Boeing vs. Airbus: Die Rolle Österreichs

Nach dem Skandal um Abstürze der Boeing 737 Max, die als Reaktion auf den A320neo entwickelt wurde, ist vielen Menschen die Konkurrenz zwischen Boeing und Airbus bewusst. Bei den Google News zu Airbus fällt auf, dass mittendrin ein Spitzenpolitiker von Geschäften mit dem europäischen Unternehmen abrät. Es handelt sich nicht etwa um den Ex-Boeing-Manager und US-Verteidigungsminister Patrick Shanahan, sondern um den österreichischen Ex-Verteidigungsminister und nunmehrigen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Wie es dazu kam, mischt Innen- mit Weltpolitik, Rüstung mit internationaler Wirtschaftspolitik, internationale Wahlkampfberatung mit Geheimdiensten. Selbstverständlich spielt auch eine gehörige Portion Eitelkeit eine Rolle und der Opportunismus einiger, die etwas entgegensetzen könnten, dies jedoch nicht getan haben. In reinen Zahlen scheint ein umstritten gemachtes Geschäft nicht von besonderer Bedeutung zu sein: es geht um zuerst 18, dann 15 Eurofighter Typhoon oder 1,1 Milliarden Euro. Dies wurde aber zu einer politischen Wasserscheide stilisiert, sodass Befürworter auf die Verliererstrasse einscheren und Gegner zu Helden und Aufdeckern erklärt wurden. Auf deren Seite dreht man sich aber im Kreis, indem man sich aufeinander bezieht und damit nur durch die Voreingenommenheit der Medien durchkommt. Vor ein paar Wochen wurde daher Empörung signalisiert, weil der bisher für mehrere Ermittlungen zuständige Staatsanwalt Michael Radasztics abgezogen wurde und gegen ihn ermittelt wird.

Es ging Doskozil und seinem Verbündeten Peter Pilz (Vorsitzender des ersten Eurofighter-U-Ausschusses 2006/7) darum, ein Einstellen der Verfahren gegen Airbus und Ex-Minister Norbert Darabos zu verhindern. dass der Konzern und der (Ex-)Politiker 2017 angezeigt wurden, gehörte zu einem Pakt zwischen Doskozil und Pilz. Nun wurde bekannt, dass Radasztics seit Jahren gegen Ex-Finanzminister Karl Heinz Grasser ermittelte, ohne dass dieser überhaupt davon wusste: „Im April 2013 brach der Staatsanwalt die Ermittlungen ab, obwohl ein solcher Schritt laut StPO an sich nur dann vorgesehen ist, wenn der Beschuldigte flüchtig oder unbekannten Aufenthalts ist. ‚Beides wird man bei Grasser wohl kaum annehmen können‘ meinte dazu am Mittwoch dessen Rechtsbeistand Manfred Ainedter. Weit mehr irritiert zeigte sich Ainedter im Gespräch mit der APA allerdings darüber, dass Grasser bis vor kurzem von den gegen ihn geführten Ermittlungen gar nichts wusste: ‚Die Konsequenz daraus ist, dass Grasser im Eurofighter-Untersuchungsausschuss ausgesagt hat. Hätte er gewusst, dass er als Beschuldigter geführt wird, hätte er ein Entschlagungsrecht gehabt. Er hätte nicht aussagen müssen. Grasser wurde um sein Entschlagungsrecht gebracht.'“

Boeing vs. Airbus

Es ist auch von „mysteriösen Ermittlungen gegen Grasser“ die Rede: „Eingeleitet habe das Verfahren, zu dem Grasser nie einvernommen worden sei, der Wiener Staatsanwalt Michael Radasztics. Das ist jener Mann, der zuletzt unter nicht ganz klaren Umständen das Eurofighter-Verfahren abgegeben hat.“ StPO steht für Strafprozeßordnung, die u.a. eine „Anzeigepflicht“ vorsieht: „§ 78. (1) Wird einer Behörde oder öffentlichen Dienststelle der Verdacht einer Straftat bekannt, die ihren gesetzmäßigen Wirkungsbereich betrifft, so ist sie zur Anzeige an Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft verpflichtet.“ Darauf berief sich Doskozil im U-Ausschuss, um seine Anzeige gegen Airbus zur stolzen Aufgabe zu adeln. Für den Staatsanwalt hätte aber auch wegen der StPO die Pflicht bestanden, anderen Verdachtsmomenten nachzugehen, die sich ihm erschließen hätten müssen, wenn er § 91 der StPO ernstnimmt: er hätte dann z.B. Personen einvernehmen lassen, die von einer Abschottung von Darabos sprachen, was den Verdacht der Nötigung eines Regierungsmitgliedes (§ 251 StGB) aufwirft, eines „Opfers“ im Sinne von § 65 der StPO. Ainedter und Grasser wiederum können § 108a der StPO in Anspruch nehmen, wonach die erst jetzt entdeckten Ermitlungen ohnehin längst eingestellt sein müssten:  „Bis zur Einbringung der Anklage (§ 210) oder Beendigung des Ermittlungsverfahrens nach dem 3. Teil dieses Gesetzes darf die Dauer des Ermittlungsverfahrens grundsätzlich drei Jahre nicht übersteigen.“

Darabos wurde am 22. Juni 2017 von Pilz als Bauernopfer für Doskozils Karriere angezeigt (§ 297 StGB wegen bewusst falschem § 153-Vorwurf) und um die zehnjährige Verjährungsfrist puncto Kaufvertrag von 2003 zu umgehen. Mit von Doskozil (unter Amtsmissbrauch und Geheimnisverrat?) zur Verfügung gestelltem Material ging Pilz gegen Darabos vor, dessen Abschottung er ja bereits 2007 im ersten U-Ausschuss deckte. Die Staatsanwaltschaft, deren Befugnisse in § 101 bis 103 der StPO geregelt sind, wurde instrumentalisiert, wie man Agenten rekrutiert, die nur das wissen dürfen, was sie zur Erfüllung ihrer Aufgabe brauchen (Need to Know-Prinzip). Unter Verweis auf Anzeigen, die ich u.a. gegen den illegal „Minister spielenden“ Kabinettschef Kammerhofer eingebracht hatte (2012 / 2015), schickte ich der StA Mitte Juli 2017 eine Sachverhaltsdarstellung zur Pilz-Anzeige gegen Darabos. Denn was Pilz  – als Komplize von Gusenbauer und Doskozil – Darabos zur Last legt, ist ein typisches Beispiel für Kammerhofers Agieren. Er entfernte eigenmächtig die Finanzprokuratur aus den Verhandlungen mit Eurofighter, was Darabos unter Druck hinzunehmen hatte. Darabos hätte nach drei Monaten siehe § 108 der StPO die Einstellung der Ermittlungen gegen ihn beantragen können, wagte dies jedoch nicht, obwohl er so verhindert hätte, dass Doskozil ihn aus der Politik verdraengt. Gerade als Ex-Verteidigungsminister wusste er aber, was es bedeutet, wenn Pilz im August 2016 den geheimen Eurofighter-Vergleich an Medien spielt und Doskozil seiner Anzeigepflicht (§ 78 StPO)  nicht nachkommt.

Boeing 737 Max

So ging er übrigens auch mit Kammerhofer betreffenden Informationen um, die sich nicht nur um Darabos drehten, von vielen bestätigt wurden und für ihn u.a. im Ministerium leicht zu überprüfen gewesen wären. Für Staatsanwalt Radasztics sah § 91 der StPO vor: „Das Ermittlungsverfahren dient dazu, Sachverhalt und Tatverdacht durch Ermittlungen soweit zu klären, dass die Staatsanwaltschaft über Anklage, Rücktritt von der Verfolgung oder Einstellung des Verfahrens entscheiden kann und im Fall der Anklage eine zügige Durchführung der Hauptverhandlung ermöglicht wird. Ermittlung ist jede Tätigkeit der Kriminalpolizei, der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts, die der Gewinnung, Sicherstellung, Auswertung oder Verarbeitung einer Information zur Aufklärung des Verdachts einer Straftat dient. Sie ist nach der in diesem Gesetz vorgesehenen Form entweder als Erkundigung oder als Beweisaufnahme durchzuführen. Die bloße Nutzung von allgemein zugänglichen oder behördeninternen Informationsquellen sowie die Durchführung von Erkundigungen zur Klärung, ob ein Anfangsverdacht (§ 1 Abs. 3) vorliegt, stellen keine Ermittlung in diesem Sinn dar.“

Vielleicht auch, weil ich mich mit Darabos entlastenden Fakten an ihn wandte, welche die Frage aufwerfen, ob Radasztics nicht verpflichtet ist, gegen Gusenbauer, Pilz, Kammerhofer, Doskozil usw. zu ermitteln, zeigte mich ein Stalker und Agent Provocateur, der mich schon länger verleumdet, wegen „Stalking“ an. Auch Radasztics pflegte jenes Narrativ, das besonders über Pilz, aber auch den verstorbenen Journalisten Kurt Kuch, den Berater Rudi Fussi und in den letzten Jahren eben auch Doskozil verbreitet wurde (Pilz, Fussi, Doskozil beziehen sich gerne auf Kuch). „Ohne Grasser keine Eurofighter“ behauptet Pilz auf Facebook, der auf kritische Fragen an ihn nie antwortet. Wenn aber der Umgang eines Staatsanwalts mit Grasser skandalös ist, verpufft die „Argumentation“von Pilz im Nu. Dass dieser sich auf Grasser einschießt, ist ohnehin nur ein Ablenkungsmanöver, weil Doskozil sich mit seinem Bündnis mit Pilz in seiner Airbus-Paranoia im (nunmehr dritten) U-Ausschuss ins Abseits gestellt hat. Ganz sicher sollte die Doskozil-Kampagne das Vertrauen in Airbus erschüttern, welches keine messbare Größe ist, sondern durch Berichterstattung und Skandale beeinflusst wird. Zumindest die österreichischen Medien sind fast nie bereit, einmal den Standpunkt von Airbus darzustellen; man hat eher den Eindruck, dass sie die Doskozil-Pilz-Kampagne mittragen und unterstützen. Hier und hier sind wenige Beispiele von vielen aus dem Kurier, der jetzt ein Schreiben von Boeing-CEO Dennis Muilenburg veröffentlicht.

Pilz auf Facebook 

Das tun auch andere (ebenso transatlantische?) Medien, doch stellen wir es uns einmal umgekehrt vor: der A320neo wurde ab 2016 ausgeliefert und hatte innerhalb eines halben Jahres zwei Abstürze zu verzeichnen, bei denen alle an Bord ums Leben kamen. Es wird danach deutlich, das Airbus selbst verantwortungslos agierte und dies zu vertuschen versuchte. würde ein Brief von CEO Thomas Enders auch so bereitwillig verbreitet werden? In jenem von Boeing finden sich übrigens Formulierungen, die an die NATO erinnern: „Our mission is to connect people and nations, protect freedom, explore our world and the vastness of space, and inspire the next generation of aerospace dreamers and doers—and we’ll fulfill that mission only by upholding and living our values. That’s what safety means to us. Together, we’ll keep working to earn and keep the trust people have placed in Boeing.“ A320neo („new engine option“): Erstflug 25. September 2014, Erstauslieferung 25. Jänner 2016, 687 im Einsatz, Abstürze: 0 vs. Boeing 737 MAX: Erstflug 29. Jänner 2016, Erstauslieferung 22. Mai 2017, 376 im Einsatz, Abstürze: 2 – dies als Zusatzinfo. Die nun stattfindende Berichterstattung kann man auch als „Limited Hangout“ bezeichnen, da zugegeben wird, was man nicht mehr vertuschen kann.

Denn dank Internet, aber auch Recherchen der Seattle Times (am Sitz von Boeing) ist vieles bekannt geworden, das bisher vielleicht Insider interessierte und in Pilotenforen oder von Passagier-NGOs diskutiert wurde. Kein Zufall ist es, dass Äthiopien die Black Boxes der abgestürzten Boeing 737 Max nicht in den USA, sondern in Frankreich untersuchen ließ, weil man dem NTSB (siehe zahlreiche Folgen von Mayday Mayday – Alarm im Cockpit) nicht mehr über den Weg traut. Die Komplizenschaft zwischen Boeing und FAA wurde auch im EU-Parlament thematisiert, wo Patrick Ky von der EASA  Stellung nahm: „Laut Ky war die MCAS-Software bereits nach dem ersten Absturz ins Visier der Experten geraten. Boeing habe jedoch überzeugende Gegenmaßnahmen angekündigt… Zur Verteidigung seiner Behörde führte Ky an, der EASA sei die Beteiligung an den Untersuchungen der Abstürze untersagt gewesen. Da es sich um eine Maschine aus US-Produktion handle, leite die US-Flugsicherheitsbehörde FAA die Ermittlungen. ‚Wir mussten uns ausschließlich auf öffentliche Informationen und Informationen der FAA verlassen‘, sagte Ky.“

A320neo-Takeoff

Doskozil sollte anscheinend das Gefühl bekommen, ein „Held“ zu sein, denn real ist es ja nicht so, dass Boeing quasi die Bestelllisten von Airbus abarbeitet oder jetzt eben umgekehrt. Dennoch wissen wir dank der US-Botschaftscables bei Wikileaks, wie sehr Diplomaten (darunter auch Agenten) für Boeing, Lockheed und Co. werben. Auf dem Markt der Großraumflugzeuge existiert ein Duopol von Boeing und Airbus, das Russland und China zwar aufbrechen wollen, wo sie ihre Entwicklungen aber erst in ein paarJahren verkaufen werden (Comac C919 bzw. gemeinsam CRAIC CR929). Neben dem Bedarf von Airlines geht es auch um Rüstung, wie nicht nur die Auseinandersetzung um Milliardenaufträge im Bereich der Betankung zeigt. Da haben sich Airbus und Lockheed im Dezember 2018 sogar zusammengetan, weil das Pentagon (mit einem Ex-Boeing-Manager als Minister) Boeing bevorzugt. Es ist ein Mix aus außen- und innenpolitischen Gründen, der zusammenkommt bei Doskozils Vorgangsweise gegen Airbus. Man wird nicht annehmen, dass ein österreichischer (Ex-) Minister einem großen Konzern ernsthaft schaden kann. Doch seine Aktivitäten können ein Faktor von mehreren sein, die einander verstärken.

Man denke da auch an die via USA unter Druck gesetzte deutsche Autoindustrie, der auch Diesel-PKWs vorgehalten werden. Noch hat der Greta-Hype nicht zum Verteufeln von Flugreisen geführt, weil die Kids doch lieber in Urlaub fliegen, aber was wäre, wenn? Doskozil darf sich als Hero vorkommen, weil er die Eurofighter abschaffen wolle; das für ihn kreierte Narrativ sieht man gut in dieser Interviewfrage samt Antwort: „Über Doskozil als Verteidigungsminister wird man einmal sagen: Er hat mit den Eurofightern Schluss gemacht. Sehen Sie den Ausstieg in einer schwarz-blauen Koalition gefährdet?“ – „Der Ausstieg ist aus rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht der einzig gangbare Weg, um künftig die Luftraumüberwachung militärisch effektiv und kostengünstiger zu erledigen. Airbus – das haben wir subtil kommuniziert bekommen über unsere Anwälte – hegt die Hoffnung, dass bei einer schwarz-blauen Regierung möglicherweise andere Entscheidungen getroffen werden. Was die Strafanzeige betrifft, warne ich vor Einflussnahme. Jeder zukünftige Justizminister sollte sehr aufpassen, da nicht irgendeinen Einfluss zu nehmen, sondern die unabhängigen Gerichte arbeiten zu lassen. Es gibt ja auch den Aufpasser Peter Pilz nicht mehr, deshalb werden wir mit Argusaugen darauf schauen, wie es in dieser Causa weitergeht.“

Ralph Nader Radio Hour: aviation expert William McGee

Man beachte, wie Doskozil Pilz (im November 2017, als dieser vorübergehend zurückgetreten war) lobte, was er auch im U-Ausschuss am 14.3.2019 wiederholte. Unter „unabhängiger Justiz“ versteht er eine, die ihm und Pilz jede Desinformation abkauft und die auch bereit ist, gegen Darabos vorzugehen. Klickt man den zitierten Artikel an (den einige Medien zusammenfassen), sieht man ein Foto von einem Stapel des Buches „Sicherheit neu denken“, das Margaretha Kopeinig vom Kurier (nun Doskozils EU-Beauftragte) für Doskozil geschrieben hat (mit einem Pilz-Interview). Doskozil scheint nicht zu begreifen, dass er ein populistisches Versprechen einlösen will, das nie den Verzicht auf Luftraumüberwachung meinte, sondern den Kauf beim „falschen Hersteller“. Und es ließ sich alles Mögliche den Ausgaben für die Jets gegenüberstellen in der Erwartung, dass das bei den Leuten gut ankommt. Genau damit gewann die SPÖ zwar 2006 das Kanzleramt wieder, sie verlor es aber auch deswegen 2017. Denn Kern und Co. begingen den verhängnisvollen Fehler, Silberstein statt Darabos zu vertrauen, der den Intrigen von Silberstein, Doskozil und Pilz ausgesetzt war, weil er Wahlen gewinnen kann ohne Einflüsterer aus Israel (treuer Kunde von Boeing und Lockheed) und den USA. Sicher wird manchen Genossen geschmeichelt haben, das sie ab 2001 immer wieder auf einen Berater Bill Clintons (Stanley Greenberg) zählen konnten.

Dass Clinton noch als US-Präsident eine Gefahr für die amerikanische Wirtschaft in Airbus sah, fällt da nicht ins Gewicht. Als Redner erhielt er auch Honorare von Boeing und Lockheed, jenen Rüstungskonzernen, für die Tony Podesta lobbyierte, dessen Bruder John Clintons rechte Hand ist. Doskozils  politische Karriere und die von Ex-Kanzler Christian Kern starteten zeitgleich  im Herbst 2015, als Doskozil als burgenländischer Polizeichef Masseneinwanderung zuließ und ÖBB-Chef Kern Tausende mit Sonderzügen Richtung Deutschland weitertransportierte. Im ÖBB-Aufsichtsrat fanden wir als Vorsitzende Brigitte Ederer, deren Gatte Hannes Swoboda bis 2014 für die SPÖ im EU-Parlament saß.  Swoboda gehörte der Wiener Stadtregierung Häupl I an, Ederer Häupl II; Michael Häupl ließ sich in Wahlkämpfen von Stanley Greenberg und Tal Silberstein beraten; er war es, der (wie auch Gusenbauer) Kern 2016 Silberstein empfahl. Auch das Wiener Wahljahr 2015 (nachdem Doskozil und Kern die refugee welcome-Bühne betreten hatten) hatte mit Silberstein zu tun, den die SPÖ gewissermaßen an die NEOS auslieh (siehe deren Eurofighter-Linie). Es schien zunächst, als biete man Kern, dessen Netzwerke als jene Gusenbauers beschrieben wurden, als Alternative zu Faymann an. Mit dem „Willkommen heißen“ war es bei Doskozil vorbei, als er im Jänner 2016 Verteidigungsminister wurde.

https://m.youtube.com/watch?v=UqIzcuNpXP0

 Boeing 787: Broken Dreams

Dies enttäuschte zwar Linke in der SPÖ, doch so wurde das Image eines Machers aufgebaut, dem es nun um 2015 so uninteressante Sicherung der EU-Aussengrenzen ging. Medienwirksam stellte er Hercules C-130 (2003 gebraucht von der RAF erworben, Hersteller: Lockheed Martin) für Abschiebungen zur Verfügung, die einmal eine Handvoll Menschen außer Landes brachten. Als Kern im Mai 2016 auf Faymann folgte, dessen Position gezielt untergraben wurde, behielt Doskozil seinen Platz in der Bundesregierung, anders als Gerald Klug (Infrastruktur), der im Jänner Doskozil gewichen war; Gabriele Heinisch-Hosek (Frauen), Josef Ostermayer (Kultur) und Staatssekretärin Sonja Stessl schieden aus. Alois Stöger blieb Sozialminister, Sabine Oberhauser Gesundheitsministerin. Neu hinzu kamen Sonja Hammerschmid (Bildung), Thomas Drozda (Kultur), Jörg Leichtfried (Infrastruktur) und Muna Duzdar als Staatssekretärin. Kerns Mentor Gusenbauer fiel durch umfangreiche Lobbying- und Geschäftstätigkeit auf und durch Deals u.a. mit Tal Silberstein, der ab Oktober 2016 offiziell für (gegen?) Kern tätig war. Als die Weichen für Kern und Doskozil gestellt wurden, im Herbst 2015, beriet Silberstein bekanntlich die vom Gusenbauer-Freund und -Geschäftspartner Hans Peter Haselsteiner gesponserten NEOS im Wiener Wahlkampf. Was Doskozil zunächst nicht auf dem Silbersteintablett servierte, war sein großes Interesse an der Eurofighter-Causa, das exakt zu jenem von Peter Pilz zu passen schien.

Wie wir an dieser Passage aus dem Pilz-Buch „Heimat Österreich…“ sehen, war er endlich ein Minister ganz nach dem Geschmack von Pilz, der entscheidend geprägt hat, wie die Bevölkerung die Anschaffung der Eurofighter Typhoon sieht. Noch ehe Silberstein mit der SPÖ wieder im Geschäft war, schloss Doskozil einen Pakt mit Pilz. Das kann Silberstein-affin gewesen sein, weil es um das Realisieren des Wahlversprechens von 2006 „Sozialfighter statt Eurofighter“ging, mit dem Gusenbauer das Kanzleramt eroberte. Was Doskozil aber glaubte, wie er sich selbst sah und sehen sollte, muss nicht unbedingt der politischen Realität entsprechen. Es entsteht eher der Eindruck, dass er leicht zu manipulieren ist und anderen dann ohne Skrupel das Hackl ins Kreuz wirft. Er ging gegen Airbus u.a. mit der US-Kanzlei Skadden vor, die auch am Ukraine-Lobbying von Paul Manafort, Tony Podesta, Alfred Gusenbauer beteiligt war. Skadden war mit dem Anwalt Gregory Craig mit von der Partie beim Lobbying, der für Clinton und Obama gearbeitet hat und gegen den jetzt ermittelt wird. Doskozil engagierte sogar die Lobbyingfirma FTI Consulting, deren CEO Steven Gunby zugleich Direktor des Lockheed-Zulieferers Arrow Electronics ist. FTI kümmerte sich um internationale Medien und um Marktanalysten, da man Airbus auch über den Ruf und den Aktienkurs treffen wollte. Die österreichischen Medien brieften Raphael Sternfeld und Stefan Hirsch, heute SPÖ-Kommunikationschefs in Wien und Bund, die auch an allen Planungen mitwirkten.

Mario Kunasek bei Fellner (20.3.2019)

Wie verbohrt Doskozil ist, wurde zuletzt im U-Ausschuss deutlich: Die Regierung forderte er dazu auf, das Bundesbeschaffungsgesetz zu verletzen und Airbus von Ausschreibungen auszuschließen (etwa wenn es um Hubschrauber-Nachbeschaffung geht). Als Doskozil 2016 Minister wurde, informierte ich ihn, dass Darabos abgeschottet wurde, was auch Druck und Überwachung impliziert, und dass es eine Menge Zeugen dafür gibt. Wenn man die Berichte der letzten Zeit verfolgt, wird klar, was Einflussnahme auf das Image eines Unternehmens bedeutet, denn zu Boeing wurden auch Marktanalysten interviewt. D.h. im Fall der Kampagne gegen Airbus, dass sich bereits voreingenommene Journalisten an Experten wenden sollten, die sie „bestätigen“. Doskozil wartete nicht auf Ermittlungen, sondern stellte es als Tatsache hin, dass Airbus Österreich betrogen und arglistig getäuscht habe, und in diesem Sinn wurden seine Aussagen auch national und international verbreitet. Dies verstanden die Anwälte des Konzerns als Verletzung des Rechtes auf ein faires Verfahren, da immerhin ein Regierungsmitglied vorverurteilt. Es wird auch dank U-Ausschuss offensichtlich, dass Doskozil sein Vorgehen kaum dokumentierte, was Beratungen, Agieren der EF-Task Force und Zusammenarbeit mit Pilz inkl. Weitergabe von Dokumenten betrifft.

Perfiderweise kreideten Doskozil-Pilz Darabos an, dass die Verhandlungen 2007 mit Eurofighter ab dem Zeitpunkt nicht mehr dokumentiert waren, als der Leiter der Finanzprokuratur Wolfgang Peschorn (den Doskozil für sein Vorhaben an Bord holte) nicht mehr Chefverhandler war. Darabos hat aber seinen Auftrag an ihn nie widerrufen, sondern das tat der ihn abschottende Stefan „jetzt bin ich der Minister“ Kammerhofer, der Peschorn durch den Gusenbauer empfohlenen Zivilrechtler Helmut Koziol ersetzte. Entscheidend ist da der 24.5.2007, als Koziol jenen Vergleichsentwurf niederschrieb, den Pilz dank Doskozil zum passenden Zeitpunkt (am 2.6.2017) im U-Ausschuss auf den Tisch legte. Dabei war am selben Tag, dem 24.5.2007 Bill Clinton auf sein Betreiben bei einer AIDS-Gala in Wien, also jener Ex-Präsident, der Airbus den Kampf angesagt und später auch von Boeing und Lockheed beträchtliche Honorare für Reden erhalten hatte. Der 2.6.2017 war derTag nach der Befragung von Darabos, dem Pilz immer wieder drohte, und man lud Darabos auch nicht nochmal vor, obwohl/weil es ihn belasten sollte. Erst am 21.2.2019 wurde er danach gefragt, konnte aber wegen der Ermittlungen nichts sagen. Anders als Grasser wusste er von diesen, aber sie medien- und politikwirksam einzuleiten gehörte ja auch zur Strategie. Am 14. März wurde Doskozil allen Ernstes von Pilz befragt, andere protestierten nur halbherzig hinterher bzw. stellten Fragen zu dieser Connection.

Silberstein-Wahlkampf 2017

Interessant ist auch, was nicht stattfand: kein für den 13. angekündigtes Fellner-Interview mit Pilz, und als eine Woche danach Verteidigungsminister Mario Kunasek zu Gast ist, erwähnt Fellner die Eurofighter nur ganz kurz. Dies, wo doch Doskozil und Pilz deswegen immer wieder Druck machten und im Ausschuss aufs Tapet kam, dass Doskozil im Dezember 2017 hinter dem Rücken des designierten Nachfolgers die Regierungen Schwedens und der USA (des-)informierte, dass eine Alternative zu den Jets geplant sei. Man machte aber vorher auch Silberstein-Wahlkampf für ihn siehe Abbildung, wobei sich Kern eben nicht mit dem Thema Sicherheit in Szene setzen ließ. Es ist leicht vorstellbar, dass Doskozil als nicht gerade überragend intelligenter Ex-Polizist Silberstein (Armeeoffizier, Special Forces-Ausbildung, Mossad) auch persönlich mehr lag. Obwohl es auch wahlkampfbezogene Gusenbauer-Mails von 2017 gibt, will der Ex-Kanzler wie bei den EF mit nichts etwas zu tun gehabt haben. Die Eckdaten der Boeing 737 Max muss man auch mit dem verdeckten Vorgehen gegen Airbus in Verbindung setzen: als Doskozil Minister wurde, hatte der Hoffnungsträger des größten US-Exporteurs gerade seinen Erstflug (29. Jänner 2016), zwei Jahre nach dem A320neo, der mit dem Motto „weniger Lärm, weniger Treibstoff, weniger CO²“ die Richtung vorgab und dessen Erstauslieferung am 25. Jänner 2016 stattfand.

Boeing-Videos zeigen, wie man die Triebwerke in einer absolut ruhigen Gegend der USA testete; dennoch haben Passagiere und Planespotter den Eindruck, dass die „New Engine Option“ leiser ist. Als Doskozil Pilz den geheimen Eurofighter-Vergleich gab, um das Szenario gegen Airbus und Darabos aufzubauen, kam der Wahlkampf in den USA gerade auf Touren. Patrick Shanahan war bei Boeing noch u.a. für die vom A321 verdrängte 757 und den mit Pannen behafteten Dreamliner verantwortlich. Im März 2017 wurde er US-Vizeverteidigungsminister, nachdem Boeing-CEO Dennis Muilenburg eine Million Dollar für Trumps Inaugurationsfeier im Jänner (vor Doskozils Anzeige) springen hat lassen. Vor Beginn des U-Ausschusses, am 22. Mai 2017,  begann die Auslieferung der 737 Max, die zum größten Verkaufsschlager der Konzerngeschichte wurde, freilich indem man fahrlässig Zeit und Kosten sparte. Vom ab 25. Jänner 2016 gelieferten A320neo sind fast doppelt so viele Jets bislang ohne Verluste im Einsatz. Shanahan ist seit Jänner dieses Jahres interimistischer Minister und so sehr Boeing-Mann, dass er Lockheed benachteiligen soll, wo man sich (deshalb?) puncto Betankung mit Airbus zusammengetan hat. Doskozil sah es als seine Aufgabe, auch ganz im Pilzschen Sinn dort Erfolg zu haben, wo Darabos und Klug versagten: Weg mit den Eurofightern! Darabos aber verstand, dass Handlanger von Geheimdiensten werden sollte und weigerte sich sehr zu seinem Nachteil. Klug wiederum war zu sehr Statist, als dass er etwas verkaufen hätte können und versuchte nicht (siehe Sparmassnahmen beim Bundesheer), sich irgendwo querzulegen. Doskozil durfte zum Kämpfer gegen  die EF werden, weil die Konkurrenz zwischen Boeing, Lockheed und Airbus in ein neues Stadium getreten war.

PS: Unmittelbar ehe Pilz Darabos am 22.6.2017 anzeigte, war der Chefverhandler von
2003 Edwin Wall im U-Ausschuss. Er sagte aus, dass er nie mit Darabos habe reden können und dass ihm dies ein Rätsel sei; Pilz wusste ja, dass Darabos abgeschottet wurde und deckte dies auch; er benutzte Walls Aussage gegen den Ex-Minister, um ihm fahrlässiges Handeln zu unterstellen. Nun haben ÖVP, SPÖ und FPÖ beschlossen, Wall nochmals vorzuladen. Außerdem wird der bis April geplante Ausschuss um drei Monate verlängert. In den USA wird nun gegen Boeing-Manager, aber auch gegen Minister Shanahan ermittelt.

PPS: Es wird seit Langem alles versucht, mich wegen Recherche abseits des Mainstream mundtot zu machen, sodass ich eure Unterstützung benötige (alexandra(at)ceiberweiber.at, auf Twitter cw_alexandra, auf Facebook und natürlich telefonisch unter 06508623555). Auch meine Texte aufgreifen, sie verbreiten, dazu Fragen stellen ist hilfreich, ebenso natürlich konkrete Hilfe, weil ich auf diese Weise u.a. meine Wohnung verloren habe. Dringend würde ich auch einen neuen Laptop benötigen. Auch finanzielle Unterstützung jederzeit willkommen: Alexandra Bader, Erste Bank BLZ 20111, BIC GIBAATWWXXX, IBAN AT592011100032875894. DAnKE!

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