Wird Karin Kneissl zum Sündenbock gemacht?

Medien lassen fast immer wesentliche Details weg, um andere Punkte endlos zu wiederholen. Als Resultat sind die meisten Menschen auf etwas getriggert, das sie für die Wahrheit halten oder bei dem sie der festen Überzeugung sind, dass es sich nur um eine Lüge handeln kann. So ist es natürlich auch bei russischer Einflussnahme, die wir zum Beispiel mit Karin Kneissl in Verbindung bringen sollen. Zugleich wird uns bei Krone TV ein Interview von Katia Wagner, die fast schon kindlich naiv wirkt, mit Gerhard Mangott über Wladimir Putin serviert. Wagner ist die Ex von Ibizagate-Anwalt Ramin Mirfakhrai, der Konzipient bei Gabriel Lansky war, der wiederum Oligarchen vertritt und Anwalt der russischen Botschaft in Wien ist. Lansky gehört zu jenen Mitgliedern der SPÖ, die man dem Kreml-Netz zuordnen kann; diese sind nicht „die“ Sozialdemokratie, aber doch irgendwie unantastbar.

Damit aber ist Karin Kneissl keineswegs aus dem Schneider, denn ihre Podcasts mit Flavio von Witzleben (Russia Today) sprechen für sich. Dennoch vergaloppiert sich die BBC, die sich auf den ehemaligen KGB-Agenten Sergej Schirnow bezieht, der sie Anfang der 1990er Jahre zur Rekrutierung empfahl. Auf Twitter gab ich Redakteur Stephen Sackur den Tipp, doch nachzurecherchieren, was die „Financial Times“ im März 2022 damit meinte, dass das Verteidigungsministerium praktisch eine Abteilung der GRU sei. Das hat mit Kneissl nur indirekt zu tun, ist jedoch absolut plausibel, wenn man rekonstruiert, was sich durch fremde Geheimdienste erklären lässt. Ironischer Weise betonen Geheimdienste, dass sie quantitativ und auch qualitativ die meisten Infos aus öffentlich zugänglichen Quellen erhalten, die sie korrekt auswerten müssten. Doch auf der anderen Seite stellt diese journalistische Arbeitsweise für die meisten Journalisten keine Möglichkeit dar, dem Einfluss von Geheimdiensten auf die Spur zu kommen.

Karin Kneissl

Das mag daran liegen, dass es immer am bequemsten ist, ständig ein paar oberflächliche Sager zu wiederholen und an unsichtbaren Mauern. Doch auch Leute, die anscheinend wirklich etwas herausfinden wollen, verlieren sich leicht in Banalitäten, graben nicht tiefer oder werden leichter manipuliert, als sie es wohl wahrhaben möchten. Als Beispiel könnten wir uns ansehen, was Schirnow über Putin verbreitet und ob wir dabei nicht daran denken sollten, dass es praktisch keine Ex-Agenten gibt. Typischer Weise wird Putin als unbedeutend und schwach beim KGB gezeichnet, was davon ablenkt, dass er auf KGB- und St. Petersburger Verbindungen aufbaute. Zumindest ist er Teil einer Agenda, die verdeckt umgesetzt wird, was kaum alleine auf seinem Mist wachsen wird. Man führt auch bei der BBC in die Irre, wenn man versucht, die Karin Kneissl der 1990er Jahre mit Putin zu assoziieren, nicht aber der Frage nachgeht, welche Perspektivagenten der 1980er Jahre und davor Karriere machten. Es ist klar, dass Kneissls Hochzeit als Aussenministerin 2018 mit Putin als Gast Bilder produzierte, die ihr ewig nachhängen werden und gerne für Videos und Artikel wie „Kneissl würde wieder mit Putin tanzen“ benutzt werden; somit fällt Ablenken ganz leicht.

Das BBC-Interview

Auch Sackur bedient sich dieser Klischees und sieht in der Person Kneissl das Verhältnis Österreichs zu Russland verkörpert. Er bestätigt auch meine Beobachtung, dass die meisten Journalisten nur wenige Details wiederholen, aber an einem Gesamteindruck gar nicht interessiert sind. Für ihn passt hervorragend ins Bild, dass Kneissl von der „rechtsextremen“ FPÖ nominiert wurde, die ja einen Vertrag mit der Putin-Partei Einiges Russland geschlossen hatte. Ministerin war Kneissl nur bis Mai 2019, als nach Ibizagate von Bundespräsident Alexander van der Bellen eine Übergangsregierung gebildet wurde (Kneissl wurde dann auch in den Ibiza-U-Ausschuss geladen). Ob van der Bellen einer der Perspektivagenten des KGB in Österreich war, könnte doch auch mal die BBC untersuchen, statt alles nur in Kneissl verkörpert zu vermuten, die inzwischen im Libanon lebt. Im Interview weist sie darauf hin, dass Putin 2019 von van der Bellen zu den Salzburger Festspielen 2020 eingeladen wurde, bei denen die Gazprom als Sponsor auftrat. Die Verbindungen der Gazprom zum österreichischen Establishment zeigen auf, dass es hier um ein Netzwerk des Kreml in vielen Bereichen geht. Zufällig gehört seit der Wahl Ende April 2023 die KPÖ dem Salzburger Landtag an, was wiederum zu Debatten führte, in denen viele auch unabsichtlich ablenkten. Während Karin Kneissl 2022 nur unwillig ihre Aufsichtsratsfunktion bei Rosneft aufgab, trat Christian Kern am 24. Februar 2022 sofort bei den Russischen Staatsbahnen zurück und Wolfgang Schüssel mit einigen Tagen Zögern bei Lukoil. Wie bei van der Bellen genügt es bei beiden Ex-Kanzlern, dass sie sich ja angeblich in Putin geirrt hätten, und sie können in aller Ruhe weiter zum Kreml-Netz gehören. Die Staatsbahnen sind im Geschäft mit dem ÖBB und diese wiederum mit Kern. Schüssel kaufte Grund in Siegfried Wolfs Nobel-Wohnpark Aqualina; Wolf ist Geschäftspartner von Oleg Deripaska. Auch wenn die NEOS das nicht glauben wollen, sind beide immer noch an der Strabag beteiligt.

Ganser-Fans in München

Hingegen wirft man Kneissl vor, dass sie Vorlesungen in Moskau hält; sie zum Paria in Österreich zu machen, während Männer vom Kreml-Netz es gut haben und respektiert werden, hat dazu sicher auch beigetragen. Natürlich wird Kneissl in einer alternativen Medienszene herumgereicht, die letztlich russische Interessen vertritt; doch diese Interessen sind auch im Mainstream präsent dadurch, wo recherchiert wird und wo nicht. Zum alternativen Weltbild gehört auch, Daniele Gansers Vorträge zu besuchen und zu verteidigen, obwohl oder auch weil hier geschönte Narrative verbreitet werden, die Putins Agieren rechtfertigen sollen. Da wird der Kleptokrat Viktor Janukowitsch zu einem demokratischen Anführer geadelt und ignoriert, dass die Bevölkerung selbst gegen ihn monatelang protestierte. Ausserdem gab es eine von Janukowitsch und Co. gebrochene Vereinbarung, wonach sich alle Parteien an einer Übergangsregierung vor Neuwahlen beteiligen; der Präsident und seine Leute flohen lieber nach Moskau. Russische Soldaten besetzten die Krim und Angehörige des Militärgeheimdienstes GRU zettelten die Kämpfe im Donbass an. Aus österreichischer Sicht ist relevant, dass Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer für Janukowitsch lobbyierte und seine Geschäftspartner Leo Specht und Gabriel Lansky als Anwälte von Premier Mykola Azarov fungierten.

Kennedy im Gespräch

Robert F. Kennedy Jr. ist vielen von seinem Widerstand gegen Corona-Politik bekannt und will Präsidentschaftskandidat der Demokraten werden. Er gibt jetzt zahlreiche Interviews und betont darin, dass die CIA ohne jeden Zweifel in die Ermordung seines Onkels John F. Kennedy 1963 involviert war und dies auch sein 1968 ermordeter Vater Robert F. Kennedy 1968 sofort instinktiv wusste. Die Einzeltäterthese war auch beim KGB beliebt, wie man an einem Interview im Jahr 2004 mit Oleg Kalugin sehen kann. Immerhin lebte Lee Harvey Oswald zeitweise in Russland und wollte russischer Staatsbürger werden, was man jedoch ablehnte. Robert F. Kennedy Jr. setzt sich für die Freilassung des Mörders seines Vaters, Sirhan Sirhan ein, der behauptet, er den während der Tat unter Hypnose gewesen. Besonders der Mord an JFK, aber auch an RFK eignen sich als Projektionsflächen für alle, die sich gerne als unerschrockene Aufdecker sehen wollen. Zugleich kann jetzt RFK Jr. mit CIA-Kritik punkten, der man wegen der Familiengeschichte nur schwer etwas entgegensetzen kann. Er beklagt verdeckte Operationen und dass die CIA viele Menschen getötet habe; wer hier an russische Geheimdienste erinnern will, muss sich erstmal bemerkbar machen. Es führt im Grunde fort, was auch mit Seymour Hersh zu Nord Stream zelebriert wurde.

PS: Anders als Kneissl wurde Siegfried Wolf, der Putin nach Kriegsbeginn angeboten hatte, für ihn Autos zu bauen, bereits von Putin mit dem russischen Orden der Freundschaft ausgezeichnet. Wolf war von 2012 bis 2022 Aufsichtsratsversitzender der Sberbank Europe, deren letzte Chefin Sonja Sarközi jetzt CEO von Superfund wurde. Eher vorübergehend war auch Ex-Finanzminister Gernot Blümel bei Superfund und Jahre vor ihm PR-Berater Rudi Fussi, der innerhalb der SPÖ Hans Peter Doskozil vom Kreml-Netz unterstützt. Aktuell beschwert sich Wolf via Sprecher Josef Kalina über eine angeblich um 5,2 Millionen Euro zu hohe Steuervorschreibung und bezieht sich auf ein Gutachten von Karl Hengstlberger. In der Presseaussendung wird darauf hingewiesen, dass Hengstlberger auch etwa in der Commerzialbank-Affäre für die Korruptionsstaatsanwaltschaft tätig wurde. Man fordert die WKStA nun dazu auf, gegen Finanzbeamte zu ermitteln. Tatsächlich deckte aber die WKStA mit Hengstlberger bei der Commerzialbank auch Doskozil und Treuhand Partner Austria, die mit Rene Benko verbunden sind, auch Wirecard prüften und an der Gründung von „Heute“ mitwirkten. Wolf soll auch wie Deripaska und Sebastian Kurz in einem EU-Bericht über Spionagesoftware vorkommen.

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6 Kommentare zu „Wird Karin Kneissl zum Sündenbock gemacht?

  1. Liebe cyber weiber, ihr müsst selber auch genau recherchieren. 2014 waren es die Ukros am Maiden (Amis) das ist mittlerweile bewiesen, oder seit ihr auch parteilich?

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    1. Es ist ganz einfach : am Maidan schossen auch Sniper des Innenministeriums vom Dach eines Hotels aus. Wie wir wissen, waren in der Ukraine unterschiedliche Gruppen und Interessen aktiv. Der Minister floh nach Russland und bekam 2015 einen Job bei Rostec, dessen Chef mit Putin beim KGB war. Seit 2018 gehört Rostec die United Aircraft Corporation, zu der Tupolew gehört. Andrei Tupolew, der Konstrukteur, war wie viele sowjetische Wissenschafter einmal in einen Gulag gesperrt. Heute werden Bilder von der Olenja Luftwaffenbasis bei Murmansk gezeigt, von wo aus Putin Atombomber Richtung Europa verlegt hat. Man sieht wie alles zusammenhängt, denn auch Tupolews sind darunter.

      Sehr informativ auch zum System von Unterdrückung, Täuschung und Erpressung ist „Black Sun“ von Owen Matthews, dessen Mutter Russin ist. Ein Thriller um den grössten thermonuklearen Atomtest 1961, basierend auch auf den Erfahrungen von Andrei Sacharow.

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  2. Wenn die linke Kampfpresse aufjault und alte LÜGEN aus der „Reservaten- Kammer“ aufwärmt , dann weiß der „mündige Bürger“, dass Herbert Kickl mit seinem Team als einziger alles richtig macht. Als frei denkender Bürger mit Hausverstand, der sämtliche „Covid“ Maßnahmen hinterfragt und daher abgelehnt hat, bin ich sehr beruhigt.

    Im Klartext heißt das, wer jetzt noch nicht aufwacht und weiterhin die Marionetten einer Finanz und Pharma- Mafia wählt (die sich keiner Wahl gestellt haben..!) wird eines Tages in einem kommunistischen Zwangsregime wie DDR, UDSSR (das bisher immer gescheitert ist), munter werden.

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    1. Danke, Ihre Beiträge finde ich stets sehr lesenswert.
      Kickl ist kein Tranatlantiker wie viele, selbstverständlich keinesfalls gekaufte Politiker, Kickl ist Sand im Getriebe der Mächtigen. Haider starb auch keinen normalen Unfalltod.

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  3. Die FPÖ bildet tatsächlich keine Ausnahme, auch wenn es ihren Vertretern Menschen vom Gegenteil zu überzeugen gerne gelingt. Die Aufgabe der Burschenschafter in der FPÖ ware lange potentiell hoffnungsvolle Talente mit extremen Ansichten einzubetten und ihr politisches Engagement ins Leere laufen zu lassen, sprich im Kreis zu schicken, da bis zum Web/Social Media ab einem Alter von ca. 25 Jahren im Rahmen einer potentiellen Karriere in den Bund vorzudringen praktisch unmöglich war oder verunmöglicht wurde. Ein Beispiel für ‚extrem‘ wären bspw. ‚Monarchisten‘, welche gerne auch ein wenig mit einem wie auch immer gearteten mil. Umfeld kokettierten. Solche und ähnliche Fälle tauchten über die Jahre früher vereinzelt auf und wurden praktisch kaltgestellt. Diese Filterung können eher deutschnationale Burschenschafter vornehmen, denn was gemeinhin als ‚rechtsextrem‘ wird titulier, umfasst ein breites Spektrum an Einzelschicksalen und nimmt sich nicht viel anders aus, als wenn Einzelne in der SPÖ noch dem Viktor Adler nachweinten.

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