Zweierlei Journalismus

Im Mainstream wurde und wird nicht nur Flüchtlingshype betrieben; es gibt auch strenge informelle Regeln für die Berichterstattung über Wahlen und Parteien. Dass diese Regeln den Umgang mit denen umfassen, die dabei ausscheren, verwundert unter diesen Umständen nicht. So wird grosse Aufregung darüber inszeniert, dass die Falter-Redakteurin Nina Horaczek aus dem Wahlparty-Zelt der FPÖ geworfen wurde, nachdem sie einzelne BesucherInnen fotografierte, um sich über sie in sozialen Medien lustig zu machen. Dies wird jetzt damit verbunden, dass laut Facebook auch Vertreter der NDP in Wien waren, wobei jeder und jede das Zelt betreten durfte.

Mir fielen im Rathausklub der FPÖ (Medienleute mussten sich akkreditieren) Leute von der AfD auf, die jedoch eingeladen waren. Man verknüpft im Mainstream die ungeladenen NDPler damit, dass eine vermeintlich kritische Journalistin wie Horaczek des Zeltes verwiesen wurde (1). In den Redaktionen weiss man zugleich, wie brutal ich behandelt werde (allerdings nicht von der FPÖ), weil ich kritisch über die Zustände in der SPÖ schreibe; dabei stehe ich dieser nahe, aber eben im Sinn sozialdemokratischer Werte. Mit anderen Worten ist schlimm, was Horaczek „angetan“ wurde; dass ich aber alles verloren habe, weil ich ehrlich über Politik und deren Hintergründe berichte, ist absolut in Ordnung.

Horaczek war auf der Suche nach „typischer“ FPÖ-Klientel, um diese vorzuführen; sicher waren einige Leute da, die so wirkten, wie man sich WählerInnen der Blauen vorstellt; aber dann müsste Journalismus einsetzen und fragen, warum sie sich mit dieser Partei identifizieren. „Österreich“ sponserte sogar einen Facebook-Link, um auf den Umgang mit der Kollegin vom „Falter“ aufmerksam zu machen. Gut, fragen war in einem Zelt mit lauter (und abwechslungsreicher) Live-Musik nicht möglich, aber es wird doch auch sonst viel über die Wahl diskutiert.

Mir hat kürzlich ein Linker, der als Elektrotechniker von Mitte 50 keine Chance mehr hat auf einen Job erzählt, wie es anderen in „aussterbenden Berufen“ geht. Und dass seine Freunde, wenn sie ebenfalls links stehen, nicht nachvollziehen können, dass er wenig von „Refugees welcome“ hält. Er glaubt wie viele andere Menschen nicht daran, dass plötzlich und zufällig Massen nach Europa kommen, zumal es nicht so leicht ist, zu uns zu gelangen. Sicher wird er durch seine eigene soziale Situation sensibler sein als andere; dennoch ist erstaunlich (oder doch nicht?), dass sich so viele auf den „Refugees“-Hype einlassen.

Kritisch wäre – abgesehen von der bemerkenswerten Diskrepanz zwischen Wahlumfrage und Hochrechnung bei SPÖ und FPÖ und den Verschiebungen durch die Briefwahlstimmen – zu erwähnen, dass wieder einmal viel Geld  in Wahlwerbung  geflossen ist (2). Wie vor der Wahl diskutiert wurde, stellt der konservative Publizist Andreas Unterberger anhand eines Gesprächs in seinem Bekanntenkreis dar (3). Während die SPÖ in Österreich und bei der Wiener Wahl noch stramm auf „alle Willkommen“-Kurs ist (mit Ausnahme des am meisten betroffenen Burgenlandes), gibt es in der SPD offene Auseinandersetzungen (4).

Die SPÖ ist in Wien zwar Erste geblieben, es gab aber einen irritierenden, da nur sieben Minuten dauernden Auftritt von Bundeskanzler und Parteichef Werner Faymann auf der Bühne im Festzelt (5). Dass mittlerweile per Unterschriftenliste (6)Faymanns Rücktritt gefordert wird, tut Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid (Vorsitzender der SPÖ in Wien-Hietzing) mit „eine skurrile Geschichte“ab (7). Dabei wissen KritikerInnen, woran es bei der SPÖ krankt: mit „Menschlichkeits“-Gerede wie vor der Wahl fühlen sich jene Menschen nicht gemeint, die zu kämpfen haben, und das sind bei steigender Arbeitslosigkeit und zunehmender Armut eben immer mehr…

(1) http://derstandard.at/2000023830884/NPD-holte-sich-emotionale-Kraft-bei-FPOe-Wahlparty
(2) http://www.info-direkt.eu/duell-der-schweinepriester
(3) http://www.andreas-unterberger.at/2015/10/spannende-gespraeche-zur-wiener-wahl
(4) http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/deutschland/markus-gaertner/asyl-zoff-in-der-spd-magdeburgs-ob-truemper-will-keinen-maulkorb-mehr.html;jsessionid=315FE98F894DBBA377B3822FEA2A8410
(5) http://derstandard.at/2000023590572/Faymann-kommt-auf-die-Festzeltbuehne-und-geht-nach-sieben-Minuten
(6) http://wirwollenmehr.at
(7) http://derstandard.at/2000023676528/SP-Bundesgeschaeftsfuehrer-Das-ist-doch-eine-skurrile-Geschichte

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