Die SPÖ und die Waffenhändler

Am dritten Tag der Zeugenbefragung im Eurofighter-U-Ausschuss trumpfte Peter Pilz von den Grünen auf, denn er konnte auf einen „Darabos-Geheimdeal“ verweisen. Der handschriftliche Text auf dem Papier des SPÖ-eigenen Gartenhotel Altmannsdorf wurde vom Verteidigungsministerium erst an besagtem Tag, dem 3. Juni übermittelt. Er war aber nicht nur den Grünen, sondern auch der FPÖ bereits seit Wochen bekannt, sodass es wieder einmal so aussieht, als ob Dokumente dem Ministerium via Pilz zugespielt werden, um so quasi sauber genug für den U-Ausschuss zu sein. Kennt man Pilz und durchschaut ihn schon lange, kann man nur den Kopf schütteln über diese Schmierenkomödie:

„Bereits am Vormittag hatte Pilz Journalisten zugeraunt, dass er eine ‚große Sache‘ aus dem Hut ziehen zu gedenke. ‚Jetzt kommt eine der wichtigsten Geschichten vom ganzen Ausschuss‘. meinte er, bevor die Befragung vom Eurofighter-Rechtsberater Lukas begann.“ Besonders die „Kronen Zeitung“ sprang dankbar auf die Geschichte an, um ganz im Sinne von Pilz und Co. alle verfügbaren Klischees zu bedienen: „Darabos-Geheimdeal: Mit Waffenhändler in SPÖ-Gartenhotel geeinigt“ heisst es. Rational betrachtet ist es das Wahrnehmen von Ministerverantwortung, eine Reduzierung des Lieferumfanges mit EADS zu verhandeln, wo auch immeŕ Gespräche stattfinden. Also erstmal kein Grund zur Aufregung, doch die Heimtücke liegt im Bestätigen negativer Annahmen über „die“ Politiker. Und mit Bedacht auch darin, dass gerade Darabos immer ein anständiger Sozialdemokrat sein wollte, dem Rüstungslobbyisten zuwider sind.

Printausgabe der „Krone“, 3. Juni 2017

Zuerst sah ich die Meldung auf der Webseite der „Kronen Zeitung“ und wunderte mich über die kaum erkennbaren Unterschriften; meiner Erinnerung nach hat das Papier des Gartenhotel Altmannsdorf, in dessen Nähe ich in Wien wohnte und wo ich immer wieder Veranstaltungen besuchte, keinen grauen Rand. Das heisst, dass wir uns auch fragen müssen, ob es im Ministerium ein Original auf farbigem Papier gibt oder dem Ausschuss Kopien einer Kopie geliefert wurden. Dies deutet einmal mehr darauf hin, dass die Rolle von „Aufdeckern“ wie Peter Pilz selbst untersucht werden sollte. Merkwürdig auch, dass die „Krone“ in der Printausgabe wie zuerst auch im Netz Unterschriften grau in grau zeigt, im Netz jetzt aber siehe Screenshot vier Nachnamen schwarz auf weiss zu sehen sind. Dass tatsächlich zweimal unterschrieben wurde, sieht man, wenn man sich das Papier von der Seite der Grünen herunterlädt.

Screenshot von der Webseite der „Krone“

Der Vergleichsentwurf ist für Pilz „rechtsgültig“, da unterschrieben, was aber der damalige EADS-Berater und jetzige Unirektor Meinhard Lukas bestreitet. Grüne und FPÖ begraben damit ihre eigene Argumentation von der zehnjährigen Verjährungsfrist am 24. Juni 2017, denn in ihrer Logik ist der Vergleich verjährt, noch ehe der Ausschuss losgelegt hat.  Wie Darabos-Unterschriften aussehen, kann man sich z.B. bei Anfragebeantwortungen ansehen – mit der Merkwürdigkeit übrigens, dass auch als Gerald Klug ihm nachfolgte, mehr als einmal noch der Darabos-Briefkopf verwendet wurde und niemand unterschrieb. Ebenfalls seltsam ist, dass die Datei mit der Anfragebeantwortung 2014 bearbeitet wurde, was irritiert, wenn man erwartet, dass Files aus der XXIV. Gesetzgebungsperiode dieser auch datumsmäßig zuzuordnen sind. Mir fiel bereits damals der falsche Briefkopf als klarer Fall von „wurscht, wer der Minister ist, es ‚regiert‘ eh verfassungs- und rechtswidrig der Kabinettschef“ auf. Deshalb dachte ich, ein Update 2014 bedeutet, der vielsagende Fehler wurde erkannt, doch dem ist nicht so.

Solche Pannen sind in anderen Ressorts übrigens nicht passiert, denn das überprüfte ich dann auch gleich. Und dass man im BMLVS-Kabinett gleich mehrfach patzte, sieht am an „Beauftragung externer Firmen“ (28.10.2013, update 15.7.2014 wie auch bei der bereits verlinkten Anfrage zum Thema SAP-Systeme). Die gleichen Daten weist eine Anfrage zu einem absurden Angebot österreichischer Truppen für Syrien an die USA an, das sich die Amerikaner wohl selbst geschickt haben; hier aber passt der Briefkopf. Zur „zukünftigen Einstufung von Poker als Sport“ nahm dann wieder, geht es nach dem Briefkopf, Norbert Darabos Stellung, damals bekanntlich SPÖ-Bundesgeschäftsführer (28.10.2013, update 15.7.2014, wir ahnen es schon). Dass Thema „Wettermanipulation durch Chemikalien“ (28.10.2013, update 15.7.2014) wird ebenfalls Darabos überlassen, aber der glaubt ja auch nicht an das Märchen um 9/11. „Statutenänderungen im OSV“ betrifft Bundessportförderung oder auch nicht, ganz sicher aber nicht Darabos statt Klug (28.10.2013, update 15.7.2014, stets ohne Unterschrift). Wenn der Briefkopf passt wie bei „Überflugsgenehmigungen für militärische Luftfahrzeuge“ gibt es keine Unterschrift, weil’s eh wurscht ist, wer als Minister gilt.

Falscher Briefkopf im Oktober 2013

Nun aber zurück zum Versuch, aus Norbert Darabos einen Freund der Waffenhändler zu machen, zu dem auch gehört, dass die Grünen den handschriftlichen Text in ihrem WhatsApp-Dienst zum U-Ausschuss verschicken und auf ihre Webseite stellen. Die „Krone“ beginnt mit diesen Worten: „Im Schlosspark von Altmannsdorf im Wien- Meidling feierten frühere Kanzler ihre ziemlich üppigen Sommerfeste, im Gartenhotel neben dem ehrwürdigen Renner- Institut empfingen schon Werner Faymann und Alfred Gusenbauer Parteiprominenz und Adabeis.“ Dies suggeriert, dass auch Darabos dort gerne dazugehört, doch das war ihm nie wichtig, und das Gartenhotel ist für ihn nichts weiter als ein Tagungsort. „Aloysius Rauen, Top-Manager der Eurofighter GmbH., unterschrieb mit dem damaligen Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) einen bisher geheim gehaltenen Vertrag über die Reduzierung der Stückzahl von 18 auf 15 Eurofighter. Den Text verfasste der Zivilrechtsexperte Helmut Koziol, alle acht Punkte handschriftlich auf dem Briefpapier des Gartenhotels.“

Da dieser Entwurf für die Republik Österreich günstiger war, besteht der Vorwurf schnell nochmal worin? Wieder einmal stellt sich die Frage, wer dauernd mitmischt, reinpfuscht und den Minister daran hindert, sein Amt auszuüben. Dass Darabos im Grunde von der SPÖ verkauft und verraten wurde, sieht man an Mails von EADS aus dem Jahr 2006, als die Partei noch in Opposition war und er schließlich als Verteidigungsminister vorgesehen war. Ich gehe hier auf die Bedeutung der Kontakte von EADS zur SPÖ ein, die wohl kaum in der Absicht publiziert werden, ihn zu entlasten, aber zeigen, wie übel ihm mitgespielt wurde. Ein  Mitarbeiter der NEOS meinte nach der Befragung von Lukas im Ausschuss, bei der das Papier eingesetzt wurde, dass dieser die Handschrift von Helmut Koziol erkannte, der am 1. Juni nach Darabos dran war. Um Darabos weiter einzutunken, zieht Pilz die übliche Show ab, wie man auch an seinem Twitter-Account sehen kann.

„Kurier“ am 3. Juni 2017 (Unterschriften auf weiss)

Da wird gegeneinander ausgespielt: „Warum versucht alles, damit wir möglichst jeden Akt bekommen – und alles, damit wir möglichst wenig bekommen?“ Oder verwirrt: „Der handschriftliche Vergleich, den versteckt hat – auch er ist von den Beamten des BMLV gefunden und übergeben worden. Gute Arbeit.“ Warum aber erzählte mir Walter Rosenkranz von der FPÖ bereits vor ein paar Tagen davon, dass ein mit 24. Mai 2007 datiertes Schriftstück existiert? Wurde es im Ministerium gefunden oder diesem zugespielt? Pilz twitterte am 2. Juni: „Plötzlich taucht handschriftlicher Vergleichsvertrag vom 24.5.07 auf. und Rauen haben ihn im SPÖ-Hotel in Altmannsdorf geschlossen.“ und „Plötzlich taucht handschriftlicher Vergleichsvertrag vom 24.5.07 auf. und Rauen haben ihn im SPÖ-Hotel in Altmannsdorf geschlossen.“  bzw. „Warum hat am 26.6. Gutachten, aber schon am 24.5. Vertrag unterschrieben? War es reine Formsache oder wurde es Vertrag angepasst?“

Man findet auch Verdrehungen: „Peschorn: Kabinettschef Kammerhofer hat ihm mitgeteilt, dass ihn auf Wunsch von -Rauen von Verhandlungen abzieht. Bumm.“ Der Chef der Finanzprokuratur Wolfgang Peschorn sagte am 31.Mai im U-Ausschuss aus, dass Darabos ihn als „Anwalt der Republik“ schriftlich beauftragte, er aber von Kammerhofer mündlich aus den Verhandlungen ausgeladen wurde. Darabos hat bei seiner Befragung gesagt, dass seine Beauftragung Peschorns nicht aufhörte, was auch zu Peschons Aussage passt, dass der schriftliche Auftrag des Ministers nie endete. Weisungsbefugt ist aber ausschliesslich der Minister, der daher die  Einbindung der Finanzprokuratur sistieren könnte, wozu der nicht weisungsbefugte Kabinettschef kein Recht hat. Geschichten über Situationen, wo Kammerhofer vortäuschte,  im Interesse des Ministers zu handeln, sind inzwischen Legion, doch die Justiz deckt ihn auch weiterhin.

„Österreich“ am 3. 6. 2017

Mit welch ungeheurer Perfidie Darabos abgeschottet, überwacht, unter Druck gesetzt wurde (wird), checken selbst die Genossen im Burgenland erst allmählich, die sich als seine Freunde betrachten. Denn sie sehen Kammerhofer als Übel und sind damit ganz und gar nicht allein, meinen aber, dass Darabos freiwillig jemanden beschäftigt hat, der ihn abschottet und himtergeht und verhindert, dass Personen und Informationen zu ihm durchdringen. Es ist eine große psychologische Barriere, sich vorzustellen, was alles möglich ist; auch ich brauchte vor vielen Jahren bei den Grünen ein paar Monate, bis ich vor mir selbst aussprechen konnte, welcher Organisation mit drei Buchstaben ich Peter Pilz und einige Merkwürdigkeiten in der Partei zuordnete. Und heute kann ich, nach vielen weiteren Erfahrungen, auch das Wissen von damals einsetzen, um dazu beizutragen, dass wirklich aufgedeckt wird. Wann immer man Beobachtungen in der Politik macht, die in höchstem Maß widersprüchlich sind, sollte man weitere Puzzleteile sammeln umd so endlich die notwendige plausible Erklärung erhalten.

Was viele auch nicht wahrhaben wollen, ist dass ihre Verteidigung von Darabos ins Leere rennt, wenn sie nicht realisieren, dass jeder Minister Amtsmissbrauch begeht, der das Regieren delegiert. Es sei denn, man kann aufgrund von Indizien, wie ich sie über die Jahre gesammelt habe nachweisen, dass Nötigung (eines Mitglieds eimes verfassungsmässigen Vertretungskörpers) im Spiel ist. Es könnte ausserdem langsam auffallen, dass Darabos seinen Twitter-Account nicht nützt (nutzen darf?), während „sein“ Büroleiter in Eisenstadt (von anderen Fraktionen als „Aufpasser“ bezeichnet) sich Kabinettschef nennt und mitdiskutiert. Josef Newertal gibt natürlich vor, auf Darabos‘ Seite zu sein, etwa per Tweet an Pilz: „ wären für Sie nicht die kolportierten Momente der Täuschung vor 2007 im UA untersuchenswert…“ Dies ist in etwa so hilfreich wie die Auftritte des SPÖ-Fraktionsführers im U-Ausschuss Otto Pendl, der Darabos und Doskozil schon mal verwechselt. Immer auf den „Urvertrag“ mit EADS von Schwarzblau zu verweisen ist eine zu durchsichtige Strategie, zumal ja die unhaltbaren Zustände im Ressort „unter“ Darabos (d.h. von Darabos mit Kammerhofer als Kerkermeister) an jedem Ausschusstag eine zentrale Rolle spielen.

 

 

6 Kommentare zu „Die SPÖ und die Waffenhändler

  1. Wenn man unter die Oberfläche blickt und erkennt, wie in Österreich das Volk verarscht und angelogen wird, hat man das Gefühl, dass selbst in Russland unter Putin noch vieles klarer und transparenter ist. Bei Putin weiß jeder wofür er steht und wie das System läuft. Bei uns hingegen. ..naja

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    1. Wer nicht für Putin ist, hat es aber sicher auch nicht besonders einfach (vornehm ausgedrückt) – dennoch stimmt es, dass man bei uns kaum weiss, woran man ist.,,,

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  2. Im Prinzip weiß man schon, dass fast überall Soros drin ist, bloß bei blau (noch) nicht, oder? Die Bilderberger tagen ja gerade, also in der nächsten Zeit passiert wieder irgendwas

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    1. Apropos Bilderberger: Wer da wohl dabei ist? U.a. Gerhard Zeiler (Time Warner, was CFR bedeutet), den Häupl ja als seinen Nachfolger will und der Kern unterstützt hat…

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    2. @Sarden: Und da die Bilderberger meistens (nicht immer) dort tagen, wo dann bald was passiert, nehme ich an, daß es um Trump geht. Der Mann läßt sich offenbar wirklich nicht so kontrollieren, wie es bei anderen Präsidenten üblich war und ist.

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