Was bringt ein Ibiza-Ausschuss ohne Ibiza?

Wenn Türkis und Grün den Untersuchungsgegenstand einschränken und  SPÖ, FPÖ und NEOS die große Vertuschung wittern, scheinen die Sympathien sofort klar. Es gibt jedoch ein Aber, weil auch bisher U-Ausschüsse getäuscht und benutzt wurden, zugleich allerdings unvermeidlich war, dass doch das eine oder andere unbeabsichtigt zutage gefördert wurde. Das lässt sich auch jetzt nicht umgehen, zumal es ja auch Medienberichte, Pressekonferenzen und Initiativen im Parlanent geben wird. Wie Ibiza und die Casinos Austria dennoch zusammenhängen, stellt hier Gerd Schmidt mit vielen offenen Fragen dar, denen man mal nachgehen sollte. Eben kündigte Heinz Christian Strache an, der Politik doch wieder zur Verfügung zu stehen, da heißt es auch schon, dass er sich für Novomatic eingesetzt habe, auch bevor er Vizekanzler wurde. Aber eben nach dem Auftritt auf Ibiza mit dem Sager „die Novomatic zahlt alle!“, der zu den wenigen uns bekannten Inhalten gehört. Gerade bezieht sich das „profil“ auf Robert Chvatal von der Sazka Group, die nach dem Verkauf der Novomatic-Anteile an sie CASAG-Mehrheitseigentümerin sein wird. 

Wäre der Untersuchungsgegenstand weniger eng definiert, müsste man dies mit Vorgängen in anderen großen bzw. teils in Staatseigentum befindlichen Unternehmen vergleichen. Schmidt unterstellt ja zwischen den Zeilen, dass der tschechische Oligarch Karel Komarek und seine Sazka Group mit dem Einsatz des Ibiza-Materials zu tun haben könnten. Und man muss dem nachgehen, was wir von Ibiza wissen, zum Beispiel, dass Strache die „Oligarchennichte“ (siehe auch Igor Makarow) zu einem Einstieg bei der „Kronen Zeitung“ überreden wollte. Diesen gab es dann tatsächlich, allerdings von Rene Benko und seiner Signa Holding, was auch für „profil“ und „Kurier“ gilt. Strache war zwar gegen weitere Aufträge für die Strabag (Hans Peter Haselsteiner, aber auch Oleg Deripaska, Raiffeisen, Alfred Gusenbauer), rühmte sich jedoch einer guten Gesprächsbasis zu Benko und Martin Schlaff. Rein zufällig setzt Benko jetzt Christoph Dichand zu, der wiederum Geschäfte mit Michael Tojner macht, gegen den Landeshauptmann Hans Peter Doskozil vorgeht. Was wird hier gespielt, wenn wir uns ansehen, was die Funke-Gruppe (die auch ehemalige Springer-Medien besitzt) von der Signa unterscheidet? Sie hieß einmal WAZ-Gruppe und galt als SPD-nahe, doch das fällt kaum mehr ins Gewicht.

Sazka im Benko-„profil“

 

 

Entscheidend ist, mit wem sie in Österreich kooperierte, denn „Krone“-Gründer Hans Dichand lag lange im Clinch mit der WAZ, welche die Anteile von Kurt Falk übernommen hatte. Weil auch bei der „Krone“ verdeckt organisiertes Geld Starthilfe gab, bestehen gewisse Parallelen zu Axel Springer, erklärbar aus der Nachkriegszeit. Nicht von ungefähr half Franz Olah, der 2009 ein Jahr vor Hans Dichand starb, beim Zeitungsprojekt. In einem Nachruf für den Freund zitierte Dichand Peter Michael Lingens: „Gefunden haben sich damals Dichand und Olah: Mehr als nur Zufall verbindet den Setzerlehrling aus dem Grazer Glasscherbenviertel mit dem Klaviermacherlehrling aus Hernals: der gleiche Hang zum Abenteuer, dennoch fern von revolutionären Ambitionen. Die Treue zu den alten Kampfgefährten – statt Dichands Matrosenfreundschaften die KZ-Freundschaften Olahs. Der Hass gegen die Kommunisten. Beide, Dichand und Olah, besitzen das intuitive Gespür für das, was das Volk zu hören wünscht.“ 2008 schrieben der damalige Infrastrukturminister Werner Faymann und Kanzler Alfred Gusenbauer Dichand einen Brief, in dem sie sich für eine Volksabstimmung aussprachen, sollte der Lissabon-Vertrag der EU geändert werden.

https://twitter.com/SIGNA_group/status/1220224667455295491

Benko greift nach allem (für wen?)

Das war zwar ohnehin unbedenkbar, und doch schlug es wie eine Bombe ein; Vizkanzler Wilhelm Molterer kündigte die schon durch wechselseitige Nadelstiche zermürbte Koalition mit „Es reicht!“ auf. Nichts deutet auf verborgene Absichten bei Molterer hin, doch ausgerechnet Gusenbauer wandte sich an einen bekannten Antikommunisten. Zwar forderte auch Dichand schon mehrfach die Abschaffung der Wehrpflicht; eine regelrechte Kampagne der „Krone“ gab es aber erst nach seinem Tod, als die Wiener SPÖ im Wahlkampf 2010 von Stanley Greenberg und Tal Silberstein beraten wurde. Dichand war in gewissem Sinne auf einer Linie mit dem Abgeordneten Peter Pilz, was durchaus passend erscheint. Mit einem Einstieg der Signa Holding ist auch Gusenbauer indirekt mit an Bord; Dichands Sohn verglich die Vorgangsweise schon mal mit Ibiza. Zur Wehrpflicht-Volksbefragung 2013 verwiesen andere Medien auf den Pakt zwischen der SPÖ und der Muthgasse, dem Sitz der „Krone“: „Wirklich bemerkenswert ist die Koalition zwischen der Kanzlerpartei und der Dichandpartei. Christoph Dichand, Hälfteeigner der „Krone“, will offenkundig mitregieren und lässt seit Monaten Sperrfeuer gegen die Wehrpflicht schießen. Vom Bemühen um eine faire, sachliche Darstellung kann dabei keine Rede sein.“

Widerstand gegen Benko in Deutschland

Dabei wird (fair? sachlich?) ausgelassen, dass der formale Verteidigungsminister Norbert Darabos für das bestehende System war, aber unter Druck gesetzt wurde (wird) und kaum Luft zum Atmen hatte. Er sollte ja für Gusenbauers Hintermänner aus dem Eurofighter-Vertrag aussteigen, der auf die bei der „Krone“ nicht beliebte Regierung Schüssel II zurückgeht. Wovon Strache in Ibiza fantasierte, das realisierte Benko; wir sollten also  nach einem gemeinsamen Nenner zwischen ihm, Haselsteiner, Schlaff und der Novomatic suchen. Ibiza-Artikel werden meist mit dem Screenshot illustriert, auf dem Johann Gudenus den Waffenhersteller Glock mit einer angedeuteten Pistole beschreibt. Glock produziert auch in den USA und Gründer Gaston Glock wurde 2012 rumänischer Honorarkonsul. Dies bringt uns wieder zu den Verstrickungen Alfred Gusenbauers, weil es uns an Tal Silberstein und Beny Steinmetz denken lässt. Addendum schreibt zu einer Überweisungsbestätigung von Raiffeisen: „Es ist nicht einmal zwei A4-Seiten lang und eher spärlich bedruckt. Dennoch bringt die Auftragsbestätigung für eine Banküberweisung Klarheit in ein Firmengeflecht, das sich von Rumänien über Zypern, die Niederlande und Malta bis in die Karibik erstreckte.“ Silberstein beriet auch Traian Basecsu, Präsident Rumäniens von 2004 bis 2014, der für F-16 statt Eurofighter, den Raketenschild (System Aegis von Lockheed) und CIA-Geheimgefängnisse war. Auch Călin Popescu-Tăriceanu.  Ministerpräsident von 2004 bis 2008, engagierte Silberstein; detto Adrian Nastase (Vorgänger von Basescu von 2000 bis 2004) und Victor-Viorel Ponta (Ministerpräsident 2012 bis 2015); ebenso Julia Timoschenko und Petro Poroschenko in der Ukraine.

…und beide haben nichts aufgedeckt, sondern mitgemacht

Als die F-16 in Rumänien landeten, sollte die Firma Felix Telecom das Kommunikationssystem der Militärbasis ausrüsten, die ein rumänisch-israelisches Joint Venture ist, das auch Securitate-Background hat; natürlich gibt es auch eine indirekte Silberstein-Verbindung. Wie schade, dass der U-Ausschuss nur die Casinos und da nur die Zeit ab Dezember 2017 untersuchen soll. Es gab einmal eine Klage von Tal Silberstein, vertreten vom Gusenbauer-Geschäftspartner Leo Specht gegen die CASAG (mit Gusenbauer-Geschäftspartner Gabriel Lansky). Man kann auch sagen: vom Geschäftspartner des Signa-Aufsichtsrats Gusenbauer gegen Signa-Aufsichtsrat Karl Stoss; Gusenbauer, Silberstein und Steinmetz dealten auch in Rumänien. 2014 machte Casinos-Chef Karl Stoss dem Aufsichtsrat das überraschende Angebot, dass sich Rene Benko, Beny Steinmetz und Alfred Gusenbauer beteiligen könnten. 2015 wurde es dann Karel Komarek; zeitweise war Peter Goldscheider mit EPIC mit an Bord, der beim Verkauf der ukrainischen Telekom mitmischte, was ihn mit Dmytro Firtash und Paul Manafort verbindet. Man könnte das nicht erfinden, aber auch Michael Tojner und Christoph Dichand waren einmal an einem Einstieg bei der CASAG interessiert. Als Sazka 2015 das Rennen machte, war Hansjörg Schelling Finanzminister, der heute die Gazprom bei North Stream 2 berät. CASAG lässt auch an das Abenteuer Casino Jericho mit der BAWAG und mit Martin Schlaff denken, der die Gewerkschaftsbank auch sonst gerne heranzog. Als Robert Chvatal von Sazka Chef von T-Mobile war, fand man ihn auch beim FK Austria Wien, dessen Kuratorium auch Martin Schlaff angehört; Vorsitzender ist Ex-Bürgermeister Michael Häupl. der Tal Silberstein 2001 erstmals engagierte. Auch Ex-Landeshauptmann Hans Niessl unterstützt die Austria, der mit Karl Stoss im Aufsichtsrat der Bundes-Sport GmbH sitzt. Stoss ist auch ÖOC-Präsident, was immer mit dem Bereich Glücksspiel verbunden ist; Niessl folgte dem 2019 verstorbenen Ex-Sozialminister Rudolf Hundstorfer als Präsident der Bundessportorganisation nach.

Randi Wagner ist anderswo selbst für Vertuschung

Es hat auch mit einem verunglückten Wahlkampf und dem nicht so gut geeigneten Kandidaten Hundstorfer bei der Bundespräsidentenwahl 2016 zu tun, dass letztlich Alexander Van der Bellen reüssierte. Seine Sternstunden waren die Reaktionen auf Ibizagate, die Bildung einer Übergangsregierung und die Angelobung von Türkisgrün zu Jahresbeginn. Hundstorfer ist untrennbar mit dem Untergang der BAWAG verbunden, wie man bei Wikipedia sieht: „Am 8. September 2005 unterschrieb er eigenhändig als Vertreter aller drei BAWAG-Aktionäre (Gewerkschafts-Stiftung, Vermögensverwaltung und ÖGB), dass Verbindlichkeiten in Höhe von 1,53 Milliarden Euro der BAWAG dem ÖGB übertragen werden. Hundstorfer verschwieg dies bis Juni 2006 und rechtfertigte sich dann, als er von Medien mit seinem Handeln konfrontiert wurde, mit den Worten: ‚Ich wurde sehr kurzfristig in Vertretung des damaligen ÖGB-Präsidenten Verzetnitsch hingeschickt. Es wurde mir keine Eröffnungsbilanz vorgelegt, es waren aber alle Wirtschaftsprüfer, der BAWAG-Vorstand und der Aufsichtsratspräsident dort, wodurch ich keinen Grund sah, an der Richtigkeit der Beschlüsse und Vorgehensweise zu zweifeln.‘ Aussage von Hundstorfer dazu: ‚Ich kann nicht alles lesen, was mir zum Unterschreiben vorgelegt wurde.'“

Rendi-Wagner war während dieser Schweinerei Ministerin

Die BAWAG wurde sozusagen von Ost und West benutzt; einerseits von Martin Schlaff,  andererseits von Wolfgang Flöttl, dessen Großvater Karl bei Stay Behind nach dem Zweiten Weltkrieg dabei war. Für die Schaffung von Parallelstrukturen in Europa zeichnete Dwight D. Eisenhower verantwortlich, dessen Enkelin Wolfgang Flöttl heiratete. Die BAWAG-Blamage tat Hundstorfers Karriere keinen Abbruch, da er Sozialminister wurde, als Faymann Gusenbauer ablöste, sein Nachfolger im ÖGB wurde Erich Folgar. Klickt man Bildergalerien von Benkos „Törggelen“ durch, fällt die jetzige Casinos-Chefin Bettina Glatz-Kremsner auf; sie klagt nun die Online-Plattform Zackzack des Peter Pilz. Immerhin kündigte er an, jeden Tag etwas Internes zu enthüllen, sodass es auch immer wieder Klarstellungen gibt. Hätte er noch ein Mandat, würde er mit Sicherheit dem U-Ausschuss angehören um zu versuchen, diesem siehe Eurofighter die Richtung vorzugeben. An der Oberfläche wird es ironischer Weise um zwei gerade für SPÖ und FPÖ peinliche Besetzungen im CASAG-Vorstand gehen: Dietmar Hoscher kam zuerst dran, dann Peter Sidlo von der FPÖ; bei beiden wird die Qualifikation bezweifelt und sie cashen unverschämt ab.

PS: Zu den erwähnten rumänischen Sozialdemokraten meinte Paul Lendvai einmal, dass diese gar keine richtigen seien; wie es wohl in der Republika Srpska ist, wo es Beziehungen sowohl zur SPÖ als auch zur FPÖ gab?

3 Kommentare zu „Was bringt ein Ibiza-Ausschuss ohne Ibiza?

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