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Wie man Widerstand in die Irre führt

Für uns alle sind die Zeiten von Corona buchstäblich irritierend, weil wir Dinge tun und über Dinge nachdenken, mit denen wir uns nicht freiwillig beschäftigen. Jeder kann von Eindrücken einer anderen Realität berichten; dazu genügt schon der normale Alltag. In Wien etwa gibt es Buden mit Kaffee, Gebäck, Iced Chai, Eis usw. beim Austria Center, wo sich viele testen oder impfen lassen. Vor zwei Jahren hätte es hier nur Kongresse gegeben und niemand hätte verstanden, was man mit Testen und Impfen meint. Wenn Teenager mit Regenbogenfahnen die U-Bahn-Haltestellen füllen, ist das vordergründig ein Zeichen von Toleranz, während manche darin Indoktrination erkennen wollen. Wenn es mehr als 30 Grad hat, vergessen viele, dass es das auch früher schon gab; jedenfalls stellen sich viele lange an, ehe sie getestet, geimpft oder genesen ins Freibad dürfen. Wiens Teiche mit freiem Eintritt sind gut besucht, jedoch nicht überlaufen, was ohne die 3 G zu erwarten gewesen wäre. Im Gespräch oder auf Social Media ist man damit konfrontiert, dass einige von zerbrochenen Freundschaften berichten, weil der andere Part auf Test oder gar Impfung besteht. Geschichten über schwere Nebenwirkungen „der Impfung“ (mit der 2019 niemand etwas Bestimmtes verbunden hätte) machen die Runde, ergänzt durch Berichte.

In dieser Situation ist der Widerstand gegen „die Maßnahmen“ abgeflaut, was sowohl für Österreich als auch für Deutschland gilt. Nicht zu Unrecht warnten einige davor, am 19. Juni 2021 unangemeldet in Berlin zu demonstrieren; nicht weil alles paletti ist, sondern weil das System daraus eine Falle machen kann. In diesem Blog wird am 20. Juni erwähnt, dass am Vortag vielleicht 10.000 Menschen nach Berlin kamen, die „ein Tor“ öffneten für „das Kollektiv“. Bei der Diskussion unten ist interessant, dass besonders eine erwünschte Teilnahme von Reservisten mit Argwohn betrachtet wird, weil das fast wie ein Aufstand aussieht. Bei der Bundeswehr lernt man schliesslich, sich zu verteidigen und zu kämpfen; man muss gar keine Waffe dabeihaben. Zugleich setzen viele „Erwachte“ Hoffnung auf Soldaten im aktiven Dienst, kombiniert mit Errettungs-Narrativen. Ebenfalls parallel findet statt, dass viele, die sich nie mit Politik befassten, nun den grossen Durchblick haben und am liebsten selbst kandidieren würden, worüber sie mit anderen in Clinch geraten. Kurz gesagt handelt es sich um perfekte Spaltung auch unter denen, die nicht an die „tödlichste aller Pandemien“ glauben wollen.

Online-Gespräch über Widerstand

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Wie grün darf die SPÖ werden?

Die SPÖ hat sich gerade in Klausur begeben und dürfte dabei auch einen Richtungsstreit darüber austragen,  wie grün sie in Zukunft sein soll. Noch-Bundeskanzler Christian Kern will die Grünen und Liste Pilz beerben, was Noch-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil als falsche Strategie betrachtet. Freilich waren die Grünen und ihr Potenzial schon auf dem Radar der SPÖ, ehe sie überhaupt gegründet wurden. Matthias Reichl, der von Anfang an mit dabei war, verweist in einem Brief auf Ernst Gehmachers „Spezialseminar für sozialistische Mandatare“ im Jahr 1979 unter dem Titel „Grüne Bewegung – Die irreguläre Opposition“, das er basierend auf einer „Vertrauenspersoneninformation“ der Salzburger SPÖ beschreibt: „Die westlichen Demokratien haben heute mit einer zeitgenössischen irregulären Opposition zu rechnen, die:  allgemein anerkannte Werte der Gesellschaft in Frage stellt, ohne aber eine Gegenideologie oder Gegenkultur zu vertreten;  starke Gefühle und Leidenschaften wachruft;  sich teilweise nicht an die demokratischen Spielregeln hält;   allerdings auch kaum über straffe Organisation, Kampfmittel und Macht verfügt. Diese irreguläre Opposition manifestiert sich (in Österreich) vor allem durch: Technologiemißtrauen (Kernkraftgegnerschaft), Grüne Parteien (Umweltschutzparteien),Wahlenthaltung (Demokratieverdrossenheit), insbesondere der Jugend, obstruktive Bürgerinitiativen (Lokal-Egoismus).“

Auch mangels Zugang zu etablierten Strukturen bescheinigte Gehmacher dieser Opposition wenig Wirkung und Ausdauer: „Allerdings sind sie nur in den seltensten Fällen zu Verzicht, Umstellung des Lebens oder zu regelmäßiger politischer „Arbeit“ bereit. Ebensowenig steht hinter dieser IO eine einigende, zusammenhängende Weltanschauung, Gesellschaftskritik oder Utopie – schon gar nicht eine lebensformprägende Religion. Es handelt sich daher bei den hier analysierten IO nicht um eine echte politische Bewegung, Ideologie oder gar Gegenkultur: man mag darin eine Vorform oder ein Frühstadium einer neuen Gesinnung sehen oder auch nicht, das bleibt offen. Jedenfalls verfügt diese IO daher über keine ins Gewicht fallende politische Kraft an sich – sie kommt nur dort zu Geltung, wo die derzeitigen demokratischen Mechanismen überempfindlich reagieren (z.B. wenn die Angst vor Bürgerinitiativen notwendige Maßnahmen und Entscheidungen verzögert oder wenn eine ganz kleine Gruppe einer Grünen Partei oder von Nichtwählern zum Zünglein an der Waage wird).“ Er empfahl, diese Widerspenstigen  zu absorbieren: „Prinzipiell gibt es drei Vorgangsweisen demokratischer Politik gegen die irreguläre Opposition:  Laissez-faire: das Gewährenlassen, eventuell sogar unter Ausnützung für eigene kurzfristige politische Ziele, also mit Koalitionsbildung.

Michael Häupl am 13.11.2017

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Das Drehbuch der Pilz-Kandidatur

Wenn man sich die Rolle ansieht, die Peter Pilz über die Jahre in den Grünen spielte, kennt man das Drehbuch zu Vorgängen, die eine breite Öffentlichkeit in Erstaunen versetzen. Und die nicht wenige Grüne eiskalt erwischen, da er eifrig an einer Gegenkandidatur bastelt, weil er nicht den gewünschten Listenplatz erhält. Er tingelt von einer Redaktion zur nächsten und wirkt gutgelaunt, wenn er die Grünen als „Altpartei“ abkanzelt und von einer gerade entstandenen „Bürgerbewegung“ spricht, die ihn wieder ins Parlament tragen soll. Wer hier nur an Kränkungen, Eitelkeiten und Differenzen denkt, muss sich klarmachen,  dass nach einem Skript vorgegangen wird, das man für diesen Anlass kaum variiert.

Denn Pilz war immer schon mit den Medien verhabert, und seine Ansagen sind austauschbar und oft fast wortgleich dem, was er in den Jahren zuvor als angeblich neue Erkenntnis verkauft hat. Während einige in der Politik in Schockstarre verharren, da dieses Projekt nicht nur den Grünen schaden wird, erkennen andere schon, was als Nächstes kiommen bzw. ins Wanken geraten wird. Wirklich Abhilfe kann aber nur der Rat von Personen schaffen, die verdecktes Agieren identifizieren und vorhersehen können. Solche Methoden sind zwar sehr wirksam, laufen aber nach einem bestimmten Muster ab. Wer dies versteht, wird gegen die stimulierten Emotionen immun, da sie oder er dann Unzufriedenheit mit dem System nicht für eine Mogelpackung empfänglich sein lässt. Eigentlich müssten die Grünen Pilz in hohem Bogen aus ihrem Parlamentsklub werfen, doch sie appellieren nur daran, dass man sich doch „mit Anstand“ trennen sollte.

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