Die seltsame Geschichte von Peter Pilz und Maria Stern

Nennt man die letzte Pressekonferenz der Liste Pilz merkwürdig, untertreibt man unweigerlich, denn es war immer wieder von Agenturen die Rede oder davon, dass es um die „Zivilbevölkerung“ gehe. 24 Mitglieder der Mini-Partei wählten einstimmig Maria Stern zur Parteiobfrau, die in dieser Funktion Pilz ablöst und dafür in der Höhe eines Abgeordnetengehalts entlohnt wird. Nicht zu Unrecht hat die Liste Pilz den Ruf, eine Altherrenpartie mit jungen Frauen als optischer Aufputz zu sein; nun kümmern sich Maria Stern und die Abgeordnete Daniela Holzinger um das erste „Leuchtturmprojekt“, den Kampf gegen Kinderarmut. Für Männer sind hingegen so spannende Themen wie Transparenz, Kontrolle, Korruption vorbehalten, wobei Gründer Pilz in Wahrheit amerikanische Interessen vertritt. Pilz trat bekanntlich im November 2017 wegen Vorwürfen sexueller Belästigung zurück und konnte nach Einstellen der Ermittlungen (nach Intervention des Justizministeriums) erst mit Verzögerung ins Parlament zurückkehren. Öffentlich bekanntgewordene Konflikte tut er gerne mit einem Hinweis auf die Anfangsjahre der Grünen ab, wie man jetzt wieder sehen kann. Er spricht vom Ausscheiden von Josef Buchner aus dem ersten Parlamentsklub, was wohl auf die wilde Abgeordnete Martha Bißmann Bezug nehmen soll, die Pilz nicht weichen wollte und sich jetzt über Mobbing bei der Gleichbehandlungskommision beschwert. 

Pilz weist auch auf den Abgang von Freda Meissner-Blau, Walter Geyer und Herbert Fux nach zwei Jahren im Nationalrat hin, dem „starke grüne Jahre“ folgten; „übrigens hat das Ganze gestartet mit einem Untersuchungsausschuss namens Lucona“. Dafür war eigentlich Geyer vorgesehen und Meissner-Blau meldete Zweifel an Hans Pretterebner an, den Pilz als „Experten“ beiziehen wollte/sollte, doch das sind ein paar Feinheiten im Detail. Dass Pilz ins Parlament kam, war überhaupt nur einem Putsch gegen die 1986 in Wien gewählte Liste zu verdanken. „Ich bin froh, dass es diesmal nicht so schwierig geworden ist“, meint er neben der nachdenklich blickenden Stern, „obwohl ich persönlich nichts dagegen gehabt hätte, wenn wir uns einiges erspart hätten“. Die LP habe die Chance, nach den „Monaten, wo wir einiges an Lehrgeld (Leergeld?) gezahlt haben, ordentlich aufzustehen“. Nach dem Frühling der Regierung komme nun ein „Herbst der Opposition“, in dem die Liste eine wesentliche Rolle spielen will. Jetzt sei es soweit, „dass die Leute merken, dass Österreich auf eine sehr problematische Weise regiert wird“ und viele Wähler der FPÖ enttäuscht sind. Es beginne einiges aufzubrechen, was der Opposition mit unterschiedlichen Rollen Chancen biete: „Wir können einiges, was die anderen nicht können, vor allem Kontrolle. Wir – sind – die – parlamentarische – Kontrolle. Wir sind die Einzigen, die hochprofessionell dafür sorgen können, dass die Kontrolle funktioniert.“ Die LP wird dies schon in wenigen Wochen „beginnen und zeigen in den zwei Untersuchungsausschüssen“ (BVT und Eurofighter).

Pressekonferenz am 21.8.2018

Jetzt gehe es darum, die LP „für längere Zeit möglichst breit aufzustellen“, damit „wir politisch eine angemessene Rolle spielen und damit wir uns auch auf wichtige Wahlen von Wien bis Brüssel entsprechend vorbereiten“. In beiden Fällen wird die LP antreten, um Fragen der Medien gleich vorwegzunehmen. Stern werde selbst sagen, welche Schritte sie in den letzten Wochen und Monaten gesetzt habe; er berichte von der Mitgliederversammlung am Vortag. Auch er selbst vertrat „lange die Position, die Partei ist nur etwas, das der Parlamentsklub mitbenützt und nichts anderes als Ressourcen für den Parlamentsklub“, was das Parteiengesetz aber anders vorsieht und wofür es keine Förderungen geben sollte. Da „haben wir etwas gelernt, nämlich dass bei uns viele hunderte Leute, die im Wahlkampf gerannt sind und sich engagierten und sich weiter engagieren“, jetzt Landesorganisationen und Kandidaturen aufbauen wollen. Da sie „mitreden und mitgestalten wollen“, wird „unser Projekt Schritt für Schritt geöffnet“. Es werden ständig neue Mitglieder aufgenommen, auch wenn die LP keine Massenpartei, keine „Karteipartei“ wird, wo man keine Ahnung hat, wer die Mitglieder eigentlich sind. Diejenigen, die sich am aktivsten „in den Bundesländern und später in Europa engagieren bis hin zur Parteiakademie“, werden mitbestimmen, „und das werden immer mehr werden“. Wie üblich fragen Medien nicht nach, was denn bereits konkret getan wurde für den Bezug öffentlicher Förderungen seit bereits fast einem Jahr; Pilz erwähnte über Monate in Interviews einen angeblichen Think Tank, ein Onlinemedium etc. ohne Belege.

Bei der Versammlung von 25 tw. nur telefonisch anwesenden Mitgliedern wurden die Rollen geklärt und auch, dass es einen neuen Namen geben soll, für den eine Agentur Vorschläge macht. Pilz schreibt „an einem Manifestentwurf“, der auch Thema war, wie einer Presseaussendung zu entnehmen ist. Er soll „ein Grundsatzdokument, was wir wollen und was wir vorhaben“ sein und dürfte das  „Jeder ist sein eigenes Programm“ des Klubs der Liste Pilz ablösen. Pilz verspricht, dass es dieses Papier demnächst geben soll und dass es breit öffentlich diskutiert wird. Es soll nicht sein Papier sein, sondern auf Basis seines Vorschlags „gemeinsam erarbeitet werden“ und „sehr sehr öffentlich und transparent diskutiert“ und dann beschlossen werden. Niemand will wissen, warum immer das gleiche vage Geschwurbel voller Versprechungen zu hören ist. Stern ist nun auf seinen Vorschlag hin einstimmig gewählt worden (sie enthielt sich der Stimme)  und er ist – mit ironischem Zucken um den Mund – „seit gestern ihr Stellvertreter“. „Ich bin (nun grinsend) jetzt die Nummer Zwei in der Liste Pilz, und die Maria Stern ist die Nummer Eins. So, und die Maria Stern wird Ihnen jetzt erklären, warum sie’s tuat und was sie vorhat“. Nach rund sieben Minuten kommt sie nun selbst einmal zu Wort, weil sie den Medien etwas über die Vorbereitungsarbeiten zu einer Partei, „die keine klassische sein will“ berichtet. Es werde Leuchtturmprojekte über mehrere Wochen „in enger Kooperation mit dem Klub und der Akademie“. Im Wahlkampf sei „immer wieder der Begriff gefallen der Öffnung des Parlaments für die Anliegen der Zivilbevölkerung“.

Facebook-Posting der Liste Pilz

Ihr Zugang ist der einer politischen Aktivistin, zu der sie wegen der Sicherung des Kindesunterhalts wurde, sodass sie sich letzten Sommer überlegte, bei welcher „Bewegung ich gut hätte andocken können“, wo sie sich aufgehoben gefühlt hätte. Das waren die Parameter, an denen sie sich selbst orientiert habe beim Entwickeln des Projektes. Es heißt ja immer, „die Politik muss nach außen gehen und zuhören“; „ich will, dass wir nach außen gehen zur Zivilbevölkerung (?) und sie dabei unterstützen, sich selbst Gehör zu verschaffen“, was Stern mit mehrmaligem Nicken unterstreicht. Sie wird dies noch detailliert ausführen, „aber noch nicht an dieser Stelle“. Es gäbe schon sieben Experten der LP im Nationalrat, „aber es gibt noch ganz viele Personen, die Expertise haben“, und diesen Personen möchte sie „zur Öffentlichkeit verhelfen, zu politischem Know-How, wie sie sich organisieren können“, ihnen „quasi das Werkzeug in die Hand geben, damit sie selbst politisch aktiv werden und gehört werden“. Das Büro der LP in der Wiener Rahlgasse ist keine klassische Parteizentrale, sondern „mehr eine Agentur für politische Kommunikation“ (Agentur wie in Zentrale Intelligenz-Agentur?). Was an der Oberfläche harmlos klingen mag, wirft einige Fragen auf, denn warum spricht sie von einer Agentur, warum verwendet sie zweimal den Begriff „Zivilbevölkerung“, was wie von Militär oder Geheimdienst aus gedacht wirkt? Als Pilz 1992 mit aller Gewalt grüner Parteichef werden musste, gab es ein (dann zurückgezogenes) Papier, das über eine Referentin lanciert wurde, wonach die Grünen als „Brückenkopf“ dienen sollten für von anderen bestimmte Personen, die Mandate bekämen.

Als „dritte Säule“ nennt Stern den Aufbau von Landesorganisationen für Wahlen, und zwar als Nächstes EU (2019), Wien, Oberösterreich und Steiermark. Stern spricht mit ein wenig Zögern von Strukturen in den Bundesländern, die „sehr gewachsen sind“ und „sehr sehr guten Arbeitsgruppen“, denen „war einfach wurscht, was im Büro der Liste Pilz passiert, sie haben einfach gearbeitet, das lässt sich – Pause – wirklich sehen“. In Wien wird man sich auf Bezirksebene organisieren, „und ja, diese Arbeit werden wir natürlich leisten und das muss rasch in die Gänge kommen, weil die nächste Wahl steht eigentlich bald an.“ Wie sehr wirklich etwas „gewachsen“ ist und nicht eher verhindert wurde bzw. wie viele angespeist sind nach dem Wahlkampf und nichts mehr von derr LP wissen wollen, müsste man vor Ort erfragen. Das erste Leuchtturmprojekt ist die Kindesunterhaltssicherung, nicht nur „weil es mein Herzensthema ist, wegen dem ich in die Politik gegangen bin“, sondern weil es auch „das best practice-Beispiel ist, wie ich mir den Aufbau der Struktur und die Arbeit der Partei vorstelle, und zwar als best practice dafür, dass eine Aktivistin ein Thema verfolgt hat und ein Parlamentarier hat es aufgegriffen“. Ihr sei „es als Aktivistin gelungen, ein Politikum daraus zu machen, an dem jetzt (mit Gesten betont) niemand – mehr – vorbei – kann“. Das habe für sie Vorbildwirkung und „ungefähr in dieser Art will ich auch weiterarbeiten“.

Pressekonferenz am 7. Juni 2018

An diesem Thema wird die LP in den nächsten Wochen dranbleiben „und wir werden über relativ viele Themen sprechen müssen in Zusammenhang mit dieser Unterhaltssicherung“, etwa warum sie auch eine Präventionsmaßnahme gegen häusliche Gewalt ist „und Leben retten kann ganz konkret“ oder warum sie den „dramatischen Anstieg der Obdachlosigkeit von Alleinerzieherinnen und ihren Kindern“ stoppen kann. was ein „Riesen-Tabuthema“ sei. Außerdem ist die Unterhaltssicherung „ein wirksames Mittel gegen Radikalisierung und gegen Kriminalität“, und sie ist ein Sparpaket; die LP wird Fragen stellen, viele Fragen, auch warum es keine Transparenz „beim Verschleudern von Steuergeld bei Unterhaltsverfahren gibt“ (dies fragen sich auch zunehmend mehr Juristen). Kinder von Alleinerzieherinnen sind mehr als doppelt so oft von Armut betroffen, doch es muss auch um Mehrkindfamilen gehen; Maßnahmen wird sie noch nicht präsentieren. Am 1. Juni 2019 soll die Kinderarmut in Österreich beendet werden, sie soll Schnee von gestern sein. Außerdem gibt es ein SOS-Familienbonus-Feuerwehrpaket, das Stern aus früherer eigener Betroffenheit sch(n)ürte, als sie einen ausreichenden Bonus gebraucht hätte und keine Alimente bekam; nun verdient sie sehr gut und kann wie andere ihren Bonus an bedürftige Familien weitergeben. Dazu wird sie Plattformen und Netzwerke aufbauen, um zur Umverteilung von oben nach unten beizutragen und auch zu zivilem Ungehorsam aufzufordern.

Pilz schaltet sich ein und meint, es sei möglich, bis zum 1. Juni nächsten Jahres Kinderarmut abzuschaffen, wenn 300.000 Kinder jeden Monat zusätzlich 300 Euro erhalten. Das Senken von Gewinnsteuern würde 2,5 Milliarden kosten, „das heisst wir schlagen etwas viel billigeres vor, dafür geht sich noch sehr viel  an Armutsbekämpfung aus“; außerdem liegt das Geld auf der Straße, bspw. in Form einer Strafe von 81,5 Millionen in Bayern an Eurofighter, was er unbedingt erwähnen muss. Es gehe um Ehrlichkeit in der Politik, denn die Spitzenkandidaten versprachen vor der Wahl die Unterhaltssicherung (in Höhe von rund 150 Millionen Euro, für 70.000 Kinder und 50.000 Alleinerziehende). „Ehrlichkeit“ ist ein Schlag ins Gesicht aller, die durch über Pilz verbreitete Lügen schwer in ihrem Ruf und in ihrer Existenz geschädigt wurden. Die LP wird Anträge stellen und mobilisieren und „mit der Regierung streiten, in zwei U-Ausschüssen und um die Rechte von Kindern und alleinerziehenden Frauen“, mit der Partei „mit der Maria an der Spitze und der Akademie mit Renee Schröder“ (eine ehemalige Pilz-Schulfreundin). Das mag wie Großsprecherei wirken, doch Stern und Pilz scheinen hier auf die Vorgangsweise bei Themen- oder Farbrevolutionen zu setzen, sodass man die Liste in „Liste Otpor“ und später „Liste Canvas“ umbenennen sollte. Ihrer Biografie zufolge war Stern ja zeitweise viel in Serbien, wo ihr Regime Change-Strategien untergekommen sein müssten. Die Ausführungen zu Kindesunterhalt sind polarisierend, auch wenn wir uns gleich Väterrechtsaktivisten als Gegenpol dazudenken können. Es geht nicht darum, dass die Liste Pilz für konkrete Unterstützung mobilisiert und Menschen dafür gewinnt, sondern darum, die Situation gegen die Regierung zu verwenden.

Diskussion mit Pilz bei oe24

Medienfragen drehen sich u.a. um die Aufnahme neuer Mitglieder, und dazu meint die neue Chefin, dass entschieden werden soll, wer aufgenommen wird (sie will auch sagen „oder nicht“, spricht aber „und aufgenommen“ aus) und mit den Mitgliedern gemeinsam Vereinbarungen getroffen werden, die aber noch nicht spruchreif sind. Pilz ist bemüht, sein Nachrücken als normalen Vorgang hinzustellen, da eben Rollen in einer Partei wie in einem Unternehmen neu verteilt werden. Als Peter Kolba zurücktrat, kam Stern zu Pilz und sagte, dass er (und nicht sie selbst) nachrücken solle. Er selbst hätte sich anders entschieden (was Martha Bißmann als Mobbing betrachtet), doch nun musste Sterns Rolle neu definiert werden. Für ihn war eines klar, auch wenn Liste Pilz draufsteht, es ist nicht alles Pilz in dieser Liste und er ist nicht der Chef von allen. „Ich kann und will nicht alles machen; ich glaube nicht, dass ich als Parteivorsitzender vollkommen ungeeignet bin, aber ich kann andere Sachen (Andeutung eines Lächelns und Nicken) hoffentlich etwas besser.“

Und er ergänzt: „Meine Stärken, wie ich sie sehe, liegen im Parlament, liegen in der Kontrolle, liegen in der Politik selbst.“ Es gehe nicht um ihn, sondern um mehr als 200.000 Leute, „die haben mich gewählt, damit ich in Parlament gehe und das erfolgreich weitertue, was ich mehr als 30 Jahre gemacht habe“. Er könne nicht zugleich eine Partei, eine Agentur (Frontorganisation?) führen, weil „die Maria das besser kann“ (und Freude am Aufbau einer Organisation hat); und „jetzt kommen wir zum heiklen Thema Mandatskauf“. Was bei anderen Parteien üblich ist (z.B. dass ein Parteiobmann ein Gehalt bezieht), „ist etwas, das man bei uns sehr vorwurfsvoll zur Kenntnis nimmt“.  Allerdings ist etwa die SPÖ tausendfach größer als die Pilz-Partei. die nie eine sein sollte. Woanders ist es eine Selbstverständlichkeit, dass man in einer Partei redet, wie verteilen wir die Rollen, wer macht was; „bei uns wird dann Mandatskauf diskutiert“. Pilz spricht von getroffenen Entscheidungen, bei denen er hofft, dass es die besten sind, „Punkt. Mandatskauf ist ein Delikt, des is net irgendwos. Und da bin ich sehr genau, und das wird es bei uns mit Sicherheit nicht geben.“ Bei anderen Parteien würde er das nicht ausschliessen, meint er grinsend.

ORF-Sommergespräch mit Pilz

Es war „keine leichte Situation für uns alle, denn ich bin dagessen und habe aus dem Parlamentsklub die Signale bekommen, es wird auch nach Zusammenbruch all dieser Vorwürfe kein freies Mandat geben. Bin ich halt da gesessen nebenan in meinem Zimmer und hab‘ mir gedacht, okay, dann werde ich eben weiter diese Partei aufbauen und versuchen, von hier aus große politische Projekte zu entwickeln“, aber dann sagte Stern, „nein, du nimmst dieses Mandat“; „alle entscheiden autonom“. Niemand will wissen, wann und wo Pilz eigentlich Parteiaufbauarbeit geleistet hat, für die er sich selbst seit November 2017 in Höhe eines Abgeordnetengehalts entlohnte, ohne dass klar ist, wer bei diesem Beschluss dabei war (Bohrn-Mena wollte als Mitglied vergeblich ihm zustehende Protokolle sehen).  Seine Entscheidung war dann, ins Parlament zu gehen und zwei U-Ausschüsse zu machen, aber nicht nebenbei Parteiobmann zu sein; eine andere Möglichkeit wäre gewesen, dass es so ist und „die Maria geschäftsführende Parteiobfrau wird“. Mit diesem Rührstück will er uns weismachen, dass er aufgrund der (selbstlosen) Entscheidungen anderer rein zufällig dazu kam, sich für das entscheiden zu können, was den Zweck seiner gesamten Existenz darstellt.  Maria Stern wird nach ihrer Medizin für die „Kinderkrankheiten“ der Partei gefragt, und meint, dass es auf ein funktionierendes internes Kommunikationsnetzwerk, auf Leute, die sie anrufen können, wenn es Konflikte gibt usw. (Leute? welche Leute? Tal Silberstein? Alfred Schätz? oder Mrs. Columbo?). Dann lasse sich viel auffangen und man sieht, wo „Konfliktherde“ sind; „ich als Mutter sage, Kinder können auch fiebern und krank sein, daraus geht man dann gestärkt hervor“. Wieder einmal militärische / sicherheitspolitische Sprache, denn „Konfliktherde“ bezieht sich auf Krisengebiete und wirkt bizarr, wenn man von Kommunikation unter ein paar Maxln spricht.

Medien nehmen diesen absurden Vergleich hin, da die LP sich als Truppe vollkommener Laien präsentiert, die noch nie mit anderen beruflich zusammenarbeiten und dabei Professionalität wahren mussten. Pilz ergänzt, dass „eh alles besser wird; seit wir uns von einem Mitarbeiter getrennt haben, gibt es keine Leaks mehr. Ich genieße diesen Zustand, dass man wieder (hahaha) miteinander reden kann, ohne dass am nächsten Tag gleich alle Mails usw. veröffentlicht werden. Das ist wirklich ganz gut, speziell wenn man Untersuchungsausschüsse vorbereitet und speziell wenn man ein paar heikle Recherchen gemeinsam durchführt.“Dies richtet sich gegen Sebastian Bohrn-Mena, der sich immer als Stütze der Frauen im Klub verstand und befremdet war, als Maria Stern Martha Bißmann nicht gegen Mobbing und Sexismus im Netz verteidigte.  Pilz kritisiert die NEOS, weil diese sich einen unabhängigen Bürgermeister in Wien vorstellen können („Steigbügelhalter für Schwarzblau“), doch die Zusammenarbeit in den U-Ausschüssen funktioniert sehr gut. Wenn ein „schwarz-blau-pinker Block“ in Wien antritt mit allen Folgen, dann kann sich Pilz offenbar nochmal eine Kandidatur vorstellen.Die Liste Pilz soll die schärfste und stärkste Kontrolle sein, deshalb braucht Pilz ein Mandat, „für die professionellste und schärfste Kontrolle, und da haben wir noch als Grüne Maßstäbe gesetzt, was „untrennbar mit einem Abgeordnetenmandat verbunden ist“. Es geht um viel mehr Leute als die 200.000 Wähler, weil Pilz jetzt auf der Straße auch dauernd auf Kontrolle angesprochen wird; „wir sind die beste Kontrolle, wir sind die Einzigen, die es können, die einzigen Profis der Kontrolle“.

Fellners „Österreich“ im November 2017

Pilz wiederholt also stereotyp Begriffe, damit man sie (wieder) mit ihm assoziiert. Der Name der Liste stammt (natürlich!) nicht vom Gründer, sondern von Alfred Noll und sollte nur eine Übergangslösung sein. „Immer mehr starke, selbstbewusste und qualifizierte Leute“ landen bei der Noch-Liste Pilz. Deswegen ist sie auch „kompetent in Bereichen, wo ich niemals kompetent war“; deshalb war die LP „eine Einstiegsmöglichkeit“ für einen Gegenpol zur Rechtsregierung, die aber erst einige Wochen nach der Wahl auf Schiene kam (woher wusste er das vorher?). Die NEOS sieht Pilz als Verbündete der Regierung; die SPÖ wird keine Opposition, sie „ist genetisch untauglich“ dafür, denn sie „weinen jeden Tag in der Früh, dass keiner Minister zu ihm sagt“ (wie er weint, dass er nie Minister wurde, zeigen U-Ausschussprotokolle). KInderarmut ist nicht sein eigenes Spezialgebiet, sondern das „der Dani Holzinger und der Maria“, die Amtsverschwiegenheit jenes von Alfred Noll, neue Integration das von Alma Zadic, Steuern von Bruno Rossmann und neue Technologien von Stephanie Cox. Pilz meint zu Stern, dass es sich um eine besonders wichtige Achse handelt, „die mir auch persönlich sehr wichtig ist“; es besteht ein besonderes Vertrauensverhältnis. Und zur Gleichberechtigung heisst es, dass „die Maria“ selbstverständlich „das gleiche Gehalt wie ich bekommen“ und Pilz nichts extra für den Stellvertreter.

Wie man oben sehen kann, war es noch Pilz, der sich von oe24 und dem ORF interviewen ließ; wie ein aktuelles Interview mit Maria Stern klingt, sieht man auf der Webseite des „Kurier“. Sie erklärt, dass die Partei „ausschließlich eine Rechtsperson“ sein sollte und sie Klubobfrau, eine kühne Bezeichnung, da sie nicht ins Parlament gekommen ist. Josef Votzi, der bisher auf der Seite von Pilz war (legendär ist das „Belagerungsringe sprengen“-Interview im Sommer 1992, in dem Pilz einen US-Angriff auf Bosnien forderte), findet die „interne Mitgliederversammlung“ merkwürdig. Denn normalerweise wird über Parteikongresse berichtet (die allerdings in Hallen und nicht in Telefonzellen stattfinden). Doch Stern rechtfertigt es, weil die Partei ja in dieser Form neu sei und „wir immer wieder etwas unter uns ausmachen, bevor wir an die Öffentlichkeit gehen“; die Partei soll schrittweise geöffnet werden. Ihr Beitrag ist ein „Grundwertekatalog auch als Kompass für die Zivilgesellschaft“, was seltsam erscheint, da Pilz die Grundwerte der Grünen (ökologisch – solidarisch – basisdemokratisch – gewaltfrei) immer relativ egal waren. Apropos Grüne, sie findet es schade, dass sie nicht mehr im Parlament sind, denn sie wollte an „Seite an Seite mit Ulrike Lunacek für Frauenrechte kämpfen“. Selbstverständlich sind für Stern alle Vorwürfe gegen den Grabscher Pilz ausgeräumt, sodass sie sich als Feministin nicht selbst verrät. Votzi will auch wissen, was denn nun mit der EU-Wahl 2019 ist; etwa, ob Johannes Voggenhuber antritt (bei der PK sagte Pilz, dass er mit diesem sogar bei PKs gestritten hat und das in Ordnung sei). „Es werden Gespräche geführt und die Entscheidung im Herbst, oder vor Weihnachten oder vor Ostern getroffen“; und dies, wo die Wahlen voraussichtlich Ende Mai stattfinden und der Ostersonntag auf den 21. April fällt, es dann also zu spät ist, eine Kandidatur einzureichen.

Die „Kronen Zeitung“ auf Twitter

Wie Pilz wirklich mit Voggenhuber umgegangen ist, konnte man meinem neuen offenen Brief nach seinem vermeintlich reuigen Abgang im November entnehmen, als er seinen (brutalen) Umgang mit anderen scheinbar selbstkritisch reflektierte. Medien müssen jetzt Maria Stern vorstellen, was zu Fehlern wie diesem führt: „Während des Studiums engagierte sie sich im Verband sozialistischer Studenten, damals traf sie auch Pilz.“ Das wird kaum der Fall gewesen sein, ist sie doch Jahrgang 1972 und er Jahrgang 1954; es könnte sich vielleicht auf Sterns Eltern beziehen, die aus der DDR nach Österreich umsiedelten. Stern, die der LP „einen Neustart verpassen“ will, ist übrigens seit 2009 Mitglied in Margit Fischers Frauenrat und war seit damals auch Lehrerin an einer Wiener Waldorfschule. Bekanntlich gibt es enge Bande zwischen Heinz Fischer, Nachfolger Alexander Van der Bellen und Peter Pilz; Letzteren kennt Stern schon lange und hat ihn nie als Macho erlebt, wie sie 2017 einmal beteuerte. Die neue Parteichefin wird zum Teil als echte Frauenrechtsaktivistin gesehen, zum Teil aber als Alibifrau, hinter der Pilz wie eh und je schaltet und waltet; sie wirkt ganz gefangen in ihrer Rolle, was man auch am Verwechseln von Begriffen merkt.

Zugleich aber offenbart es, dass Politik eben doch nichts ist, was man auf die Schnelle lernt mit einem simplen Wechsel von der Bühne einer Aktivistin, die sich für ein überschaubares Thema einsetzt zum Rampenlicht der Tagespolitik. Es mag wahr oder gut erfunden sein, aber Josef Cap soll nach seinen Erfahrungen mit Pilz beim VSStÖ gesagt haben, dass man nachsehen müsse, ob noch alle fünf Finger dran sind, wenn man Pilz die Hand gibt. Heerscharen an Zeugen in U-Ausschüssen können ein Lied davon singen, wie Pilz mit ihnen umgesprungen ist, wobei er immer Angehörige österreichischer Dienste oder integre Politiker im Visier hatte. Wenn Pilz andere mit Vor- und Nachnamen nennt, aber immer „die Maria“ sagt und ein besonderes Vertrauensverhältnis mehrfach betont, ist dies eine gewaltige Hypothek für die stets etwas atemlos wirkende Parteichefin. Nicht von ungefähr kritisierte ja Bohrn-Mena „autoritären“ Führungsstil und dass alles von Pilz und Stern entschieden werde, die beiden immer zusammenhocken. Stern hatte kein feministisches Mitgefühl für Bißmann, die von Pilz jeden Tag angerufen wurde mit der Frage, wann sie endlich geht und deren Ausschluss dann immer auf der Tagesordnung von Klubsitzungen stand (auch Zadic, Holzinger und Cox schwiegen). Sie hätte sich vor die Abgeordnete stellen müssen gerade als Frauensprecherin der LP, zumal dies typisch Pilz ist und von denen gut verstanden wird, die in den Grünen immer damit rechnen mussten, gedemütigt, abgekanzelt und auch existentiell beschädigt zu werden. Bezeichnend ist auch, dass die LP mit „Kinderkrankheiten“ infantilisiert wird und zugleich die Erinnerung an die Grünen ausradiert wird, deren Rad die LP nun neu erfinden soll. Pilz nannte beim Kampf gegen Korruption auch die Grünen Werner Kogler, Rolf Holub und Gabriele Moser, die alle keine Mandate mehr haben.

PS: Das Eurofighter-Narrativ von Pilz bricht gerade zusammen, weil die böse Regierung ein Sonderbudget für 15 neue Hubschrauber für das Bundesheer beschlossen hat und Airbus beste Chancen bei der Ausschreibung hat: „Und die Hubschrauber sollen natürlich auch bewaffnet werden können. Das trifft auf die Agusta A-109 Trakker und den Bell 429 (der eher als Polizeihubschrauber in Verwendung ist) nur bedingt zu. Ein volles Paket mit drei Hubschraubervarianten und vier Bewaffnungsoptionen bis hin zu lasergesteuerten Raketen hat dagegen Airbus vorgelegt, wobei der H-145M als wahrscheinlichste Lösung gilt. Und das, obwohl der frühere Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil den Airbus-Konzern wegen Betrugsverdachts rund um die Eurofighter-Beschaffung angezeigt hat.“ Doskozil, der am 8. September zum Chef der SPÖ Burgenland gewählt werden soll, hat sich dabei aber von Pilz instrumentalisieren lassen. In Rumänien war übrigens der Freund von Tal Silberstein Traian Basescu maßgeblich, als keine Eurofighter, sondern F-16 von Lockheed (gebraucht aus Portugal) beschafft wurden. Und Pilz dachte bei seiner letzten PK laut über F-16 aus Israel nach, das nach den USA die größte derartige Flotte besitzt.

PPS: Wie hier beschrieben werde ich seit Jahren wegen kritischer Berichte attackiert; nun suchen die Kater Baghira und Gandalf und ich DRINGEND ein neues Quartier, bevorzugt in Wien oder Wien-Umgebung. So kann ich die von euch geschätzte Arbeit auch viel effizienter und mit euch gemeinsam fortsetzen, denn nachdem ich meine Wohnung in Wien verloren habe, bin ich auf dem Land gelandet. Wer etwas für mich hat oder weiss hilft mir damit sehr. Auf den Wunsch vieler treuer Leserinnen und Leser hin ist finanzielle Unterstützung jederzeit willkommen: Alexandra Bader, Erste Bank BLZ 20111, BIC GIBAATWWXXX, IBAN AT592011100032875894. Ihr erreicht mich unter 06508623555, alexandra(at)ceiberweiber.at und ich bin auf Facebook und Twitter (cw_alexandra).

5 Kommentare zu „Die seltsame Geschichte von Peter Pilz und Maria Stern

  1. Reitet auf den Schwingen des Feuervogels liebe Zeitgenossen.

    Menschen aus der DDR sind immer willkommen. Wenn ich einen seriösen Blick auf EUropa wirft, dann kommt mir Egon Krenz in Sinn als dieser eine seriöse Beurteilung der wirtschaftlichen. Lage einforderte.

    Die Ostdeutschen sind an schon ok.

    Kinderarmut mal über Umverteilung zu übertünchen ist eine Sache. Armut = ungedeckter Bedarf. Aber die Grundfrage die sich dahinterstellt muss mal angegangen werden.

    Aus heutiger Sicht war die Regierung Schüssel nicht richtungsweisend was den damals sich noch nicht ganz offensichtlich abzeichnenden Trend zur Einkommenssubjektivierung in Verbindung steht, welche mit einer Aufwertung der Arbeit am Produkt einhergeht.

    Zu Zeiten als Hannes Androsch in die Steyrer Werke ging wurde zuviel manuell gearbeitet und hernach begann der Trend anstatt am Produkt zu arbeiten sich vermehrt um das Management von anderen Präferenzen zu kümmern. Das Raustreten dieses Trends in die Gesellschaft ist nicht zu übersehen.

    Die Regierung Schüssel war Ende des Trends angesiedelt.

    Die Gewinner der Objektivierung sind heute wie damals eher jene die sich für fleißig halten.

    Wobei in der Praxis in semi-industriellen Volkswirtschaften die Höhe des Kreditrahmens im Konsumenten (im Rahmen des verbreiteten Industrieeinkommens) Beachtung wird geschenkt und nicht dem Menschen dahinter.

    Wachstum tritt auf funktionierendem Untergrund welcher so gut wie unbeachtet bleibt auf.

    Aber ehrlich. Mich kotzt mittlerweile schon der Erwerb meines neuen Autos an, da soviel Zeug eingebaut ist welches dem angeblichen qualitativen Wachstum geschuldet ist und insbesondere den Trend so über die Hintertüre den Wagen in die Werkstatt zu bekommen. Das erinnert stark an Planwirtschaft, welche ja selbst in mehrer Variationen auftreten kann und nicht nur in der aus dem COMECON (Rat für wirtschaftl. Zusammenarbeit heute in Brüssel) bekannten Form, welcher in der Sowjetunion noch stärker ausgeprägt war.

    Insbesondere gilt die Restriktion, dass Werkzeuge außerhalb der Marktwirtschaft nur über nicht rückzahlbaren Kredit zum Nullzins aka. Sparguthaben ermöglicht wird. Die Beschaffung eines Werkzeugs führt in der gelebten Wirtschaftspraxis im Rahmen der unselbstständigen Erwerbstätigkeit zu einer ‚Fehlinvestition‘ sprich Verbrauch. Weswegen die Finanzvermögen ohne Zutun genauso steigen.

    Daraus resultiert ein Zinszufluss durch Beibehaltung des Trends sich für fleißig Erachtende hinter dem Konsumenten zu behalten, resp. der Position zu bewahren. Das versammelt Spektrum von links bis rechts ist mittlerweile in der Rolle der Bewahrenden.

    Der sog. Wohlstand sprich das Wachstum sagt ja allein wieviel mehr in Form von Verbrauch wird bereitgestellt und nicht was aktiv gebraucht wird.

    Täuscht mich der Eindruck oder breitet sich eine Art sich buntfärbendes Edelproletentum wieder aus? Aus der Sicht der Einkommenssubjektivierung stört einen das weniger.

    Den anderslaufenden Trend fortzuschreiten heißt auch auf Kosten jener die aktiv am Produkt arbeiten sich zu bereichern.

    Aber gut. Jeder wie er oder sie will, solange er oder sie wissen was sie alle miteinander wollen.

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    1. Apropos Wachstum. Es dauert nicht mehr lange, dann ist das Jahr um. 2019 soll das Wirtschaftswachstum in Österreich auf 2,5 % sinken.

      Da bin ich schon gespannt darauf, weil früher oder später muss der Börsensozialismus, wie ich ihn nenne, ja auch ein Ende haben und wiederum das Ende der Post-Finanzkrise eingeläutet werden. Vielleicht ist es ja 2019 schon soweit.

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      1. Lieber dhmg1. Ich muss für die länge des Beitrags entschuldigen.

        Wollte auch heute längere Ausführung beisteuern, aber die sprengt den Umfang eines Replies anderorts auf diesem Blog. Die verkürzte Fassung sind ca. 10k Zeichen.

        Sie haben in der E.U. ca. 0,5 wenn überhaupt Realwachstum. Die Erfahrung deckt sich ca. mit einer massiven Verschlechterung des Prozesses bei der Verbreitung von Information durch Maschinen auf Produkte aufgetragen.

        D.h. die Verbreitung des Nutzens des bestehenden Product Mixes nimmt stetig ab und das mittlerweile seit ca. länger als 20 Jahren.

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  2. wie kann man gegen die Armut der Österreicher sein und zugleich die ganzen jungen Männer aus aller Welt hereinlassen mit einem Frauenbild, dass den Teufel graust.
    Menschen die eine Religion etablieren wollen, die einer Sekte gleich kommt und wo das Familienbild dem der Österreicher um 1900 gleicht–> möglichst viele Kinderlein, Frauen bleiben zuhaus und haltn die Papn (—> Kinderarmut, ungebildete Frauen, ungebildete Kinder) und die Österreicher sollen dafür blechn.
    Ich kanns nicht mehr hören.

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    1. Noch ist Gott gnädig mit uns und bewahrt uns vor einem erneuten Migrantenansturm. Da können wir eh dankbar sein dafür.
      Es ist wichtig zu wissen, dass es keine Sünde ist, wenn man nicht alle Welt aufnehmen kann und sich als Staat an Asylrecht hält. Im Zweifelsfall ist die Staatsverfassung weit vernünftiger als jeder EU-Vertrag.

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