War es wirklich nur ein Ablenkungsmanöver der ÖVP, dass Pläne zu einem Radikalumbau des Bundesheers just parallel zu Befragungen im Ibiza-U-Ausschuss durchsickerten? Es kann sein, dass einfach Mehreres zugleich passiert, als Überrumpelungstaktik, welche niemals ganz ihre Wirkung verfehlt. Freilich wird die Landesverteidigung nicht erst mit dem Amtsantritt von Ministerin Klaudia Tanner an die Wand gefahren. Der zwiespältige Eindruck, den eine erstmals einberufene Miliz im Corona-Hilfseinsatz erweckt, tut nur sein Übriges dazu. Nun rückten die Wehrsprecher der Opposition gemeinsam aus, um ihrem Unmut über Tanner Luft zu machen, doch auch dies ist nur Bestandteil des Matches um den U-Ausschuss. Der Demontage des Bundesheers wurde nie mehr entgegengesetzt als leere Worte, was freilich diejenigen einkalkulieren, welche damit über Jahre eine gezielte Strategie verfolgen.
Es genügt ein Blick auf Twitter, oder ein Gespräch mit ein paar Leuten, um festzustellen, dass niemand die Ministerin ernst nimmt oder ihr Fachkompetenz zutraut. Diese hätte nicht zwingend damit zu tun, selbst „gedient“ zu haben, auch weil mehr als fünf Monate im Amt Zeit genug sind, sich Wissen zu erwerben. Allen ist klar, dass Tanner nach anderen Gesichtspunkten ausgewählt wurde, da ihr Schwager Stefan Steiner zum engsten Umfeld von Bundeskanzler Sebastian Kurz gehört. Zugleich aber sollte man nicht den Fehler machen, diese Personalentscheidung nur auf Desinteresse an der Landesverteidigung zurückzuführen. Denn was hier geschieht, hat System und zielt darauf ab, das Heer bis zur Unkenntlichkeit zu verändern. Ein Mann, der sich auskennt, würde doch das eine oder andere bemerken, während Tanner in jede aufgestellte Falle tappt. Sie scheint ernsthaft zu meinen, dass jetzt rosige Zeiten für das Bundesheer anbrechen, jedenfalls wenn es nach Interviews geht. Es reicht wohl, alles auf „Männernetzwerke“ zu reduzieren, gegen die sie sich schon durchsetzen wird.
Über Tanners Auftritt in der ZiB 2 am 25. Juni 2020