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Das Taurus-Leak und die Folgen – Schaden für die Bundeswehr?

Durch das von Russland veröffentlichte Gespräch zwischen vier Luftwaffeoffizieren über Taurus-Marschflugkörper und die Ukraine gerät Bundeskanzler Olaf Scholz noch mehr unter Druck. Dabei darf niemals vergessen werden, dass die Politik die Verantwortung trägt und nicht Militärs, wenn wir Wert darauf legen, Demokratie bei uns zu verteidigen. Die Bundeswehr ist für Landesverteidigung zuständig und im Rahmen der NATO für Bündnisverteidigung; die Wehrpflicht wurde 2011 von Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg ausgesetzt, der später für Wirecard lobbyierte. Die Befehls- und Kommandogewalt obliegt in Friedenszeiten dem Verteidigungsminister (Boris Pistorius), im Kriegsfall dem Kanzler. Ironischer Weise hat die Luftwaffe gerade jetzt turnusmäßig das Air Policing im Baltikum übernommen, sie setzt dafür Eurofighter Typhoon ein. Man sieht bei Reaktionen auf den Mitschnitt, den Russia Today veröffentlichte, bei Alternativmedien durchgängig die Kreml-Perspektive in Richtung von „Deutschland will den dritten Weltkrieg provozieren“; es demaskiert den Westen und bringt uns an den Rand des dritten Weltkrieges. Immerhin gebe es, wie Medien enthüllten, seit 2016 CIA-Stützpunkte in der Ukraine; „der russische Bär wurde offenbar zu sehr gereizt“; aus zwei Offizieren im Generalsrang werden „vier hochrangige deutsche NATO-Generäle“; Taurus wurd schon mal zur Langstreckenrakete.

Die einen bauschen es also auf, und andere setzen Scholz zu, wenn er jetzt noch immer mit der Lieferung von Taurus an die Ukraine zögert. Sie werfen ihm vor, gelogen zu haben, als er behauptete, die Ukraine könne die Missiles gar nicht selbst bedienen, sondern benötige dazu deutsche Soldaten und deutsche Daten. Der „Vorfall“ an sich wird heruntergespielt, es empört nur, dass russische Geheimdienste das Gespräch von 38 Minuten abgehört und aufgezeichnet hatten. Während sich Sergej Lawrow eher zurückhält, zieht Dmitri Medwedew umso mehr gegen Deutschland vom Leder, was aber nicht überraschen sollte. Die Offiziere besprachen allen Ernstes, wie man mit Taurus die Krim-Brücke und Munitionsdepots angreifen kann, aber so, dass kein Verdacht auf die Bundeswehr fällt. Eigentlich sollten sie bloss abklären, wie sie „dem Minister“ die Taurus-Frage präsentieren, ohne ihn mit „zu vielen Slides“ zu überfordern (klingt da Arroganz durch?).

Martin Sonneborn

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Coup Teil 61: Ibizagate als Medien-Coup

Gerade ist „Ibiza – ein Roman“ herausgekommen, das natürlich ganz anders heisst. Nämlich „Die Ibiza-Affäre – Innenansichten eines Skandals. Wie wir die geheimen Pläne von Rechtspopulisten enttarnen und darüber die österreichische Regierung stürzte“ und entsprechend medial bejubelt wird. Dabei geht unter, dass mit einer verwaltenden Übergangsregierung vieles nicht in Angriff genommen wird auch zum Schaden der Bevölkerung  – aber Hauptsache, man(n) gefällt sich in der Rolle der Putschisten aus edlen  Motiven. Von freien parlamentarischen Mehrheiten abhängig sind nun eben Selbstverständlichkeiten wie Pensionserhöhungen. Es fällt durch die Buchveröffentlichung umso mehr auf, dass hier andere Interessen bedient werden, spielte „man“ Bastian Obermayer und Frederik Obermaier doch auch schon die Panama und die Paradise Papers zu. Dort handelte es sich um große Datenmengen, bei denen unweigerlich auch Fundstücke nicht im Sinne der „Erfinder“ dabei waren, die etwa Geschäfte von Martin Schlaff  oder Tal Silberstein (und Alfred Gusenbauer) zutage förderten. Das Ibiza-Buch ist hingegen als Nacherzählung von einem Teil von 20 Stunden Video (aus verschiedenen Kameraperspektiven) vergleichsweise arm an Fakten.

Es gehört zu einer verdeckten Strategie, bei der nichts dem Zufall überlassen wurde und lässt deswegen auch die Frage nach Hintermännern offen. Dies explizit, etwa wenn man diie „Oligarchennichte“ noch im Mai 2019 trifft, deren Identität wohl sofort eruierbar wäre, würden Heinz Christian Strache und Johann Gudenus das gesamte Material kennen. Bislang führt auch die Justiz ihre Verfahren zu Ibizagate ohne diese Aufnahmen, auf deren Herausgabe Strache klagen will. Nicht nur Betroffene zeigen mehr Engagement als Behörden, es wird auch abseits des Mainstream mehr recherchiert als in diesem. Welches Narrativ kreiert wird, bringt Wolfgang Fellner auf den Punkt, wenn er Strache interviewt: „Ist Ihnen eigentlich klar, was Sie mit dem Video angerichtet haben“, so als hätte Strache es selbst gedreht, „ein ganzes Land als Bananenrepublik dargestellt.“ Im Teaser siehe unten zu jenem Interview wird diese Passage denn auch herausgestrichen. Damit ist klar, dass die Frage nach den Auftraggebern der Ibiza-Falle tabu zu sein hat, weil damit alles in den richtigen Proportionen erscheinen würde. Anders als Fellner behauptet, berichtet das Buch nicht über alles; außerdem beruht es auf Lockspitzelseinsatz, der nur Sicherheitsbehörden erlaubt ist und niemanden zu etwas anstiften darf. Hashtags auf Twitter wie #ibizavideo zeigen, wie Aufmerksamkeit und Empörung gelenkt werden, auch weil man nicht Erwähntes nur dann mitdenkt, wenn man davon weiss – was unweigerlich Berichterstattung voraussetzt.

Teaser zu Strache bei Fellner

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