Die FPÖ brauchte lange, um einen Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl im Oktober zu präsentieren. Nun wurde aber Volksanwalt Walter Rosenkranz nominiert, der von 2008 bis 2019 dem Parlament angehörte und nach der Wahl im Herbst 2017 Klubobmann war. Er wird von der eigenen Partei eifrig in vielen Presseaussendungen als Bewerber praktisch ausserhalb des politischen Systems angepriesen, was ebenso absurd ist wie wenn es um Alexander van der Bellen oder Gerald Grosz geht. Nun muss man natürlich mit Politik vertraut sein, weil man sich sonst selbst im Wahlkampf schon schwertut. Doch wann wird es zum Bäumchen-wechsle-dich-Spiel mit einer scheinbaren Wandlung vom Mitläufer zum Kämpfer? Bei Rosenkranz liegen viele Informationen vor, mit denen sich jeder selbst beschäftigen kann; hier weise ich lediglich auf entsprechende Quellen hin. Allgemein entsteht aber der Eindruck, als würde van der Bellen gegen Norbert Hofer von 2016 mit leicht geänderter Besetzung und ähnlichem Ergebnis wiederholt; eine echte Chance hat Rosenkranz nicht.
Warum lässt sich die FPÖ darauf ein, fragen sich einige; warum stellt sie einen Burschenschafter auf anstelle einer Frau? Es ist möglich, dass die Blauen vom Frust vieler über Sanktionen gegen uns selbst (sei es „wegen C“, sei es „wegen Putin“) profitieren wollen. Tatsächlich sehen viele Menschen, die mit der Politik eigentlich schon abgeschlossen haben, in einem FPÖ-Kandidaten eine Alternative. Sie neigen dazu, die vollkommene Integration von Rosenkranz (und anderen) ins politische System zu ignorieren. Paradoxerweise wollen sie, dass van der Bellen kritisch bewertet und jedes Detail analysiert wird, aber man soll doch bitte schön nicht Rosenkranz mit demselben Maß messen. Es geht natürlich nicht anders, als genau das zu tun, und dafür gibt es einige Anhaltspunkte.