Coup Teil 84: Die Suche nach dem Mastermind

In Ibiza-Machart wurden Spesenabrechnungen von Ex-FPÖ-Chef Heinz Christian Strache an die Öffentlichkeit gespielt. Dies, indem man der Staatsanwaltschaft Belege für Kreditkartenabrechnungen schickte, die den Vorwurf in den Raum stellen, dass private Kleidungseinkäufe über Restaurantrechnungen abgegolten wurden. Man fragt sich auch, ob so von Korruptionsvorwürfen im Bereich Grüne und SPÖ abgelenkt werden soll. Doch wenn es einen Konnex zu den Ibizagate-Handlangern hat, kann man so vielleicht an die Auftraggeber herankommen. Immerhin wurde bekannt, dass die Handlanger auch mit dem Innenministerium und zwei Mitarbeitern des Heeresnachrichtenamts kooperierten, auch wenn dies keine direkte Ibiza-Verbindung aufweist. Es ist unmöglich, bis zur Wahl die Echtheit von Belegen zu überprüfen, was ein wenig an den Hackerangriff auf die ÖVP erinnert, bei dem alle anderen Fraktionen skeptisch sind, den die Justiz aber bestätigt hat. 

Wir wissen, dass das Ibiza-Material in einem selektiven und kurzen Zusammenschnitt via   „Süddeutsche“ und „Spiegel“ öffentlich wurde, unter Einbeziehung des „Falter“. Die Staatsanwaltschaften in Wien scheinen es nicht in voller Länger angefordert zu haben und ließen sich auch lange Zeit mit der ersten Hausdurchsuchung (bei Anwalt Ramin Mirfakhrai). Auch die beiden Betroffenen Heinz Christian Strache und Johann Gudenus scheinen kein Anrecht darauf zu haben. Was wird so verborgen, etwa dass man den „weiblichen Lockvogel“ nicht identifizieren soll? Was die Spesenaffäre betrifft, so verweist die FPÖ Wien darauf, dass sie die Zeit ab 2013 „gründlichst durchleuchtet“.  Die Partei hatte Anfragen von zwei Medien, kennt jedoch die diesen zugespielten Belege noch nicht. Strache sei ein Sonderkonto von 10.000 Euro im Monat zur Verfügung gestanden, etwa für zahlreiche Besuche von politischen Gästen usw. Das klingt vielleicht im ersten Moment vernünftig, doch als Abgeordneter konnte er ohnehin sehr viel von der Steuer absetzen und als Minister auch Spesen verrechnen. Man beachte, dass es wiederum um „anonym“ bzw. „anonyme Anzeige“ und „an Medien“ geht, siehe Ibizagate, siehe ÖVP-Daten, die beim „Falter“ landeten, siehe Hausdurchsuchungen wegen der Casinos Austria.

FPÖ-Wien-Chef Dominik Nepp

Es fällt auf, dass selbst der „Standard“ die jüngsten Enthüllungen mit Ibizagate verbindet: „Ihm (Strache) wird eine systematische Veruntreuung von Parteigeldern vorgeworfen. Strache, seine Ehefrau Philippa und anderer FPÖ-Politiker sollen über die Partei auch ihre private Lebensführung finanziert haben. Davon berichtet eine anonyme Anzeige, die an die Staatsanwaltschaft geschickt wurde. Diese bestätigt Ermittlungen. Die Anzeige steht in engem Zusammenhang mit dem Ibiza-Video, dessen Ersteller offenbar schon Jahre zuvor im Umfeld von Strache Nachforschungen angestellt hatten, wie Recherchen von STANDARD und ‚Presse‘ zeigen.“ Wenn Nepp siehe oben davon spricht, dass es Anfragen zweier Medien gab, ist leicht zu erraten, wer da eifrig nachforschte oder / und mit Infos gefüttert wurde. „Untreue“ ist in der Politik fast ein inflationärer Vorwurf, wobei man zwischen persönlicher Bereicherung und dem Verdacht unterscheiden muss, dass jemand nachlässig mit staatlichen Mitteln umgegangen ist. Da mit der Ibiza-Falle und dem Materialeinsatz aber mehrere Delikte verbunden sind, wird mit dieser Diskussion auch bloß abgelenkt. Dass Straches Verhalten manche in der FPÖ schon länger sauer aufgestoßen ist, kann man durchaus nachvollziehen.

Bericht zu Ibizagate

Es heißt nun aber: „Die vor eineinhalb Wochen über das elektronische Hinweisgebersystem und per Fax eingereichte Anzeige ist aber nicht der erste Versuch, die Behörden zu informieren. Offenbar wurden schon im Frühjahr 2015 Teile der Sammlung an die Staatsanwaltschaft übergeben. Auch der Leiter der jetzigen Soko Ibiza, Andreas Holzer, soll Teile des Materials bereits kennen. Allerdings kam es zu keinen tiefergehenden Ermittlungen – angeblich, weil die Hinweisgeber Geld für weiteres Material verlangten, wie es hinter den Kulissen heißt.“ Und an was erinnert uns das? An zahlreiche Mythen um das am 24. Juli 2017 aufgenommene Ibiza-Video. Wenn Philippa Strache vorgeworfen wird, dass sie ein Gehalt von der Partei bezog, das über dem eines Abgeordneten liegt, verdient sie bloß ein wenig mehr als Maria Stern bei der Liste Jetzt, Strache lässt via Anwalt ausrichten: „Es startet offensichtlich eine weitere gezielte Schmutzkübelkampagne gegen mich, wobei jetzt sogar meine Familie hineingezogen wird. Alle Spesen und Sachleistungen wurden stets ordnungsgemäß abgerechnet.“

Kickl on Tour

Vielleicht sollte Herbert Kickl seine Sager vom BVT als „so undicht wie ein Nudelsieb“ auf die eigene Partei anwenden: „Der Mann aus dem Umfeld Straches, der die angeblichen Buchhaltungstricks sowie andere kompromittierende Aktionen des FPÖ-Chefs festgehalten haben soll, kennt jene Personen, die nun als Hintermänner des Ibiza-Videos gelten, seit vielen Jahren. Auf Basis seiner Informationen soll der Plan entwickelt worden sein, Strache und seinen Vize Johann Gudenus in eine Falle zu locken, was im Juli 2017 in Ibiza auch geschah. Das Video davon gelangte erst fast zwei Jahre später an die Öffentlichkeit.“ Denn es heißt auch: „Der Anzeige ist zu entnehmen, dass sich der ‚FPÖ-Insider‘ weigerte, vor den Behörden auszupacken. Die Ibiza-Hintermänner wollten aber seine Aussage mit der Videopublikation kombinieren. Der Darstellung eines ‚investigativ-journalistischen‘ Projekts – wie es der involvierte Anwalt M. genannt hatte – widerspricht aber, dass der Clip mehreren Personen zum Kauf angeboten wurde, ebenso wie Teile des belastenden Materials aus dem Jahr 2014. Das sah auch das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien so, das auf Antrag von Gudenus eine einstweilige Verfügung gegen M. verhängte. Die Anwälte M.s gehen derzeit dagegen vor.“

Der „Standard“ auf Twitter

Man muss bei Ibizagate nicht nur an Anwalt M., Detektiv H., seinen Mitarbeiter K. und andere denken, sondern auch an eine serbischstämmige Immobilienmaklerin, die einmal etwas mit einem Spitzen-Blauen hatte und dann Markus Wischenbart heiratete, Dieser wiederum ist mit Günter Kerbler in der Karibik im Bereich Time Sharing zugange, was einigen Sprengstoff birgt. Kerbler besitzt auch ein Zinshaus gemeinsam mit Renate Chorherr, der ersten Frau des Ex-Grünen Christoph Chorherr, gegen den jetzt ermittelt wird. Bei Anwalt M. gibt es eine Connection zu Gabriel Lansky, was uns darauf hinweist, wie sehr auch Chorherr (Spender u.a. Rene Benko und Willi Hemetsberger) und Co. mit der SPÖ verbandelt sind. Mit M. hatte auch ein früherer engster Strache-Mitarbeiter (Security?) Kontakt, den manche als Urheber der Anzeige (oder zumindest Quelle der Belege) sehen. Nützen sollte Ibizagate wohl kaum der Kurz-ÖVP, die auch anonym via Zoom Institute ttackiert wird, was ebenfalls ins Bild passt. Es ist kaum vorstellbar, dass die SPÖ davon profitieren hätte sollen, bedenkt man, dass falsche Berater Spitzenkandidatin Pameia Rendi-Wagner auflaufen lassen.

https://twitter.com/COMPACTMagazin/status/1176120394560020480

Jan Böhmermann mischte auch bei Ibizagate mit

Ein Regime Change fand jedenfalls insofern statt, als dass Türkisblau bislang Geschichte ist und Neuwahlen herbeigeführt wurden; die Experten-Übergangsregierung nicht vergessen. Man erinnere sich an die Entschlossenheit der Demonstranten (inkl. Journalisten) am Ballhausplatz am 18. Mai 2019, das Motto früherer Proteste „Wir gehen, bis ihr geht“ (gegen Schwarzblau) umzusetzen, während auf die Entscheidung von Kanzler Kurz gewsrtet wurde. Eben wieder wieder demonstriert („nie wieder Schwarzblau!“) und man zückte die Nazikeule. Die SPÖ hätte jetzt ganz anders dastehen sollen, als dass sie darum bangen msus, wenigstens auf Platz 2 zu kommen. Bei der letzten regulären Nationalratswahl  2013 lag Werner Faymann noch vorne, den bekanntlich Christian Kern 2016 ablöste (statt Vorstandsvorsitzender des Schlaff-dominierten RHI-Konzerns zu werden). Martin Schlaffs Wohlwollen genossen/genießen auch Viktor Klima und Alfred Gusenbauer als weitere Ex-Bundeskanzler. Wenn im Ibiza-Kontext Namen wie Haselsteiner oder Lansky fallen, ist man unweigerlich auch bei Netzwerken, zu denen Schlaff und Gusenbauer gehören. Es ist bekannt, dass Schlaff Gusenbauers Kanzlerschaft feierte, auch wenn er dies z.B. im Interview mit Herbert Lackner herunterspielte.

Rendi-Wagner setzt auf Ibizagate

Damals 2007 schied Schlaff aus der Robert Placzek Holding AG aus, bei der sein Vater Chaim nach dem Krieg als Holocaustüberlebender begann (hier und hier deren Inserate in den 1970er Jahren in der Sudetenpost). Schlaff heiratete auch zunächst die Tochter von Friedrich Wiesel, der nicht nur im Unternehmen tätig war, sondern auch die Eröffnung der zionistischen Zwi Perez Chajes-Schule in Wien mit ermöglichte. Beim Stichwort Kern denke wir auch an die ÖBB, deren Sprecherin Christine Stockhammer war, deren Ehemann Peter Kostelka einst einen gewissen Kern als Sprecher hatte. Kostelka war bis vor wenigen Monaten ehrenamtlicher Präsident des Friedensforschungsinstituts Burg Schlaining, wo ihm der seit dem Silberstein-Wahlkampf 2006 abgeschottete, unter Druck gesetzte,  überwachte Norbert Darabos nachfolgte. Steht er sozusagen unter schlaffer Kontrolle, wenn wir aktuell lesen: „Der Konflikt Israel – Palästina ist ein weiteres Betätigungsfeld für die Mitarbeiter der Studienzentrums. Sie versuchen, zwischen streng religiösen Gruppen auf beiden Seiten zu vermitteln. Arbeit im Verborgenen, die international hoch geschätzt werde, sagte Norbert Darabos, der seit sechs Monaten Präsident des Studienzentrums ist.“

PS: Herbert Lackner war einst bei der Arbeiter Zeitung, die dann Günter Kerbler retten wollte. Der „Spiegel“ berichtet aus Wien nicht über Karibik-Deals, sondern ist von Kerblers Holzhochhaus begeistert.

PPS: Inzwischen wurde ein Ex-Strache-Leibwächter und -Fahrer im Ibizagate-Kontext verhaftet, der aktiver Polizist ist. Motiv soll Rache sein, dch dies kann man sich auch  leicht zunutze machen.  Ich bin gespannt, wann die Korruptionsstaatsanwaltschaft dem Hinweis vom 6. August 2019 nachgeht, dass sie BMLV-Chauffeure befragen sollte – die bekamen z.B. mit, dass der Stahlschrank, den Ex-Kabinettschef Kammerhofer nutzte, regelmäsig geleert wurde. In diesem soll ganz plötzlich nach zehn Jahren der Eurofighter-Vergleichsentwurf gefunden worden sein, um diesen gegen Ex-Minister Norbert Darabos im U-Ausschuss 2017 einsetzten. Das wurde genau getimt, sodass der heutige JKU-Rektor Meinhard Lukas als Belastungszeuge fungieren konnte, ohne dass Darabos je dazu befragt wurde. Die JKU hat übrigens jetzt mit den israelischen „Fronts“ der Kerns (Blue Minds Group) einen Innovation Hub gegründet.

 

 

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