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Dietrich Mateschitz und die Heuchler

Der am 22. Oktober verstorbene Unternehmer Dietrich Mateschitz wird von Wikipedia ganz unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob es der Eintrag auf Deutsch ist oder der auf Englisch. Für „unser“ Klientel soll es vor allem um behauptete „Nähe zu Rechtspopulismus“ und um „Verharmlosung der Corona-Pandemie“ gehen. Auf Social Media wird da schon mal „Schwurbelsender“ für Servus TV und für Mateschitz „Rechtsextremer“, Natsi und „Rassist“ (mit kroatischem Vater) verwendet. Besonderes Aufsehen erregt der Vorwurf fehlender Erbschaftssteuer aus den Reihen der SPÖ; diese wurde aber abgeschafft, als der Kanzler Alfred Gusenbauer hiess. Zugleich wurde nie kritisiert, dass Gusenbauer und Martin Schlaff in den Pandora Papers aufscheinen und Recherchen des kroatischen Journalisten Domagoj Margetic zufolge Geld auch am Balkan gewaschen haben.

Es wird gänzlich absurd, wenn diejenigen, deren neuer Hero Thomas Schmid heisst, sich auf Mateschitz einschiessen. Denn es ist schwer vorstellbar, dass sich Schmid quasi auf Mateschitz‘ Schoss breitmachte, um Steuererleichterungen gegen Gefälligkeiten zu versprechen. Überhaupt wird bewusst unterschätzt, in welchem Ausmaß Mateschitz wirtschaftlich brachliegenden Regionen auf die Füsse half und was er für österreichische Kultur getan hat; er legte auch Wälder an. Sicher man sich seine Sportförderung ansehen und kritisieren, dass es sich meist um risikoreiche Beschäftigungen handelt. Wenn aber etwa Cliffdiver sich bei von Red Bull gesponserten Bewerben messen, fragt sich, warum Frank Stronachs Leidenschaft für Pferderennen nie im Fokus stand (nicht ganz ungefährlich für Mensch und Tier). Übrigens züchtete Mateschitz ebenfalls Pferde, schon länger Haflinger und schliesslich auch Trakehner, denen Servus TV eine Produktion widmete. Es ist schlicht so, dass niemand dazu gezwungen wird, von einer Klippe zu springen oder Zuckerzeug zu trinken und Servus TV zu schauen.

Zu den Angriffen auf Mateschitz

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Asylrealität am Beispiel Bruckneudorf

Die vereinbarte Quote von 1,5 % ist Makulatur; ohne das Engagement der Bevölkerung wäre die Flüchtlingsbetreuung nicht zu schaffen – diese Fakten blenden jene gerne aus, die sich nach wie vor in Floskeln von „Menschlichkeit“ selbst beweihräuchern. Am Beispiel der burgenländischen Gemeinde Bruckneudorf kann man erkennen, wie gerade über diejenigen drüber gefahren wird, die bereit sind, Flüchtlinge aufzunehmen.

Obwohl im Ort bereits 50 Flüchtlinge betreut werden, will der Bund ein Containerdorf errichten; dies wollte man durchsetzen, indem man Bevölkerung und Politik vor vollendete Tatsachen stellt. Es gab mehrere Demonstrationen, durch die die Gemeinde auch zum Symbol für Widerstand wurde und Anfragen aus ganz Österreich erhielt; auch von Orten wie Unterpremstätten bei Graz, wo auf 5000 EinwohnerInnen 1300 Flüchtlinge in einer Halle kommen. Nach der letzten Kundgebung am 4. Dezember, bei der auch Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) sprach, teilte Bürgermeister Gerhard Dreiszker (SPÖ) dem Innenministerium mit, dass die Quote erfüllt ist und es daher von den Containern Abstand nehmen soll. (1)

Es gab keine Reaktion, aber das Gerücht kursierte, dass die Container nach wie vor kommen sollen; man wollte zudem den Truppenübungsplatz dafür verwenden. Am 11. Dezember, eine Woche nach dem letzten Protest, erfuhr der Bürgermeister von Soldaten, dass Künetten zu einem Areal der Heeresbauverwaltung Ost gegraben werden – also versucht wird, die Gemeinde zu überfahren. Gemeinsam mit dem Bürgermeister von Bruck an der Leitha, Richard Hemmer (ebenfalls SPÖ) und der Landesregierung wehrte sich Dreiszker gegen diesen Plan. Es gab schliesslich auch ein Gespräch mit Christian Konrad, dem „Regierungsbeauftragten“ für die Flüchtlingsunterbringung. Bis kurz vor der neuerlichen Kundgebung war man aber im Unklaren gelassen, ob es einen Kompromiss geben kann.

Bei der Kundgebung las Dreiszker dann eine Mail von Konrads Büro vor, der zu entnehmen war, dass inklusive bereits in Bruckneudorf befindlicher Flüchtlinge ingesamt 100 aufgenommen werden sollen, über den Winter, befristet bis Juni nächsten Jahres. „Ein Massenlager konnten wir damit gemeinsam verhindern“, sagte Dreiszker, der bei der Kundgebung von Landesrat Norbert Darabos (SPÖ) unterstützt wurde. Das unabhängige Medium CCMedia TV betitelt einen Bericht aber mit „Über den Tisch gezogen?“. (2) Immerhin sammelt man weiterhin (auch am Rande der Kundgebung) Unterschriften für eine Petition an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. (3)

Dass es kein Massenlager gibt, ist laut Dreiszker ein gemeinsamer Erfolg all jener, die Druck gegen das Massenlager gemacht oder im Hintergrund verhandelt haben. Darauf, dass auch einiges im Hintergrund abgelaufen ist, verweist auch Darabos in seinem Statement, doch er meinte, es sei der Tag des Bürgermeisters. Dieser dankte jedenfalls vielen: „Ich danke insbesondere Brucks Bürgermeister Richard Hemmer und Flüchtlingskoordinator Christian Konrad für die konstruktiven Gespräche, sowie allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern an den Demos und der burgenländischen Landesregierung, namentlich Landeshauptmann Hans Niessl und Soziallandesrat Norbert Darabos, die sich gemeinsam mit uns gegen dieses Massenlager eingesetzt haben!“

Da Bruckneudorf an Bruck an der Leitha grenzt und weder das Leben in den Gemeinden noch jenes der Flüchtlinge zwischen den Ortschaften getrennt verlaufen, engagierte sich auch Richard Hemmer (SPÖ), der von besonders unfreulichen Begegnungen mit seinem Parteigenossen Verteidigungsminister Gerald Klug sprach („und er verzapft immer wieder Blödsinn“). Er schlug bereits im Mai in einem offenen Brief Alarm: „Ohne vorherige Information und Kommunikation erfuhren wir in der vergangenen Woche überraschend aus den Medien, dass am TÜPL Bruckneudorf und in der Kaserne Götzendorf jeweils mehrere hundert Flüchtlinge untergebracht werden sollen. Ob und wie das dort in Containern funktionieren soll, ist höchst fraglich.

Im Laufe der Diskussion haben wir Bürgermeister uns über dieses überfallsartige und zutiefst undemokratische Vorgehen der MinisterInnen beklagt. Sofort wurde von diesen der Spieß umgedreht und uns wurde Untätigkeit, Unwilligkeit und Ablehnung vorgeworfen. Diesen Vorwürfen trete ich mit aller Vehemenz entgegen, denn es gibt bereits zahlreiche Beispiele von Gemeinden, die Flüchtlinge sinnvoll und wohlbehalten unterbringen konnten.“ (4) Es sollte dem Bund zu denken geben, dass die Bevölkerung über Chaos (weil Unterkunftsmöglichkeiten nicht genutzt werden), sinnlosen Papierkrieg und überfallsartige Einquartierungen klagt. Wer einmal eigentlich für eine Nacht Menschen aufnehmen wollte, nachdem Koordinator Konrad im Sommer im Fernsehen sagte, dass niemand im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen im Freien schlafen soll, wird zur Dauereinrichtung und zur Anlaufstelle von Bussen, die auch nachts um zwei Uhr plötzlich neue Leute bringen.

Ohne Betreuung auf freiwilliger Basis wäre nie zu bewältigen, was der Bund Ländern und Gemeinden auferlegt; zudem gibt es Reibereien zwischen jenen, die früher gekommen sind, und Neuzugängen; ausserdem Spannungen zwischen Syrern und Irakern oder eine Anspruchshaltung gegenüber den Menschen, die sich in der Betreuung aufreiben. Natürlich finden sich auch viele schnell mit der Situation zurecht und kochen gemeinsam; so habe ich junge Männer u.a. aus Pakistan bei Sabine Schöller-Lamberty im teilweise renovierten Schloss Königshof erlebt. Sabine erzählte mir von starken Frauen, die in einem Haus in Bruckneudorf untergebracht und vollkommen unkompliziert sind; sie selbst hat aber auch mit Flüchtlingen von jener Sorte zu tun, die sich bedienen lassen will und nichts zu schätzen weiss. Klar wurde bei diesem Besuch, dass es die Kräfte einiger Menschen bindet, sich für jene einzusetzen, die ein im fernen Wien agierender Herr Konrad untergebracht wissen will, und dass die Geschäftsführer jener „NGOs“, die so gerne Druck auf die Regierung machen, einmal einen Tag lang mit Sabine tauschen müssten, um zu wissen, wovon sie sprechen. (5)o

Wenn der ORF nüchtern berichtet, darf man nicht vergessen, dass hinter Zahlen Menschen stehen – und zwar auch auf Seiten der Bevölkerung, die mit diesen Einschnitten in ihren Alltag klarkommen muss: Es „kommen Wohncontainer für Flüchtlinge nach Bruckneudorf, aber nicht auf das Kasernengelände, sondern auf das Bauhofgelände des Bundesheeres. Insgesamt werden nicht mehr als 100 Flüchtlinge in Bruckneudorf unterkommen – dabei zählen die bisher schon untergebrachten 50 mit. In die Container sollen aber bis zu 80 Asylwerber einziehen, weil auch jene 30, die derzeit in einem Haus in Bruckneudorf wohnen in die Container übersiedeln sollen. 20 weitere Flüchtlinge sind derzeit im Bruckneudorfer Ortsteil Königshof untergebracht – diese sollen weiter dort bleiben.“ (6) Im „Ortsteil“ Königshof, also im Schloss, gibt es neben munteren und kooperativen jungen Männern auch Männer, die diese Männer und ihre Gastgeberin boykottieren – da möchte man gerne einmal auf Flüchtlinge anwenden, was gerne zu missmutigen Jugendlichen gesagt wird: „Arbeite einmal mit Menschen in Not in Österreich! Dann siehst du, wie es anderen geht, was sie hinter sich haben!“

Dass sich falsche Vorstellungen und Anspruchsdenken leicht verbreiten, sollte klar sein, haben doch viele ein Smartphone, um mit der Heimat Kontakt zu halten, aber auch um neue Kontakte hier zu knüpfen. Dass die Menschen in Griechenland mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, wissen jene, die durch dieses EU-Land zu uns gekommen sind. Vielleicht sollten alle HelferInnen Klartext reden über ihre eigenen Probleme und Sorgen und darüber, was Angehörige und Freunde alles schon aushalten mussten, oder auf krasse Fälle von Menschenrechtsverletzungen an Einheimischen hinweisen? Auch gegenüber jenen, die kooperativ sind, stellen ÖsterreicherInnen ja stets ihre eigene Situation zurück; und wenn die Bequemen den Bogen überspannen, bricht es als HelferInnen heraus, die sich als Mensch nicht wahrgenommen fühlen. Ohne Refugees-Hype und süßlichem Kitsch, der meist von jenen verbreitet wird, die Flüchtlinge nur aus der Ferne oder bei raschen Besichtigungen mit Medientroß kennen, wäre es sicher einfacher. Doch wahrscheinlicher ist, dass weiter Stimmung gemacht wird mit Artikeln wie diesem, (7) der einem der freiwilligen Helfer in Wien sauer aufstößt, weil er die näheren Umstände kennt.

Nach Besichtigungen mit Medientroß klingt auch nicht gerade, wie Landesrat Darabos seine bisherige Tätigkeit bilanziert:  „Ich habe seit meinem Amtsantritt Mitte Juli zahlreiche neue Erfahrungen gesammelt und seither mehr als 400 Termine absolviert. In diesen Terminen habe ich sehr viele neue Menschen und die sozialen Facetten des Burgenlandes kennengelernt. Die Herausforderungen im Bereich Asyl- und Flüchtlingswesen haben mich und mein Team die letzten Monate sehr gefordert und werden uns als Burgenland die nächsten Jahre sicherlich vor große Herausforderungen stellen, die wir aber mit der Unterbringung der Flüchtlinge in kleinen Einheiten sowie der Beibringung unserer Werte im Hinblick auf Gleichberechtigung, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gemeinsam bewerkstelligen werden.“ (8) Dabei muss man berücksichtigen, dass Darabos für Soziales und Gesundheit zuständig ist und fast die Hälfte des Landesbudgets in seine Kompetenz fällt.

Berichtet wird aber trivialisierend, (9) was UserInnenkommentare noch verstärken, denn auch Landeshauptmann Hans Niessl nannte die Flüchtlingsfrage an vorderster Stelle: „Wir haben diese Herausforderung vorbildlich gemeistert. Das Burgenland ist weltweit sehr positiv in den Schlagzeilen gestanden. Unser Heimatland mit seinen 290.000 Einwohnern hat zum Großteil in Nickelsdorf über 300.000 Flüchtlinge mit Essen, Getränken und Kleidung und zudem auch viele Flüchtlinge medizinisch versorgt.“ (8) Und er sagte auch: „Unter schwierigsten Rahmenbedingungen aufgrund der Asyldebatte konnte die SPÖ Burgenland bei der Landtagswahl mit 42% der Stimmen das beste Wahlergebnis aller Parteien im Jahr 2015 erreichen.“ Es wird schon Gründe haben, warum sich die Bevölkerung von Niessl und Co. vertreten fühlt, zugleich aber von der Bundesebene, und da besonders von Bundeskanzler Werner Faymann bitter enttäuscht ist. Die Menschen in Bruckneudorf empörten sich über Faymanns Vorschlag, 50.000 Flüchtlinge aus der Türkei in die EU zu holen und fassten es so auf, dass diese Menschen natürlich vor allem nach Österreich kommen werden. (10)

Sie erwarten (zumindest teilweise) von burgenländischen SPÖ-Politikern, Faymann zu ersetzen; jene, die dies nicht fordern, glauben nicht, dass dies möglich ist, oder sie unterscheiden nicht zwischen dieser und jener SPÖ. Aber nicht ohne Grund sprachen sowohl Darabos als auch Dreiszker davon, dass viel im Hintergrund läuft; und schon weil der Bürgermeister wohl kaum den genauen Inhalt von rund 100 Telefonaten schildern wird, die nach der Entdeckung der Bauarbeiten am letzten Freitag geführt wurden, bleibt es auch im Hintergrund. Auffällig ist jedenfalls der Gleichklang zwischen Faymann und Merkel, da auch beiden vorschwebt, Flüchtlinge aus der Türkei einzufliegen, offenbar um ihnen die beschwerliche Balkanroute zu ersparen. Vielleicht gibt ein Interview mit dem kritischen deutschen Freikirchen-Pastor Jakob Tschartnke Aufschluß auch für die Zustände in Österreich.

Auf die Frage „Erhärtet sich auch für Sie der Eindruck, dass da Leute im Hintergrund von Frau Merkel Druck auf sie ausüben?“ antwortet er nämlich: „Das kann ich nur vermuten. Wenn man sich die Kanzlerin im Fernsehen ansieht, bemerkt man meines Erachtens deutlich, dass die Sache nicht spurlos an ihr vorbeigeht. Da Frage ich mich schon, ob sie noch freiwillig in dieser Position ist oder ob sie unter Umständen von Mächten im Hintergrund in dieser Position gehalten und gezwungen wird diese Linie weiter fortzusetzen.“ (11) Als ich von Bruck an der Leitha nach Wien gefahren bin, war auf den Infoscreens in den U-Bahn-Haltestellen Merkel an Rednerpult zu sehen, wie sie ihre (?) Asyl-Linie beibehielt und gegen „Nationalstaaterei“ eintrat (so einer der Texte dazu).

Pastor Tscharntke bestätigt Beobachtungen, die man auch in Österreich macht: „In der Diskussion zur Flüchtlingskrise bezieht sich die Nächstenliebe ja auch immer ausschließlich auf die Zuwanderer und nie auf die eigenen Leute. Unsere Politiker stehen in aller erster Linie in der Verantwortung ihres eigenen Volkes. Ich denke, dass hier eine Politik im Gange ist, die ganz offenkundig eine Politik betreibt zu Lasten des eigenen Volks. Ich bin der Überzeugung, dass die verantwortlichen Politiker und auch Angela Merkel dadurch ihren Amtseid brechen, indem sie versprochen haben, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden und den Nutzen des Volkes zu mehren. Sie tun gerade das Gegenteil. Das hat auch mit Nächstenliebe zu tun, wenn bei uns Menschen auf die Straße gesetzt werden, Hotels geschlossen werden um weitere Flüchtlings-Unterkünfte zu schaffen. Da werden auch Existenzen vernichtet. Aber da spricht keiner von Nächstenliebe. Derjenige der darauf hinweist, dem wird von der Presse entgegengehalten, er zündelt; schlicht, weil er auf diese Probleme hinweist.“

Unbestreitbar versucht die burgenländische Landesregierung, einen anderen Kurs als Bundesregierung und Bundes-SPÖ zu verfolgen. Einige Menschen haben erkannt, dass internationaler (= US-Einfluss) auf die österreichische Politik gross ist, andere meinen, es müsse andere Erklärungen geben. Dazu trägt auch bei, dass man Schwierigkeiten meist nicht von oben nach unten kommuniziert bzw. massiven Druck auch gar nicht eingestehen würde. Daher bleibt es bei Wahrnehmungen, wie sie Pastor Tscharntke und andere machen, wobei man ebenfalls unter großen Druck gerät, wenn man den Dingen auf den Grund geht. Auch Landesrat Darabos steht unter Druck, was in der Zeit begonnen hat, als er als Verteidigungsminister nicht auf NATO-Linie sein wollte (seither werde ich schikaniert, weil ich darüber immer mehr herausgefunden habe; von seinen Gegnern und von Handlangern, die ihrer Rolle oft nicht bewusst sind).

Seine Rede in Bruckneudorf kam gut an, weil er den Eindruck eines bescheidenen Politikers erweckte, der anderen ihre Verdienste nicht streitig macht. Darabos meinte etwa, dass „eigentlich alles Lob“ dem Bürgermeister gebühre; es sei sein Tag, da mit einem Kompromiss ein Massenlager abgewendet wurde. „Die Vorgangsweise der Innenministerin und von meinem (Pause) Nachfolger im Verteidigungsministerium war nicht okay“, das müsse man auch dazu sagen. Es wird notwendig sein, „hart daran zu arbeiten“, dass es tatsächlich bei einer befristeten Mehraufnahme über der Quote bleibt. Darabos dankt „recht herzlich der Gemeinde und herzlichst dem Bürgermeister“ und wirkt während seines Statements ungewohnt bewegt; es kann ja wohl nicht sein, dass ihn als zuständigen Landesrat ein Kompromiss mit dem Bund fast zu Tränen rührt. (12)

(2) http://www.ccm-tv.at/index.php/2015/12/16/ueber-den-tisch-gezogen/
(3) http://www.noen.at/nachrichten/lokales/aktuell/bruck/100-Fluechtlinge-auf-TUePl-Grund;art2674,695491
(4) http://www.meinbezirk.at/bruck-an-der-leitha/politik/bruck-asyl-offener-brief-von-brucks-buergermeister-richard-hemmer-d1358342.html
(5) https://alexandrabader.wordpress.com/2015/12/15/asyl-parallelwelten/
(6) http://burgenland.orf.at/news/stories/2747934/
(7) http://kurier.at/chronik/oesterreich/fluechtling-aus-dem-irak-ich-habe-keine-hoffnung-mehr/169.423.443
(8) Aussendung der SPÖ Burgenland, Zusammenfassung der Statements einer Pressekonferenz am 16. Dezember in Eisenstadt
(9) http://derstandard.at/2000027626604/Niessls-Halbjahresbilanz-zu-Rot-BlauQuick-wins?ref=nl und http://burgenland.orf.at/news/stories/2747789/
(10) http://derstandard.at/2000027597543/Faymann-fuer-Umsiedelung-von-50-000-Fluechtlingen-aus-der-Tuerkei?ref=rec
(11) http://www.info-direkt.eu/pastor-tscharntke-interview/
(12) https://www.youtube.com/watch?v=t9Ma2aqNgqc

Asyl-Widerstand in Bruckneudorf

Die burgenländische Gemeinde Bruckneudorf wehrt sich gegen die vom Bund aufoktroyierte Unterbringung von 400 Flüchtlingen am Truppenübungsplatz. Sie lud am 4. Dezember zur dritten Kundgebung in dieser Woche und konnte dabei nicht nur Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) als Redner begrüssen, sondern auch verkünden, dass sie die Quote von 1,5 % erfüllt. Damit sollte Innen- und Verteidigungsministerium der Wind aus den Segeln genommen sein; doch man gibt sich weiter kampfbereit.

Die Bevölkerung fühlt sich vom Bund überfahren, ist von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) schwer enttäuscht. Als Bürgermeister Gerhard Dreiszker (SPÖ) seinen „immer intensiveren Kontakt“ mit Klug erwähnt, ruft einer aus der Menge „der ist der Dümmste!“ und andere lachen. Medien haben falsche Uhrzeiten für die Kundgebung am Freitag bekanntgegeben, wird geklagt; natürlich weiss die Bevölkerung, wann sie stattfinden soll; richtig war es auch in der BVZ zu lesen. (1)

Ich habe bei der Gemeinde angerufen und einen Redakteur der BVZ kontaktiert; doch wer nicht gerade JournalistIn ist, für die/den mag es eine Hürde sein, dass unterschiedliche Angaben gemacht werden. Die Menschen sagen, dass in erster Linie sie selbst protestieren wollen, weil es ja vor allem sie persönlich betrifft; es kamen auch Leute aus Nachbargemeinden, und relativ viele MedienvertreterInnen. Von Mainstream ist die Bevölkerung nicht besonders angetan, da sie zu Recht den Eindruck hat, dass ihre Anliegen dort ignoriert werden. Ich erkläre ihnen, dass ich im Internet schreibe und mich kritisch mit anderen Medien auseinandersetze, auch Wortmeldungen bei Veranstaltungen in Wien mit stets handverlesenem Podium abgebe; dieses zuckt dann vielleicht zusammen, aber es ändert sich nichts.

In einer relativ anonymen Großstadt kann jene Entsolidarisierung leichter vorangetrieben werden, ohne dass sich Widerstand regt, die der Präsident des EU-Parlaments Martin Schulz im neuen „profil“ nur auf die Aufnahme von Flüchtlingen bezieht. (2) In Wahrheit sollen Fremde Rechte bekommen, die sie nicht haben, während Einheimische jener Rechte beraubt werden, die verbrieft sind. Nicht ohne Grund wurde in Bruckneudorf betont, dass man sich natürlich an die Genfer Konvention hält – diese ist aber nur für eine Minderheit unter jenen anwendbar, die unsere Grenzen unkontrolliert passiert haben und passieren. Dass die europäischen Nationalstaaten auch über Angriffe auf den Föderalismus geschwächt werden, ist vielen vor Ort bewusst.

„Bundeskanzler Werner Faymann setze sich ‚beispielhaft für europäische Lösungen ein‘, lobt Schulz. ‚Werner Faymann ist einer der führenden Sozialdemokraten in Europa, der in der Kreisky-Brandt-Tradition Politik macht.‘ Außerhalb der SPD arbeite Schulz ‚mit keinem sozialdemokratischen Politiker so eng zusammen wie mit Faymann'“; so die Vorabmeldung für das neue „profil“. Hier besteht der Kontext natürlich auch darin, dass Landeshauptmann Hans Niessl in Bruckneudorf wieder einmal einen Kurswechsel in der Asylpolitik gefordert hat, dass er am Sonntag bei „Im Zentrum“ zu Gast ist (3) und dass „Österreich“, Faymanns Leibblatt, ein „großes Interview“ mit Niessl ebenfalls für Sonntag angekündigt hat.

Der Titel von „Im Zentrum“ verdreht wieder einmal die Tatsachen, denn es ist keinesfalls ein „Tabubruch“, eine Obergrenze für Flüchtlinge zu fordern, da auch die Genfer Konvention vorsieht, dass die Sicherheit des Gastlandes zuerst kommt. Hingegen wird gewollt das „Tabu“ der Rechte der österreichischen Bevölkerung gebrochen wie auch jenes auf territoriale Integrität. Nicht umsonst betont die ÖVP Souveränität in Wortmeldungen und rückt damit vom Koalitionspartner Bundes-SPÖ ab. Auch das „profil“ ist wie der ORF seiner vorgegebenen Linie treu, denn diese Woche prangte am Titel „Wie die Bundesländer unser Geld verschenken“. (4)

Wie man Martin Schulz einzuordnen hat, machen gerade seine Aussagen zu internationaler Politik klar; als er im EU-Wahlkampf auch in Wien zu Gast war, sprach ich ihn auf US-Einfluss auf die SPÖ an am Beispiel des damaligen Bundesgeschäftsführers (und Wahlkampfleiters) Norbert Darabos, der seit der Zeit als Verteidigungsminister unter Druck steht, nicht frei entscheiden „darf“, mit wem er redet und was er tut. Schulz rief empört aus „das ist alles nicht wahr!“ und ergriff die Flucht, dabei meinte ich ja gar nicht die SPD. Auf einen offenen Brief, der auf der eigentlichen Ceiberweiber-Seite stand, reagierte er natürlich nicht. Darabos kam übrigens nach Bruckneudorf, ohne von der Bühne zu sprechen (eigentlich ist er als Landesrat zuständig) – und dass er nach wie vor unter Druck ist, bestätigte er, indem er es nicht wagte, mit mir zu reden; allerdings haben manche ohnehin den Eindruck, dass er sich nicht frei bewegen kann.

Man muss sich auch darüber im Klaren sein, dass Faymann bei der Bevölkerung unten durch ist, während Niessl beinahe Standing Ovations bekommt. (5) Es heisst, dass selbst KritikerInnen in der burgenländischen SPÖ, die gegen die Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ sind, inzwischen vom Landeshauptmann begeistert sind. Eigentlich liefen Vorwürfe, die durch Berichterstattung auf Bundesebene und durch Wortmeldungen „der“ Zivilgesellschaft und mancher in der SPÖ geschürt wurden, ohnehin von Anfang an ins Leere. Denn in einem traditionell multiethnischen und mehrsprachigen Bundesland ist man nicht „ausländerfeindlich“ und auch nicht gegen Flüchtlinge, man will aber auch nicht überfahren werden.

Niessl brachte den Vergleich mit Wien: 450 Flüchtlinge für Bruckneudorf entspricht 200.000 für Wien – wo 19.000 untergebracht werden, selbst diese aber bereits gegen Einheimische ausgespielt werden. Denn während mehr Geld für deren Versorgung benötigt wird, kürzt man drastisch bei Einheimischen in Not, sodass es in Zukunft mehr Obdachlose in Wien geben wird. (6) Und da will man aus Wiener Perspektive Landgemeinden aufzwingen, was man selbst erst recht nicht schultern könnte? Zu Recht sagen die Menschen vor Ort, dass sich 50 Flüchtlinge gut integrieren werden lassen, viel mehr aber nicht; davon abgesehen, dass es „Schwachsinn“ ist, 400 Personen auf einem Truppenübungsplatz unterzubringen, wie Darabos in der ZiB 2 sagte. (7)

In geschickter Dramaturgie platzte Sabine Schöller-Lamberty, „unser roter Engel“, in Niessls Ansprache von der Ladefläche eines LKWs mit der Nachricht, dass vier Familien in ein extra angemietetes Haus gezogen sind, ergo die Quote erfüllt ist und die Container in der Kaserne damit obsolet sind. Sie hat in ihrem Schloss auch persönlich Flüchtlinge untergebracht, nach gewissen Auseinandersetzungen mit der Bürokratie, weil man ab einer bestimmten Personenanzahl eigentlich eine (Hotel-) Gewerbeberechtigung braucht. (8) Bürgermeister Dreiszker verzichtete deshalb auf die Demonstration, für die am 4. Dezember bereits alles mit Ordnern und Polizei vorbereitet war, kündigte aber an, dass nach drei, vier Tagen Ruhe weitere Maßnahmen gesetzt werden, wenn der Bund auf seinen Plänen beharrt. „Dann besetzen wir eben die Ostautobahn“, sagte er unter Jubel der entschlossenen Menge.

Seitens des Innenministeriums ist das Procedere, angebotene Liegenschaften zu „begehen“, was in puncto Kasernen als Versuchsballon vor einem Jahr in der Tilly-Kaserne in Freistadt (OÖ) praktiziert wurde. Diese erfolgreiche Ausbildungseinrichtung soll wie viele andere Kasernen geschlossen werden, was das Personal fassungslos macht, das selbst ein Nutzungskonzept erstellt hat und vorrechnet, dass Alternativen u.a. wegen der Transportkosten teurer sind. Aber bei scheinbaren Sparmaßnahmen geht es ohnehin nicht um Ressourcen, sondern darum, wesentliche Elemente nicht nur der Landesverteidigung, sondern auch des Katastrophenschutzes abzudrehen, wie auch die Länder Kärnten und Tirol im Kampf um ihre Hubschrauberstützpunkte erkennen müssen. (9)

Besonders pikant ist am Verschleudern von Staatseigentum (wie Kritiker es nennen) auch die personelle Verflechtung zwischen der Bundesheer-Immobiliengesellschaft SIVBEG und dem Kabinett im Verteidigungsministerium. Denn wer sich für den Erhalt von Standorten einsetzt, kommt in der Regel nicht über Kabinettschef Stefan Kammerhofer hinaus, der zugleich dem Aufsichtsrat der SIVBEG angehört. Die Verfassung kennt seine Funktion nicht, sodass er nur tatsächliche Ministerweisungen eins zu eins weitergeben dürfte, aber zentral an der Abschottung von Darabos beteiligt war und nun den Schein eines amtierenden Gerald Klug zu erzeugen versucht. Vor einem Jahr musste das Personal in der Tilly-Kaserne die Erfahrung machen, dass seitens des Militärkommandos keinerlei aus dem militärischen Betrieb heraus artikulierte Einwände gewünscht waren. Man gab relativ deutlich zu verstehen, wie sich die Ausbilder zu verhalten haben, wenn es um eine Einschränkung ihrer Tätigkeit geht, etwa indem ihre Unterlagen etc. in Container gegeben werden.

Zwar soll die Kaserne in Bruckneudorf nicht geschlossen werden; man fragt sich aber, mit welcher Motivation der Betrieb am zweitgrössten Truppenübungsplatz Österreichs beeinträchtigt werden soll. Zumal es ja brutal gegenüber Flüchtlingen ist, die dem Krieg entronnen sind und dann dort landen, wo geschossen wird, wie die Menschen in Bruckneudorf sagen, die ihre Kundgebungen unter das Motto „Ja zum Helfen – Nein zum Massenlager“ stellen. Allerdings darf man sich über gar nichts mehr wundern, solange sich nichts im Verteidigungsministerium ändert, da mittlerweile bereits die Treibstoffreserven der Republik angegriffen werden, die notwenige Transporte auch ziviler Natur im Notfall über Monate aufrechterhalten sollen. (10) Als Gerald Klug am 10.11. bei der Diskussion „Aktive Neutralitätspolitik heute“ des Renner-Instituts in Wien eine „keynote speech“ halten sollte, war niemand überrascht, dass er nicht aufkreuzte – das Publikum war so informiert, wach und kritisch wie die Bevölkerung im Burgenland. (11)

„Die Ergebnisse der Experten-Begutachtung liegen noch nicht vor“, schreibt nun die Innenministerin an die Gemeinde, deren Bürgermeister am Tag nach der Kundgebung, also am 5. Dezember, auch anbetracht der nunmehrigen Erfüllung der Quote eine Antwort verfasst. Niessl stärkte ihm dem Rücken, da er „absolut auf seiner Seite steht“ und „gemeinsam mit ihm für eine menschliche und vernünftige Lösung“ kämpfen will. „Das Burgenland hat es sich überhaupt nicht verdient, von irgendwem kritisiert zu werden“, denn es sei „vorbildlich auch für Österreich“. Beim Ungarn-Aufstand 1956 kamen Tausende ins Burgenland, und auch 1989 nach dem Durchschneiden des Eisernen Vorhangs. 2015 wurden vor allem in Nickelsdorf 300.000 Menschen vorübergehend aufgenommen und verköstigt, ehe man sie weitertransportierte; daher ist es unfair und unrichtig, Vorwürfe zu machen, denn „das Burgenland hat geholfen“. Darauf weist auch der Nikolsdorfer Bürgermeister Gerhard Zapfl (SPÖ) hin, der nicht von der Bühne spricht, aber interviewt wurde. Selbstverständlich sind in Nickelsdorf auch Flüchtlinge dauerhaft untergebracht, die mitgeholfen haben., den Andrang zu bewältigen. (12)

1,5 % statt jener 15 %, die Bruckneudorf aufgzwungen werden sollen, (13) „sind in Wahrheit auch menschlich“, betont Niessl, der wie die Gemeinde darüber empört ist, dass man erst im Nachhinein und über die Medien informiert wurde. Er forderte einmal mehr „einen Kurswechsel in der österreichischen Asylpolitik“, mit temporären Grenzkontrollen, einem Bundesheer-Assistenzeinsatz, wie er gerade im Burgenland früher recht erfolgreich durchgeführt wurde und einer Unterscheidung zwischen „Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen“. Hier nimmt er auf die Genfer Konvention Bezug und weist darauf hin, dass es ja mittlerweile 430.000 Arbeitslose in Österreich gibt, die man nicht ausblenden kann.

Niessl selbst hat seine Fingerprints schon abgegeben, sozusagen als Vorbild dafür, wie man alle Personen registrieren muss, die unter dem Label „Flüchtling“ bei uns einreisen. In Interviews bringt er als Vergleich den Flughafen Wien-Schwechat, der eine Menge an Kontrollen jeden Tag bewältigt, sodass man nicht behaupten kann, es sei unmöglich, ein paar tausend Personen an den Grenzen zu erfassen. Als er schon vor Monaten Kontrollen und einen Einsatz des Bundesheers forderte, hieß es sofort, „der Niessl ist doch übergeschnappt“; das Innenministerium nannte seine Vorschläge „absurd“. Noch vor Niessl hat jedoch FPÖ-Chef Heinz Christian Strache diese Trendwende eingemahnt, (14) was natürlich aus der Sicht mancher Niessl zu einem „rechten Roten“ macht.

Es waren exakt die gleichen AkteurInnen, die jetzt von Wien aus unter „Menschlichkeit“ ausschliesslich die Unterstützung von Flüchtlingen verstehen und die Not Einheimischer negieren, die im Juni dieses Jahres heftig Stimmung gegen Rotblau im Burgenland machten. Dass sie sich stets auch als „antifaschistisch“ verstehen, legt den Schluss nahe, dass hier echte Vergangenheitsbewältigung vermieden wird, denn vorgegangene Generationen töteten nicht nur „Fremde“, sondern denunzierten, deportierten, ermordeten ihre Nachbarn, ihre Mitmenschen. (15) Unbelehrbare bleiben aber unbeirrbar, wie man an der Aussendung „Menschenrecht gilt in allen Bundesländern!“ der Sozialistischen Jugend erkennen kann. (16) Damit reagiert Julia Herr, die aus dem Burgenland stammt, auf den ZiB2-Auftritt von Norbert Darabos. In Unkenntnis der Genfer Konvention fordert sie die Einhaltung derselben.

Was das weitere Geschehen in Bruckneudorf betrifft, geht es auch um Gerald Klug: „Allerdings ist auch der Verteidigungsminister am Zug, der seine pannonischen Parteifreunde in der Vorwoche mit dem Aviso vor den Kopf gestoßen hatte, noch heuer sollten auf dem Areal der Benedek-Kaserne 80 Wohncontainer aufgestellt werden. Für Darabos, Klugs Vorgänger im Ministeramt, ‚eine schwachsinnige Idee‘. Dass die Container nun Geschichte sind, war am Freitag nicht zu erkennen. Im Innenministerium hieß es zum KURIER, es gebe ein ‚gültiges Angebot‘ von Klug, ‚auf dieser Grundlage planen wir weiter‘. Ein Sprecher des Verteidigungsministers sah den Ball beim Innenressort, das kundtun müsse, ob noch Bedarf bestehe – wenn die Gemeinde die Quote tatsächlich erfülle. Dass Klug bei einem Rückzieher sein Gesicht verlieren könnte, glaubt Darabos nicht. Er könne darauf verweisen, dass die Quote mittlerweile erfüllt sei, rät er dem Nachfolger. Freilich nur in der Gemeinde. Der Bund will das Durchgriffsrecht anwenden, weil weder das Land noch der Bezirk die Quote erfüllen“, schreibt der „Kurier“, (17) der hier einen „SP-Infight“ wittert, was es ja auch ist….

(1) http://www.bvz.at/nachrichten/lokales/aktuell/neusiedl/top-Bruckneudorf-Demo-Serie-gegen-Fluechtlingslager;art5635,691448
(2) http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20151205_OTS0002/profil-interview-eu-parlamentspraesident-martin-schulz-ueber-gefaehrliche-entsolidarisierung-in-der-fluechtlingskrise
(3) http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20151204_OTS0186/im-zentrum-tabubruch-obergrenze-wie-viele-fluechtlinge-schafft-das-land
(4) http://www.profil.at/oesterreich/titelgeschichte-wie-bundeslaender-unser-geld-verschenken-6110948 und zu „Österreich“: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20151205_OTS0023/niessl-uebt-in-oesterreich-heftige-kritik-an-regierung
(5) http://www.krone.at/Nachrichten/.-Story-485559 – hingegen typischer Gegenwind der SPÖ Wien: http://www.erstaunlich.at/index.php?option=com_content&view=article&id=4105:peko-baxant-bezeichnet-hans-niessl-als-kollaborateur&catid=1:erstaunliches
(6) http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20151204_OTS0198/kurier-bereits-18000-asylwerber-in-wien-in-der-grundversorgung – das Ausblenden von Einheimischen zeigt auch der vage Begriff „Schutzsuchende“:  http://derstandard.at/2000026911725/Vassilakou-will-billige-Fahrscheine-fuer-Schutzsuchende – auch viele Einheimische können sich die Wiener Öffis nicht mehr leisten!
(7) https://neuwal.com/2015/12/02/norbert-darabos-bei-armin-wolf-in-der-zib2-transkript/ hier ist das Video des Interviews eingebunden: http://burgenland.orf.at/news/stories/2745535/ – und hier analysiere ich es: https://alexandrabader.wordpress.com/2015/12/03/spoe-asylstreit-wie-der-orf-landesrat-darabos-interviewt/
(8) http://derstandard.at/2000022784500/Schlossherrin-tritt-einen-Teil-ihrer-162-Zimmer-an-Fluechtlinge-ab und http://uk.reuters.com/article/uk-europe-migrants-eid-austria-idUKKCN0RO2CT20150924 und https://www.facebook.com/schlosskoenigshof/ (hier auch ein offener Brief von Schöller-Lamberty an Minister Klug)
(9) die jüngste von vielen so gearteten Meldungen ist diese: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20151129_OTS0027/katastrophenschutz-westoesterreich-ministerielle-rosstaeuscherei-ersetzt-keinen-funktionsfaehigen-hubschrauberstuetzpunkt
(10) http://derstandard.at/2000026905410/Bundesheer-greift-seine-Reserven-an
(11) https://alexandrabader.wordpress.com/2015/11/11/die-spoe-und-die-neutralitaet
(12) https://www.youtube.com/watch?v=JJboNv0a8Pc – weitere Video-Berichte u.a. aus Bruckneudorf siehe https://www.youtube.com/channel/UCuPaq8HoWveu9V3aIrRCL4g und http://www.ccm-tv.at/reports.php?categoryID=6
(13) http://kurier.at/politik/inland/bruckneudorf-niessl-15-prozent-fluechtlinge-denkunmoeglich/167.380.678
(14) https://www.unzensuriert.at/content/0019406-Anti-Asyl-Kundgebung-Bruckneudorf-SPOe-Buergermeister-will-Autobahn-besetzen – zum „rechten Niessl“ siehe auch http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20151201_OTS0161/asyl-fpoe-darmann-spoe-soll-auf-niessl-linie-umschwenken
(15) siehe https://alexandrabader.wordpress.com/2015/11/23/refugees-welcome-als-wiedergutmachung/ und https://alexandrabader.wordpress.com/2015/11/25/fluechtlinge-schuldzuweisungen-antifaschismus/
(16) http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20151203_OTS0155/sj-herr-menschenrecht-gilt-in-allen-bundeslaendern
(17) http://kurier.at/politik/inland/sp-infight-eskaliert-dann-stehen-wir-auf-der-a4/167.842.893

SPÖ-Asylstreit: Wie der ORF Landesrat Darabos interviewt

Wer sich über „die“ Politik ärgert, muss auch bedenken, wie berichtet und interviewt wird. Da bei Live-Gesprächen ja die Möglichkeit besteht, eigene Anliegen aufs Tapet zu bringen, wird in Interviews gerne versucht, dem Gast die Richtung vorzugeben. Dies kann man gut bei einem Studiogespräch mit Landesrat Norbert Darabos (SPÖ) beobachten, den Armin Wolf in der Zeit im Bild 2 befragte.

Bei „Neuwal.com“ stellte ein „Kurier“-Mitarbeiter ein Transkript des Interviews vom 2.Dezember ins Netz, mit diesem Hintergedanken: „Die Idee hinter dem Transkript ist, ein gesprochenes TV-Interview auch in einem zusätzlichen Kanal – und zwar in Textform – zur Verfügung zu stellen. Oft ergeben sich beim Lesen andere und klarere Zusammenhänge. Strukturen werden erkannt und eigentliche Botschaften, Textbausteine werden noch klarer und können weiter recherchiert werden.

Wir möchten Politik, politische Ideen und Veränderung und den Weg in ein neues, offenes und mitgestaltbares politisches Zeitalter unterstützen. Und dem Gesagten mit dem Transkript einen ernstzunehmenden anderen Zugang sowie eine möglichst breite Reflektion bieten. Danke an die ModeratorInnen und die TV-Anstalten, dass Interviews transkribiert werden können.“ (2)

Was hier jedoch nicht bedacht wird, ist der selektive Zugang zu AkteurInnen auf der politischen Bühne. Dabei muss man all jene Erkenntnisse anwenden, die wir gewonnen haben, als der Mainstream durchgängig Putin als böse, Obama als gut darstellte und den Putsch in der Ukraine negierte (dafür wurde die Krim annektiert). Es ist klar, dass Berichterstattung diesem Schema auch folgt, wenn ein Flüchtlingshype kreiert wird, man zugleich aber Fluchtursachen kaschiert und bereit ist, dem eigenen Nationalstaat, den eigenen Bundesländern zuzusetzen, was fremden Interessen dient.

Es ist nur scheinbar Vielfalt, wenn Bemerkungen und Beurteilungen über SpitzenpolitikerInnen gewisse Variationen aufweisen, da alle von einem gemeinsamen Bild ausgehen. Dieses Bild wird nach jenen Regeln geschaffen, die Putin dämonisieren und Obama außerhalb jeder Kritik stellen. Nach diesen „Gesetzen“ ist Norbert Darabos auf der Verliererstrasse, seitdem er 2007 Verteidigungsminister wurde. Denn man machte aus dem früheren aktiven Mitglied des Landesverteidigungsausschusses im Parlament sofort einen heeresfernen, unglücklichen, schüchternen Ex-Zivildiener, der sich nicht durchsetzen kann.

Tatsächlich berichteten aber z.B. die Vertreter wehrpolitischer Vereine, dass sie anfangs einen aufgeschlossenen, nachdenklichen, sicherheitspolitisch kompetenten Politiker erlebt haben, der ihnen auch einiges versprach. Es kamen dann aber keine weiteren Treffen zustande. Andere wiederum telefonierten zu Beginn noch mit dem Minister, den sie wohlwollend beraten wollten, dann aber mied er jeden Kontakt. Als Darabos im Sommer 2007 den US-Raketenschild kritisierte, wurde er vom Mainstream gebasht, während ich ihn verteidigte; er teilte mir dann schriftlich (= Ministerwille nach Artikel 20 Absatz 3 der Bundesverfassung) mit, dass er mich kennenlernen wollte (dies war ein wenig verklausuliert; er wolle  sich „meinen Zuspruch“ auch weiter verdienen, „darauf und auf Ihre Offenheit freue ich mich sehr“, Anrede war „sehr verehrte Frau“).

Ich verlor dann meinen Job (da die ursprüngliche Ceiberweiber-Seite einen Trägerverein hatte, der aufgelöst wurde; die Seite konnte ich retten, aber seither werde ich mit allen Mitteln fertiggemacht und soll im Februar obdachlos werden) und wurde via Kabinettschef (der alle abblockte, die mit Darabos reden mussten) schikaniert. Selbst der Generalstabschef hatte keinen direkten Kontakt zum Minister, der laut Verfassung die Befehlsgewalt über das Bundesheer hat (und die Verfügungsgewalt von der Bundesregierung übertragen bekommt), sondern musste wochenlang auf Termine warten (die andere nie bekamen).

Es kursieren nach wie vor seltsame Erklärungen für ein Verhalten, das Druck und Überwachung impliziert; so wird z.B. behauptet, Darabos habe Angst gehabt, mit Menschen zu reden, er musste sich vor Terminen übergeben, oder dass er unter Migräne leide (die man wenn, dann ja überhaupt nicht behandeln kann?). Außerdem soll ein Politiker, der ein begabter Stratege ist, mit Auszeichnung maturiert hat und studierte, kein Englisch sprechen (obwohl er dies bei Tagungen tat) und auch Burgenlandkroatisch, die Sprache seiner Volksgruppe, kaum beherrschen.

Nach wie vor wird auf ein Repertoire an Bildern zurückgegriffen, wenn es um die Person Darabos geht; dass sein Kommunikationsverhalten auch als SPÖ-Bundesgeschäftsführer (2013 bis 2015) nicht anders wurde, scheint niemandem zu denken geben. Als Darabos den Raketenschild ablehnte, wurde er zu dem als kritisch geltenden Armin Wolf in die ZiB zitiert und dort gemaßregelt, wie er sich erdreisten kann, basierend auf Bundesheer-Expertise zu behaupten, iranische Raketen könnten Europa nicht erreichen. Als 2010 bei WikiLeaks US-Botschaftsdepeschen veröffentlicht wurden, befand sich darunter auch ein Bericht über US – Russia Joint Threat Assessment Talks, bei denen festgestellt wurde, dass der Iran noch lange nicht so weit sein wird. Darabos sagte auch zu Recht, dass der Raketenschild, gegen den in NATO und EU kaum jemand aufzutreten wagte, eine Provokation Russlands sei.

Es ist daher angebracht, aufmerksam zu  lesen, wie Wolf Darabos diesmal interviewt hat. Der ORF kündigte den Landesrat übrigens einmal als SPÖ-Bundesgeschäftsführer und einmal als Ex-Verteidigungsmminister an.  „Herr Landesrat Darabos, beginnen wir mit der aktuellen Debatte. In Bruckneudorf 400 Flüchtlinge wollen Sie dort auf gar keinen Fall. Wie viele Flüchtlinge würden Sie denn auf den Truppenübungsplatz akzeptieren?“, leitete Wolf das Interview ein. Darabos dazu: „Die Gemeinde Bruckneudorf hat selbst kundgetan, dass sie 50 Flüchtlinge aufnehmen würde. Damit würde sie auch die Quote erfüllen. Das ist in der Vergangenheit auch durch gewissen Schikanen vonseiten des Innenministeriums nicht passiert. Aber ich hoffe, dass das möglich ist. Und damit würde die Gemeinde, die auch sagt helfen, aber nicht sozusagen in diesen Massenlager bereit wäre hier mitzutun, das auch zu tun. Und das heißt, 50 Flüchtlinge werden in Bruckneudorf akzeptabel.“

Wolf berücksichtigt im gesamten Interview mit keiner Silbe, dass das Burgenland wochenlang gerade überrannt wurde und Menschenmassen zu versorgen hatte, bis diese in andere Bundesländer bzw. nach Deutschland weiterreisen konnten. Damals wie heute fühlt sich die Bevölkerung von der Landesregierung vertreten, von der Bundesregierung aber im Stich gelassen. Wolf will, dass Bruckneudorf mehr als die genannten 50 aufnimmt. Darabos kann gerade in seiner Situation nicht sagen, was er (wahrscheinlich) vom Flüchtlings-Hype hält, den die Medien angeheizt haben, sondern meint:

„Der Bürgermeister, den wir jetzt im Beitrag auch gesehen haben, ist ja keiner, der sozusagen insgesamt gegen die Flüchtlingspolitik ist, sondern der auch bereit ist hier auch Flüchtlinge aufzunehmen. Aber man muss es in einem Ausmaß machen, das auch in der Bevölkerung akzeptiert ist. Und ich war selbst in Bruckneudorf vor einigen Tagen und ich habe dort auch gespürt, dass die Menschen hier jetzt nicht radikal gegen Flüchtlinge sind. Sondern sie sind für ein gerütteltes Ausmaß von Flüchtlingen, die hier auch aufgenommen werden können. Aber nicht für 450, die in dieser Gemeinde auch nicht akzeptabel sind. Im Übrigen ich war Verteidigungsminister, wie auch im Beitrag angesprochen wurde… auf einen Truppenübungsplatz 450 Flüchtlinge unterzubringen, das ist aus meiner Sicht ein Schwachsinn.“

Wolf hat kein Interesse daran, Darabos erklären zu lassen, wieso es „Schwachsinn“ ist (etwa, dass man gerade nach Paris keine Unbekannten auf einem Truppenübungsplatz einquartiert). Eine Grundregel in der österreichischen Berichterstattung ist, dass es immer um die FPÖ gehen muss; man begnügt sich daher bei den Grünen und der SPÖ damit, dass diese Parteien sich von der FPÖ abgrenzen (mit Ausnahme der SPÖ im Burgenland). Der Moderator spricht Darabos daher auf Aussagen des „Klubobmanns Ihres Koalitionspartners“ an: „Der sagt nicht Schwachsinn, sondern das sei eine ganz und gar dumme Aktion. Und er hat zum zivilen Ungehorsam dagegen aufgerufen. Er werde als Erster vor der Kaserne stehen und die Kolonnen abwehren. Unterstützen Sie diesen Aufruf?“

Darabos unterstützt ihn „so“ nicht, „allerdings schon den Unmut der Bevölkerung. Den habe ich auch dort gesehen. Das hat weder was mit Rot, mit Blau, mit Schwarz zu tun.“ Wolf will wissen: „Was unterstützen Sie da jetzt konkret nicht?“ Darabos meint „die Wortwahl“, aber „das ist ja jetzt auch nicht das Thema“. Zur ORF-Agenda gehört so viele Flüchtlinge wie möglich (Genfer Konvention, was ist das?) und dass man sie gerade auch in militärischen Liegenschaften unterbringen muss: „Also ziviler Ungehorsam, ja oder nein?“ Darabos weicht aus, geht aber wieder zu seinem Punkt zurück, denn „in diesem Sinne nicht“, aber „Dass Demonstrationen möglich sein sollen, das ist klar.“ Die Wortwahl ist jedoch nicht seine, sondern die des FPÖ-Klubobmannes (bei dem übrigens der „Burgenland“-Korrespondent des „Standard“ Zweifel anmeldet; vielleicht war es ja FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl?). (2)

Demonstriert wurde am 2. Dezember und die nächste Kundgebung ist für den 4. Dezember geplant: „Damit möchte man auch demonstrieren und dokumentieren, dass man gegen ein großes Massenlager ist.“ Ob sich Darabos auch vor das Kasernentor stellen und den Zugang blockieren will? „Das würde ich nicht machen. Aber alle demokratischen Möglichkeiten ausschöpfen, um dieses Lager dort zu verhindern.“ Wolf geht nicht darauf ein, dass Darabos zuvor davon sprach, sich an den Verfassungsgerichtshof zu wenden oder als letztes Mittel die 15a-Vereinbarung mit dem Bund aufzukündigen. (3) Sondern er will den Landesrat maßregeln:

„Jetzt hätten Sie dieses Problem ja überhaupt nicht. Würde das Burgenland seine Flüchtlingsquote erfüllen, dann dürfte der Bund nämlich nicht mit seinem Durchgriffsrecht dort überhaupt Flüchtlinge unterbringen. Sie erfüllen diese Quote nur zu 89 Prozent. Nur Tirol liegt noch schlechter.“ Allerdings wurde Tirol bislang nicht überrannt, anders als das Burgenland, wo insbesondere der Grenzübergang Nickelsdorf belagert wurde und nach dem Ende des wochenlangen Ausnahmezustandes alle vollkommen erschöpft waren, auch eine Menge an Chaos und Müll zu beseitigen hatten. All das existiert für Armin Wolf nicht, der als besonders „kritischer“ Moderator gilt. Er will Darabos nachweisen, dass das Burgenland, dem Geschichten über die angeblich verschwenderische und daher überflüssige Länderebene geschuldet sind, Schlusslicht bei der Aufnahme von Flüchtlingen ist. (4)

„Und Sie sind Vorletzte“, stellt Wolf fest. Darabos erwidert: „Ja, aber mit 90 Prozent in einer Quote, die auch andere Bundesländer ungefähr erfüllen. Es bewegt sich zwischen 90 und 93 Prozent. Wir versuchen, Quartiere zu schaffen. Seit ich Landesrat bin, haben wir 900 Quartiere zusätzlich geschaffen. Ganz schwierige Aufgabe, weil wir auch die Gemeinden brauchen, um das zu schaffen. Und wir haben gesagt, ‘kleine Quartiere hier zu schaffen, ist das Ziel, das wir haben’. Es ist in den letzten Monaten vom 15. Juli an – also beginnend bis jetzt -, fast eine Verdoppelung der Flüchtlinge in Österreich zu konstatieren, die hier um Asyl angesucht haben. Das heißt fürs Burgenland: 700 neue Quartiere. Und wir arbeiten hart daran. Aber ich glaube nicht, dass ein Massenquartier, wie in Bruckneudorf, dazu beitragen kann, die Akzeptanz der Bevölkerung zu gewährleisten.“

Wolf wischt  es vom Tisch, weil andere Bundesländer „dieses Problem genauso“ hätten – hat er da aber auch recherchiert? Weiss er, dass das von ihm gelobte Wien arme WienerInnen gegen Flüchtlinge ausspielt? So kann man leicht auf Kosten der Bevölkerung „Quoten erfüllen“, während die burgenländische Landesregierung betont, dass sie den Menschen gegenüber verantwortlich ist. „Sie verlangen eine Kursänderung in der Flüchtlingspolitik. Ihr Landeshauptmann Niessl spricht von einem ‘Flüchtlingschaos’. Er verlangt zum Beispiel, eine klare Trennung von Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen. Das klingt aufs Erste ja völlig plausibel. Aber wie trennt man das eigentlich so klar? Ist jemand aus Syrien, der über die Türkei, über Griechenland, über den Balkan bis nach Österreich kommt, ein Kriegs- oder ein Wirtschaftsflüchtling?“, fragt Wolf.

„Neuwal.com“ blendet hier eine Erklärung aus dem „Kurier“ über Flüchtlinge ein, dann kommt Darabos‘ Antwort: „Es geht hier darum, dass wir trennen muss, ganz klar trennen muss. Und da bin ich auch 100-prozentig dafür. Ich war selbst als Verteidigungsminister mehrfach im Kosovo, ich war sechs Mal in Syrien. Menschen, die aus Syrien sind Kriegsflüchtlinge. Menschen, die aus dem Kosovo kommen und aus sicheren Drittländern kommen, wie Montenegro, Mazedonien – nur um zwei Länder jetzt zu nennen -, sind keine Kriegsflüchtlinge, sondern Wirtschaftsflüchtlinge…“ Wolf erwähnt Afghanistan (keine Kriegsflüchtlinge), Irak und Pakistan.

Darabos sagt: „Muss man prüfen im Einzelfall. Im Burgenland beispielsweise haben wir sogar mehr Flüchtlinge aus Afghanistan und Pakistan als aus Syrien derzeit in der Grundversorgung. Das muss man aber im Einzelfall prüfen. Grundsätzlich ist aber davon auszugehen, dass Menschen aus Syrien Kriegsflüchtlinge sind. Aber Menschen, die aus den europäischen Raum kommen und hier als Wirtschaftsflüchtlinge da sind – und ich muss ganz offen sagen: Wir haben eine Zurückweisungsquote heuer gehabt von 6.700. Das ist zu wenig. Es müssen diejenigen zurückgewiesen werden – so schmerzhaft das auch sein mag für die Einzelpersonen -, die hier als Wirtschaftsflüchtlinge nach Österreich kommen.“

Wolf hält Niessl, den Michael Jeannee in der „Kronen Zeitung“ vom 2. Dezember als „einzigen roten Spitzenpolitiker“ bezeichnet, Darabos vor: „Jetzt sagt Landeshauptmann Niessl: ‘Österreich kann nicht jedes Jahr 100.000 Flüchtlinge aufnehmen.’ Wie viele kann Österreich dann aufnehmen?“ Der Landesrat erwidert: „Wir orientieren an der Genfer Flüchtlingskonvention. Wenn jemand als Kriegsflüchtling nach Österreich kommt, dann hat er auch das Recht hier um Asyl anzusuchen. Die Situation ist sehr kompliziert, weil wir auch durch die Einladung von Angela Merkel hier sehr viele Menschen nach Österreich gekommen haben. Über 300.000 über das Burgenland – das möchte ich auch hier anmerken. Das ist ja nicht so einfach für ein kleines Bundesland mit 290.000 Einwohnern über 300.000 Flüchtlinge hier auch zu betreuen und durchzuweisen.“

Wolf wischt diesen Einwand vom Tisch, er hat wahrscheinlich auch nie mit verzweifelten SPÖ-PolitikerInnen in Nickelsdorf gesprochen, die sich von Faymann und Co. im Srich gelassen fühlen: „Gut. Die sind ja durchgegangen. Braucht es eine Obergrenze eine klare?“ Darabos kontert geschickt: „Es ist ganz schwierig, sage ich ganz offen. Weil wir die Genfer Flüchtlingskonvention erfüllen werden, erfüllen müssen. Das ist ein oberstes Ziel. Aber natürlich sind wir jetzt mittlerweile am oberen Ende angelangt. Allerdings muss ich sagen: Das Burgenland hat derzeit 2.000 Flüchtlinge. Sogar die FPÖ im Burgenland hat gesagt 2.800. Also ein Prozent wäre möglich. Ich glaube, dass das auch eine Grenze ist, die man akzeptieren kann.“

Der Moderator konfrontiert Darabos mit Gerhard Schröders Aussage über Angela Merkel („Sie hat ein Herz, aber sie hat keinen Plan“): „Sagen Sie das auch über Kanzler Faymann?“ Wenn Darabos erwidert: „Kanzler Faymann möchte ich explizit ausnehmen“, will Wolf ihn darauf festlegen, dass Faymann seiner Einschätzung nach sehr wohl einen Plan hat. Hier weicht der Landesrat aus: „Und er ist auch einer der Politiker in Europa, die in der Flüchtlingspolitik versuchen, eine europäische Lösung herbeizuführen. Und deswegen möchte ich auch schärfen, was ich gestern gestern gesagt habe. Ich nehme den Bundeskanzler hier explizit aus, weil er auf europäischer Ebene auch darum kämpft, dass diese europäische Frage auch europäisch gelöst wird.

Das ist allerdings derzeit nicht der Fall. Wenn man sich ansieht wie beispielsweise Slowakei, Tschechien und andere ehemalige kommunistische Staaten mit dieser Flüchtlingsfrage umgehen, dann ist das beschämend. Und dass Österreich hier mit dem Bundeskanzler an der Spitze eine andere Position hat, das akzeptiere ich und das goutiere ich auch. Aber es geht jetzt darum im Burgenland beispielsweise auch dafür zu sorgen, dass die Akzeptanz bestehen bleibt. Und die Akzeptanz kann nur dann bestehen bleiben, wenn wir auch Quoten erfüllen und auch nicht die Menschen überfordern.“ Letztlich landet er aber doch bei seiner Linie (und jener der Landesregierung), dass es Grenzen geben muss.

Die Frage, ob Darabos (und andere in der burgenländischen Politik) wie jene kritischen Menschen denken, die Flüchtlingshype und Druck, dem Druck nachzugeben, als gegen Nationalstaatlichkeit und Föderalismus gerichtete Aktion betrachten, sei dahingestellt. Aussprechen kann man es bei diesen Medien, in dieser Situation in einer Position wie der Seinen jedenfalls nicht. „Die“ Medien sind auch bemüht, Niessls und Darabos‘ Kritik an der Bundes-SPÖ herunterzuspielen. (5) Die „Oberösterreichischen Nachrichten“ betiteln ihren Artikel übrigens  mit „Niessl und die ÖVP greifen den Flüchtlingskurs des Kanzlers an“. (6)

Dann allerdings kommt das Übliche: „Niessl will zur Eindämmung des Zustroms eine klare Trennung von Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen. Er blieb allerdings SP-intern allein auf weiter Flur. Schützenhilfe für Faymann kam etwa von Reinhold Entholzer. Wiens Bürgermeister Michael Häupl warf Niessl ‚inhaltsleere Zurufe‘ vor.“ Die ÖVP hat hingegen längst durchschaut, wie Faymann tickt: „Es freut mich, vom Bundeskanzler erstmals zu hören, dass wir weniger Flüchtlinge haben wollen“, wird Vizekanzler Reinhold Mitterlehner vom Pressefoyer nach dem Ministerrat am 1. Dezember zitiert, bei dem er neben Faymann stand. „Er will analog zu Deutschland, Belgien oder Schweden den Zulauf über strengere Regeln im Asylgesetz bis hin zum ‚Asyl auf Zeit‘ bremsen. Derzeit erreichen 4000 Flüchtlinge pro Tag Österreich, heißt es aus dem Büro von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (VP). Wenn die Hilfe der Türkei nichts bringe, ‚müssen wir über kapazitätsorientierte Obergrenzen‘ reden, verlangt Mitterlehner.“

Während Hans Niessl Chef jener Landes-SPÖ ist, die die stärkste Zustimmung bei den WählerInnen hat, wäre es eine Unterstellung, bei Entholzer und der SPÖ Oberösterreich von „Erfolg“ zu sprechen. Dennoch oder deswegen springt er Faymann mit Schlagworten zur Seite: „Österreich sollte weiter an seiner Flüchtlingspolitik festhalten, sagt Entholzer. ‚Wir sollten uns nicht von einer Willkommenskultur abwenden‘. Wenn man gerade zur Weihnachtszeit die Herbergssuche nicht nur als Brauch sehe, sondern ernst nehmen wolle, ‚ist  die Willkommenskultur gerechtfertigt‘, sagt Entholzer.

Auch wenn manche den Begriff mit falschen Behauptungen verunglimpfen würden. ‚Es ist ja nicht so, dass wir alle nehmen, dass unsere Leute deswegen keine Arbeit mehr haben und Asylwerber uns alles wegnehmen.‘ Entholzer spricht sich gegen Obergrenzen für Flüchtlinge aus. Dennoch sei klar, dass Österreich nur eine ‚vernünftige Größenordnung von Flüchtlingen aufnehmen kann‘, sagt er. Noch einmal 100.000 Asylwerber im kommenden Jahr würden Österreich wohl ‚überfordern‘.“ (7) Im Grunde prognostiziert Entholzer mit seinen Aussagen auch einen weiteren Niedergang der Sozialdemokratie, denn er scheint nicht zu realisieren, dass immer mehr Einheimische auch vor Weihnachten in Not sind und Angst haben müssen, zu verhungern oder obdachlos zu werden. Und sich da keinerlei (scheinbar?) spontane Projekte finden, die hier mit ihrer „Menschlichkeit“ ansetzen, weil Hilfe nur für Fremde gerade auch als Pseudo-Vergangenheitsbewältigung viel bequemer ist. (8)

(1) https://neuwal.com/2015/12/02/norbert-darabos-bei-armin-wolf-in-der-zib2-transkript/ hier ist das Video des Interviews eingebunden: http://burgenland.orf.at/news/stories/2745535/ – der ORF vergleicht auch eine Containersiedlung in Potzneusiedl mit der geplanten am Truppenübungsplatz: http://burgenland.orf.at/news/stories/2745466/
(2) http://derstandard.at/2000026539539/Aufregung-um-Containerdorf-in-Bruckneudorf https://alexandrabader.wordpress.com/2015/11/28/welche-spielraeume-hat-politik/
(3) http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/4879234/Niessl_FluchtlingsContainer-fur-Bruckneudorf-nicht-zumutbar?direct=4879862&_vl_backlink=/home/index.do&selChannel=101
(4) http://www.profil.at/oesterreich/titelgeschichte-wie-bundeslaender-unser-geld-verschenken-6110948 – das „profil“ hatte auch Titelstories über den bösen Putin und natürlich darüber, wie unmenschlich „wir“ angeblich sind angesichts einer Flüchtlingstragödie, die doch so rein gar nichts mit Destabilisierung und Kriegen zu tun hat
(5) http://derstandard.at/2000026743362/Rote-kalte-Schulter-fuer-Niessl-bei-Ministerrat – siehe auch https://alexandrabader.wordpress.com/2015/12/01/zum-asylstreit-in-der-spoe/
(6) http://www.nachrichten.at/nachrichten/politik/innenpolitik/Niessl-und-die-OeVP-greifen-den-Fluechtlingskurs-des-Kanzlers-an;art385,2047551 – hier kritisch zu Faymanns Aussagen: https://www.unzensuriert.at/content/0019374-Faymann-entgleist-und-wirft-der-OeVP-vor-auf-der-Seite-der-Bevoelkerung-stehen-zu
(7) http://www.nachrichten.at/nachrichten/politik/landespolitik/Entholzer-Was-will-er-machen-der-Niessl;art383,2047392
(8) https://alexandrabader.wordpress.com/2015/11/25/fluechtlinge-schuldzuweisungen-antifaschismus/ und https://alexandrabader.wordpress.com/2015/11/23/refugees-welcome-als-wiedergutmachung/