Schlagwort-Archive: Good Weibs

Peter Pilz und das Kavaliersdelikt

Alles scheint auf Schiene zu sein: Am 30. Mai 2018 stellt die Staatsanwaltschaft Innsbruck allerspätestens Ermittlungen gegen Peter Pilz wegen sexueller Belästigung ein, tags darauf räumt Peter Kolba, der Klubobmann der Liste Pilz, seinen Sessel, und ab dann kann sich die Regierung warm anziehen. Denn der angeblich grösste Aufdecker der 2. Republik wird ihr dann via BVT-Untersuchungsausschuss ordentlich einheizen, aber auch darüber wachen, dass die Pilz-Abgeordnete Daniela Holzinger im Eurofighter-U-Ausschuss das „Richtige“ vertritt. Viele finden es lästig, dass ein paar Frauen offenbar die Frechheit besitzen, der weiteren Karriere des Langzeitabgeordneten (1986 – 2017!) im Weg zu sein. Wer deren Partei ergreift und es in Gegenteil bezeichnend findet, dass an ihnen Kritik geübt wird, landet selbst rasch im Eck. Dazu kommt aber als Paradoxon, das im U-Ausschuss-Hype nicht bedacht wurde bzw. nicht bekannt war, dass die Leiterin des Extremismusreferats beim BVT, um die es u.a. gehen soll, Vorwürfe wegen Diskriminierung und Sexismus erhebt.

Da ist ein „Ausschussstar“ Peter Pilz sicher ideal, steht er doch auf der Seite von Männerbündelei und Frauenverachtung. Pilz‘ Rückkehr kann z.B. Wolfgang Fellners „Österreich“ kaum erwarten, während Anna Thalhammer in der „Presse“ widerspricht: „Die Wirklichkeit von Peter Pilz und die der Innsbrucker Staatsanwaltschaft klaffen dann doch auseinander. Der Parteichef verkündete per Video am Donnerstag, dass er nun zurück sei und seine Arbeit im Parlament bald wieder aufnehmen werde. Sein Comeback rechtfertigt Peter Pilz damit, dass die Staatsanwaltschaft Innsbruck zwei Betroffene vernommen hätte – diese die Erlaubnis zur strafrechtlichen Verfolgung aber nicht gegeben haben.“ Da es um ein eingeschränktes Offizialdelikt geht, kommt es zum einen auf die Ermächtigung der Opfer zur Strafverfolgung an (denen Kleingeister wie üblich dann „Racheabsichten“ unterstellen), doch die Staatsanwaltschaft kann auch den Schluß ziehen, dass der Vorwurf der sexuellen Belästigung gerechtfertigt ist. Sie hat das Verfahren keineswegs eingestellt: „Es werden weitere Betroffene und Zeugen befragt, da weitere Fälle aufgetaucht sind. Pilz seinerseits hat nun einen Antrag auf Einstellung des Verfahrens gestellt – dieses Begehren wird nach einer Frist von vier Wochen das Landesgericht behandeln.“

Pilz-Mail an Georg Renner (Addendum), Twitter

Peter Pilz und das Kavaliersdelikt weiterlesen

Abgang von Stadträtin Frauenberger: Ist Mitleid angebracht?

Die Medien sind schuld und der Sexismus ist schuld – so könnte man die Betroffenheit von Stadträtin Sandra Frauenberger zusammenfassen, die ihren Rücktritt ankündigte. Dafür wählte sie einen Termin, bei der sie vor einem „kleinen Kreis an Journalistinnen“ sprach, zu dem z,B. die Zeitung „Österreich“ keinen Zugang hatte. 2017 erbte Frauenberger das Milliardengrab Krankenhaus Nord von ihrer Vorgängerin Sonja Wehsely, die zu Siemens wechselte. Es wurde jedoch nicht besser, zumal es geharnischte Kritik des Rechnungshofes gab und sich Medien wie die „Kronen Zeitung“ und eben „Österreich“ vor ein paar Wochen auf Frauenberger einschossen, weil ein Energetiker um stolze 95.000 Euro u.a. einen „Energieschutzschild“ für den Bau „anfertigte“. Zwar hat Frauenberger dies nicht in Auftrag gegeben, ist aber als zuständige Stadträtin natürlich verantwortlich zu machen.  Journalistinnen haben wohl noch am ehesten Verständnis, wenn eine Politikerin sagt: „Männer werden nicht so abgewatscht“ und meint, es werde bei diesen nie über ihr Aussehen diskutiert; bei Frauen aber gehe es um die Fragen „Was hat sie an, wie sieht sie aus?“. Allein wenn man daran denkt, wie oft (in sozialen Medien) der Bart von Bundespräsident Alexander Van der Bellen im Wahlkampf und danach Thema war, scheint diese Feststellung überholt.

Frauenberger dürfte sich besonders gekränkt haben, als die „Krone“ mit ihrem Foto zu einer Wahrsagerin ging, die ihr eine „gute Aura“ bescheinigte; das locker oder mit Humor nehmen war offenbar nicht drinnen. Sie sah sich einer „Häme“ ausgesetzt, mit der „eine Grenze überschritten“ wurde, was subjektiv genau so gewesen sein wird, aber objektiv nicht in Rechnung trägt, wie andere in der Politik nicht „nur“ für wenige Wochen, sondern für Monate und Jahre unter die Gürtellinie getreten werden. Natürlich wollen „wir“ und zwar auch „wir als Frauen“ solche Rahmenbedingungen nicht; das gilt sicher für die meisten Politikerinnen und Journalistinnen. Aber man/frau wende seinen Blick einmal von Wien nach Kärnten, wo Erpressung innerhalb der ÖVP im Vorfeld der Regierungsbildung öffentlich wurde. Da berichten manche „Koalition gerettet„, nachdem Martin Gruber neuer ÖVP-Obmann wurde, während die „Krone“ einen „Erpresserbrief“ zeigt, mit dem der Rücktritt des bisherigen Parteichefs Christian Benger eingeleitet wurde, denn er wollte sich nicht diktieren lassen, wer Landesrat werden soll. Sind es nur die Männer, denen es nur um Posten geht, während die „Good Weibs“ um Frauenberger edel und idealistisch sind?

Februar 2015: Stadträtinnen als „Good Weibs“

Abgang von Stadträtin Frauenberger: Ist Mitleid angebracht? weiterlesen