Um die Neuwahl des ORF-Stiftungsrates gab es viel Gerede, weil plangemäss Ex-FPÖ-Vizekanzler Norbert Steger Vorsitzender wurde. Sicher befremden Vorstellungen wie „Journalisten erziehen“, doch ein Hort der Meinungsfreiheit war der ORF nie, wie man z.B. an NATO-Propaganda merken konnte. Es ist jedoch auch eine ungeheure Verhaberung zu bemerken, an der sich mit einem neuen Stiftungsrat kaum etwas ändern wird. Was typisch ORF ist, zeigten z.B. die „Seitenblicke“ am 15. Mai 2018, in denen der Leiter der Festspiele Erl Gustav Kuhn gegen offenbar sehr unfaire Angriffe eines ungenannten Tiroler Bloggers u.a. von Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer verteidigt wurde. Wie der Zufall es will, ist einer der ORF-Stiftungsräte Hans Peter Haselsteiner (von der Bundesregierung auf Vorschlag der NEOS entsandt), der hinter Erl als Mäzen (mit Bundes- und Landessubventionen) steckt. In diversen Haselsteiner-Aufsichtsräten finden wir auch rein zufällig Alfred Gusenbauer, der in den „Seitenblicken“ seiner Abschau Ausdruck verlieh, dass es „kein Anstandsgefühl mehr gibt“, was eine „schreckliche Zeiterscheinung“ ist, die „von der Demokratie weg in Richtung Verleumdungsgesellschaft“ führe.
Als Pointe Nr. 1 war am 17. Mai 2018 der APA zu entnehmen, dass Kuhn seine „medienrechtlichen Entschädigungsanträge“ gegen Blogger Markus Wilhelm von dietiwag.org zurückzieht, nachdem er bereits zweimal vor Gericht fehlte und der nächste Termin am 22. Mai stattfinden hätte sollen. In der Aussendung wird auf den „Medienbetreuer“ der Festspiele Erl, Ex-SPÖ-Bundesgeschäftsführer (als Gusenbauer Kanzler war) Josef Kalina verwiesen, der zuerst an die Öffentlichkeit ging, ehe man auch das Landesgericht in Innsbruck in Kenntnis setzte. Professionell medienbetreut gibt man sich mildtätig: „Da Herr Wilhelm öffentlich geäußert habe, er solle offenbar durch diese Entschädigungsverfahren ‚um Haus und Hof gebracht werden‘, setzen Festspiele Präsident Hans Peter Haselsteiner und Maestro Kuhn nun diesen Schritt, weil damit klar gestellt werden könne, dass weder Haselsteiner noch Kuhn Herrn Wilhelm in den Ruin treiben wollen.“ Dass die Realität etwas anders aussieht, erkennt man allerdings sofort, wenn man sich Wihelms akribische Recherchen zu Gemüte führt, die erst die Spitze des Eisbergs sind. Pointe Nr. 2 ist die Kombination der Begriffe „Gusenbauer“ und „Anstandsgefühl“, bedenkt man, dass er seine Rolle beim Eurofighter-Vergleich u.a. mit Hilfe des „Aufdeckers“ Peter Pilz zu Lasten von Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos zudeckte.
Seitenblicke am 15. Mai 2018