Schlagwort-Archive: Waltraud Klasnic

Zu schön, um wahr zu sein? Die SPÖ bekommt eine Chefin

Am 25. September soll Pamela Rendi-Wagner zur ersten Frau an der Spitze der SPÖ designiert werden. Man hört von ihr selbst dazu noch sehr wenig, doch das war nicht anders, als Christian Kern 2016 Werner Faymann nachfolgte. Wenn über sie geredet wird, kommt meist Ex-Kanzleramtsminister Thomas Drozda zu Wort, der seit 20 Jahren mit ihr befreundet ist und dessen Kabinettschef ihr Ehemann Michael Rendi war. Medien hypen Rendi-Wagner auf ähnliche Weise, wie sie es bei Kern taten, und ordnen Skeptiker abschätzig dem „Gemeindebau“ zu. Angeblich war es im Parteipräsidium am 22. September nicht so eindeutig, sodass Rendi-Wagner nur favorisiert wurde, weil Kern den burgenländischen SPÖ-Chef Hans Peter Doskozil verhindern wollte. Zugleich heißt es, dass die 2. Nationalratspräsidentin Doris Bures entgültig absagte, weil ihr Medien unterstellten, sie habe Kerns Plöne geleakt (siehe oe24). Bleibt der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser, der nach einem Wahlerfolg natürlich lieber das bleibt, was er ist; somit ist Rendi-Wagner nur „vierte Wahl“, wie manche bemerken.  

Doch sie wurde in gewisser Weise noch von Kern durchgesetzt, da sie seine Wunschkandidatin war und in der Bevölkerung etwas besser ankommt als bei SPÖ-Wählern. Sie ist erst am 7. März 2017 der SPÖ beigetreten, am Tag, ehe sie als Gesundheitsministerin angelobt wurde, was sie dann neun Monate lang blieb. Ihre Kür fiel noch in die Zeit, als Kern und die SPÖ vom israelischen Geheimdienstmann Tal Silberstein „beraten“ wurde, der ein Erbstück aus der Gusenbauer-Zeit darstellt. Bei der Alternative Hans Peter Doskozil ist durch das „Prinzessinnen-Dossier“ vom 9. Februar 2017 für Silberstein klar, dass er favorisiert wurde, zumal er dann ja auch ganz im Gusenbauer-Silberstein-Stil Airbus wegen der Eurofighter anzeigte. Wenn viel die Rede ist davon, dass Rendi-Wagner „zerstrittene Lager einen“ müsse, so meint man damit nicht, dunkle Seiten der jüngeren SPÖ-Vergangenheit aufzuarbeiten, etwa was die Rolle Gusenbauers betrifft. Sie wird jedenfalls so in den Himmel gehoben, wie es die Medien auch taten, als Kern 2016 Werner Faymann ersetzte. Für Christian Kern bleiben weit weniger freundliche Schlagzeilen, was ihn puncto Presse entgültig ernüchtert haben dürfte.

Fellners „Österreich“ am 23.9.2018

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Politikerinnen und der Preis der Macht

Demnächst erscheint das Buch „Der Preis der Macht“ von Lou Lorenz-Dittlbacher vom ORF, das auf Interviews mit acht ehemaligen Spitzenpolitikerinnen basiert. Darin wird deutlich, dass Frauen der Abschied aus der Politik leichter fällt, sie vorher besonders den Verlust an Privatsphäre vermisst haben, aber auch, dass Frauen andere Frauen kaum fördern. Während Waltraud Klasnic rücktblickend feststellen muss, dass sie als erste Landeshauptfrau für einige Männer ein Affront war, hat Johanna Mikl-Leitner diese Probleme nicht, doch sie wurde von einem Mann unterstützt, ihrem Vorgänger Erwin Pröll. Bei der letzten Wahl kandidierten zwar mehr Frauen bei der ÖVP an wählbarer Stelle denn je, doch dies hat wenig mit Frauennetzwerken zu tun, sondern soll zu einem modernen Image passen. 2016 kandidierten ein paar Männer und eine Frau bei der Bundespräsidentenwahl; es ist schon lange her, dass zwei Frauen antraten, auch wenn noch nie eine diese Wahl gewonnen hat. Im Burgenland werden die Weichen für die Nachfolge von Landeshauptmann Hans Niessl gestellt; es scheint vollkommen undenkbar, dass es nach Gabi Burgstaller in Salzburg wieder eine rote Landeshauptfrau geben könnte. 

Man/frau könnte sich sagen, dass immerhin zwei von fünf Parlamentsparteien eine Frau an der Spitze haben, doch dies ist um den Preis des Ausscheidens der Grünen „erkauft“.; außerdem steht auf einem anderen Blatt, welchen Spielraum Frauen in der Liste Pilz wirklich haben. Es gab Zeiten, in denen Madeleine Petrovic Chefin der Grünen war und Heide Schmidt (Lorenz hat sie interviewt) an der Spitze der Liberalen stand, die jetzt als NEOS Beate Meinl-Reisinger als Chefin haben. Bei den Koalitionsverhandlungen 2013 wurde Finanzministerin Maria Fekter marginalisiert; der Protest der ÖVP Frauen war zu schwach, um sie noch in der Regierung zu halten. Als mitten in der Legislaturperiode eine Steuerreform aufs Tapet kam, genügte es den SPÖ-Frauen, in Kontakt mit den Verhandleŕn zu sein, unter denen auf roter Seite keine einzige Frau war. Diesen Sommer gab es eine Premiere, weil Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger ein Kind bekam, ein paar Wochen pausierte und jetzt ihr Partner Elternkarenz nimmt. Wie Lorenz‘ Buch auch deutlich macht, haben die meisten Spitzenpolitikerinnen entweder keine Kinder oder sie bekamen sie sehr früh und machten dann Karriere. Bei Männern spielt es hingegen keine Rolle, da sich eh jemand anderer im Alltag um Kinder kümmert.

„Bild“ über Sawsan Chebli

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Sexuelle Gewalt und Kartelle des Schweigens

In sich geschlossene Systeme, die in der Außenwelt Prestige haben, sind besonders missbrauchsanfällig. Dies machen nicht nur kirchliche Einrichtungen und Kinderheime deutlich, sondern auch männerdominierte Sportwelten.  Dabei greifen oft Vertuschungsmechanismen ineinander, wenn doch etwas an die Öffentlichkeit gelangt, wie es der Fall ist bei Übergriffen im Schisport. Denn der ÖSV wollte allen Ernstes die unter Opfern kirchlicher Gewalt höchst umstrittene Ombudsfrau Waltraud Klasnic heranziehen, statt auf unabhängige staatliche Institutionen zu vertrauen. Auch Ex-Rennläuferin Nicola Werdenigg, die in den letzten Tagen als Tabubrecherin fungierte, sieht in Klasnic keine Garantie für Aufklärung und Opferschutz; sie selbst wird am 5. Dezember bei der Staatsanwaltschaft aussagen. Sie wurde sofort von ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel attackiert, dessen Fernsehauftritte aber ohnehin viele entsetzen. “ Ein Mann wie ein eingefrorener Posthornton“ nennt Johann Skocek einen Gastkommentar in der „Presse“.

Schröcksnadel ist „weit weg vom Respekt für anderer Nöte“, schreibt er: „Kein Verständnis, keine Einsicht, keine professionelle Hilfe für die Betroffenen, keine Einladung an etwaige weitere Missbrauchsopfer, mit dem ÖSV vertraulich zu reden. Drohung? Aber nein, sagte Schröcksnadel zwei Tage später. Natürlich nicht, das ist Theaterdonner aus dem Schnürboden der Bauernbühne, deren Impresario er ist. In der ‚ZiB 2‚ drehte er die Argumentation dann in bizarrer Weise um: Eine Entschuldigung von Frau Werdenigg würde ihm reichen. Schröcksnadel, das öffentlich misshandelte Opfer.“ Bisher ist er damit durchgekommen: „Immer, wenn Peter Schröcksnadel oder sein geliebter Skiverband wieder einmal einen Skandal produziert haben und dafür kritisiert werden, zeigt er das aggressive, stereotypische Verhalten: leugnen, an die Kumpanei befreundeter Medien appellieren, drohen, Bestemm, das Problem selber zu untersuchen.“ Er „vertritt die Missetäter, spielt Staatsanwalt, Richter und Pressestelle“ und das schon seit 1990.

Interview mit Werdenigg

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