Jan Marsalek, der Spionagering und Österreich

In Grossbritannien wird ein russischer Spionagering mit fünf bulgarischen Staatsbürgern angeklagt, der mit Jan Marsalek von Wirecard verbunden ist. Marsalek floh im Juni 2020 mithilfe eines Ex-Verfassungsschützers und eines Ex-FPÖ-Politikers über Belarus nach Moskau. Der Anführer des Spionagerings (von fünf Personen, wie Cambridge Five?) stand in Kontakt mit Marsalek als „cut-out“ der Russen, der seit 2020 unter dem Schutz russischer Geheimdienste steht. Die Spione sollen Hilfe bei Entführungsplots geleistet haben; es ist interessant, dass Marsalek von britischen Diensten offenbar erst nach seiner Flucht 2020 den Russen zugerechnet wird. Dies, obwohl oder weil er und Markus Braun in Österreich mannigfach vernetzt waren, was Ministerien (Innen, Aussen, Verteidigung) und Bundeskanzleramt einschloss; auch bestanden Verbindungen zu fast allen Parteien.

Gerade in UK müsste der Widerspruch sofort auffallen, weil man 2018 den Bundesheer-Offizier Martin Möller als Spion der GRU enttarnte. Dabei traf sich Möller auch mit der für Destabilisierung, Sabotage und Attentate zuständigen Einheit 29155 der GRU, die manche mit dem Absturz des Prigoschin-Jets in Verbindung bringen, der einmal mehrheitlich Andreas Staribacher gehörte. Dieses Detail verweist schon wieder auf das Kreml-Netz, denn Staribacher ist mit der Avcon Jet verbunden, die den Jet von Oligarch Dmytro Firtash betreute, mit dem Marsalek flüchtete. Möller war von 2007 bis 2013 im Verteidigungsministerium tätig, exakt in der Amtszeit des von der GRU an die Wand gedrängten Ministers Norbert Darabos. Freilich wurde die Situation im BMLV komplett ausgespart wohl auch im Prozess gegen Möller, der unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand.

Neues von Marsalek


Russische Operationen sind nicht als Einzige kompartmentalisiert, doch gerade Wladimir Putin, der vom KGB kommt, legt darauf grossen Wert. Jack Barsky stammt aus der DDR und war einmal beim KGB, er nahm dann einen neuen Namen an. Er erklärt unten, welche Bedeutung Kompartmentalisierung für Putin hat und dass Staat und Geheimdienst in Russland eng verflochten sind. Konkret ist es so, dass möglichst nur Putin selbst weiss, wie alle Fäden zusammenlaufen, während andere im Dunklen tappen sollen. Dies könnte erklären, dass nicht zusammengefügt wurde, was man spätestens ab Juni 2020 an Wirecard-Puzzleteilen recherchieren konnte, obwohl Geheimdienste es ohnehin schon früher hätten erkennen müssen. Statt jedoch Wirecard als russische „Front“ einzustufen und Politiker, Beamte, Offiziere, Manager, Lobbyisten, Banker und Unternehmer unter die Lupe zu nehmen, die mit Wirecard, Braun und Marsalek zu tun hatten, wurde abgewiegelt. Ein Beispiel ist Wirecard-Lobbyist Karl Theodor zu Guttenberg, der bei unterschiedlichen Events mit Sebastian Kurz, Johanna Mikl-Leitner, Alfred Gusenbauer und Peter Kaiser auftritt.

Jack Barsky

In Österreich wurde Wirecard von TPA geprüft, deren grösster Kunde Rene Benko ist; TPA prüfte auch die einen Monat nach dem Platzen der Wirecard-Affäre gesperrte Commerzialbank Mattersburg. Der Gründer von TPA Gerhard Nidetzky statt auch Pate bei der Gründung der Zeitung „Heute“, die am 26. September 2023 den Klimaschutzpreis „Heute for Future“ mit Ministerin Leonore Gewessler vergeben hat. Gewessler wettert immer wieder getreu der Linie der Grünen über russisches Gas und propagiert eine Systemumstellung, ist sich aber wohl der Komplexität russischer Operationen nicht bewusst. Gerade sprach der Ex-Innenminister und höchst reisefreudige Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka im ukrainischen Parlament, der zu Marsaleks politischen Kontakten gehört. Wie Wolfgang Schüssel, der bis 2022 russischer Aufsichtsrat war, wurde Sobotka von Marsalek nach München eingeladen. Mit von der Partie war auch Gustav Gustenau von der Direktion für Sicherheitspolitik im BMLV, der nur einer von vielen russischer Subversion zugänglichen Offizieren ist. Ebenfalls 2017 gab es ein Essen in Moskau für Marsalek und Sobotka (siehe Abbildung unten der Einladung der von Braun und Marsalek gesponserten Österreichisch-russischen Freundschaftsgesellschaft). Dem BMLV bot Marsalek eine Operation mit der GRU-Gründung PMC Wagner (die vielleicht Wirecard für Zahlungen nutzte) in Libyen an und von BMI, BMEIA – wo gegen einen Diplomaten ermittelt wurde – oder BMLV besorgte er die geheime Nowitschok-Formel der OPCW für Russland. Die ÖBB mit CEO Christian Kern machten Geschäfte mit Wirecard und Marsalek; Kern trat auch mit Markus Braun auf und war bis 2022 russischer Aufsichtsrat.

Mit Sobotka und Marsalek in Moskau

Braun sponserte zuerst 2014 und 2016 die NEOS, deren Hauptgeldgeber Hans Peter Haselsteiner in Sotchi baute und Geschäftspartner von Oleg Deripaska (Sponsor der GRU-Gründung PMC Redut) ist und dann die ÖVP mit Sebastian Kurz, dessen wirtschaftspolitischem Beratergremium er angehörte. Brauns Nachbar in Kitzbühel Alexander Schütz ist Geschäftspartner von Kurz und in Wien Vermieter von Dmytro Firtash, der über Marsalek ein Konto bei Wirecard erhielt. Firtash mietet auch von Siegfried Wolf, was ihn mit dem eingebürgerten Putin Berater Walentin Jumaschew verbindet. Über Firmen, Beteiligungen, Aufsichtsräte, Anwälte, Events usw. lässt sich ein Netz rekonstruieren, das wohl nicht durch Zufall entstanden ist. Wenn Wirecard eine russische „Front“ war, was sind dann andere Unternehmen, die immer wieder in diesem Netzwerk auftauchen? Ende Mai 2017 weilte Sobotka in Moskau und die Zeugenbefragungen im Eurofighter-U-Ausschuss begannen. Es gab auch zahlreiche Falschaussagen, die einem Drehbuch folgten, um verdeckte russische Operationen zu verschleiern. Dies verschliefen die Heeresdienste ebenso wie der Sobotka unterstehende Verfassungsschutz, der im Übrigen auch Marsalek-Connections hatte.

PS: Man kann kompartmentalisierte Operationen zusammenfügen, wenn man sich auf Belegtes konzentriert und bereit ist, sich mit immer neuen Bereichen zu befassen. Wie im Journalismus, der in manchem der Tätigkeit von Geheimdiensten verwandt ist, muss man nicht überall Experte sein, sich aber so weit mit einer Materie vertraut machen, dass man erkennt, wo etwas dran ist und wo nicht. Offenes Agieren, also z.B. Schlamperei, Eitelkeit, Selbstüberschätzung, plötzlich eintretende Umstände müssen von verdecktem Agieren unterschieden werden, wo etwas nur scheinbar auf natürliche Weise passiert. Dank Kompartmentalisierung wird leicht Empörung über verzichtbare Teile eines Netzes, einer Vorgangsweise geschürt („limited hangout„), um vom viel wichtigeren Ganzen abzulenken. Wir sollen uns dann über Politiker X auf Social Media auslassen, aber bei Y nicht hinsehen oder nur Partei Z kritisieren. Wer zusammenfügt, bleibt nüchtern und kann fragen, warum andere Fälle offenbar nicht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen sollen. Ein Beispiel ist die Erregung auch des damaligen Justizministers Wolfgang Brandstetter über 2015 geplante Einsparungen bei der Militärmusik, als ob dies bedeutet hätte, dass das Heer seine verfassungsmäßigen Aufgaben nicht mehr wahrnehmen kann. Statt Humtata stand aber zur Disposition, dass die Befehlskette ausgehebelt ist und ein Kabinettschef auf dem Rücken ausgeknockter Minister (Darabos und dann Gerald Klug) illegale russische Anordnungen ausführt.

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