Der Ibiza-U-Ausschuss startete am 4. Juni 2020 unter seltsamen Bedingungen. Denn die Ermittler, welche das gesamte auf Ibiza aufgenommene Material seit April in ihrem Besitz haben, enthalten es bis dato der Justiz vor. Die Abgeordneten sollen es erst in zwei Wochen sehen, haben aber jetzt bereits Zeugen zum Video befragt. Zugleich haben sich andere Personen entschuldigt und dabei auf ärztliche Atteste verwiesen; sie wollen sich mit der Ausrede Corona-Gefahr vor heiklen Fragendrücken. Außerdem ist Österreich so hinterwälderisch, dass U-Ausschüsse nicht gestreamt werden, sondern man auf Tweets auserwählter Journalisten und nach einigen Wochen dann die Protokolle der Befragungen angewiesen ist. Es sah alles danach aus, dass in bewährter Weise Regie geführt wird, da bei Untersuchungen nur das herauskommen kann, was man einkalkuliert hat und nur ja nicht die Richtigen belastet werden sollen. Weil es hier aber um den heimlichen Mitschnitt einer stundenlangen privaten Unterhaltung geht, gibt es dennoch jede Menge politischen Sprengstoff.
Das wurde bereits am ersten Tag klar, an dem man Florian Klenk vom „Falter“, der das gesamte Video seit 2019 kennt, sowie Heinz Christian Strache und Johann Gudenus vorgeladen hatte. Klenk konnte sich wieder einmal in der Rolle eines angeblichen „Aufdeckers“ gefallen, der meist nur mit dem brilliert, was ihm z.B. via Staatsanwaltschaft zugespielt wird. Immerhin sagte er, dass Strache am 24. Juli 2017 davon sprach, dass für die Kampagne von ÖVP-Chef Sebastian Kurz bereits 20 Millionen an Spenden zusammengekommen seien. Und zwar dank Rene Benko und Siegfried Wolf, auf die Klenk explizit verwiesen hat. Dies schien ihm keine weiteren Recherchen wert, was seltsam erscheint, landete doch das „Projekt Ballhausplatz“ als Plan zur Machtübernahme in der ÖVP auf Klenks Schreibtisch. Dazu gehörte, sich mögliche Sponsoren vorzustellen, und hier wurden sowohl Benko als auch Wolf aufgelistet; um derlei Details kümmerte sich Antonella Mei-Pochtler.
Klenk im ORF