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Affäre Schilling: Die virtuelle Honigfalle

Mehr oder minder subtil wird jetzt alles, was der grünen EU-Spitzenkandidatin Lena Schilling vorgeworfen wird, zur Privatsache erklärt. Zum Teil stimmt dies schon, aber man kann nicht ausblenden, dass sie anderen Menschen mit ihren „privaten“ Äußerungen schadete. Vieles ist in dieser Affäre sowohl als auch, es ist sowohl privat als auch politisch, und es gibt sowohl Klatsch und Tratsch als auch Berechnung und Strategie. Wobei ich gerade als ehemalige Aktivistin der Alternativen Liste Graz (wie Werner Kogler) und der Grünen, immer wieder auch mit Funktionen, ohnehin meine Probleme habe, etwas „Politisches“ an Schilling zu finden. Das Feminismus-Getue ist aufgesetzt, was Schilling aber mit Evelyn Regner und den SPÖ-Frauen gemeinsam hat, und das Klima-Thema sowieso. „Politisch“ ist aber die Überlegung, mit dem grünen Mandat zur Linksfraktion zu wechseln, was so wäre, als wenn es die KPÖ errungen hätte.

Für Schilling springen ältere Männer in die Bresche, der Listenzweite Tom Waitz, der bewusst keinen Vorzugsstimmenwahlkampf führt und im ORF Johannes Voggenhuber, der bis 2009 EU-Abgeordneter war. Voggenhuber attackiert den „Standard“, der ja nicht nichts gefunden hat und dies aufbauscht, auch wenn es Kritikpunkte gibt. Florian Klenk vom „Falter“ ist selbst von der Gerüchteküche betroffen, riet Schilling, zurückzutreten und beteiligt sich nicht daran, weiter private Chats breitzuwalzen. Zu „ältere Männer beschäftigen sich mit Lena Schilling“ gehören auch Kommentare von Andreas Unterberger, von Christian Nusser („Heute“) und Klaus Woltron („Kronen Zeitung“), nicht zu vergessen natürlich Peter Pilz. Dazu zählen sollten wir auch PR-Berater Josef Kalina, den Sprecher von Siegfried Wolf, der wie Heidi Glück (die Wolfgang Schüssel und Alfred Gusenbauer als „Top Speaker“ anbietet) vom „Kurier“ am 26. Mai 2024 zu Backgroundchecks befragt wird. Wenn der Gusenbauer-affine Kalina meint, dass intime Beziehungen (auch heimliche) davon ausgenommen sind, entspricht dies nicht ganz der politischen Realität.

Fürs Klima hüpfen und laufen

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Grüne Krise: Eine Insiderin zur Geschichte der Partei

Wolfgang Fellners „Österreich“ ist eindeutig gegen Werner Kogler und Sigi Maurer, wie Kommentare beinahe täglich zeigen. Am 23. Mai 2024 schrieb Isabelle Daniel unter Berufung auf anonym bleibende Quellen in den Grünen, dass man bei der Nationalratswahl im Herbst ein Debakel wie 2017 befürchtet. Kogler und Maurer würden mit Lena Schilling gehen müssen, die man aber nicht zwingen kann, ihr EU-Mandat nicht anzunehmen. Noch im Juni findet nach der EU-Wahl ein grüner Bundeskongress statt, auf dem eine grosse Abrechnung erwartet wird. Der Parteispitze wird vorgeworfen, wie sie mit der Affäre um Schilling umgeht, dass jeder Versuch einer Krisenkommunikation alles noch schlimmer macht. Enttäuscht sind die Grünen auch, weil doch in ihrer Wahrnehmung alles so gut gelaufen ist seit der Wahl im Herbst 2019 mit dem Wiedereinzug ins Parlament.

Niki Fellner meinte am 23. Mai, Kogler habe grosse Verdienste um die Grünen, „er hat den Wiedereinzug praktisch im Alleingang geschafft“. Aber wenn die Grünen im NR überleben wollen, müssen sie ihre Führungsmannschaft jetzt austauschen: „Mit Kogler und Maurer ist ein Neustart nicht mehr möglich.“ Wie es dazu kommen konnte, ob Medien ethisch vorgehen, ob Schilling unreif ist und ein Problem mit der Wahrheit hat, wer von alledem am meisten profitiert – über diese Fragen wird jetzt diskutiert. In gewisser Weise belebt es einen langweiligen Wahlkampf, aber die Grünen werden auch durch eigenes Zutun beschädigt. Immerhin äusseren sich Grüne von jetzt und von „früher“ (siehe etwa Franz Klug im „Standard“ vom 24. Mai), und mit der Liste Madeleine Petrovic gibt es eine überwiegend grüne neue Parteigründung. Klug erinnert daran, dass Wähler*innen der Grünen mehr als bei anderen Parteien am Programm interessiert sind, es daher wenig Sinn macht, alles auf eine Person zu konzentrieren. Es wurde verabsäumt, Sarah Wiener, die 2019 für die Grünen ins EP einzog, für eine weitere Periode aufzubauen. Schilling sollte seiner Absicht nach eine Auszeit nehmen; zu Kogler und Co. äussert er sich nicht. Der „Standard“ bezeichnet den Tiroler Klug als Gründungsmitglied der Grünen, was nur unwesentlich besser ist als „Urgestein“. Bei Kogler wird nie darauf vergessen, dass er seit der Gründung der Alternativen Liste Graz am 5. November 1981 dabei war (Zwentendorf-Jahrestag).

Briefkopf unserer Flugblätter

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