verdachts der Untreue an. Dies kam nicht überraschend, da der 2. Eurofighter-Ausschuss darauf zusteuerte und sich nach diesem Höhepunkt nur noch in Geplänkeln verlor. Ermittelt wird nun unter der Aktenzahl 617ST3/17 von Michael Radasztics, dem Leiter der Wirtschaftsgruppe der Staatsanwaltschaft Wien, dessen Name des öfteren im Eurofighter-Kontext zusammen mit Peter Pilz auftaucht. Das besagt freilich nicht, dass es eine Verbindung gibt, sondern dass Pilz immer wieder Druck machte und die Justiz in Gestalt des Staatsanwalts z.B. Kontenöffnungen und Hausdurchsuchungen anordnete. Die Sichtweise von Radasztics wird von Erfahrungen mit Wirtschaftskriminalität und weniger mit Geheimdiensten ausgehen, sodass Darabos vielleicht keine besonders guten Karten hat. Zugleich muss man verstehen, dass es frustrierend sein wird, echter Korruption auf der Spur zu sein und dann oft am letzten Drücker doch zu wenig in der Hand zu haben. 

Ein Eurofighter-Beispiel ist dieser Bericht vom September 2011: „Noch im März schien es, als ob die Akte Eurofighter endgültig geschlossen sei. Die Staatsanwaltschaft Wien bestätigte, dass die Verfahren gegen den früheren Luftwaffengeneral Ernst Wolf, dessen Frau sich von einem Eurofighter-Vertreter 87.000 Euro borgte, eingestellt wurden. Ebenso jenes gegen Gernot Rumpold. Die Firma des FPÖ-nahen Lobbyisten soll von der Eurofighter-Firma EADS 6,6 Millionen Euro kassiert haben. Damit will Rumpold etwa eine Pressekonferenz ausgerichtet haben – um 96.000 Euro. Für den Staatsanwalt war die Suppe zu dünn. Doch kurz darauf überschlugen sich die Ereignisse. Anfang Juni ließ ein anderer Staatsanwalt, Michael Radasztics, fünf Hausdurchsuchungen durchführen. Wie nun durchsickerte, wurden zudem Telefone von drei Rüstungsvertretern, Klaus-Dieter Bergner, Alfred Plattner und Walter Schön, abgehört.“ Hierbei spielte ein Hinweis italienischer Staatsanwälte eine Rolle, die einen Anlagebetrüger und Spezialisten für Briefkastenfirmen verhörten, der ihnen auch einen Eurofighter-Hinweis gab, zu „Vector Aerospace“ mit Connections zu den drei Genannten. Übrigens wurden parallel zum 1. U-Ausschuss immer wieder anonyme Anzeigen gegen die Zeugen erstattet, die Pilz besonders im Visier hatte.

Pilz zur Totalüberwachung (2018)

Medien befragen dazu auch Pilz: „Sollten Schmiergelder geflossen sein, wer waren die Empfänger? Selbst der grüne Abgeordnete Peter Pilz, einst Vorsitzender des Eurofighter-Untersuchungsausschusses, nennt keine Namen. Nur so viel: ‚Ich gehe davon aus, dass Spitzenbeamte und Mitglieder der damaligen Regierung bestochen wurden.‘ Pilz, ein erklärter Eurofighter-Gegner, glaubt, dass der Kauf storniert werden könnte: Laut Vertrag wird der Deal bei nachgewiesener Korruption hinfällig.“ Doch das sind seine üblichen stereotyp wiederholten Behauptungen; ein Muster, das wir auch bei seinem Umgang mit der BVT-Affäre und mit BND-Spionage siehe oben erkennen können. Wie üblich fehlen ernst gemeinte Konsequenzen, da umfassende Überwachung auch dem Verteidigungsministerium und relevanten Akteuren gilt, sich dies aber auf die Pilz-Linie nicht auswirkt. Radasztics jedenfalls ließ nicht locker, sodass es 2012 hieß: „Auf Antrag von Staatsanwalt Michael Radasztics wurden am Dienstag an 13 Orten in ÖsterreichDeutschland und der Schweiz Hausdurchsuchungen durchgeführt. Hierzulande sollen vor allem Firmenstandorte und Wohnsitze in Oberösterreich, aber auch in Tirol behördlich heimgesucht worden sein.“

Ein Player in mehrfacher Hinsicht, da Lobbyist u.a. für BAE Systems war Alfons Mensdorff-Pouilly, den Radasztics anklagte: „Staatsanwalt Michael Radasztics hat gegen die Freisprüche für Alfons Mensdorff-Pouilly und dessen Geschäftspartner Kurt D. Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angemeldet. Mensdorff akzeptierte hingegen die zwei Monate Bewährungsstrafe. Damit sind die Urteile nicht rechtskräftig. Der Antrag der Staatsanwaltschaft, das Schloss Luising von Mensdorff-Pouilly zu beschlagnahmen, ist dagegen vom Tisch.“ Richter Stefan Apostol fand „keinen einzigen Beweis für Bestechung“, die Indizien dafür reichten nicht aus, denn bei BAE sprach man zwar von „Drittzahlungen“, „aber einen Beweis, dass es Bestechungsgelder sind, haben wir nicht“. Doch der Lüge überführte ihn die Justiz sehr wohl, da er Gelder von BAE übernommen hat, man aber nicht weiß, in welcher Funktion. Dass die Eurofighter ein Dauerbrenner waren, zeigt eine Meldung von 2008 unter Bezugnahme auf das „profil„, wonach der Staatsanwalt den Kauf wegen Bestechungsvorwürfen neu aufrolle: „Die Staatsanwaltschaft hat auch vor, einzelne Mitglieder der militärischen Bewertungskommission, die sich 2002 mit der Jetvergabe auseinandergesetzt hat, zu laden. Grün-Mandatar Peter Pilz hat derweil bei der Staatanwaltschaft eine Sachverhaltsdarstellung eingebracht, wonach Luftwaffenchef Erich Wolf im parlamentarischen Untersuchungsausschuss Falschaussagen getätigt hat.“

Michael Radasztics sprach damals von ersten Kontoöffnungen beim Firmengeflecht rund um BAE und Mensdorff, es soll auch gemeinsam mit Großbritannien ermittelt werden: Dort war der „Graf“ schließlich 2010 einige Tage in Haft, wie uns sein Wikipedia-Eintrag verrät – was seinem Umfeld zufolge auf die Kappe der Amerikaner ging; 2009 saß er bei uns in U-Haft zusammen mit Helmut Elsner, dem BAWAG-Bauernopfer. Wikipedia schreibt auch: „Das Serious Fraud Office stellte jedoch einen Bericht der MPA vom 27. März 2003 an die BAE sicher, aus dem hervorgeht, dass die MPA ‚Druck ausgeübt‘ habe, um die erste Ausschreibung zum Ankauf von Militärflugzeugen durch die Republik Österreich zu stornieren. Nach der Angebotserstellung für diese Ausschreibung wäre die Wahl auf die F-16 von Lockheed Martin gefallen. Der Auftrag wurde neuerlich ausgeschrieben und gewährte dadurch auch Eurofighter die Gelegenheit zur Angebotsabgabe. ‚Im Anschluss an die aggressive Zahlung von Erfolgsprämien an wichtige Entscheidungsträger‘, so heißt es in dem Bericht der MPA, ‚gab Österreich einen Auftrag in Höhe von € 1,79 Milliarden für den Eurofighter Typhoon bekannt.'“ Die MPA gehört Mensdorff, und was Lockheed betrifft, bestehen hier seit den 1950er Jahren, dem Project Wild Cherry (Spionageflugzeuge) Verbindungen zur CIA.

Gusenbauer im ORF nach seiner Eurofighter-Aussage (2017)

Als es um die Gegengeschäfte ging, sprach Pilz von Voodoo-Ökonomie und Schmiergeldern und die Justiz ermittelte, siehe November 2012: „Eurofighter-Staatsanwalt Michael Radasztics lässt laut dem Magazin ‚Format‘ prüfen, ob im Wege von Scheinverträgen Provisions- und Schmiergeldzahlungen über Briefkastenfirmen in Zusammenhang mit Magna-Gegengeschäften geflossen sind – erwähnt werden etwa die Magna-Steyr-Fahrzeugtechnik sowie Geschäfte mit Ferrari und Iveco, Daimler-Chrysler und smart.“ Wie immer wird Pilz zitiert, der die Richtung vorgibt: „Wie wurde über Magna die Achse Karl-Heinz Grasser – EADS hergestellt?“, fragt er etwa, und es heißt: „Pilz hat aber auch einmal mehr den ehemaligen Magna-Mitarbeiter und ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser im Visier.“ Nun stellt Grasser gerade im BUWOG-Prozess unter Beweis, was er von der Justiz hält, aber es fällt doch auf, dass der Narrativ (auch für den Staatsanwalt?) via Pilz kreiert wird. Dass es bei Grasser und der BUWOG so lange dauert, hat mit komplexen Fällen und überlasteten Staatsanwälten zu tun, zeigt aber auch, dass die viel schnelleren Medien und sogenannte Aufdecker wie Pilz Annahmen schaffen, denen sich auch die Justiz nur schwer entziehen kann.

Auf dem Radar von Pilz war auch Ex-Verteidigungsminister Herbert Scheibner, dessen Konten 2012 geöffnet wurden und der den Pilz-Verbündeten Ex-Nachrichtenamtschef Alfred Schätz von den Amerikanern (mit denen dieser auf sehr gutem Fuß steht)  als Aufpasser ins Vorzimmer gesetzt bekam. Über die Jahre hinweg wurden Bilder geschaffen, von Netzwerken der Korruption, von denen, die es sich richten und die der Justiz durch die Finger schlüpfen, vom „schwachen Minister“ Darabos und vom „furchtlosen Aufdecker“ Pilz. Diese Bilder schaffen und bestätigen Frustation in der Bevölkerung, der es zu kompliziert ist, sich mit ständig wiederholten und immer wieder leicht ergänzten Sachverhalten in den Medien auseinanderzusetzen. Gerne ist da von einer „Geheimakte EADS“ die Rede und von möglichen Schmiergeldern und Provisionen, also von wegen Gegengeschäfte. Bei schlitzohrig dargestellten Charakteren wie Mensdorff darf das Publikum frohlocken, dass er sein Schloss und seine Freiheit verliert (tatsächlich trägt er nicht der Eurofighter wegen eine elektronische Fußfessel mit GPS-Sender). Wirtschaftsstrafverfahren scheinen eine eigene komplexe Welt zu sein, doch bei den Eurofightern sind internationale Aspekte in der Beurteilung entscheidend.

Deshalb sei auf Georg Schmidt verwiesen, einen ehemaligen Bundesheer-Piloten, der auch im 2. Eurofighter-Ausschuss als Zeuge geladen war, vor dem das „profil“ am 29. Mai 2017 schrieb, welche Mails er 2007 an EADS schickte:  „Hätte ich vorher geahnt, wie schwach unser Vertragspartner im Verhandeln ist, hätte ich mir viel Arbeit erspart und keinen Finger gerührt. Noch so viele Goodies in Sideletters können den aus dieser üblen Vereinbarung resultierenden Rufschaden nicht aufwiegen.“ Am 13. Juli 2007 meinte Schmidt auch: „Aus Sicht der Landesverteidigung gehören alle, die am Zustandekommen des fatalen Vergleichs beteiligt sind, mit einem schmutzigen, nassen Fetzen erschlagen.“ Das „profil“ berichtet: „Am 18. Februar 2016 wurde Schmidt vor der Staatsanwaltschaft Wien als Zeuge einvernommen, das Protokoll liegt profil vor. Im Zuge seiner Befragung wurde er auch auf diese E-Mails angesprochen. Was mit ’noch so vielen Goodies in Sideletters‘ gemeint gewesen sei, wollte Staatsanwalt Michael Radasztics wissen. ‚Der Darabos-Vergleich hat mich extrem gestört‘, replizierte Schmidt. ‚Ich bin der Auffassung, dass mit diesem Vergleich beiden Seiten geschadet wurde. Die allfälligen *Goodies* kenne ich nicht, meinte aber wohl damit, dass sie die Nachteile dieses Vergleiches nicht abfedern können.'“

Pilz zeigte in Wahrheit nur Darabos an 

Schmdt drückte sich im U-Ausschuss etwas drastisch aus, wo er nach Wolfgang Schüssel und Alfred Gusenbauer an die Reihe kam. Es war übrigens nicht so leicht, dem Ausschuss via Berichterstattung (Liveticker) zu folgen, da die Protokolle der Zeugenaussagen erst gegen Ende ins Netz gestellt wurden, man also die Statements zuerst in Ausschnitten und in der Kurzfassung kannte (beim 1. U-Ausschuss schien es schneller zu gehen). Die Einschätzung, dass weder Österreich noch Eurofighter etwas von dieser Art Deal hatten, fällte Schmidt übrigens unter Berücksichtung internationaler Einflussnahme, da er auch „Aufdecker“ Pilz entsprechend einordnete. Die Verhandlungsposition Österreichs war aber nicht so schlecht, als noch die Finanzprokuratur mitwirkte, die ja auch den Auftrag vom Minister erhalten hatte, der nie widerrufen wurde. Jedoch kickte Kabinettschef Stefan Kammerhofer, der sich mit Wolfgang Peschorn, dem Leiter der Finanzprokuratur anfreundete, diesen (ausgerechnet am 24.5. 2007) mündlich per Telefon aus den Verhandlungen (Peschorn wurde am 31.5. und 4.7. 2017 befragt). Stattdessen übernahm der Theoretiker Helmut Koziol, der Bundeskanzler Alfred Gusenbauer von seinem Freund und späteren Geschäftspartner Leo Specht empfohlen wurde (der einmal Kanzleipartner Hannes Jarolims war, den die SPÖ in den 1. U-Ausschuss schickte).

Radasztics wird darüber befinden müssen, ob sowohl der Vergleichsentwurf vom 24. Mai 2007, den Walter Rosenkranz (FPÖ) und Peter Pilz in den 2. U-Ausschuss einbrachten, als auch der Vergleich vom 24. Juni Österreich Schaden zufügten, also Darabos in seiner Ministerverantwortung Untreue begangen hat. Wie wird er bewerten, dass Gusenbauer zu seiner Befragung am 20. Juni 2017 mit einem vorbereiteten Statement kam, in dem diese Verantwortung betont wurde? Tatsache ist, dass es viele Beispiele gibt, wo vom Weisungsrecht des Ministers (Artikel 20 Absatz 1 der Bundesverfassung) oder von der Befehls- und Verfügungsgewalt über das Bundesheer (Artikel 80 Absatz 2 und 3) keine Rede sein kann. Der via Kammerhofer am 24. Jänner 2011 abberufene General Entacher kämpfte sich per Berufungskommission im Bundeskanzleramt zurück, die kritisierte, dass es kaum Ministerweisungen (i.e. schriftlichen Ministerwillen) gibt und darauf hinwies, dass Artikel 20 (1) zu gelten hat – d.h. Kammerhofer darf (dürfte) ausschließlich echte Ministerweisungen eins zu eins umsetzen und sonst nichts.

Dass Darabos abgeschottet und ab 2009 schließlich auch mehr oder weniger ins Haus des Sports abgeschoben wurde, weist auf eine verdeckte Operation eines fremden Geheimdienstes im BMLV hin. Weil man Darabos nicht an allem hindern konnte, um den Schein zu wahren, sollte er ruhig den Eurofighter-Vertrag studieren, den er sogar laut Kammerhofer (U-Ausschuss 2017) sehr gut kannte. Doch ob man von Experten beraten wird oder nicht macht einen großen Unterschied; Kammerhofer selbst stellte nur seine simple Beschaffenheit unter Beweis mit Sagern wie „wir hätten volle Latte brennen müssen“.  Diese wurde sichtbar, als in der Zeit der Verhandlungen mit EADS Darabos zweimal im 1. U-Ausschuss befragt wurde, immer mit seinem Aufpasser, Kabinettschef Stefan Kammerhofer als „Vertrauensperson“. Weil Kammerhofer ihm jede Antwort vorsagte, erhob die Abgeordnete Maria Fekter (ÖVP) beim 2. Mal am 14. Juni 2007 Einspruch, wurde jedoch vom Ausschussvorsitzenden Peter Pilz gemaßregelt. Dieser hätte Kammerhofers Verhalten zur Anzeige bringen müssen (Nötigung eines Ministers? Geheimer Nachrichtendienst?), deckte es aber – und zeigte zehn Jahre danach den unter Druck gesetzten Minister an. Am 13. Juni 2007 war Abwehramtschef Erich Deutsch geladen, aus dem Fekter herauskitzelte, dass Kammerhofer nicht sicherheitsüberprüft wurde und man auch keinen „noch so schrägen Verdachtsmomenten“ nachging (wie der Abschottung von Darabos). Als ich dem Pilz-Fanclub auf der Facebook-Seite von Maria Stern diese Szenen zusammenfasste und ihnen riet, es selbst in den Protokollen nachzulesen, wurde ich von Stern (oder ihren handlern?) blockiert, die sich weigert, mit kritischen Userinnen zu kommunizieren.

Kommentar bei Andreas Unterberger, April 2011, zu Entacher

Was Schmidt meinte, war die Möglichkeit, aufgrund von zeitweise im Raum stehenden Lieferverzögerungen eine Preisreduktion bei vollem Lieferumfang zu vereinbaren; seinen Worten zufolge (ich unterhielt mich einmal länger mit ihm) agierte die österreichische Seite auch plötzlich auf eine Weise, welche die andere Seite vor den Kopf stößt, weil man das unter Geschäftspartnern nicht so handhabt. Dies wird dann nachvollziehbar, wenn wir uns die Anwürfe, Unterstellungen und Klagen des von Pilz beeinflussten Ex-Verteidigungsministers Hans Peter Doskozil im letzten Jahr ansehen. Darauf reagierte Airbus (früher EADS) nicht von ungefähr mit der Wahl des Anwalts Peter Gauweiler, der im deutschen Bundestag früher mit Willy Wimmer am deutlichsten im CDU/CSU-Lager gegen US-Interventionen auftrat. Wir müssen auch bei jeder Meldung skeptisch sein, die suggeriert, Minister Darabos habe etwas frei entschieden oder werde nicht von anderen dazu benutzt, etwas zu rechtfertigen: „Aufgrund der aktuellen öffentlichen Diskussion durchleuchte man nun alle Gegengeschäfte erneut. ‚Wir machen alles, um den Fall aufzuklären‘, sagt Stefan Hirsch, Sprecher von Darabos. Erst jetzt seien so viele Sachverhalte in den Medien bekannt geworden, dass man vermuten kann, dass Beweise gefunden werden. Daher habe man jetzt die Task Force gegründet.“

Hirsch wurde im Ressort als Handlanger Kammerhofers empfunden, der Medien immer wieder desinformierte, aber von Doskozil dann als Leiter der Wehrpolitik abseits des Kabinetts untergebracht. Es ist von Interesse, dass Hirsch zur Zeit des BUWOG-Verkaufs beim Lobbyisten Peter Hochegger arbeitete und dass Robert L., einst wie auch er selbst Gusenbauer-Sprecher, Hirsch im berüchtigten „Prinzessinnen-Dossier“ für Tal Silberstein in den allerhöchsten Tönen lobte. Der zitierte Artikel ist aus dem „Kurier“, der gerade auch Peter Pilz den Weg zurück zur „Rehabilitierung“ in U-Ausschüssen ebnen will. Es heißt hier weiter: „Indes hat das Verteidigungsministerium (BMLV) Anfang Juni 2012 die Staatsanwaltschaft Wien um Amtshilfe und Übermittlung von Unterlagen ersucht. Doch der Staatsanwalt ließ mit Schreiben vom 29. Juni das BMLV abblitzen. Begründung: Es besteht keine Zuständigkeit des BMLV, weil ’sich aus dem bisherigen Akteninhalt keine Involvierung eines Amtsträgers aus dem BMLV ergibt‘. Außerdem ’sind im Akt Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse enthalten, die von der Staatsanwaltschaft zu wahren sind‘. Am 30. November bestätigte die Behörde erneut, dass kein Angehöriger des Verteidigungsministeriums Gegenstand der Ermittlungen ist.

Es sei auch dem BMLV unbenommen, sich dem Verfahren als Privatbeteiligter anzuschließen und Akteneinsicht zu beantragen. Indes lehnt die Anklagebehörde das Ersuchen Darabos ab, ‚die ihr vorliegenden Unterlagen auf etwaige Rechtsfolgen, die sich aus den verschiedenen Eurofighter-Vertragsklauseln ergeben würden, zu überprüfen‘.“ Die Frage, die sich die Justiz vielleicht schon stellte (oder auch nicht, selbst wenn es Anzeigen gegen Kammerhofer und Co. gab), ist die danach, wer sich hier als BMLV i.e. einen echten und belegten Ministerwillen ausführend ausgibt. Denn wie der frühere Generalstabschef Edmund Entacher sagte, lief Kammerhofer herum und sagte „mach‘ das, der Minister will das so“, und er selbst war eine Ausnahme, indem er konterte „kannst du mir wenigstens eine Paraphe des Ministers bringen?“ (die nie kam). Kammerhofer sprach bei seiner Befragung im U-Ausschuss am 8. Juni 2017 davon, dass er „Aktenvermerke“ anlegte, was jedoch nicht den Ministerwillen erfüllt, sondern diesen im Gegenteil hintergeht. Als Darabos mich kennenlernen wollte, nachdem ich ihn gegen Bashing wegen seiner Ablehnung des Raketenschilds (System Aegis von Lockheed) verteidigte, gab es das de facto als Ministerwille, doch Kammerhofer bedrohte mich und legte einen „Aktenvermerk“ an.

ORF-Report verschleiert verdeckte Operationen (2011)

Die Bereitschaft, auch bei der lächerlichsten Farce mitzuspielen, ist unendlich, wie der nunmehrige Leiter der Direktion für Sicherheitspolitik Johann Frank bei einer SPÖ-Neutraliätsdiskussion im November 2015 unter Beweis stellte. Eigentlich sollte Verteidigungsminister Gerald Klug sprechen, doch er sei verhindert, sodass Frank „sein“ Referat vortrug, dessen Genialität er dauernd lobte – kein Mensch glaubte, dass Klug, der nicht weiß, wie man NATO buchstabiert, den Text wirklich selbst verfasst hatte und dass ernsthaft an sein Erscheinen gedacht war. Frank tourte auch wie Karl Schmidseder, bei Doskozil zeitweilig Kabinettschef, vor der Wehrpflicht-Volksbefragung durchs Land, da man den intelligenten unter Druck gesetzten Darabos, der das oktroyierte „Profiheer“ ablehnte, nicht gut einsetzen konnte. Wir haben hier immer wieder verdecktes Agieren, das – siehe auch 1. U-Ausschuss – von Pilz gedeckt und unterstützt wurde. Ein Ersatzmitglied des 2. U-Ausschusses, das über Pilz im Bilde war, meinte einmal zu mir, dass der Ausschuss seine Funktion mit der Anzeige gegen Darabos erfüllt habe und die Befragungen danach nichts mehr brächten, nur mehr Show wären.

Aktuell lesen wir Meldungen wie diese: „Parlamentsrückkehrer sieht ‚vollkommen unkundige‘ heimische Politik. BVT sei nur ‚Außenstelle großer westlicher Dienste““ siehe „Kurier„, dessen Herausgeber mit Ex-Justizminister Wolfgang Brandstetter befreundet ist, der wiederum die Unterwanderung des BMLV deckte und damit auch alle Schikanen gegen mich als Aufdeckerin, inklusive Wohnungsverlust 2015. Übrigens betreute Brandstetter Klienten in Liechtenstein, was nicht so ganz nach dem Geschmack von Staatsanwalt Radasztics sein kann, der einmal meinte „ein anständiger Mensch hat kein Konto in Lichtenstein“ (siehe „Falter„). Pilz ist übrigens, nachdem er am 11. Juni unter Protesten ins Parlament zurückkehrte,  am 20.6. nur Mitglied der unter Verschwiegenheitspflicht bei Strafandrohung tagenden Unterausschüsse zu Innen- und Landesverteidigungsausschuss (und im Nationalen Sicherheitsrat), am 21. 6. wurden die beiden U-Ausschüsse ergänzt. Da dort Alma Zadic und Daniela Holzinger saßen, waren sie offenbar sang- und klanglos abgeschobene Platzhalterinnen, was das untenstehend verwendete Bild zum Teil einer Inszenierung (einer verdeckten Aktion?) werden lässt. Maria Sterns „zutiefst feministischer Akt“ des Verzichts auf ein Mandat für Pilz ist demnach in etwa so feministisch wie die Verwandlung der „Frauen von Stepford“.

Es wird Leserinnen und Leser, die sich mehr für Hintergründe eben z.B. bei den Eurofightern interessieren, vielleicht nicht so wichtig erscheinen, doch Maria Stern gab bei der Pressekonferenz mit Pilz am 7. Juni verstörende Statements zu #MeToo ab. Nicht das Nennen von Namen soll Machtmissbrauch vielfältiger Art abstellen, sondern dessen Verschweigen, da sich z.B. eben Grabscher in der Anonymität schämen, in sich gehen würden. Bei der Gelegenheit versprach Stern eine schriftliche Stellungnahme, die jedoch bis dato nicht kam (und deren Urheberhaft so zweifelhaft ist wie bei „Papieren aus dem Ministerbüro“ im gekaperten BMLV). Auf die Möglichkeit verdeckter Abläufe, die hinter einer Coverstory verborgen werden, weist auch hin, dass ein „rassistischer Zwischenruf“ bei Zadic am 11. Juni wunderbar vom Widerstand gegen den Sexisten Pilz ablenkte und ausgerechnet ein virtueller Heckenschütze den Zwischenfall via Twitter verbreitete, der mit Pilz per du zu sein scheint (und es auf mich wegen meiner Recherchen abgesehen hat).  Der „Falter“ wird gerade gelobt für seinen Aufmacher über Politikerinnen mit Migrationshintergrund, die sich gegen Rassismus und Sexismus wehren; vor zwei Jahren waren Journalistinnen am Cover mit ähnlicher Botschaft und beide Gruppen sind keineswegs konkret solidarisch mit anderen betroffenen Frauen, da es sich um Stories handelt, die einen Narrativ etablieren sollen.

Der „Kurier“ verwendet am 19. Juni PK-Bild vom 7. Juni

Pilz äußerte sich eben noch bei seinem alten Freund Wolfgang Fellner begeistert über die intelligente und talentierte Alma Zadic, die so arge Reaktionen von Männern im Parlament aushalten musste, verzichtet aber ohne mit der Wimper zu zucken auf ihr Können. Doch wenn wir genau hinsehen, hat jeder Ausschuss mit Geheimdiensten zu tun: Der Unterausschuss zum Landesverteidigungsausschuss soll Heeresabwehramt und Heeresnachrichtenamt kontrollieren, jener zum Innenausschuss das BVT, das zwar eine Sicherheitsbehörde ist, aber auch Spionage abwehren soll. Beide U-Ausschüsse, BVT und der dritte zu den Eurofightern, berühren Geheimdienstmaterie. Was Pilz in Ausschüssen anrichtet und wie es sich bis in andere Fraktionen auswirkt, zeigt unfreiwillig der Fraktionsbericht der FPÖ zum 2. Eurofighter-Ausschuss, den ja Grüne und FPÖ pushten. Denn hier wird dargestellt, wie bei den Vergleichsverhandlungen das Finanzministerium, heereseigene Experten usw. ausgeschaltet wurden, man schrieb es jedoch Darabos zu, wohl auch, weil es sehr sehr schwerfällt, einen Politiker einer anderen Partei als Opfer zu betrachten und sich zu solidarisieren.

Nun muss sich Staatsanwalt Radasztics mit einer Materie befassen, die ihm sozusagen ins Nest gelegt wurde (wie so vieles?) von einer dubiosen Figur wie Pilz (die um jeden Preis vermeidet, selbst im Eurofighter-Kontext vor Gericht zu erscheinen – am Tag vor der Rückkehr-PK am 7. Juni war er zu krank dafür). Mit seinem Kollegen Volkert Sackmann schrieb Radasztics einmal zu Wirtschaftsfällen:  „Diejenigen Polizeibeamten, die in der Lage sind, in derart komplexen Verfahren zu ermitteln und die auch über ausreichende Englischkenntnisse verfügen, kann man im Sprengel der Oberstaatsanwaltschaft Wien an wenigen Händen abzählen.“ Bei nicht funktionierender Spionageabwehr (siehe BVT, siehe Abwehramt) kommt hinzu, dass man für jedwede Geheimdienstkomponente auch blind ist bzw. sein muss. Dabei wäre es notwendig, jedes Detail neu zu bewerten und abzuwägen und das Puzzle neu zusammenzustellen. Sich etwa zu fragen, warum Pilz trotz vollmundiger Ankündigungen Gusenbauer nicht anzeigte, der inzwischen wegen Ukraine-Lobbying, das er zuerst bestritten hat, Troubles bekommt. Er arbeitete für den zwischenzeitlichen Trump-Berater Paul Manafort, indem er eine Gruppe europäischer Ex-Politiker zusammenstellte nach dem Muster, wie sein Freund Gabriel Lansky (bekannt auch aus der BVT-Affäre) zuvor ihn selbst und andere für Kasachstan engagierte. Ein Land übrigens, in dem ein Besuch von Bill Clinton 2005 als Türöffner in Richtung Salonfähigkeit galt, wobei es Clinton und Co. um Uran ging. Das US-Justizministerium ermittelt nicht nur gegen Manafort, sondern auch gegen John und Tony Podesta, deren Podesta Group einst gegründet wurde, um für Lockheed zu lobbyieren.

Wenn John Podesta nicht gerade Stabschef bei Bill Clinton, Berater von Barack Obama oder Wahlkampfleiter von Hillary Clinton war, beteiligte er sich an der Lobbyarbeit der Firma, eben auch für die frühere ukrainische Regierung. Bei John Podesta sind übrigens Verbindungen zur CIA bis in die 1980er Jahre nachgewiesen und sein rüder Umgangston samt öffentlichen Drohungen sorgt für einige Spekulationen. Als Gusenbauer am 20. Juni 2017 im U-Ausschuss befragt wurde, bestritt er jede Kenntnis des Vergleichsentwurfs vom 24. Mai 2007; dieser wurde von Koziol handschriftlich verfasst und im damals SPÖ-eigenen Gartenhotel Altmannsdorf besprochen. Der 24. Mai schien für Gusenbauer größere Bedeutung wegen des Besuchs von Bill Clinton bei einer AIDS-Gala in Schönbrunn vor dem Life Ball zu haben, deren Erlöse an die Clinton Foundation gingen und um dessen Zustandekommen er sich sehr bemühte. Dass die Praktiken der Foundation höchst zweifelhaft sind, kann österreichischen Ermittlern z.B. der früher an der Wall Street tätige Carles Ortel bestätigen. Für Pilz, den iihm folgenden U-Ausschuss, die Medien und vielleicht auch Staatsanwalt Radasztics ist der 24. Mai nur das Datum des Entwurfs von Koziol, den auch Darabos, Meinhard Lukas (heute Rektor der Johannes Kepler-Universität in Linz) und Aloysius Rauen von Eurofighter (direkter Kontakt zwischen ihm und Darabos wurde ansonsten abgeblockt) unterschrieben. Der Entwurf wurde dem Ausschuss übrigens punktgenau per 2. Juni zugespielt – zu spät für die Befragung von Darabos, aber genau passend für Lukas, der Koziols Handschrift wiedererkannte.

PS: In seinem Tagebuch befasste sich Pilz oft mit Mensdorff-Pouilly, etwa am 20. September 2011, als er schrieb: „Nur Lockheed hatte mit F-16 alle MUSS-Forderungen erfüllt“, bezogen auf jene Ausschreibung, bei der dann EADS zum Zug kam. Dies wirft natürlich die Frage auf, ob er als eine Art Lobbyist für Lockheed operiert und mit dem Deal in irgendeiner Form verbundene Personen deshalb so heftig ins Visier nahm, was sich auch auf Mensdorffs Ehefrau Maria Rauch-Kallat erstreckte. Sie meint in der aktuellen „Woman“ (21.6.), dass Pilz 30 Jahre lang mit Halb- und Unwahrheiten andere anpatzte und dass sein Verhalten gegenüber Frauen und der Rücktritt von Rücktritt den wahren Charakter des „Saubermanns“ und selbst ernannten „Aufdeckers“ zeige.

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