Ibiza: Das große Cover Up

Es fällt auf, dass die Soko Tape zwar attackiert wurde, sich jetzt aber alle auf deren geleakten Bericht an die Staatsanwaltschaft stürzen. Damit kann man nicht nur allfällige Erkenntnisse des Ibiza-U-Ausschusses im Zaum halten, sondern auch die Überlegungen in der Bevölkerung. Sidney Powell, die Anwältin von General Michael Flynn, sprach einmal mit Anspielungen auf Alice im Wunderland davon, dass nichts ist wie es scheint (es wird hier zitiert). Ich wende dies auf den U-Ausschuss an; dieser ist verloren im Kaninchenbau auf der anderen Seite des Spiegels, wo nichts wäre, wie es ist, weil alles wäre, was es nicht ist. Und ganz im Gegenteil, was ist, wäre es nicht, und was es nicht wäre, das ist es. „Would be“ im Original gibt es auch als Eigenschaftswort (angeblich) und als Hauptwort (Möchtegern). Uns wird bei Ibiza erzählt, dass es eine kriminelle Aktion war, ohne politischem Hintergrund; manche bezweifeln dies, stellen jedoch nicht in Frage, dass „Ibiza-Detektiv“ Julian H. und „Ibiza.Anwalt“ Ramin M. alles auf eigene Faust inszenierten. 

„Nichts wäre, wie es ist“ usw. bedeutet, dass man etwaige Hintermänner ausblendet; wie es nicht scheint, ist es in Wahrheit aber. Auch ohne U.Ausschuss und Soko wissen wir, wie wirklicher russischer Einfluss in Wien aussieht; dieser wird auch dadurch abgesichert, dass wichtige Zeugen nicht in den U-Ausschuss geladen werden oder sich der Befragung entziehen. Wir sind, wenn wir dem Mainstream-Narrativ folgen, wie in einem Spiegelkabinett gefangen. Das versteht man vielleicht eher, wenn man an das Schüren von Corona-Panik denkt; aber warum sollte es bei politischen Skandalen anders funktionieren? Es ist schon vielsagend, dass der Bericht der Soko zuerst beim „Kurier“ landete, an dem Raiffeisen und Rene Benko beteiligt sind, der selbst Kredit von Raiffeisen, der Sberbank Europe, der VTB Bank, der Bank of China und anderen bekommt. Aufsichtsratsvorsitzender beim „Kurier“ ist Erwin Hameseder von Raiffeisen, der bei der Strabag Stellvertreter des Aufsichtsratsvorsitzenden Alfred Gusenbauer ist. Im Mai 2007 beteiligte sich Oligarch Oleg Deripaska an der Strabag und an Magna; in jenem Monat verlagerte Oligarch Dmytro Firtash Geschäfte nach Wien. Für ihn fungierte Raiffeisen als Treuhänder; bei Magna war Siegfried Wolf CEO, der jetzt Aufsichtsratsvorsitzender bei Deripaskas Russian Machines und bei der Sberbank Europe ist und sowohl Bernko als auch Sebastian Kurz fördert.

Internet-Meme

 

Mit anderen Worten haben wir hier Oligarchen, die mit Parteien verbandelt sind, während bei Heinz Christian Strache und Johann Gudenus per Ibiza-Falle abgetestet wurde, wie weit sie gegenüber einer falschen „Oligarchennichte“ zu gehen bereit sind. Beim Umgang mit Ibiza fallen auch Details auf, etwa wenn zunächst verlangt wird, dass der U-Ausschuss das Angebot von Julian H.s Anwalt Johannes Eisenberg annimmt, „das Video“ zur Verfügung zu stellen (Eisenberg zog es jetzt zurück). Dafür hat jetzt aber z.B. Richard Schmitt von oe24 (früher „Krone“) Verständnis; er findet es auch okay, dass sich wichtige Zeugen fernhalten bzw. meint, dass es nur Show sei, Bundeskanzler Sebastian Kurz am 24. Juni zu befragen. Wenn aber unterstellt wurde, dass sich Russland via Strache in Österreich einkaufte, dann sollte man sich ansehen, welche Einflussnahme es tatsächlich gibt. Unsere volle Aufmerksamkeit soll z.B. auf Fotos gelenkt werden, die Gudenus beim Konsum von Kokain zeigen; außerdem wurde gegen Handlanger von Julian H. und Ramin M. ermittelt.

Richard Schmitt bei oe24

 

Man sieht jetzt, welche Wirkung es entfaltete, dass der alte Freund von Johann Graf (Novomatic), Gert Schmidt Privatermittlungen betrieb und dazu veröffentlichte; er wird von Novomatic unterstützt. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass die Soko einen Ermittlungsauftrag von der Justiz erhielt und dieser sich nicht auf das wahre russische Netzwerk erstreckt. Offenbar geht es auch nicht darum, Hintermänner ausfindig zu machen, die zumindest die Veröffentlichung des Videos, wenn nicht auch seine Herstellung wollten. Wir sehen oben Richard Schmitt; Ex-„Krone“, heute „Österreich“, der gestern auch stolz über den Bericht der (gelenkten) Soko sprach. „Alle Namen auf der operativen Ebene“ habe man nun (alle???),  als nächstes werde er die „geheimen Chatprotokolle“ veröffentlichen, die „schon ein Hammer“ sind; so offen, wie da z.B. über das Bundeskriminalamt geredet wurde, das man natürlich in die Irre führen wollte. Zur EU-Infothek meint er: „Professor Schmidt macht das sehr sehr gut, wir haben oft gemeinsam an manchen Details gearbeitet; Schmidt hat irre gute Quellen; er hat schon neuen Schwung in die Ermittlungen hineingebracht; jetzt müssen wir nachbohren.“ Rein zufällig gibt es bei oe24 auch dauernd Werbungen des zur Novomatic gehörenden Sportwettenanbieters Admiral.

Richard Schmitt, Gudenus und das Koks

Vielleicht weil die Legende von einer politischen Großtat doch nicht auf das Ibiza-Video zutrifft, zieht sich Anwalt Eisenberg von der Bühne zurück; die alternative Version sind kriminelle Motive ohne Hintergedanken; Schnee von gestern ist, dass er Soko-Leiter Holzer beschuldigte, 2015 nicht auf Material gegen Strache eingegangen zu sein, das Leibwächter R. lieferte. Man mag sich auch fragen, wie überhaupt noch irgendjemand ein faires Verfahren bekommen kann, wenn Medien mit dem „geheimen Ibiza-Akt“ auftrumpfen. Dabei geht es keineswegs um Aufklärung, weil gerade auf diesem Wege der wahre wachsende russische Einfluss kaschiert wird, der nicht von ungefähr auch mit absoluter Skrupellosigkeit assoziiert wird. Warum schwärmt Richard Schmitt von den „besten Kriminologen des Landes“, die Soko-Leiter Andreas Holzer (der „in den USA auf Ausbildung war“) zusammengezogen habe? Eben noch zogen Schmitt, Schmidt und Fellner die „Oligarchennichte“ bzw. ihre Darstellerin durch den Kakao, deren „Professionalität“ Schmidt jetzt in höchsten Tönen lobt; sie habe 7000 Euro pro Tag für ihren Einsatz erhalten (die Herren gaben es vor ein paar Monaten noch billiger) und benötigte auch „Kontakte zu Regierungskreisen“ eines anderen Landes für einen falschen Pass. Schmitt trumpft nicht nur mit dem Soko-Bericht auf. sondern auch mit „Nachrichtendienstkreisen“, die vermuten, dass man den richtigen Namen von „Aljona Makarowa“ ohnehin schon kennt.

Vom „Österreich“-Titel am 18. Juni

Schmitt macht deutlich, dass fast alles, was uns als „Aufdecken“ verkauft wird, eine ziemlich passive Sache ist, weil „zugespielt“ wird. Er habe „die Kommunikation“ zwischen Beteiligten auf seinem Schreibtisch, „schwarz auf weiß“, eben dank Soko; „wir sind gerade beim Durchwühlen dieser Seiten“. Man sieht, „wie konzentriert diese Gruppe arbeitete“, meint Schmitt, der nicht verstehen kann, wie Gudenus vor jemandem (Julian H.) koksen konnte, den er nur ein paar Tage kannte. Die wunderbare Soko konnte Videomaterial sicherstellen, das „an sieben Tatorten“ aufgenommen wurde. Gute Noten für die Berichterstattung und für die Soko gibt es bei EU-Infothek, wo man beinahe vorausschauend im Februar 2019 die Detektei Omnia gründete, deren Geschäftsführer Thomas Benold bei der SPÖ Korneuburg aktiv ist. Seitenhiebe auf Johannes Eisenberg kann sich Gert Schmidt nicht verkneifen, aber auch das kann zur Legendenbildung gehören.

Wie die Legende vom „Aufdecker“ Florian Klenk forciert wird

Medien wie die „Krone“, an der Benko beteiligt ist, der in Korneuburg im Werfareal baut, stürzen sich auf Codenamen wie „Roter Platz“, welche die Beteiligten verwendeten. Auch „Österreich“ zeigt genüßlich Gudenus beim Koksen und erwähnt, dass der U-Ausschuss, anders als manche Medien, den Akt der Soko noch nicht hat und nur Teile des Videos sehen soll. In der „Presse“ darf Anna Thalhammer den Akt verwenden und neue Facetten aufzeigen:  „Ein Zeuge knickte bei der Vernehmung ein und gestand, dass das Video auf einer Speicherkarte in seiner Wohnung in Wiener Neustadt versteckt sei. Seine Ex-Freundin – ein Pornostar, mittlerweile mit dem Hauptprotagonisten und Videomacher Julian H. liiert – habe die Speicherkarte dort in einer Steckdose deponiert. Hinter einer Wandverkleidung, in einer Spalte zwischen Fliesen und Wand, konnten die Beamten den Datenträger nach längerer Suche aufspüren. Dazu wurde von dem Zeugen ein Computer übergeben, der von Julian H. genutzt wurde.“

Die „Krone“ am 18. Juni

Natürlich lobt auch Innenminister Karl Nehammer die Ermittler; ebenso sein Generalsekretär Helmut Tomac, der „betonte, dass im Bericht hohe Qualität und ‚kriminalpolizeiliche Expertise‘ enthalten sei. Die Ermittler seien nicht dazu da, ‚irgendein Videomaterial möglichst rasch in die Öffentlichkeit zu bringen, sondern es so aufzubereiten, dass es in einem allfälligen Verfahren geeignet ist‘.“ Wenn die Soko nur an Handlangern interessiert ist, sollte sich der U-Ausschuss auf das große Ganze konzentrieren, der jedoch wichtige Zeugen nicht lädt und es hinnimmt, wenn diejenigen „krank“ werden, die er doch vorlädt. Ibizagate scheint eine kriminelle Geschichte zu sein, ersonnen von einer Gruppe, die aus ihren heimlichen Aufnahmen Profit schlagen wollte. Das gelang ihr jedoch nicht auf Anhieb, und auch das, was sie 2019 lukriert haben soll (600.000 Euro) ist wesentlich weniger als Produktions- und dann Anwaltskosten geschätzt betragen. Der U-Ausschuss soll das Video (welches die Soko zu 95% sicherstellte) nun in redigierter Form sehen und pocht darauf, alles vorgeführt zu bekommen. Stephanie Krisper von den NEOS und Jan Krainer von der SPÖ wollen Anwalt Eisenberg laden, der in Interviews selbst angeboten hat, anstelle von H. auszusagen.

007-Fantasien in der „Krone“, 18. Juni 2020

Es passt ins Bild, dass besonders Krisper rundum gelobt wird, sind die NEOS über ihren Sponsor Haselsteiner doch selbst an das russische Netzwerk angebunden. Auch der Radius von Krainer wird dadurch beschränkt, da die SPÖ immer noch eine Gusenbauer-Partei ist. Wir sollen uns damit begnügen, dass ein Lockvogel mitspielt, von Kokain die Rede ist, auch Pornos eine Rolle spielen und es „geheime Chatprotokolle“ gibt. Dazu kommt dann Zubehör für den Lauschangriff und das Versteck von Aufnahmen in einer Steckdose; alles wirkt wie eine billige Parodie auf Spionagemethoden, da wir die Ibiza-Falle auch als kompromat bezeichnen können. Manche in der Politik schwelgen in Behauptungen, dass die FPÖ „die halbe Republik an russische Oligarchen verkaufen“ wollte, weigern sich aber stur, einmal anzusehen, wie es sich mit denen verhält, die als besonders reich gelten. Wenn wir analysieren, wer mit wem vernetzt ist, sehen wir den Konnex zwischen Hans Peter Haselsteiner, Rene Benko, Johann Graf und einigen anderen. Zwar hat „Addendum“ durchaus Verdienste etwa wegen Berichterstattung über Benko oder Gusenbauer, doch Dietrich Mateschitz kooperiert auch mit Benko.

„Österreich“ und die reichsten Österreicher

Selbst die bislang bekannten Aussagen auf Ibiza bieten genug Anhaltspunkte, etwa wenn Strache der Oligarchenfirma Strabag keine Aufträge mehr geben wollte, stattdessen „die Oligarchennichte“ von Baulosen profitieren sollte. Oder wenn Strache behauptete, die ÖVP habe schon 20 Millionen für den Wahlkampf 2017 gesammelt, wobei er Rene Benko und Siegfried Wolf als Spender nannte (darauf nahm Florian Klenk am 5. Juni im U-A Bezug). Beide haben eine Sberbank-Europe-Connection, also mit einer „Front“ des russischen Geheimdienstes zu tun. Mit Wolf ist auch Gusenbauer verbandelt; bei seinem Geburtstag kann er neben Kurz auch Ex-Vizekanzler Wolfgang Brandstetter oder Michael Krüger willkommen heißen, einen der Anwälte Haselsteiners, der wie Wolf selbst mit Frank Stronach befreundet ist. Brandstetter und Gusenbauer gehören wie Reinhold Mitterlehner zu den „Top-Speakern“, die Heidi Glück anbietet, die nach wie vor dem russischen Aufsichtsrat Wolfgang Schüssel zur Seite steht. An ihrer PR-Firma ist Michael Enzinger beteiligt, der Präsident der Wiener Rechtsanwaltskammer, der u.a. „Ibiza-Anwalt“ Ramin M. deckt. 2010 heiratete Rene Benko übrigens in einem Luxusresort in Lech am Arlberg, das Oleg Deripaska gehört, was dabei hilft, ihn einzuordnen.

„Mutter, der Mann mit dem Koks ist da“ mit Philippa Strache

Wenig Aufsehen erregte dieser Tage, dass ein pensionierter Offizier wegen Spionage für den russischen Militärgeheimdienst GRU zu drei Jahren Haft verurteilt wurde. Damit deckte die Justiz (mit Hilfe der Ermittler) zu, dass es noch ganz anderen russischen Einfluss im Bereich Landesverteidigung gibt. Die letzten sechs Jahre, die Martin M. im BMLV Dienst tat. war Norbert Darabos formal Minister, der jedoch abgeschottet, überwacht, bedroht wurde (wird) und Gusenbauers heimlichen Deal mit Eurofighter ausbaden musste. Wir sind bei Martin M. verloren im Kaninchenbau auf der anderen Seite des Spiegels, wo nichts wäre, wie es ist, weil alles wäre, was es nicht ist. Und ganz im Gegenteil, was ist, wäre es nicht, und was es nicht wäre, das ist es. Denn uns wird weisgemacht, dass sein Fall „die“ russische Spionage im Bereich Landesverteidigung ist; das wäre so, wie es nicht ist; was aber ist und es nicht wäre, ist die Unterwanderung des BMLV mittels Gusenbauer-SPÖ und Co. – man kann auch sagen, dass es dies nicht wäre, aber ist. Bei Eurofighter wird aus verloren im Kaninchenbau usw., dass angeblich Darabos einen Vergleich mit dem Hersteller wollte und der Ankauf der Jets nichts damit zu tun hatte, dass Magna EADS zuvor beim Sondieren des russischen Marktes half. Was ist, schließt aber den Wechsel von Karl Heinz Grasser von Magna in die Regierung Schüssel ein und dass Gusenbauer 2006 einen heimlichen Deal mit EADS hatte. Bei Ibiza ist der „Verkauf halb Österreichs an Oligarchen, um die Sozialistische Jugend zu zitieren, keine bloße Absicht, sondern gelebte Praxis u.a. im Umfeld von ÖVP, SPÖ und NEOS.

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